Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.370/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1B_370/2009

Urteil vom 19. März 2010
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Raselli, Eusebio,
Gerichtsschreiber Dold.

Verfahrensbeteiligte
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Rolf W. Rempfler,

gegen

Bezirksamt Baden, Ländliweg 2, 5402 Baden.

Gegenstand
Akteneinsichtsrecht,

Beschwerde gegen den Entscheid vom 2. Dezember 2009 des Obergerichts des
Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen.
Sachverhalt:

A.
Am 17. März 2008 erstattete X.________ Anzeige gegen Y.________ wegen
Tierquälerei. Mit Eingabe vom 20. Mai 2008 stellte er zudem Strafantrag wegen
Drohung und mehrfacher übler Nachrede. Mit Strafbefehl vom 11. Mai 2009
verurteilte das Bezirksamt Baden Y.________ wegen mehrfacher Widerhandlung
gegen das Tierschutzgesetz, mehrfacher Drohung und mehrfacher übler Nachrede.
Mit Schreiben vom 15. Mai 2009 ersuchte X.________ das Bezirksamt Baden um
Zustellung der seit dem 26. November 2008 eingegangenen Verfahrensakten. Diese
wurden ihm in der Folge zugesandt. Mit Schreiben vom 3. Juni 2009 machte er das
Bezirksamt Baden darauf aufmerksam, dass die "Verteisdigerakten von Y.________
(RA P. Conrad)" fehlten und ersuchte um deren Nachsendung. Mit Schreiben vom
30. Juli 2009 teilte das Bezirksamt Baden X.________ mit, dass die erbetenen
Akten nicht mehr auffindbar seien.
Mit Beschwerde vom 25. September 2009 an das Obergericht des Kantons Aargau
beantragte X.________, das Bezirksamt Baden sei anzuweisen, die
Verteidigerakten von Y.________ nachzureichen. Der Präsident der
Beschwerdekammer in Strafsachen des Obergerichts retournierte die Eingabe mit
dem Hinweis, auf die Beschwerde könne voraussichtlich nicht eingetreten werden.
Für eine allfällige Rechtsverweigerungsanzeige sei das Departement
Volkswirtschaft und Inneres, Abteilung Strafrecht, als Aufsichtsinstanz
zuständig. Mit Eingabe vom 13. Oktober 2009 reichte X.________ erneut
Beschwerde ein. Das Obergericht trat in der Folge mit Entscheid vom 2. Dezember
2009 auf das Rechtsmittel nicht ein.

B.
Mit Eingabe vom 16. Dezember 2009 an das Bundesgericht erhebt X.________
Beschwerde in Strafsachen und eventualiter subsidiäre Verfassungsbeschwerde. Er
beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und das Bezirksamt Baden
sei anzuweisen, die Verteidigerakten von Y.________ nachzureichen.
Das Obergericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Das Bezirksamt Baden
führt in seiner Stellungnahme aus, das fragliche Dossier mit den
Verteidigerakten sei gemäss internen Abklärungen dem Beschwerdeführer
zugestellt worden, jedoch nicht per Einschreiben. Es habe nicht geklärt werden
können, ob das Dossier wieder zurückgesendet worden sei. In seiner
Stellungnahme dazu hält der Beschwerdeführer daran fest, dass er das Dossier
nie erhalten habe.

Erwägungen:

1.
1.1 Der angefochtene Entscheid geht auf ein Gesuch des Beschwerdeführers um
Akteneinsicht zurück. Das Strafverfahren, auf welches sich das Gesuch bezieht,
ist abgeschlossen. Beim Nichteintretensentscheid des Obergerichts handelt es
sich deshalb nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung um einen
Justizverwaltungsakt, der mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten anzufechten ist (Art. 82 lit. a BGG; vgl. zur Publ. bestimmtes
Urteil 1C_444/2009 vom 14. Januar 2010 E. 1.1 und dort zitierte Entscheide).
Die unrichtige Bezeichnung des Rechtsmittels schadet dem Beschwerdeführer
indessen nicht (BGE 134 III 379 E. 1.2 S. 382; 133 II 396 E. 3.1 S. 399; je mit
Hinweisen).

1.2 Mit seinem Entscheid vom 2. Dezember 2009 hat das Obergericht die
Beschwerde gemäss § 213 des Gesetzes des Kantons Aargau vom 11. November 1958
über die Strafrechtspflege (StPO/AG; SAR 251.100) als das unzutreffende
Rechtsmittel bezeichnet und den Beschwerdeführer auf die Möglichkeit einer
Aufsichtsanzeige an das Departement Volkswirtschaft und Inneres, Abteilung
Strafrecht, hingewiesen. Es hat die Angelegenheit jedoch nicht an das
Departement überwiesen, sondern ist auf die Beschwerde nicht eingetreten. Damit
wurde das kantonale Verfahren abgeschlossen (Art. 90 BGG).

1.3 Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und
macht geltend, das Obergericht habe durch den Nichteintretensentscheid den
Anspruch auf gerichtliche Beurteilung verletzt. Zu dieser Rüge ist er im
bundesgerichtlichen Verfahren ungeachtet seiner Legitimation in der Sache
berechtigt (Art. 89 Abs. 1 BGG, vgl. BGE 129 II 297 E. 2.3 S. 301; 127 II 161
E. 3b S. 167). Der Streitgegenstand ist jedoch auf diese Frage beschränkt
(Urteil 1C_405/2008 vom 18. März 2009 E. 1). Deshalb kann insofern nicht auf
die Beschwerde eingetreten werden, als der Beschwerdeführer geltend macht, das
Bezirksamt Baden habe das rechtliche Gehör verletzt, indem es ihm nicht die
vollständigen Akten zugestellt habe.

1.4 Ebenfalls nicht einzutreten ist auf die Beschwerde sodann insoweit, als der
Beschwerdeführer kritisiert, es verletze das Gewaltenteilungsprinzip, wenn eine
Verwaltungsbehörde als Rechtsmittelinstanz in einem Strafverfahren auftrete.
Auch diese Rüge bezieht sich nicht auf die Frage, ob die Vorinstanz zu Unrecht
nicht auf das Rechtsmittel eingetreten ist. Im Übrigen ergibt sich in erster
Linie aus dem kantonalen Staatsrecht, welche Behörde wofür zuständig ist (BGE
130 I 1 E. 3.1 S. 5) und es erscheint nicht als unzulässig, wenn wie vorliegend
nach Abschluss eines Strafverfahrens zunächst eine Verwaltungsbehörde über das
Akteneinsichtsrecht entscheidet.

2.
Der Beschwerdeführer rügt, der Verweis auf ein verwaltungsinternes
Aufsichtsverfahren verletze die Rechtsweggarantie. Er beruft sich dabei auf
Art. 6 EMRK sowie Art. 29a BV. Indessen behauptet er nicht, dass er den
Entscheid des Departements nicht an ein kantonales Gericht weiterziehen könnte,
welches die Anforderungen der von ihm angerufenen Verfahrensgarantien erfüllt.
Auf Beurteilung durch eine richterliche Behörde hat er indessen gemäss Art. 29a
BV in Verbindung mit Art. 130 Abs. 3 BGG Anspruch (vgl. Urteil 2C_64/2007 vom
29. März 2007 E. 3, in: Pra 2007 Nr. 134 S. 920 mit Hinweisen). Die Rüge der
Verletzung der Rechtsweggarantie erweist sich damit als unbegründet.

3.
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei
diesem Ausgang trägt der Beschwerdeführer die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1
BGG). Es ist keine Parteientschädigung zuzusprechen (Art. 68 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Bezirksamt Baden und dem
Obergericht des Kantons Aargau, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich
mitgeteilt.

Lausanne, 19. März 2010
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Féraud Dold