Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.77/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1B_77/2009

Urteil vom 16. April 2009
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Raselli,
Gerichtsschreiber Forster.

Parteien
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwälte Daniele Timbal und
Franz Müller,

gegen

Bundesanwaltschaft, Taubenstrasse 16, 3003 Bern.

Gegenstand
Verfahrenssprache der Hauptverhandlung,

Beschwerde gegen die Verfügung vom 18. Februar 2009 des Bundesstrafgerichts,
Präsident der Strafkammer.
Sachverhalt:

A.
Die Bundesanwaltschaft hat gegen X.________ und weitere Personen Anklage beim
Bundesstrafgericht erhoben. Der Beginn der Hauptverhandlung vor der Strafkammer
wurde auf 1. April 2009 angesetzt. Das Strafkammerpräsidium des
Bundesstrafgerichts hat (in Ziffer 1 seiner prozessleitenden Verfügung vom 18.
Februar 2009) Deutsch als Verfahrenssprache der Hauptverhandlung definitiv
bestimmt.

B.
Dagegen hat X.________ am 17. März 2009 Beschwerde beim Bundesgericht erhoben.
Er beantragt, Ziffer 1 der Verfügung vom 18. Februar 2009 sei aufzuheben und
als Verfahrenssprache der Hauptverhandlung sei Italienisch festzulegen. Mit
Verfügung vom 25. März 2009 wies das Bundesgericht das Gesuch um aufschiebende
Wirkung der Beschwerde bzw. Anordnung einer vorsorglichen Massnahme ab. Am 7.
April 2009 trat das Bundesgericht (im Verfahren 1B_70/2009) auf eine konnexe
Beschwerde betreffend Sprache der Hauptverhandlung nicht ein.

Erwägungen:

1.
Das Bundesgericht prüft die Zulässigkeit der Beschwerde von Amtes wegen und mit
freier Kognition.

Strafprozessuale Zwischenentscheide der Strafkammer des Bundesstrafgerichts
sind (unter den Voraussetzungen von Art. 92-94 BGG) grundsätzlich anfechtbar
(Art. 80 Abs. 1 BGG). Dies gilt auch für verfahrensleitende Entscheide des
Präsidenten der Strafkammer. Im Gegensatz zu Art. 79 BGG (Entscheide der
Beschwerdekammer) beschränkt das Gesetz die Anfechtbarkeit nicht auf
Zwangsmassnahmenentscheide der Strafkammer (zur amtlichen Publikation
bestimmter Entscheid 1B_7/2009 vom 16. März 2009 E. 1). Zu prüfen ist, ob die
Eintretensvoraussetzungen von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG erfüllt sind.

2.
Als oberste rechtsprechende Behörde des Bundes soll sich das Bundesgericht in
der Regel nur einmal mit der gleichen Streitsache befassen müssen. Nach
ständiger Praxis zu Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG (und schon zum altrechtlichen
Art. 87 Abs. 2 OG) ist ein Vor- oder Zwischenentscheid daher nur ausnahmsweise
anfechtbar, sofern ein konkreter rechtlicher Nachteil droht, der auch durch
einen (für die rechtsuchende Partei günstigen) Endentscheid nachträglich nicht
mehr behoben werden könnte (BGE 134 I 83 E. 3.1 S. 86 f.; 134 IV 43 E. 2.1 S.
45; 133 IV 139 E. 4 S. 141, 288 E. 3.1 S. 291, 335 E. 4 S. 338, je mit
Hinweisen). Ein nicht verfahrensabschliessender Zwischenentscheid begründet
grundsätzlich selbst dann keinen nicht wieder gutzumachenden Rechtsnachteil,
wenn er zu einem zusätzlichen Verfahrensaufwand führt (BGE 133 IV 121 E. 1.3 S.
125).

2.1 Strafprozesse müssen beförderlich geführt werden. Sie unterliegen dem
verfassungs- und konventionsrechtlichen Beschleunigungsgebot (vgl. BGE 133 IV
158 E. 8 S. 170; 130 IV 54 E. 3.3 S. 54 f.). Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichts fehlt es namentlich bei folgenden Gegenständen von
Zwischenentscheiden in der Regel am irreparablen Rechtsnachteil im Sinne des
Gesetzes: Nichtauswechslung des Offizialverteidigers (BGE 126 I 207 E. 2b S.
211; Urteil 1B_245/2008 vom 11. November 2008 E. 2), Bestellung von
gerichtlichen Gutachtern (BGE 133 IV 121 E. 1.3 S. 125; Urteil 2C_507/2008 vom
14. Juli 2008 E. 2.3-2.4), Abweisung von Beweisanträgen oder vorläufige
Verfahrenssistierung (BGE 134 IV 43 E. 2 S. 44 f.; 133 IV 139 E. 4 S. 141; 99
Ia 437 E. 1 S. 438; 97 I 1 E. 1a S. 2; 96 I 462 E. 3a S. 464 f.; Urteile 1B_161
/2008 vom 27. November 2008 E. 3; 1B_273/2007 vom 6. Februar 2008 E. 1.2-1.4;
1B_226/2007 vom 11. Januar 2008 E. 3; 4P.335/2006 vom 27. Februar 2007 E.
1.2.4), Anklageerhebung (BGE 133 IV 139 E. 4 S. 141; Urteil 6B_149/2007 vom 17.
Juli 2007 E. 1), Eröffnung, Wiederaufnahme oder Vereinigung von Strafverfahren
(Urteile 6B_23/2007 vom 2. April 2007 E. 1.1.2; 1P.423/2003 vom 16. Juli 2003
E. 2), verfahrensleitende Entscheide über die Strafhoheit (BGE 133 IV 288 E.
3.1 S. 291 f.) oder Rückweisungen der Akten an die Anklagebehörde bzw. an die
Vorinstanz (Urteile 6B_205/2007 vom 27. Oktober 2007 E. 2-3; 6B_516/2007 vom
22. Oktober 2007 E. 1). Im Urteil 1P.76/2002 vom 14. Februar 2002 hat das
Bundesgericht den nicht wieder gutzumachenden Nachteil auch bei einem
Zwischenentscheid verneint, der dem Angeschuldigten die Übersetzung von
Einvernahmeprotokollen in seine Muttersprache verweigerte.

2.2 Der Beschwerdeführer begründet den nicht wieder gutzumachenden Nachteil
damit, dass er die Verhandlungssprache Deutsch nicht ausreichend verstehe. Bei
den Angeklagten handle es sich überwiegend um Personen italienischer
Muttersprache.

2.3 Aus der vom Strafkammerpräsidium gewählten Verhandlungssprache folgt für
den Beschwerdeführer kein irreparabler Rechtsnachteil im Sinne von Art. 93 Abs.
1 lit. a BGG. Wie sich aus den Akten ergibt, war die durch das
Bundesstrafgericht mehrfach überprüfte Verfahrenssprache im aufwändigen
Ermittlungs-, Voruntersuchungs- und Anklageverfahren während mehr als sechs
Jahren Deutsch. Die jeweilige Verfahrensleitung hat sehr umfangreiche
Übersetzungen von Dokumenten und Prozesshandlungen in verschiedene Sprachen
veranlasst. Es besteht keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass die Strafkammer des
Bundesstrafgerichts im hängigen gerichtlichen Hauptverfahren nicht weiterhin
für die gebotenen Übersetzungen (auch in die Muttersprache des
Beschwerdeführers) besorgt sein wird. Das Strafkammerpräsidium hat schon in
seiner separaten prozessleitenden Verfügung vom 10. Februar 2009 (unter Hinweis
auf BGE 118 Ia 462 E. 2b) vermerkt, dass die Angeklagten Anspruch haben auf
ausreichende Übersetzung aller Schriftstücke und mündlichen Äusserungen, auf
deren Verständnis sie angewiesen sind, um in den Genuss eines fairen Verfahrens
zu kommen (vgl. auch konnexes Urteil 1B_55/2009 vom 19. März 2009 E. 1.1).
Solche Übersetzungen haben nicht nur ins Italienische, sondern auch ins
Spanische und ins Französische zu erfolgen wegen der unterschiedlichen
Muttersprachen der Angeklagten. Die Beibehaltung der Verhandlungssprache
Deutsch hindert die Gerichtsleitung nicht an der Gewährleistung der
Parteirechte. Entsprechende Beanstandungen könnte der Beschwerdeführer, falls
nötig, immer noch im Rahmen einer Anfechtung des Endentscheides vorbringen.
Zudem steht es ihm im gerichtlichen Hauptverfahren weiterhin offen, der
Strafkammer die ihm nötig erscheinenden Prozessanträge (betreffend Übersetzung
usw.) zu unterbreiten.

2.4 Im Übrigen kann sinngemäss auf die ausführlichen Erwägungen im konnexen
Urteil 1B_70/2009 vom 7. April 2009 (betreffend Verhandlungssprache) verwiesen
werden.

2.5 Nach dem Gesagten fehlt es hier am nicht wieder gutzumachenden
Rechtsnachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG. Auch die Voraussetzungen
von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG sind (offensichtlich) nicht erfüllt.

3.
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten.

Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und ist keine Parteientschädigung
zuzusprechen (Art. 68 BGG). Das vorliegende Urteil wird in der Sprache der
angefochtenen Verfügung ausgefertigt (Art. 54 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Bundesanwaltschaft und dem
Bundesstrafgericht, Präsident der Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 16. April 2009
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Féraud Forster