Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 915/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_915/2008

Urteil vom 13. Februar 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Kernen, Seiler,
Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiberin Keel Baumann.

Parteien
Bundesamt für Sozialversicherungen, 3003 Bern,
Beschwerdeführer,

gegen

K.________, Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Alfred Dätwyler,

Ausgleichskasse des Kantons Solothurn, 4501 Solothurn.

Gegenstand
Alters- und Hinterlassenenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn
vom 29. September 2008.

Sachverhalt:

A.
Die Ausgleichskasse des Kantons Solothurn verpflichtete mit Einspracheentscheid
vom 7. Juni 2006 K.________, ehemals Präsident der Verwaltung der am 30. August
2004 in Konkurs gefallenen Genossenschaft S.________, zur Bezahlung von
Schadenersatz für entgangene Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von Fr.
67'462.35.
K.________ erhob dagegen beim Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
Beschwerde. Dieses hiess das Rechtsmittel mit Entscheid vom 24. September 2007
gut und hob den Einspracheentscheid auf, da K.________ im Einspracheverfahren
gegen andere potenziell Mithaftende nicht beigeladen worden war. Auf Beschwerde
des Bundesamtes für Sozialversicherungen (BSV) hin hob das Bundesgericht mit
Urteil 9C_767/2007 vom 24. Juni 2008 (BGE 134 V 306) den Entscheid des
Versicherungsgerichts auf und wies die Sache zu neuem Entscheid an die
Vorinstanz zurück.

B.
Anlässlich einer vor dem kantonalen Versicherungsgericht durchgeführten
Instruktionsverhandlung schlossen K.________ und die Ausgleichskasse in der
Folge einen Vergleich; darin verpflichtete sich K.________, der Ausgleichskasse
per Saldo aller Ansprüche Fr. 39'000.- Schadenersatz zu bezahlen. Mit Beschluss
vom 29. September 2008 schrieb das Versicherungsgericht das Verfahren als
gegenstandslos geworden ab.

C.
Das BSV erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Antrag, es sei der Abschreibungsbeschluss aufzuheben und die Sache an die
Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese über die Schadenersatzpflicht von
K.________ in einem begründeten Urteil entscheide.

Die Ausgleichskasse äussert sich, ohne einen Antrag zu stellen. K.________
schliesst auf Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1.
Das BSV macht in erster Linie geltend, ein Vergleich sei in Beschwerdeverfahren
um Schadenersatzforderungen nach Art. 52 AHVG nicht zulässig.

1.1 Nach der bis Ende 2002 geltenden Rechtslage war es gemäss Rechtsprechung
zulässig, in Streitigkeiten um Schadenersatz nach Art. 52 AHVG einen
gerichtlichen Vergleich abzuschliessen. Kam ein solcher Vergleich zustande,
hatte das Gericht die Einigung der Parteien im Rahmen der jeweiligen Kognition
auf ihre Übereinstimmung mit Tatbestand und Gesetz zu prüfen und im Falle der
Genehmigung einen Abschreibungsbeschluss zu erlassen, der nicht begründet,
jedoch mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen sein musste; er konnte von den
Parteien, die an der Einigung beteiligt waren, nur wegen Verfahrens- oder
Willensmängeln, von an der Einigung nicht beteiligten Dritten (z.B. den zur
Beschwerde legitimierten Bundesbehörden) auch materiell angefochten werden (SVR
1996 AHV Nr. 74 S. 223, H 57/95 E. 2b und 3a; AJP 2003 S. 65, H 64/01 E. 3b;
Ulrich Meyer, Die Rechtspflege in der Sozialversicherung, BJM 1989 S. 1 ff.,
28).

1.2 Nach Art. 50 des am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Bundesgesetzes vom
6. Oktober 2000 über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG
[SR 830.1]; gemäss Art. 1 Abs. 1 AHVG in der AHV anwendbar) können
Streitigkeiten über sozialversicherungsrechtliche Leistungen durch Vergleich
erledigt werden (Abs. 1). Laut Abs. 2 hat der Versicherungsträger den Vergleich
in Form einer anfechtbaren Verfügung zu eröffnen. Die Absätze 1 und 2 gelten
sinngemäss im Einsprache- und in den Beschwerdeverfahren (Abs. 3 der genannten
Gesetzesnorm). Das BSV bringt vor, gemäss dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung
seien nurmehr Streitigkeiten über Leistungen einem gerichtlichen Vergleich
zugänglich, nicht aber Streitigkeiten über andere Forderungen, namentlich
Schadenersatzansprüche nach Art. 52 AHVG.

1.3 Das Eidgenössische Versicherungsgericht (EVG) hat sich in BGE 131 V 417
eingehend mit der Zulässigkeit von Vergleichen nach Art. 50 ATSG
auseinandergesetzt. In diesem Fall waren vor dem kantonalen Gericht sowohl
Leistungsansprüche eines Versicherten gegen die Krankenversicherung als auch
Prämienforderungen der Krankenversicherung gegen den Versicherten streitig
gewesen; die Parteien schlossen einen Vergleich, der alle offenen Punkte
ausräumte. Auf Beschwerde des Bundesamtes für Gesundheit hin erwog das EVG, der
Wortlaut von Art. 50 Abs. 1 ATSG sei klar, soweit er die Vergleichszulässigkeit
auf sozialversicherungsrechtliche Leistungen beschränke, worunter die
Gesamtheit der Geld- und Sachleistungen (Art. 14 f. ATSG) zu verstehen sei (E.
4.1 S. 421). Die Bedeutung der Einschränkung in Art. 50 Abs. 1 ATSG auf
Leistungen liege darin, die Durchführungsorgane, insbesondere die
Ausgleichskassen, von Druckversuchen freizuhalten, welche sich im
Beitragsbereich aus der Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit der
angeschlossenen Arbeitgeber ergeben könnten; damit stehe nach Art. 50 Abs. 1
ATSG der Ausschluss von Vergleichen für Sozialversicherungsbeiträge fest (E.
4.2 S. 421 f.). Der Wortlaut des Abs. 3 von Art. 50 ATSG sei unklar, indem sich
nicht eindeutig beantworten lasse, worauf sich die Wendung "gelten sinngemäss"
beziehe. Die gesetzgeberische Regelungsabsicht, die Durchführungsstellen vor
Druckversuchen zu schützen, stosse beim Beschwerdeverfahren ins Leere, weil die
Gerichte keinen solchen Interventionsrisiken ausgesetzt seien; aufgrund einer
historischen und teleologischen Auslegung sei daher der Anwendungsbereich des
Vergleichs vor dem Sozialversicherungsgericht insofern über reine
Leistungsstreitigkeiten hinaus zu erweitern, als vergleichsweise Einigungen
zwischen Versicherern und Versicherten über gegenseitige Ansprüche im
Beschwerdeverfahren als zulässig zu erachten seien. Ausgeschlossen sei eine
vergleichsweise Einigung im kantonalen Beschwerdeverfahren, wenn sich der
Streit ausschliesslich um Sozialversicherungsbeiträge handle (E. 4.3.2 S. 422
ff.). In der Folge erkannte das Bundesgericht in zwei Urteilen vom 31. Januar
2008 (H 141/06 und H 195/06), ein Vergleich über AHV-Beiträge vor dem
kantonalen Gericht sei unzulässig.

1.4 Über die Zulässigkeit von Vergleichen über Schadenersatzforderungen gemäss
Art. 52 AHVG hat sich das Bundesgericht unter der Herrschaft des ATSG bisher
nicht geäussert. In BGE 131 V 417 E. 4.2 S. 421 f. wurde die Frage ausdrücklich
offen gelassen. In der Lehre wird die Zulässigkeit mehrheitlich verneint, wobei
dies allerdings meistens nicht ausdrücklich und klar auch auf das
Beschwerdeverfahren bezogen wird (Kieser, ATSG-Kommentar, 2. Aufl. 2009, N. 10
zu Art. 50 ATSG; derselbe, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR],
Soziale Sicherheit, 2. Aufl. 2007, S. 257 Fn. 142 und S. 1307 Rz. 321;
derselbe, Schweizerisches Sozialversicherungsrecht, 2008, S. 140 Rz. 57 und S.
230 Fn. 104; Kieser/Riemer-Kafka, Tafeln zum schweizerischen
Sozialversicherungsrecht, 4. Aufl. 2008, S. 127; Marco Reichmuth, Die Haftung
des Arbeitgebers und seiner Organe nach Art. 52 AHVG, 2008, S. 227 Rz. 950;
ausdrücklich auch für das Beschwerdeverfahren Thomas Locher, Grundriss des
Sozialversicherungsrechts, 3. Aufl. 2003, S. 485 Rz. 41). Teilweise erachtet
die Lehre freilich Vergleiche über Schadenersatzforderungen gemäss Art. 52 AHVG
nach wie vor generell (Turtè Baer, Die Streiterledigung durch Vergleich im
Schadenersatzverfahren nach Art. 52 AHVG, SZS 2002 S. 430 ff., 449; wohl auch
Andreas Freivogel, Zu den Verfahrensbestimmungen des ATSG, in: Schaffhauser/
Kieser [Hrsg.], Bundesgesetz über den Allgemeinen Teil des
Sozialversicherungsrechts [ATSG], 2003, S. 89 ff., 107 f.) oder zumindest im
Beschwerdeverfahren für zulässig (Peter Forster, AHV-Beitragsrecht, 2007, S.
204; vgl. auch Maurer/Scartazzini/Hürzeler, Bundessozialversicherungsrecht, 3.
Aufl. 2009, S. 581: auch für Beiträge im Beschwerdeverfahren).

1.5 Nach dem klaren Wortlaut von Art. 50 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 ATSG ist ein
Vergleich über Schadenersatzansprüche im Verfügungsverfahren nicht zulässig. Ob
dasselbe auch gilt für das Einsprache- und das hier interessierende
Beschwerdeverfahren, ist damit aber nicht präjudiziert, da für diese gemäss
Abs. 3 die Absätze 1 und 2 nur "sinngemäss" gelten, was Raum für sachlich
begründete weitere Konkretisierungen des Vergleichsrechts lässt (vgl. Bericht
"Parlamentarische Initiative Sozialversicherungsrecht" der Kommission des
Nationalrates für soziale Sicherheit und Gesundheit vom 26. März 1999, BBl 1999
4523 ff., 4608 f.; August Mächler, Vertrag und Verwaltungsrechtspflege, 2005,
S. 467).

1.6 Im ATSG-Entwurf der Nationalrats-Kommission war generell die Zulässigkeit
von Vergleichen für sozialversicherungsrechtliche Streitigkeiten vorgesehen
gewesen (BBl 1999 4608 f.). Die sinngemässe Geltung für das Beschwerdeverfahren
bezog sich demnach ebenfalls auf sämtliche Streitigkeiten. Im Nationalrat wurde
auf Antrag der Kommissionsminderheit Abs. 1 dahin geändert, dass der Vergleich
nur noch für Leistungen möglich war (AB 1999 N 1244 ff., 2000 S 182 f.). Über
Abs. 3 wurde in der parlamentarischen Beratung nicht gesprochen. Es gibt somit
keine ausdrückliche Stellungnahme des historischen Gesetzgebers zu der hier
interessierenden Frage.

1.7 In den parlamentarischen Beratungen wurden Bedenken gegen eine
Vergleichslösung hauptsächlich im Zusammenhang mit den Beiträgen geäussert (AB
1999 N 1244 ff., 2000 S 182 f.), während im Bereich der Leistungen (mit
Einschluss der Rückforderungen von Leistungen, vgl. AB 1999 N 1245, Votum
Gross) ein Bedürfnis nach vergleichsweiser Regelung anerkannt wurde, namentlich
weil hier Sachverhaltsungewissheiten und Ermessensbereiche bestehen, die einer
vergleichsweisen Regelung zugänglich sind (BBl 1999 4609; AB 1999 N 1245,
Berichterstatter Rechsteiner; vgl. auch BGE 133 V 593 E. 4.3 S. 596). Über
andere Streitigkeiten wurde kaum gesprochen. Nationalrat Suter wies immerhin
darauf hin, dass nach der bisherigen Rechtsprechung Vergleiche in
Schadenersatzverfahren nach Art. 52 AHVG zulässig seien, was sinnvoll sein
könne (AB 2000 N 1246). Die Bedenken gegen eine Vergleichslösung im
Beitragsbereich waren hauptsächlich damit begründet, die Ausgleichskassen
sollten nicht einem Druck ausgesetzt werden, bei finanziellen Schwierigkeiten
von Arbeitgebern auf die Erhebung der gesetzlichen Beiträge teilweise zu
verzichten (AB 1999 N 1245, schriftliches Votum Bundesrat, Votum Gross; 1246,
Votum Bundespräsidentin Dreifuss), was aber bei gerichtlichen
Beschwerdeverfahren im Sinne von Art. 50 Abs. 3 ATSG kaum von Bedeutung ist
(BGE 131 V 417 E. 4.3.2 S. 423; vgl. auch BGE 133 V 593 E. 4.3 S. 595 f. und E.
6 S. 596 f.). Des Weitern wurde in der Bundesversammlung mit dem
Legalitätsprinzip und der Gleichbehandlung argumentiert, welche durch
Vergleiche nicht verletzt werden dürfen (AB 1999 N 1245, Berichterstatter
Rechsteiner). Dieses Argument ist im Beitragsrecht begründet, weil hier strikte
gesetzliche Voraussetzungen gelten und kaum Ermessensspielräume bestehen (vgl.
AB 1999 N 1246, Bundespräsidentin Dreifuss). Bei den Schadenersatzforderungen
nach Art. 52 AHVG verhält es sich diesbezüglich anders: Zwar stehen auch bei
ihnen am Ausgangspunkt Beitragsforderungen, doch müssen weitere
Anspruchsvoraussetzungen gegeben sein (namentlich Rechtswidrigkeit und
Verschulden der Arbeitgeber bzw. ihrer Organe), bezüglich welcher häufig ein
Sachverhaltsermessen besteht, so dass eine vergleichsweise Regelung Sinn macht
(Baer, a.a.O., S. 447 ff.; Freivogel, a.a.O., S. 107 f.). Hinzu kommt, dass bei
Schadenersatzverfahren nach Art. 52 AHVG das Gleichbehandlungsgebot ohnehin
eingeschränkt gilt, indem mehrere haftpflichtige Organe solidarisch haften und
die Ausgleichskasse sich darauf beschränken kann, gegen einen oder einige von
mehreren potenziell Haftenden vorzugehen (BGE 119 V 86 E. 5a S. 87). Insoweit
besteht bei Schadenersatzverfahren - anders als in Beitragsstreitigkeiten - von
vornherein ein Dispositionsbereich der Ausgleichskasse. Wenn es der
Ausgleichskasse frei steht, gegen bestimmte Personen gar nicht vorzugehen, wäre
es widersprüchlich, ihr zu verbieten, einen Vergleich einzugehen (Baer, a.a.O.,
S. 439).

1.8 Insgesamt ergibt sich aus diesen Gründen, dass für Schadenersatzforderungen
nach Art. 52 AHVG im gerichtlichen Beschwerdeverfahren auch unter der
Herrschaft des ATSG ein Vergleich zulässig ist.

2.
In zweiter Linie macht das BSV geltend, aus dem Beschluss der Vorinstanz sei
nicht ersichtlich, weshalb das Gericht die Reduktion der Schadenersatzforderung
um rund 42 % genehmigt habe.

2.1 Soweit ein Vergleich unter der Herrschaft von Art. 50 ATSG weiterhin
zulässig ist, gelten dafür die Regeln gemäss der früheren Rechtsprechung (BGE
133 V 593 E. 4.3 S. 596). Danach musste der infolge eines gerichtlichen
Vergleichs ergehende Abschreibungsbeschluss zwar angeben, dass der Genehmigung
nichts entgegensteht, aber nicht begründet werden (vorne E. 1.1; Urteil C 143/
06 vom 3. Oktober 2007 E. 8.2, nicht publ. in: BGE 133 V 593, aber in: SVR 2008
AlV Nr. 15 S. 43).

2.2 Das BSV argumentiert demgegenüber, dass gemäss Art. 50 Abs. 2 ATSG der
Vergleich in Form einer anfechtbaren Verfügung eröffnet werden müsse, was
aufgrund von Abs. 3 auch für das Beschwerdeverfahren gelte. Verfügungen seien
zu begründen (Art. 49 Abs. 3 ATSG). Als an den Vergleichsverhandlungen nicht
beteiligtes Bundesamt könne es andernfalls sein gesetzlich verankertes
Beschwerderecht (Art. 89 Abs. 2 lit. a BGG i.V.m. Art. 201 AHVV) nicht
vernünftig ausüben.

2.3 Dass die Genehmigung eines Vergleichs und der daraufhin ergehende
Abschreibungsbeschluss nicht begründet werden müssen, geht auf eine alte
Rechtsprechung zurück, für welche in BGE 104 V 162 E. 2 S. 165 f. angeführt
wurde, dass die Beweggründe für einen Vergleich sich kaum in einer Verfügung
wiedergeben liessen; der Hinweis auf den Vergleich genüge, da die Gründe, die
zu seinem Abschluss geführt hätten, den Parteien bekannt seien; zudem schreibe
Art. 35 Abs. 1 VwVG (dessen Gehalt etwa Art. 49 Abs. 3 ATSG entspricht) nicht
vor, was die Begründung zu enthalten habe, und sei eingehalten, wenn als
Grundlage der Verfügung der abgeschlossene Vergleich angegeben werde. Im Urteil
des Eidg. Versicherungsgerichts U 19/79 vom 10. März 1982 E. 3 wurde diese
Rechtsprechung bestätigt und weiter ausgeführt, der Abschreibungsbeschluss
müsse nicht begründet werden, da die den Vergleich schliessenden Parteien -
unter Vorbehalt von Verfahrens- und Willensmängeln - den Abschreibungsbeschluss
nicht anfechten könnten.

2.4 Diese Argumente, welche einen Verzicht auf eine Begründung des
Abschreibungsbeschlusses rechtfertigen, treffen nun allerdings nicht zu im
Verhältnis zu Dritten, die am Vergleich nicht beteiligt waren, namentlich die
beschwerdelegitimierte Aufsichtsbehörde. Die aus dem Anspruch auf rechtliches
Gehör fliessende Begründungspflicht bezweckt, wenigstens kurz die Gründe zu
nennen, die dem Entscheid zugrunde liegen, damit Beschwerdelegitimierte diesen
sachgerecht anfechten können (BGE 134 I 83 E. 4.1 S. 88). Dies wird der am
Vergleich nicht beteiligten Aufsichtsbehörde verunmöglicht, wenn sie nur einen
unbegründeten Abschreibungsbeschluss erhält. Zwar können die sich
vergleichenden Parteien verschiedenste Beweggründe haben, einen Vergleich
einzugehen. Im Verhältnis zwischen Privaten ist es denn auch ohne weiteres
zulässig, dass die Beweggründe für den Abschluss eines Vergleichs nicht offen
gelegt werden. Dies kann jedoch nicht in gleicher Weise gelten für die an
verfassungsmässige Grundsätze (namentlich Gesetzmässigkeit und
Gleichbehandlung) gebundene Verwaltung. Diese darf keine rechtswidrigen
Vergleiche eingehen, was nur sinnvoll überprüft werden kann, wenn sie zumindest
kurz angibt, weshalb sie dem Vergleich zustimmt (Mächler, a.a.O., S. 451 f.).
Sodann muss auch das Gericht, welches den Vergleich genehmigt, diesen auf seine
Übereinstimmung mit Sachverhalt und Gesetz hin überprüfen (vorne E. 1.1).
Korrelat der Überprüfungspflicht ist die Begründungspflicht; ob das Gericht
seiner Prüfungspflicht nachgekommen ist, ergibt sich in erster Linie aus der
Begründung des Entscheids und kann nicht sachgerecht überprüft werden, wenn
überhaupt keine Begründung vorliegt (BGE 117 Ib 481 E. 6b/bb S. 492).

2.5 Bereits unter der vor dem Inkrafttreten des ATSG geltenden Rechtslage hat
denn auch die neuere Rechtsprechung den Grundsatz, wonach der
Abschreibungsbeschluss nicht begründet werden müsse, relativiert: Das EVG hat
ausgeführt, die Angabe, wonach der Genehmigung des Vertrags nichts
entgegenstehe, habe mehr Gewicht, wenn das Ergebnis der Sachverhalts- und
Gesetzmässigkeitskontrolle im Entscheid festgehalten sei (SVR 2000 AHV Nr. 23
S. 73, H 105/99 E. 2a; Urteil H 325/00 vom 11. Mai 2001 E. 3a; H 162/98 vom 16.
Juni 1999 E. 3).

2.6 Aus den genannten Gründen (E. 2.4) sowie in Präzisierung und
Weiterentwicklung der bisherigen Rechtsprechung (E. 2.5) ist festzuhalten, dass
der Beschluss, mit welchem ein Gericht das Verfahren infolge eines vor ihm
geschlossenen Vergleichs abschreibt, zumindest eine summarische Begründung
enthalten muss, welche darlegt, dass und inwiefern der Vergleich mit
Sachverhalt und Gesetz übereinstimmt.

2.7 Der Vollständigkeit halber sei weiter angemerkt, dass der Inhalt des
Vergleichs wörtlich oder zumindest durch Verweis auf die Erwägungen in das
Dispositiv des Abschreibungsbeschlusses aufgenommen werden müsste, damit dieser
zu einem Vollstreckungstitel werden könnte (Urteil C 143/06 vom 3. Oktober 2007
E. 12, nicht publ. in: BGE 133 V 593, aber in: SVR 2008 AlV Nr. 15 S. 43).
Nachdem hier aber die direkt involvierten Parteien gegen die Formulierung des
Abschreibungsbeschlusses nicht Beschwerde erhoben haben und auch das BSV keinen
entsprechenden Antrag stellt, erübrigen sich diesbezügliche Weiterungen (Art.
107 Abs. 1 BGG).

3.
3.1 Der angefochtene Abschreibungsbeschluss enthält nur die Feststellung, dass
der Vergleich mit Sachverhalt und Gesetz übereinstimme und dem Verschulden des
Haftpflichtigen entspreche, aber keine Begründung dafür. Dies genügt den
dargelegten Anforderungen (E. 2.6) nicht. Indessen kann vorliegend darauf
verzichtet werden, den angefochtenen Entscheid aus diesem Grund aufzuheben: Dem
BSV war nämlich die Sachlage bereits aus dem früheren in dieser Angelegenheit
ergangenen Verfahren (BGE 134 V 306) bekannt; es war denn auch - wie seine
Eingabe zeigt - in der Lage, eine sachgerecht begründete Beschwerde
einzureichen. Zudem haben sich im bundesgerichtlichen Verfahren sowohl die
Vorinstanz als auch der Beschwerdegegner zur Sache geäussert, so dass dem
Bundesgericht eine materielle Überprüfung des Abschreibungsbeschlusses möglich
ist. Es wäre ein formalistischer Leerlauf, die Sache an die Vorinstanz
zurückzuweisen, damit sie ihren Abschreibungsbeschluss begründe.

3.2 Es ist unbestritten, dass der Beschwerdegegner Organ der konkursiten
Genossenschaft war und damit grundsätzlich im Sinne der Rechtsprechung zu Art.
52 AHVG schadenersatzpflichtig ist. Ebenso ist unbestritten, dass die
Ausgleichskasse im Konkurs der Genossenschaft zu Schaden gekommen ist. Aus den
Vernehmlassungen von Vorinstanz und Beschwerdegegner sowie aus der
Stellungnahme der Ausgleichskasse im vorinstanzlichen Verfahren gehen die
Beweggründe für die Reduktion der Schadenersatzsumme hervor: Einerseits seien
gewisse Beitragsrechnungen erst nach dem Konkurs gestellt worden, so dass dem
Beschwerdegegner insofern kein Vorwurf gemacht werden könne; andererseits werde
durch die Herabsetzung dem Nachteil Rechnung getragen, den der Beschwerdegegner
dadurch erlitten habe, dass er infolge eines Fehlers der Ausgleichskasse nicht
zu den Einspracheverfahren der übrigen Organe beigeladen worden sei. Die erste
Begründung stimmt nach den Akten mit dem Sachverhalt überein und entspricht
auch der Rechtslage. Zur zweiten Begründung hat das Bundesgericht im Urteil vom
24. Juni 2008 (BGE 134 V 306) erkannt, dass die zur Bezahlung von Schadenersatz
Verpflichteten ins Einspracheverfahren betreffend andere potenziell Haftende
einbezogen werden müssen (E. 3.3.2 S. 312), was die Ausgleichskasse unterlassen
hat, dass dieser Umstand aber nicht rechtfertigt, den Beschwerdegegner
vollumfänglich von der Haftung zu befreien (E. 4.1 S. 312 und E. 4.4 S. 315).
Damit ist nicht gesagt, dass auch eine Haftungsreduktion ausgeschlossen ist.
Dadurch, dass der Beschwerdegegner nicht zu den Einspracheverfahren der übrigen
ins Recht Gefassten einbezogen wurde und deren Entlassung aus der Haftung nicht
anfechten konnte, verlor er infolge des Verhaltens der Ausgleichskasse
potenziell Regresspflichtige, was seine rechtliche Stellung verschlechterte.
Zwar hat das Bundesgericht im Urteil 9C_767/2007 vom 24. Juni 2008 (BGE 134 V
306) auch festgestellt, der Beschwerdegegner habe nicht beantragt, in das
Verfahren der vier weiteren ins Recht Gefassten einbezogen zu werden (E. 4.3.2
S. 314 f.). Indessen war bis zu diesem Bundesgerichtsentscheid die Rechtslage
betreffend Beiladung im Einspracheverfahren nicht völlig klar, so dass weder
der Ausgleichskasse noch dem Beschwerdegegner subjektiv ein Vorwurf gemacht
werden kann. Wenn in dieser Lage der durch die Ausgleichskasse zumindest
mitverursachten Verschlechterung der Rechtsstellung des Beschwerdegegners durch
eine Reduktion des Schadenersatzbetrags Rechnung getragen wird, so ist dies
rechtlich nicht zu beanstanden. Die Höhe dieser Reduktion ist eine typische
Ermessensfrage, die einer Regelung durch Vergleich zugänglich ist und im Rahmen
einer Beschwerde gegen den Vergleich bzw. den Abschreibungsbeschluss nicht zu
überprüfen ist.

4.
Das Beschwerde führende Bundesamt trägt keine Verfahrenskosten (Art. 66 Abs. 4
BGG), hat jedoch dem obsiegenden Beschwerdegegner die Parteikosten zu ersetzen
(Art. 68 Abs. 2 BGG).

Das Bundesgericht erkennt:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Der Beschwerdeführer hat den Beschwerdegegner für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 13. Februar 2009

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Meyer Keel Baumann