Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 960/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_960/2008

Urteil vom 6. März 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Kernen, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Fessler.

Parteien
M.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Thomas Laube,

gegen

IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 31. Oktober 2008.

Sachverhalt:

A.
Der 1964 geborene M.________ meldete sich im März 2002 bei der
Invalidenversicherung an und beantragte eine Rente. Nach Abklärungen sprach ihm
die IV-Stelle des Kantons St. Gallen mit Verfügungen vom 15. Mai 2003 ab 1.
April 2001 auf Grund eines Invaliditätsgrades von 100 % eine ganze Rente samt
Zusatzrente für die Ehefrau und drei Kinderrenten zu. Am ... wurde die Ehe des
M.________ geschieden, was eine Neuberechnung der Rente zur Folge hatte. Im
Rahmen des im Dezember 2004 eingeleiteten Revisionsverfahrens wurde M.________
vom 11. bis 15. Dezember 2006 im Zentrum für Medizinische Begutachtung (ZMB)
interdisziplinär abgeklärt. Nach Einholung der Stellungnahme des Regionalen
Ärztlichen Dienstes zum Gutachten vom 30. Januar 2007 und nach Durchführung des
Vorbescheidverfahrens hob die IV-Stelle mit Verfügung vom 12. Mai 2007 die
Rente auf Ende des der Zustellung des Entscheids folgenden Monats auf.

B.
Die Beschwerde des M.________ wies das Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen mit Entscheid vom 31. Oktober 2008 ab, soweit darauf eingetreten wurde.

C.
M.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit den Rechtsbegehren, der Entscheid vom 31. Oktober 2008 sei aufzuheben und
ihm weiterhin eine ganze Rente zuzusprechen, eventualiter die Sache zur
Durchführung eines multidisziplinären Gutachtens an die Vorinstanz
zurückzuweisen, unter Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.
Das kantonale Versicherungsgericht beantragt die Abweisung der Beschwerde.
IV-Stelle und Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine
Vernehmlassung.

D.
Im Rahmen eines zweiten Schriftenwechsels haben die Parteien und die Vorinstanz
zur Frage der zweifellosen Unrichtigkeit der Rentenzusprechung vom 15. Mai 2003
Stellung genommen.

Erwägungen:

1.
1.1 Ändert sich der Invaliditätsgrad einer Rentenbezügerin oder eines
Rentenbezügers erheblich, so wird die Rente von Amtes wegen oder auf Gesuch hin
für die Zukunft entsprechend erhöht, herabgesetzt oder aufgehoben (Art. 17 Abs.
1 ATSG). Anlass zur Rentenrevision gibt somit jede wesentliche Änderung in den
tatsächlichen Verhältnissen, die geeignet ist, den Invaliditätsgrad und damit
den Rentenanspruch zu beeinflussen (BGE 130 V 343 E. 3.5 S. 349; Urteil U 35/07
vom 28. Januar 2008 E. 3).
Zeitliche Vergleichsbasis für die Beurteilung einer anspruchserheblichen
Änderung des Invaliditätsgrades bilden die letzte rechtskräftige Verfügung oder
der letzte rechtskräftige Einspracheentscheid, welche oder welcher auf einer
materiellen Prüfung des Rentenanspruchs mit rechtskonformer
Sachverhaltsabklärung, Beweiswürdigung und Invaliditätsbemessung beruht (BGE
133 V 108; vgl. auch BGE 130 V 71 E. 3.2.3 S. 75 ff.; Urteil 9C_562/2008 vom 3.
November 2008 E. 2.1).

1.2 Nach Art. 53 Abs. 2 ATSG in Verbindung mit Art. 2 ATSG und Art. 1 Abs. 1
IVG kann die IV-Stelle auf formell rechtskräftige Verfügungen oder
Einspracheentscheide zurückkommen, wenn diese zweifellos unrichtig sind und
wenn ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist. Die Wiedererwägung im
Sinne dieser Bestimmung dient der Korrektur einer anfänglich unrichtigen
Rechtsanwendung einschliesslich unrichtiger Feststellung im Sinne der Würdigung
des Sachverhalts (BGE 117 V 8 E. 2c S. 17 mit Hinweis; Urteil 9C_215/2007 vom
2. Juli 2007 E. 3.1). Die Wiedererwägung ist jederzeit möglich (vgl. Art. 53
Abs. 3 ATSG), insbesondere auch wenn die Voraussetzungen der Revision nach Art.
17 Abs. 1 ATSG nicht erfüllt sind. Wird die zweifellose Unrichtigkeit der
ursprünglichen Rentenverfügung erst vom Gericht festgestellt, so kann es die im
Revisionsverfahren verfügte Aufhebung der Rente mit dieser substituierten
Begründung schützen (BGE 125 V 368 E. 2 S. 369; Urteil 9C_11/2008 vom 29. April
2008 E. 2 mit Hinweis).
Bei der Wiedererwägung einer formell rechtskräftigen Verfügung oder eines
formell rechtskräftigen Einspracheentscheides, sei es im Rahmen der
substituierten Begründung bei Gelegenheit eines Revisionsverfahrens nach Art.
17 Abs. 1 ATSG und Art. 87 ff. IVV, sei es sonst von Amtes wegen oder auf
Gesuch hin, gilt es, wenn spezifisch invalidenversicherungsrechtliche Aspekte
zur Diskussion stehen, mit Wirkung ex nunc et pro futuro einen rechtskonformen
Zustand herzustellen (Art. 85 Abs. 2, Art. 88bis Abs. 1 lit. c IVV; BGE 110 V
291 E. 3 S. 293 ff.; Urteil 9C_215/2007 vom 2. Juli 2007 E. 6.1). Um die Frage
nach dem zukünftigen Rentenanspruch prüfen zu können, muss die zweifellose
Unrichtigkeit der ursprünglichen Rentenverfügung festgestellt sein. Ist dies
der Fall und die Berichtigung von erheblicher Bedeutung, was auf periodische
Dauerleistungen regelmässig zutrifft (vgl. BGE 119 V 475 E. 1c S. 480 mit
Hinweisen; Urteil 9C_655/2007 vom 4. Januar 2008 E. 2), sind die
Anspruchsberechtigung und allenfalls der Umfang des Anspruchs pro futuro zu
prüfen (Urteil 9C_215/2007 vom 2. Juli 2007 E. 6.1). Es ist wie bei einer
materiellen Revision nach Art. 17 Abs. 1 ATSG auf der Grundlage eines richtig
und vollständig festgestellten Sachverhalts der Invaliditätsgrad im Zeitpunkt
der Verfügung oder des Einspracheentscheides zu ermitteln, woraus sich die
Anspruchsberechtigung und allenfalls der Umfang des Anspruchs ergeben (Art. 28
Abs. 2 IVG; Urteile 8C_339/2008 vom 11. November 2008 E. 3.3 und 9C_11/2008 vom
29. April 2008 E. 4.2.1).

2.
Das kantonale Gericht hat zur revisionsweisen Aufhebung der ganzen Rente des
Beschwerdeführers durch die IV-Stelle erwogen, die Frage nach einer erheblichen
Tatsachenänderung (hier im Vergleichszeitraum vom 15. Mai 2003 bis 12. Mai
2007) setze voraus, dass der der Rentenzusprechung zu Grunde liegende
Sachverhalt mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit ermittelt worden sei. Treffe dies nicht zu, müsse der
damalige Sachverhalt berichtigt oder vervollständigt werden, um so die
notwendige verlässliche Vergleichsbasis für eine allfällige Rentenrevision zu
schaffen. Auf Grund der medizinischen Akten im Zeitpunkt der Rentenzusprechung
sei die IV-Stelle von einer Arbeitsunfähigkeit von 100 % für sämtliche
Tätigkeiten ausgegangen. Dies sei nicht zu beanstanden, auch wenn zumindest aus
rheumatologischer und psychiatrischer Sicht mit einer erheblichen Verbesserung
des Gesundheitszustandes habe gerechnet werden können. Die Angaben des
psychiatrischen Sachverständigen des ZMB zur gesundheitlichen Situation bis
Anfang 2003 vermöchten weder eine psychisch begründete Arbeitsunfähigkeit
auszuschliessen noch so starke Zweifel an der Richtigkeit der Einschätzung des
Psychiaters der Klinik X.________ (Bericht vom 14. November 2001) und des
Hausarztes (Bericht vom 19. April 2002) zu wecken, dass die damals angenommene
Arbeitsunfähigkeit von 100 % nicht mehr als überwiegend wahrscheinlich
qualifiziert werden könnte. Damit liege eine Vergleichsgrundlage vor, die es
erlaube, eine allfällige erhebliche nachträgliche Sachverhaltsänderung mit
rechtsgenüglicher Sicherheit zu belegen. Eine solche Änderung hat die
Vorinstanz mit Bezug auf die Arbeitsfähigkeit aus (rein) rheumatologischer- und
kardiologischer Sicht verneint. Nach einer vorübergehenden operativ bedingten
Arbeitsunfähigkeit habe in leichten rückenschonenden Tätigkeiten keine
Einschränkung mehr bestanden. Dagegen sei auf Grund des ZMB-Gutachtens vom 30.
Januar 2007 von einer erheblichen Verbesserung des psychischen
Gesundheitszustandes und damit auch der Arbeitsfähigkeit auszugehen. Auch aus
psychiatrischer Sicht bestehe nunmehr eine vollständige Arbeitsfähigkeit in den
körperlichen Beeinträchtigungen angepassten Tätigkeiten. Mit der Begründung,
der Versicherte sei auch in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit voll arbeitsfähig,
hat das kantonale Gericht durch vereinfachten Einkommensvergleich in der Form
eines Prozentvergleichs (vgl. BGE 104 V 135 E. 2b S. 137; Urteil des Eidg.
Versicherungsgerichts I 117/06 vom 23. Mai 2006 E. 4.1) einen jedenfalls unter
der anspruchserheblichen Grenze von 40 % (Art. 28 Abs. 2 IVG) liegenden
Invaliditätsgrad ermittelt.

3.
Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe den rechtserheblichen
Sachverhalt offensichtlich unrichtig und unvollständig festgestellt, was eine
Verletzung von Bundesrecht darstelle (Art. 95 lit. a und 97 Abs. 1 BGG; Urteil
9C_442/2008 vom 28. November 2008 E. 1.1 mit Hinweis). In somatischer Hinsicht
habe sich der Sachverhalt seit der Rentenzusprechung im Mai 2003 nicht
verändert. Es liege diesbezüglich lediglich eine Neueinschätzung der
Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit bei unveränderten Diagnosen vor, was für
eine Rentenrevision nicht genüge. Zudem sei die vorinstanzliche Feststellung,
die IV-Stelle sei von einer langfristig betrachtet rein rheumatologisch nicht
eingeschränkten Arbeitsfähigkeit ausgegangen, aktenwidrig. In psychiatrischer
Hinsicht genüge die damalige Datengrundlage nicht, um eine Sachverhaltsänderung
mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu beweisen. Die auch von der Vorinstanz
als rudimentär bezeichneten medizinischen Unterlagen enthielten insbesondere
keine psychiatrische Befunderhebung. Das ZMB-Gutachten sei in diesem Punkt
widersprüchlich und darauf könne nicht abgestellt werden. Die Annahme liege
nahe, dass die Gutachter einen mehr oder weniger unveränderten psychischen
Zustand mit Bezug auf die Diagnosegebung lediglich strenger beurteilten als der
Hausarzt, die Klinik X.________ und Dr. med. K.________. Der Sachverhalt sei
zudem unvollständig abgeklärt, da die Schulterbeschwerden und die massiven
neuropsychologischen Defizite und deren Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit
nicht beurteilt worden seien. Dies gelte ebenfalls in Bezug auf die Annahme,
der Versicherte sei im angestammten Beruf voll arbeitsfähig. Es fehle ein
Belastungsprofil.

4.
4.1 Die vorinstanzliche Bejahung eines Revisionsgrundes nach Art. 17 Abs. 1
ATSG beruht auf der Annahme, dass im Zeitpunkt der Zusprechung der ganzen Rente
im Mai 2003 ein psychischer Gesundheitsschaden bestand, welcher die
Arbeitsfähigkeit erheblich einschränkte oder eine solche sogar ausschloss (Art.
3 und 6 ATSG).
Auf Grund der Akten bestehen indessen erhebliche Zweifel an der Richtigkeit
dieser Annahme. Die Berichte der Klinik X.________ vom 19. November 2001, des
Hausarztes Dr. med. H.________ vom 19. April 2002 und auch des Psychiaters und
Psychotherapeuten Dr. med. K.________ vom 18. Oktober 2007, bei welchem der
Beschwerdeführer offenbar von Mai bis September 2002 in Behandlung gestanden
war, lassen diesen Schluss nicht zu. Diese Unterlagen genügen - auch in ihrer
Gesamtheit - den Anforderungen an den Beweiswert ärztlicher Berichte nicht
(vgl. BGE 125 V 351 E. 3a S. 352), was auch der Beschwerdeführer nicht
bestreitet. Die Berichte der Klinik X.________ und des Hausarztes enthalten
zwar eine Diagnose (Anpassungsstörung bei mehrfacher äusserlicher
Lebensgestaltung hauptsächlich mit Angst resp. mit chronisch-depressiver
Entwicklung). Die Diagnose wurde jedoch nicht diskutiert. Dies wäre jedoch
schon deshalb erforderlich gewesen und hätte allenfalls einer eingehenderen
Abklärung gerufen (vgl. E. 4.2), weil im Bericht der Klinik X.________ eine
deutliche psycho-soziale Belastungssituation erwähnt und während des
Aufenthalts mit der Sozialarbeiterin die finanzielle und soziale Situation
beleuchtet worden war. Auch Dr. med. K.________ wies in seinem Bericht vom 18.
Oktober 2007 auf seit längerem bestandene Probleme in der beruflichen Situation
und im Privatleben hin. Soziokulturelle und psycho-soziale Faktoren sind aber
von mitentscheidender Bedeutung für die Frage, ob ein psychischer
Gesundheitsschaden invalidisierenden Charakters vorliegt (SVR 2008 IV Nr. 62 S.
203, 9C_830/2007 E. 4.2 mit Hinweisen). Sodann fehlten eine Anamnese, auf
eigenen Beobachtungen in der Untersuchungssituation gestützte Befunde
namentlich des Psychiaters der Klinik X.________ (vgl. Renato Marelli,
Psychiatrie, in: Das ärztliche Gutachten, 4. Aufl. 2003, S. 255 ff.). Ebenfalls
wurde im ZMB-Gutachten vom 30. Januar 2007 die Dokumentation in Bezug auf den
Zustand 2002 und 2003 als ungenügend bezeichnet. Dementsprechend mass die
Vorinstanz zu Recht der Aussage des psychiatrischen Sachverständigen des ZMB,
die auf die Diagnose einer Anpassungsstörung gestützte Annahme einer
Arbeitsunfähigkeit von 100 % gemäss Bericht der Klinik X.________ vom 19.
November 2001 lasse sich aus aktueller Sicht nicht nachvollziehen, keine
entscheidende Bedeutung zu. Andererseits ist die Feststellung des kantonalen
Gerichts, der psychiatrische Sachverständige des ZMB gehe von einer erheblichen
Verbesserung des Gesundheitszustandes und damit auch der Arbeitsfähigkeit aus,
insofern offensichtlich unrichtig, als im Gutachten lediglich gesagt wurde, der
Gesundheitsschaden habe sich in psychiatrischer Hinsicht eher gebessert. Die
damals diagnostizierte - aus aktueller Sicht nicht nachvollziehbare -
Anpassungsstörung sei heute nicht mehr feststellbar. Auf Grund des Vorstehenden
beruht der vorinstanzliche Entscheid in Bezug auf die Frage einer
revisionsrechtlich erheblichen Änderung des psychischen Gesundheitszustandes
auf einem teils offensichtlich unrichtig, teils unvollständig festgestellten
Sachverhalt. Ob von weiteren Abklärungen neue verwertbare Erkenntnisse zu
erwarten sind, ist fraglich. Davon kann jedoch abgesehen werden. Ebenso kann
offenbleiben, ob die vorinstanzliche Feststellung, die IV-Stelle sei von einer
langfristig betrachtet rein rheumatologisch nicht eingeschränkten
Arbeitsfähigkeit ausgegangen aktenwidrig sei. Es ist nicht ersichtlich und wird
auch nicht dargetan, inwiefern eine Berichtigung für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein könnte (Art. 97 Abs. 1 BGG).

4.2 Die Zusprechung der ganzen Rente beruhte auf einem unvollständig
festgestellten Sachverhalt, und zwar nicht nur in psychiatrischer Hinsicht, wie
dargelegt. Die Ärzte der Klinik X.________ hatten aus rheumatologischer Sicht
eine Arbeitsunfähigkeit von 100 % attestiert. Die Einschränkung bestand
indessen lediglich auf Grund der Rückenoperation vom 12. September 2001. Die
Einschätzung einer Arbeitsunfähigkeit von 100 % galt denn auch nur bis zur
chirurgischen Nachkontrolle. Die behandelnden Ärzte rechneten sicher mit einer
Steigerung der Arbeitsfähigkeit aus rheumatologischer Sicht. Zudem sollte die
Arbeitsfähigkeit aus psychiatrischer Sicht neu beurteilt werden. Entgegen der
Auffassung des Beschwerdeführers und der Vorinstanz hätte daher vor dem
Entscheid über die Rente mehr als ein Jahr nach dem Aufenthalt in der Klinik
X.________ vom 4. bis 31. Oktober 2001 die Arbeitsfähigkeit aus somatischer und
psychiatrischer Sicht nochmals eingehend abgeklärt werden müssen, was indessen
unterblieb. Die Zusprechung einer ganzen Rente erfolgte somit auf keiner
(nachvollziehbaren) fachärztlichen Einschätzung der Arbeitsfähigkeit. Die
darauf beruhende Invaliditätsbemessung war somit von vornherein nicht
rechtskonform und die entsprechende Verfügung demzufolge zweifellos unrichtig
im wiedererwägungsrechtlichen Sinne (Urteil 9C_562/2008 vom 3. November 2008 E.
6.2.1 mit Hinweis). Daran ändert nichts, dass das ZMB-Gutachten vom 30. Januar
2007 keine eindeutige Aussage zur damaligen Arbeitsfähigkeit enthält und von
weiteren diesbezüglichen Abklärungen keine neuen verwertbaren Erkenntnisse zu
erwarten sind. Die - abzulehnende - gegenteilige Auffassung der Vorinstanz
bedeutete, dass in Fällen wie dem vorliegenden, wo die tatbeständlichen
Voraussetzungen für eine prozessuale Revision nach Art. 53 Abs. 1 ATSG oder
eine materiellrechtliche Revision nach Art. 17 ATSG nicht gegeben sind, eine
nachträgliche Korrektur einer klar rechtsfehlerhaften Invaliditätsbemessung
unzulässig wäre, was nicht Sinn und Zweck von Gesetz und Rechtsprechung sein
kann (E. 1.2). Dies gilt umso mehr, wenn auch die beruflichen
Eingliederungsmöglichkeiten völlig unzureichend oder überhaupt nicht abgeklärt
worden waren (vgl. Urteil 9C_215/2007 vom 2. Juli 2007 E. 5.3 und Urteil des
Eidg. Versicherungsgerichts I 559/02 vom 31. Januar 2003 E. 5). So verhält es
sich auch hier. Im Abklärungsbericht Selbständigerwerbende vom 10. Dezember
2002 wurde die Frage, ob durch eine berufliche Umstellung die Erwerbsfähigkeit
wesentlich verbessert werden könnte, mit der Begründung verneint, der
Versicherte wisse nicht, wie es weitergehe und fühle sich vollständig
arbeitsunfähig. Einzig auf Grund der subjektiven Angaben des Versicherten waren
somit keine beruflichen Abklärungen durchgeführt worden, was eine Verletzung
des Grundsatzes «Eingliederung vor Rente» darstellt. Damit ist die
Voraussetzung für eine Neuermittlung des Invaliditätsgrades auf der Grundlage
eines richtig und vollständig festgestellten Sachverhalts gegeben (E. 1.2 in
fine).

4.3 Die Rügen betreffend die vorinstanzliche Invaliditätsbemessung sind
unbegründet. Der Einwand der unvollständigen Sachverhaltsfeststellung in Bezug
auf die Schulterbeschwerden geht nicht über eine unzulässige appellatorische
Kritik am vorinstanzlichen Entscheid hinaus (Urteil 9C_802/2008 vom 22.
Dezember 2008 E. 1.2.2). Der zum Nachweis der neu geltend gemachten
neuropsychologischen Defizite eingereichte Bericht vom 4. Juli 2001 stellt ein
neues Beweismittel im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG dar und hat somit
unberücksichtigt zu bleiben. Schliesslich legt der Beschwerdeführer nicht dar,
inwiefern die Feststellung der Vorinstanz, gemäss den Abklärungen an Ort und
Stelle am 31. Oktober 2002 erfülle die angestammte Tätigkeit als selbständiger
Graphiker die behinderungsbedingten Anforderungen an eine zumutbare
Erwerbstätigkeit, offensichtlich unrichtig ist oder auf einer unhaltbaren
Beweiswürdigung beruht. Der vorinstanzliche Entscheid verletzt somit im
Ergebnis Bundesrecht nicht.

5.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer grundsätzlich
die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Seinem Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege kann jedoch entsprochen werden (Art. 64 BGG; BGE
125 V 201 E. 4a S. 202). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG
hingewiesen, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten
hat, wenn sie später dazu in der Lage ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes
einstweilen auf die Gerichtskasse genommen.

3.
Rechtsanwalt Thomas Laube wird als unentgeltlicher Anwalt des Beschwerdeführers
bestellt und es wird ihm für das bundesgerichtliche Verfahren aus der
Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2800.- ausgerichtet.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen, der Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 6. März 2009
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Fessler