Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.322/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1B_322/2009

Urteil vom 21. Januar 2010
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Raselli, Eusebio,
Gerichtsschreiber Störi.

Parteien
X.________, Beschwerdeführer,

gegen

André Rüegsegger, a.o. Untersuchungsrichter, Bahnhofstrasse 13, Postfach 451,
6440 Brunnen, Beschwerdegegner,
Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz,
Archivgasse 1, Postfach 1201, 6431 Schwyz.

Gegenstand
Strafverfahren, Ausstand,

Beschwerde gegen die Verfügung vom 23. Oktober 2009 des Kantonsgerichts des
Kantons Schwyz, Präsident.
Sachverhalt:

A.
Der ausserordentliche Untersuchungsrichter des Bezirksamts Schwyz, André
Rüegsegger, führt gegen X.________ ein Strafverfahren wegen Sachbeschädigung
und Verstosses gegen die Hundeleinenpflicht.
Am 14. September 2009 wies die Staatsanwaltschaft das von X.________ gegen
Untersuchungsrichter André Rüegsegger gestellte Ablehnungsgesuch ab.
Am 8. Oktober 2009 erhob X.________ gegen diese Verfügung der
Staatsanwaltschaft Beschwerde ans Kantonsgericht, wobei er zusätzlich den
Ausstand des Staatsanwaltes verlangte.
Am 8. Oktober 2009 erhob Untersuchungsrichter André Rüegsegger gegen X.________
Anklage beim Bezirksgericht Schwyz. Dieser reichte auch dagegen Beschwerde ans
Kantonsgericht Schwyz ein.
Am 23. Oktober 2009 trat der Präsident des Kantonsgerichts Schwyz auf beide
Beschwerden nicht ein.

B.
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt X.________, diese Verfügung des
Kantonsgerichtspräsidenten aufzuheben, André Rüegsegger abzulehnen und die
Anklageschrift zurückzuweisen. Ausserdem ersucht er um unentgeltliche
Rechtspflege.
Der Staatsanwalt und das Kantonsgericht verzichten auf Vernehmlassung. André
Rüegsegger liess sich nicht vernehmen.

Erwägungen:

1.
Der angefochtene Entscheid schliesst das Strafverfahren gegen den
Beschwerdeführer nicht ab, es handelt sich um einen Zwischenentscheid.

1.1 Soweit mit dem angefochtenen Entscheid auf die Beschwerde gegen die
Zulassung der Anklageschrift nicht eingetreten wurde, handelt es sich um einen
Zwischenentscheid im Sinn von Art. 93 Abs. 1 BGG. Ein solcher ist nur
anfechtbar ist, wenn er einen nicht wiedergutzumachenden Nachteil rechtlicher
Natur bewirken könnte (lit. a) oder die Gutheissung der Beschwerde sofort zu
einem Endentscheid führen und dadurch einen bedeutenden Aufwand an Zeit und
Kosten ersparen würde (lit. b).
Mit der Anklagezulassung steht bloss fest, dass der Beschwerdeführer ein
gerichtliches Strafverfahren gegen sich zu erdulden hat. Darin liegt kein
Nachteil rechtlicher Natur. Die Aufhebung der Anklagezulassung würde nicht zu
einem Abschluss des Verfahrens und damit nicht sofort zu einem Endentscheid
führen. Die Voraussetzungen für ein Eintreten auf die Beschwerde sind insoweit
nicht erfüllt.

1.2 Soweit mit dem angefochtenen Entscheid auf die Beschwerde gegen die
Ablehnung des Ausstandsbegehrens gegen den Untersuchungsrichter durch den
Staatsanwalt und das Ablehnungsbegehren gegen den Staatsanwalt nicht
eingetreten wurde, liegt ein Zwischenentscheid im Sinn von Art. 92 Abs. 1 BGG
vor, gegen den die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 ff. BGG gegeben ist.
Als Angeklagter ist der Beschwerdeführer befugt, sie zu erheben (Art. 81 Abs. 1
BGG). Auf die Beschwerde ist insoweit einzutreten.

2.
2.1 Der Kantonsgerichtspräsident ist auf die Beschwerde des Beschwerdeführers
gegen die Abweisung seines Ablehnungsbegehrens gegen den Untersuchungsrichter
durch den Staatsanwalt wegen Verspätung nicht eingetreten. Er hat in
zutreffender Weise auf die Rechtsprechung des Bundesgerichts verwiesen, wonach
in Fällen, in denen der Empfänger z.B. wegen eines hängigen Verfahrens mit
einer Zustellung rechnen muss, ein Entscheid nach Ablauf der postalischen
Abholfrist von 7 Tagen als zugestellt gilt, ungeachtet dessen, dass der
Empfänger die postlagernde Sendung später abholte (BGE 130 III 396 E. 1.2.3).
In Anwendung dieser Praxis ist der Präsident des Kantonsgerichts zum Schluss
gekommen, der Beschwerdeführer habe die am 14. September 2009 ergangene und
tags darauf versandte Verfügung der Staatsanwaltschaft am 8. Oktober 2009 und
damit nach Ablauf der 10-tägigen Beschwerdefrist angefochten. Der
Beschwerdeführer setzt sich damit nicht auseinander und legt unter Verletzung
seiner Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 133 IV 286 E. 1.4) nicht
dar, weshalb diese Fristberechnung des Kantonsgerichtspräsidenten fehlerhaft
sein sollte, und das ist auch nicht ersichtlich. Sein Einwand, er sei
berechtigt gewesen, vor der Beschwerdeeinreichung die zwei Verfügungen der
Staatsanwaltschaft B 0962 und B 0963 abzuwarten, welche am 1. Oktober 2009
ergingen, ist offensichtlich unzutreffend, was der Beschwerdeführer ohne jede
Schwierigkeit der Rechtsmittelbelehrung der staatsanwaltlichen Verfügung vom
14. September 2009 hätte entnehmen können. Der Entscheid des
Kantonsgerichtspräsidenten, auf die Beschwerde insoweit wegen Verspätung nicht
einzutreten, ist nicht zu beanstanden.
Das Gleiche gilt im Übrigen für die Eventualbegründung des
Kantonsgerichtspräsidenten, auf die Beschwerde wäre auch deshalb nicht
einzutreten, weil sie rechtsmissbräuchlich sei, da der Beschwerdeführer eine
offensichtlich grundlose Strafanzeige gegen den Untersuchungsrichter
eingereicht und danach gestützt darauf dessen Ablehnung verlangt habe, was
nicht angehe. Ein derartiges Vorgehen ist rechtsmissbräuchlich, und aus der
Beschwerde ans Kantonsgericht ergibt sich nicht ansatzweise, wodurch sich der
Untersuchungsrichter strafbar gemacht haben könnte.

2.2 Soweit sich die Beschwerde gegen die Mitwirkung von Staatsanwalt Benno
Annen richtet, ist der Kantonsgerichtspräsident darauf mit der Begründung nicht
eingetreten, die nachträglich und verspätet vorgetragenen Ablehnungsgründe
gegen den Staatsanwalt seien unzulässig. Der Beschwerdeführer setzt sich damit
in keiner Weise auseinander und verletzt damit sein Begründungspflicht (Art. 42
Abs. 2 BGG; BGE 133 IV 286 E. 1.4). Darauf ist nicht einzutreten.

2.3 Der Beschwerdeführer erhebt gegen den Kantonsgerichtspräsidenten schwere
Vorwürfe. Diese betreffen indessen nicht den Gegenstand des vorliegenden
Verfahrens, weshalb darauf nicht einzutreten ist. Unerfindlich ist zudem,
inwiefern der Kantonsgerichtspräsident Bundesrecht verletzt haben könnte, indem
er die beiden Beschwerden in einem Entscheid behandelte, und es ist auch weder
ersichtlich noch dargetan, dass sich dies zum Nachteil des Beschwerdeführers
ausgewirkt haben könnte. Darauf ist nicht einzutreten.

3.
Die Beschwerde ist somit abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Bei diesem
Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs.
1 BGG). Er hat zwar ein Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege gestellt, welches
indessen abzuweisen ist, da die Beschwerde aussichtslos war (Art. 64 Abs. 1
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten in Höhe von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer
auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Staatsanwaltschaft und dem Kantonsgericht
des Kantons Schwyz, Präsident, schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 21. Januar 2010
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Féraud Störi