Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Öffentlich-rechtliche Abteilung, Beschwerde in Strafsachen 1B.107/2009
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
1B_107/2009

Urteil vom 18. Juni 2009
I. öffentlich-rechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Féraud, Präsident,
Bundesrichter Aemisegger, Raselli,
Gerichtsschreiber Härri.

Parteien
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Martin Häuselmann,

gegen

Steuerverwaltung des Kantons Bern, Abteilung Erbschafts-, Schenkungs- und
Nachsteuer,
Postfach 8334, 3001 Bern,
Gerichtspräsident 13 des Gerichtskreises VIII
Bern-Laupen, Amthaus, Hodlerstrasse 7, 3011 Bern.

Gegenstand
Gerichtsbarkeit des Kantons Bern in einer Steuerstrafsache,

Beschwerde gegen den Beschluss vom 27. März 2009 des Stv. Generalprokurators
des Kantons Bern.
Sachverhalt:

A.
X.________ wurde dem Einzelrichter des Gerichtskreises VIII Bern-Laupen zur
Beurteilung überwiesen wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung.
An der einzelrichterlichen Verhandlung vom 25. März 2009 bestritt X.________
vorfrageweise die bernische Gerichtsbarkeit. Der Einzelrichter brach darauf die
Verhandlung ab und überwies die Akten der Generalprokuratur des Kantons Bern
zum Entscheid.
Mit Beschluss vom 27. März 2009 bejahte der Stv. Generalprokurator die
Gerichtsbarkeit des Kantons Bern.

B.
X.________ erhob gegen den Beschluss des Stv. Generalprokurators Beschwerde
beim Bundesstrafgericht.
Mit Entscheid vom 17. April 2009 trat dieses (I. Beschwerdekammer) darauf nicht
ein. Es liess offen, ob der Entscheid des Stv. Generalprokurators mit
Beschwerde beim Bundesstrafgericht angefochten werden könne, da der
Beschwerdeführer die örtliche Zuständigkeit der Berner Behörden jedenfalls zu
spät bestritten habe.

C.
X.________ führt gegen den Beschluss des Stv. Generalprokurators auch
Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, dieser sei aufzuheben und die Sache
zur neuen Beurteilung sowie zum neuen Beschluss an die Generalprokuratur
zurückzuweisen. Eventualiter sei der Beschluss des Stv. Generalprokurators
aufzuheben und es seien die Gerichtsbehörden des Kantons Freiburg zur
gerichtlichen Beurteilung des gegen den Beschwerdeführer hängigen
Steuerstrafverfahrens zuständig zu erklären. Der Beschwerde sei aufschiebende
Wirkung zu gewähren.

D.
Der Stv. Generalprokurator hat sich vernehmen lassen mit dem Antrag, auf die
Beschwerde in Strafsachen sei nicht einzutreten; eventuell sei sie abzuweisen.
Das Gesuch um aufschiebende Wirkung sei abzuweisen.

Die Steuerverwaltung des Kantons Bern hat Gegenbemerkungen eingereicht, ohne
einen förmlichen Antrag zu stellen.
Der Einzelrichter hat sich vernehmen lassen mit dem Antrag, die Beschwerde in
Strafsachen sei abzuweisen; die aufschiebende Wirkung sei zu verweigern.

E.
X.________ hat eine Replik eingereicht. Er hält an seinen Anträgen fest.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Anfechtbarkeit nach Art. 92 Abs. 1 BGG ist gegeben.

1.2 Ob der angefochtene Entscheid letztinstanzlich ist, ist unklar (vgl.
Vernehmlassung des Stv. Generalprokurators S. 2 Ziff. 4). Die Frage kann offen
bleiben, da auf die Beschwerde ohnehin nicht einzutreten ist.

1.3 Gemäss Art. 279 Abs. 2 BStP (SR 312.0) i.V.m. Art. 28 Abs. 1 lit. g des
Bundesgesetzes vom 4. Oktober 2002 über das Bundesstrafgericht (SGG; SR 173.71)
kann gegen den Entscheid der kantonalen Strafverfolgungsbehörde über die
Gerichtsbarkeit des betreffenden Kantons Beschwerde bei der Beschwerdekammer
des Bundesstrafgerichts geführt werden, deren Entscheid endgültig ist (Art. 79
BGG e contrario). Nach Auffassung des Stv. Generalprokurators war dieses
Rechtsmittel nicht gegeben, weil der angefochtene Entscheid nicht in Anwendung
des Strafgesetzbuches, sondern einzig gestützt auf kantonales Recht erging, aus
welchem Grund statt einer Rechtsmittelbelehrung der Hinweis erfolgte, es gebe
kein ordentliches Rechtsmittel.
Der Beschwerdeführer bestreitet die bernische Gerichtsbarkeit, da die ihm
vorgeworfenen steuerstrafrechtlichen Widerhandlungen nicht nach bernischem
Strafrecht zu beurteilen und im Kanton Freiburg erfolgt seien, weshalb nach
Massgabe von Art. 340 StGB die freiburgische Gerichtsbarkeit gegeben sei. Folgt
man der Auffassung des Beschwerdeführers, ist der Entscheid des Stv.
Generalprokurators bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts
anzufechten, was der Beschwerdeführer, wenn auch erfolglos, getan hat. Es ist
nicht zu sehen, inwiefern die Zuständigkeit des Bundesgerichts gegeben sein
könnte. Zur behaupteten Zulässigkeit der Beschwerde in Strafsachen bringt der
Beschwerdeführer einzig vor, bei Art. 340 StGB handle es sich um eine
bundesrechtliche Zuständigkeitsfrage (Beschwerde S. 7 Ziff. 4.4 a.E.). Die
Zulässigkeit solcher Rügen (Art. 95 lit. a BGG) besagt indessen nichts über die
Zuständigkeit des Bundesgerichts. Ist dessen Zuständigkeit aber nicht gegeben,
ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.

2.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens trägt der Beschwerdeführer die Kosten (Art.
66 Abs. 1 Satz 1 BGG).
Mit dem vorliegenden Entscheid braucht über das Gesuch um aufschiebende Wirkung
nicht mehr befunden zu werden.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Steuerverwaltung des Kantons Bern,
dem Gerichtspräsidenten 13 des Gerichtskreises Vlll Bern-Laupen sowie dem Stv.
Generalprokurator des Kantons Bern schriftlich mitgeteilt.

Lausanne, 18. Juni 2009
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Féraud Härri