Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 827/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_827/2008

Urteil vom 9. März 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Kernen, Seiler,
Gerichtsschreiber Ettlin.

Parteien
IV-Stelle des Kantons Thurgau,
St. Gallerstrasse 13, 8500 Frauenfeld,
Beschwerdeführerin,

gegen

G.________, Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Robert P. Gehring.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau
vom 20. August 2008.

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügungen vom 9. November 2007 lehnte die IV-Stelle des Kantons Thurgau
das am 3. Januar 2007 bei ihr eingereichte Gesuch des 1953 geborenen G.________
betreffend berufliche Massnahmen und Zusprechung einer Rente der
Invalidenversicherung ab (Invaliditätsgrad von 8,28 %).

B.
Die von G.________ hiegegen angehobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht
des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 20. August 2008 in dem Sinne teilweise
gut, als es die Sache zu weiterer Abklärung und Neuverfügung an die IV-Stelle
zurückwies.

C.
Die IV-Stelle führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
beantragt, die Verfügungen vom 9. November 2007 seien, unter Aufhebung des
angefochtenen Entscheids, zu bestätigen.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde ist zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren
abschliessen (Art. 90 BGG). Gegen selbstständig eröffnete Vor- und
Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren ist die
Beschwerde zulässig (Art. 92 Abs. 1 BGG). Gegen andere selbstständig eröffnete
Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde nach Art. 93 BGG zulässig, wenn
sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a); oder
wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und
damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges
Beweisverfahren ersparen würde (lit. b).

1.2 Als Endentscheide gelten Entscheide, die das Verfahren prozessual
abschliessen, sei es mit einem materiellen Entscheid oder Nichteintreten. Beim
Teilentscheid handelt es sich um eine Variante des Endentscheids. Vor- und
Zwischenentscheide sind alle Entscheide, die das Verfahren nicht abschliessen
und daher weder End- noch Teilentscheide sind; sie können formell- oder
materiellrechtlicher Natur sein. Ein Rückweisungsentscheid schliesst das
Verfahren nicht ab und ist somit nach der Regelung des BGG kein Endentscheid,
sondern ein Zwischenentscheid (BGE 133 V 477 E. 4.3 S. 482).

2.
2.1 Die Beschwerde richtet sich gegen einen Rückweisungsentscheid, mit welchem
das kantonale Gericht die Verwaltung verhalten hat, nach weiterer Abklärung neu
zu verfügen. Dieser schliesst das Verfahren mithin nicht ab, weshalb sich das
Eintreten auf die Beschwerde vorab danach bestimmt, ob der angefochtene
Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93
Abs. 1 lit. a BGG), wobei die Rückweisung der Sache an die Verwaltung zu
ergänzender oder weiterer Abklärung und neuer Entscheidung in der Regel keinen
im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG nicht wieder gutzumachenden Nachteil
bewirkt (BGE 133 V 645 E. 2.1 S. 647).

2.2 Die IV-Stelle äussert sich zur verfahrensrechtlichen Eintretensfrage nicht,
sie trägt hingegen vor, selbst wenn ab Sommer 2007 auf der Grundlage der im
vorinstanzlichen Verfahren eingereichten Arztberichte eine erheblichere
Einschränkung in einer leidensangepassten Tätigkeit bestünde als bisher
angenommen, wäre diesfalls die einjährige Wartezeit gemäss Art. 29 Abs. 1 lit.
b IVG (in der bis zum 31. Dezember 2007 gültig gewesenen Fassung) im
Verfügungszeitpunkt vom 9. November 2007 noch am Laufen gewesen, und das Ende
des Wartejahres fiele frühestens auf den Sommer 2008. Die Verfügung vom 9.
November 2007 - worin die Verwaltung von einem Wartezeitbeginn ab 15. August
2006 ausgeht - bestehe somit auch dann mit Recht, falls auf die neuen
Arztberichte abgestellt werde. Die im angefochtenen Entscheid erwähnten
veränderten gesundheitlichen Verhältnisse seien unter diesen Umständen im
Rahmen einer Neuanmeldung zu prüfen und die Beschwerde hätte abgewiesen werden
müssen. Auch wenn diese Ausführungen zutreffen mögen, erleidet indes die
IV-Stelle durch den angefochtenen Entscheid keinen nicht wieder gutzumachenden
Nachteil. Denn unabhängig davon, ob die Prüfung unter dem Titel der
Neuanmeldung oder infolge der Rückweisung wegen ergänzender Klärung des
entscheiderheblichen Sachverhaltes erfolgt, hat sie sich nochmals mit der Sache
zu befassen, wobei sie nach getätigter Abklärung und im Rahmen einer
pflichtgemässen Beweiswürdigung über Höhe und Beginn des Leistungsanspruches
eine Verfügung erlassen kann, ohne dass der angefochtene Entscheid
präjudizierende Wirkung entfaltet (BGE 133 V 477 E. 5.2.4 S. 484).

2.3 Auch in Bezug auf den Eintretensgrund von Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG ist die
selbstständige Anfechtbarkeit von Zwischenentscheiden aus prozessökonomischen
Gründen eine Ausnahme, die restriktiv zu handhaben ist. Dies gilt umso mehr,
als die Parteien keiner Rechte verlustig gehen, wenn sie einen
Zwischenentscheid nicht selbst anfechten, können sie ihn doch mit dem
Endentscheid anfechten, soweit er sich auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs.
3 BGG). Das Bundesgericht prüft nach freiem Ermessen, ob bei einer Gutheissung
der Beschwerde ein bedeutender Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges
Beweisverfahren erspart werden kann, und damit die Voraussetzungen von Art. 93
Abs. 1 lit. b BGG erfüllt sind (BGE 133 IV 288 E. 3.2 S. 292; Urteil 9C_19/2007
vom 28. Januar 2008 E. 3).

Die IV-Stelle äussert sich weder zu den Eintretensvoraussetzungen gemäss Art.
93 Abs. 1 lit. b BGG, noch ist ein mit der Rückweisung einhergehender zeitlich
oder kostenmässig bedeutender Aufwand offenkundig, handelt es sich doch bei den
vorzunehmenden Abklärungen nicht um ein weitläufiges Beweisverfahren (vgl.
Urteil 9C_446/2007 vom 5. Dezember 2007 E. 3), weshalb auch unter diesem
Gesichtswinkel auf die Beschwerde nicht einzutreten ist (BGE 133 III 629 E.
2.4.2 S. 633).

3.
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 9. März 2009
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Ettlin