Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.61/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1B_61/2009

Urteil vom 30. März 2009
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Fonjallaz,
Gerichtsschreiberin Scherrer.

Parteien
X.________, Beschwerdeführer,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft, Bahnhofplatz 3a, 4410 Liestal.

Gegenstand
Haftentlassung,

Beschwerde gegen die Verfügung vom 27. Februar 2009 des Kantonsgerichts
Basel-Landschaft,
Abteilung Zivil- und Strafrecht.
Sachverhalt:

A.
X.________ wurde am 3. Mai 2006 verhaftet. Am 29. April 2008 verurteilte ihn
das Kantonsgericht Basel-Landschaft wegen gewerbsmässigem Betrug, mehrfacher
Urkundenfälschung, Pfändungsbetrug, mehrfacher grober Verletzung von
Verkehrsregeln sowie einfacher Verletzung von Verkehrsregeln zu einer
Gesamt-Freiheitsstrafe von 4 Jahren. Mit Verfügung vom 28. Oktober 2008
verlängerte das Kantonsgericht die Sicherheitshaft für X.________ bis zum 29.
April 2009. Das Bundesgericht schützte diesen Entscheid mit Urteil vom 17.
Dezember 2008 (Verfahren 1B_289/2008 und 1B_299/2008).

B.
Am 16. Februar 2009 hiess das Bundesgericht hingegen eine Beschwerde
X.________s gegen den Appellationsentscheid des Kantonsgerichtes
Basel-Landschaft vom 29. April 2008 insofern gut, als der Beschwerdeführer die
Verurteilung im Anklagepunkt 10a und die Einziehung bestimmter Gegenstände
angefochten hatte (Verfahren 6B_748/2008). Die Sache wurde im Sinne der
Erwägungen zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückgewiesen. Das
Bundesgericht erachtete insbesondere den Tatbestand des Betruges zum Nachteil
von A.________ (Anklagepunkt 10a) mangels Arglist als nicht gegeben.

C.
Bereits zuvor, am 29. Januar 2009, hatte X.________ dem Kantonsgericht
beantragt, umgehend aus der Sicherheitshaft entlassen zu werden. Im Rahmen des
Schriftenwechsels zu diesem Entlassungsgesuch wies der Verteidiger des
Beschwerdeführers auf das am 16. Februar 2009 ergangene Urteil des
Bundesgerichts (lit. B hiervor) hin und machte zusätzlich geltend, aufgrund
dieses Freispruchs sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer bereits die
gesamte zu erwartende Freiheitsstrafe verbüsst habe.

D.
Das Kantonsgericht wies das Haftentlassungsgesuch am 27. Februar 2009 ab,
soweit es darauf eintrat.

E.
Mit Eingabe vom 6. März 2009 erhebt X.________ selber "dringliche Beschwerde"
gegen die Abweisung seines Haftentlassungsgesuchs. Er ersucht u.a. um sofortige
Entlassung aus der Sicherheitshaft und stellt ein Gesuch um Gewährung der
unentgeltlichen Rechtspflege. Weiter sei ihm umgehend ein unentgeltlicher
Rechtsbeistand zur Seite zu stellen - gegebenenfalls Rechtsanwalt Daniel Ordas,
Pratteln -, damit dieser die Möglichkeit für eine Beschwerdeergänzung vor
Ablauf der Beschwerdefrist habe.
Das Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Zivil- und Strafrecht, schliesst
unter Verweis auf die angefochtene Verfügung auf Abweisung der Beschwerde,
soweit darauf eingetreten werden könne. Die Staatsanwaltschaft hat sich nicht
zur Angelegenheit vernehmen lassen.
In seiner Replik hält der Beschwerdeführer sinngemäss an seinen Anträgen fest.

Erwägungen:

1.
Die Sachurteilsvoraussetzungen gemäss Art. 78 ff. BGG sind erfüllt und geben zu
keinen weiteren Bemerkungen Anlass.

2.
Der Beschwerdeführer macht geltend, es bestehe keine Fortsetzungsgefahr. Dieser
Haftgrund werde lediglich vorgeschoben. Wiederum stellt er die Stichhaltigkeit
des psychiatrischen Gutachtens, auf welches das Kantonsgericht sich stützt, in
Abrede und verlangt die Einholung eines neuen, von seinem behandelnden Arzt zu
erstellenden Gutachtens. Seiner Auffassung nach muss das Urteil des
Bundesgerichts vom 16. Februar 2009 zu einer derart erheblichen Reduktion der
ausgesprochenen Freiheitsstrafe führen, dass er umgehend aus der Haft zu
entlassen sei; dies, zumal er vom Bundesgericht im grössten der ihm
vorgeworfenen Fälle freigesprochen worden sei.

2.1 Das Bundesgericht hat sich - wie das Kantonsgericht in der angefochtenen
Verfügung zu Recht festhält - bereits im Urteil 1B_289/2008 und 1B_299/2008 vom
17. Dezember 2008 eingehend mit den vom Beschwerdeführer nun wieder
vorgebrachten Argumenten befasst. Hinsichtlich Fortsetzungsgefahr und
Aussagekraft des umstrittenen psychiatrischen Gutachtens hat sich an der
Ausgangslage nichts geändert. Es kann darum vollumfänglich auf die Ausführungen
im zitierten Entscheid verwiesen werden (E. 2 und 2.1 des Urteils 1B_289/2008
und 1B_299/2008 vom 17. Dezember 2008).

2.2 Nicht zu überzeugen vermag der Beschwerdeführer mit der Behauptung, er sei
vom Bundesgericht am 16. Februar 2009 im "grössten" der ihm vorgeworfenen Fälle
freigesprochen worden. Der vom Bundesgericht zu beurteilende Fall betraf
Falschangaben des Beschwerdeführers in einem Mietantragsformular. In Relation
zu den zahlreichen übrigen Delikten, die dem Beschwerdeführer mit seiner
Verurteilung zur Last gelegt wurden, kommt dem Anklagepunkt 10a höchstens
nebensächliche Stellung zu. So wurde der Beschwerdeführer, wie eingangs (lit.
A) gesehen, des gewerbsmässigen Betrugs (u.a. zum Nachteil der Sozialhilfe
Basel-Stadt, diverser Firmen und verschiedener Privatpersonen), des
Pfändungsbetrugs, der mehrfachen Urkundenfälschung, der mehrfachen groben und
der einfachen Verletzung von Verkehrsregeln für schuldig befunden. Hinzu kommt,
dass das Bundesgericht im betreffenden Punkt lediglich eine Verurteilung wegen
Betrugs als unzulässig bezeichnet hat. Noch ist offen, ob allenfalls ein
anderer Straftatbestand auf das inkriminierte Verhalten zutrifft. Selbst wenn
dem nicht so wäre, ist die Auffassung des Kantonsgerichts nicht zu beanstanden,
wonach aufgrund dieses Freispruchs nicht mit einer derartigen Strafreduktion zu
rechnen sei, dass die Haftverlängerung bis 29. April 2009 nicht mehr
verhältnismässig wäre. Die ursprünglich verhängte Freiheitsstrafe von vier
Jahren wäre am 3. Mai 2010 verbüsst. Dass eine bedingte Entlassung nicht sehr
wahrscheinlich ist, wurde bereits im Urteil 1B_289/2008 und 1B_299/2008 vom 17.
Dezember 2008 erörtert (E. 2.3). Entsprechend ist bei der derzeitig zur
Diskussion stehenden Haftverlängerung bis 29. April 2009 noch nicht von
Überhaft auszugehen.
Indes wird sich das Kantonsgericht im Rahmen der Neubeurteilung aufgrund des
bundesgerichtlichen Urteils vom 16. Februar 2009 auch mit der
Verhältnismässigkeit der Sicherheitshaft auseinandersetzen müssen. Aus der
angefochtenen Verfügung vom 27. Februar 2009 geht denn auch hervor, dass die
Neubeurteilung der Angelegenheit in Kürze erfolgen soll. Eine
Verfahrensverzögerung kann den kantonalen Behörden jedenfalls im jetzigen
Zeitpunkt nicht vorgeworfen werden.

3.
Daraus ergibt sich, dass die Beschwerde abzuweisen ist. Angesichts der
Aussichtslosigkeit des Verfahrens ist dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege
und Rechtsbeistand nicht zu entsprechen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Auf eine
Kostenauflage kann indessen verzichtet werden (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsbeistand wird abgewiesen.

3.
Es werden keine Kosten erhoben.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft des Kantons
Basel-Landschaft und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Zivil- und
Strafrecht, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 30. März 2009
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Féraud Scherrer