Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.115/2009
Zurück zum Index I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2009
Retour à l'indice I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 2009


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1B_115/2009

Urteil vom 26. Januar 2010
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Fonjallaz,
Gerichtsschreiber Forster.

Parteien
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Marco Bivetti,

gegen

Staatsanwaltschaft des Kantons Appenzell Innerrhoden, Unteres Ziel 20, 9050
Appenzell,
Standeskommission des Kantons Appenzell Innerrhoden, Marktgasse 2, 9050
Appenzell.

Gegenstand
Haftbefehl,

Beschwerde gegen die Verfügung vom
27. März 2009 der Staatsanwaltschaft des
Kantons Appenzell Innerrhoden.
Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 27. März 2009 erliess die Staatsanwaltschaft des Kantons
Appenzell Innerrhoden (gestützt auf Art. 55 StPO/AI) einen Haftbefehl gegen
X.________, der in der Folge verhaftet und am 7. April 2009 aus der
Untersuchungshaft entlassen wurde. Auf eine von X.________ am 2. April 2009
erhobene Beschwerde trat die Standeskommission des Kantons Appenzell
Innerrhoden mit Entscheid vom 14. April 2009 nicht ein.

B.
Mit Beschwerde vom 14. Mai 2009 gelangte X.________ an das Bundesgericht. Er
beantragt die Aufhebung der Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 27. März 2009
bzw. die Feststellung der "Widerrechtlichkeit des Haftbefehls und damit der
Untersuchungshaft".
Die Staatsanwaltschaft und die Standeskommission liessen sich (je nach
erstreckter Frist) am 19. bzw. 23. Juni 2009 vernehmen. Der Beschwerdeführer
replizierte (nach erstreckter Frist) am 20. August 2009; die Standeskommission
und die Staatsanwaltschaft duplizierten am 18. September bzw. 8. Oktober 2009.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde richtet sich ausdrücklich gegen den Haftbefehl der
Staatsanwaltschaft vom 27. März 2009. Der Nichteintretensentscheid der
Standeskommission des Kantons Appenzell Innerrhoden vom 14. April 2009 wird
laut Beschwerdeschrift nicht angefochten (vgl. Beschwerdeschrift, S. 2 Ziff. I/
1-2 und Ziff. II/2).
Der Beschwerdeführer wurde unbestrittenermassen am 7. April 2009 aus der
Untersuchungshaft entlassen. Es kann offen bleiben, ob unter dem Gesichtspunkt
des aktuellen Rechtsschutzinteresses (vgl. Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG) dennoch
auf die Beschwerde eingetreten werden könnte. Der Haftbefehl vom 27. März 2009
stellt keinen anfechtbaren letztinstanzlichen Entscheid im Sinne von Art. 80
BGG dar. Ausserdem erfolgte die Beschwerde verspätet (Art. 100 Abs. 1 BGG).

2.
In der Rechtsmittelbelehrung der angefochtenen Verfügung wird (mit Hinweis auf
Art. 58 Abs. 2 StPO/AI) dargelegt, dass "der Verhaftete jederzeit bei der
Staatsanwaltschaft Appenzell I.Rh. zu Protokoll oder schriftlich ein Gesuch um
Haftaufhebung stellen" könne. Eine abweisende Verfügung der Staatsanwaltschaft
bewirke "die Weiterleitung des Gesuches an den Einzelrichter" (des
Bezirksgerichtes Appenzell). Der Beschwerdeführer wurde anlässlich der
Hafteröffnung vom 27. März 2009 auch noch mündlich durch den befragenden
Staatsanwalt auf diese Regelung hingewiesen. Wie sich aus den Akten ergibt,
verzichtete der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer anlässlich der
Hafteröffnung vom 27. März 2009 "zurzeit" noch darauf, ein
Haftentlassungsgesuch zu stellen. Am 2. April 2009 beantragte er bei der
Staatsanwaltschaft seine Haftentlassung. Gleichentags focht er den Haftbefehl
mit Beschwerde bei der kantonalen Standeskommission an. Mit Schreiben vom 3.
April 2009 teilte der Beschwerdeführer der Staatsanwaltschaft Folgendes mit:
"Im Nachtrag zum Haftentlassungsgesuch vom 2. April 2009 ersuche ich Sie
höflich, die Behandlung desselben bis zur geplanten Einvernahme vom Montag, den
6. April 2009, zu sistieren". Am 7. April 2009 wurde der Beschwerdeführer aus
der Untersuchungshaft entlassen. Am 14. April 2009 trat die Standeskommission
des Kantons Appenzell Innerrhoden (mit Hinweis auf Art. 56-58 StPO/AI) auf die
kantonale Beschwerde nicht ein.
Auf die Beschwerde gegen den Haftbefehl der Staatsanwaltschaft ist schon
mangels Letztinstanzlichkeit der angefochtenen Verfügung nicht einzutreten
(Art. 80 BGG).

3.
Die Beschwerde erfolgte am 14. Mai 2009 ausserdem verspätet. Wie sich aus den
Akten ergibt, wurde der Haftbefehl dem Beschwerdeführer am 27. März 2009
eröffnet. Damit wurde die 30-tägige Beschwerdefrist von Art. 100 Abs. 1 BGG
versäumt.
Was den Fristenlauf betrifft, stellt sich der Beschwerdeführer auf folgenden
Standpunkt: "Nachdem gemäss Standeskommission kein kantonales Rechtsmittel
gegen die Haftanordnung des Staatsanwalts existiert, wäre sie im Rahmen der
verwaltungsrechtlichen Grundsätze verpflichtet gewesen, die Beschwerde
zuständigerweise an das Bundesgericht weiterzuleiten". Dieser Auffassung kann
nicht gefolgt werden. In ihrem Nichteintretensentscheid hat die
Standeskommission keineswegs erwogen, der Haftbefehl der Staatsanwaltschaft sei
nicht anfechtbar. Vielmehr hat sie betreffend strafprozessuale Haftanordnung
auf die (im Haftbefehl erwähnte und bei der Hafteröffnung auch noch mündlich
erläuterte) Rechtsmittelordnung von Art. 56-58 StPO/AI hingewiesen und sich im
kantonalen Beschwerdeverfahren als unzuständig erklärt. Dementsprechend fehl
geht auch die Annahme des Beschwerdeführers, beim angefochtenen Haftbefehl
handle es sich um eine "Haftanordnung" im Sinne von Art. 31 Abs. 3 BV, welche
nicht richterlich habe überprüft werden können. Wie bereits dargelegt, hat der
Beschwerdeführer am 27. März 2009 (vorläufig und mündlich zu Protokoll) sowie
mit Schreiben vom 3. April 2009 auf ein Haftentlassungsgesuch bzw. eine
richterliche Prüfung des Haftbefehls (im Zeitraum zwischen 27. März und 6.
April 2009) ausdrücklich verzichtet. Eine entsprechende Haftprüfung bzw.
förmliche richterliche Haftanordnung (im Sinne von Art. 31 Abs. 3 BV) wäre noch
vor der erfolgten Haftentlassung am 7. April 2009 ohne Weiteres möglich
gewesen.

4.
Auf die Beschwerde gegen den Haftbefehl ist nicht einzutreten.

5.
In seiner Replik vom 20. August 2009 (die nach erstreckter Frist erfolgte)
macht der Beschwerdeführer geltend, seine Rechtsbegehren seien gegenüber der
Beschwerdeschrift vom 14. Mai 2009 "unverändert" (Seite 2 oben). In der
Beschwerdeschrift hat er folgende Rechtsbegehren formuliert:
"1. Die Haftanordnung durch den Staatsanwalt des Kantons Appenzell I.Rh. vom
27. März 2009 sei aufzuheben.
2. Es sei die Widerrechtlichkeit des Haftbefehls und damit der Untersuchungs-
haft festzustellen."
Unter "Formelles" hat der Beschwerdeführer verdeutlicht, dass sich die
Beschwerde gegen den Haftbefehl vom 27. März 2009 richte (Beschwerdeschrift, S.
2). In seiner Replik vom 20. August 2009 (Seite 2 unten) stellt sich der
Rechtsuchende nun erstmals auf den Standpunkt, seine Beschwerde richte sich
auch gegen den Entscheid der Standeskommission vom 14. April 2009.
Wie sich aus den Akten ergibt, wurde der Entscheid der Standeskommission dem
Beschwerdeführer am 17. April 2009 zugestellt. Innert der Beschwerdefrist von
Art. 100 Abs. 1 BGG hat er weder Rechtsbegehren gegen den
Nichteintretensentscheid formuliert, noch zulässige Rügen dagegen
substanziiert. Die nachträglichen Vorbringen in der Replik vom 20. August 2009
erfolgen verspätet. Darüber hinaus handelt es sich auch beim
Nichteintretensentscheid der Standeskommission nicht um einen
letztinstanzlichen kantonalen Gerichtsentscheid (Art. 80 BGG). Gemäss
ausdrücklicher Rechtsmittelbelehrung wäre dagegen eine
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Kantonsgericht zulässig gewesen (gestützt
Art. 4 i.V.m. Art. 10 Abs. 1 des kantonalen Verwaltungsgerichtsgesetzes).
Auf die Beschwerde ist auch unter diesen Gesichtspunkten nicht einzutreten.
Im Übrigen wäre in diesem Zusammenhang auch keine verfassungswidrige Anwendung
des kantonalen Prozessrechts ersichtlich. Wie der kantonalen
Strafprozessordnung (Art. 56-58 und Art. 141 StPO/AI) und den Erwägungen des
Entscheides der Standeskommission vom 14. April 2009 ohne Weiteres entnommen
werden kann, war Letztere nicht zuständig, eine Beschwerde gegen den Haftbefehl
vom 27. März 2009 zu prüfen.

6.
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten.
Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer sowie der Staatsanwaltschaft und der
Standeskommission des Kantons Appenzell Innerrhoden schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 26. Januar 2010
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Féraud Forster