Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 762/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_762/2008

Urteil vom 29. Dezember 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Seiler,
Gerichtsschreiberin Amstutz.

Parteien
M.________, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Advokat Dr. Alex Hediger, Freie Strasse 82, 4051 Basel,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
2. Juli 2008.

Sachverhalt:

A.
Die 1967 geborene, vom 1. Oktober 1999 bis 30. Juni 2001 vollzeitlich als
Betriebsmitarbeiterin in der Firma K.________ AG und ab 16. August 2001 bis 13.
Mai 2002 (letzter effektiver Arbeitstag) als Hausangestellte/Allrounderin im
Hotel Restaurant O.________, tätig gewesene M.________ meldete sich am 21.
Oktober 2003 (Posteingang) unter Hinweis auf starke Schmerzen im Rücken-,
Schulter- und (rechten) Armbereich bei der Invalidenversicherung zum
Leistungsbezug an. Mit Verfügung vom 20. Juni 2007 verneinte die IV-Stelle des
Kantons Aargau - im Wesentlichen gestützt auf das Gutachten des Dr. med.
G.________, Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 4. April 2007
- den Anspruch der Versicherten auf eine Invalidenrente mangels eines
invalidisierenden Gesundheitsschadens.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde der M.________ mit dem Antrag auf Aufhebung der
Verfügung vom 20. Juni 2007 und Zusprechung mindestens einer Viertelsrente wies
das Versicherungsgericht des Kantons Aargau ab (Entscheid vom 2. Juli 2008).

C.
M.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids und der
Verfügung vom 20. Juni 2007 sei ihr mit Wirkung ab 1. April 2004 ein ganze
Invalidenrente basierend auf einem Invaliditätsgrad von mindestens 70 %
zuzusprechen. Das gleichzeitig mit der Beschwerdeeinreichung gestellte Gesuch
um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist mit Schreiben vom 17.
November 2008 zurückgezogen worden.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Dabei legt das
Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung
von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder wenn sie auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG
beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG; Ausnahme:
Beschwerden gemäss Art. 97 Abs. 2 BGG [Art. 105 Abs. 3 BGG]).

2.
Das kantonale Gericht hat die für die Beurteilung der Leistungsstreitigkeit
massgebenden materiellrechtlichen ATSG- und IVG-Bestimmungen (je in der bis
Ende 2007 gültig gewesenen Fassung) sowie die einschlägige Rechtsprechung
namentlich zum Beweiswert ärztlicher Berichte und Gutachten und zur
Beweiswürdigung (BGE 125 V 351 E. 3 S. 352 ff.; 122 V 157 E. 1c S. 160 ff., je
mit Hinweisen; vgl. auch BGE 132 V 393 E. 4.1 S. 400; zur antizipierten
Beweiswürdigung Urteil I 362/99 vom 8. Februar 2000 [E. 4, mit Hinweisen],
publ. in: SVR 2001 IV Nr. 10 S. 28; vgl. auch BGE 131 I 153 E. 3 S. 157, 130 II
425 E. 2.1 S. 428, 124 I 208 E. 4a S. 211, je mit Hinweisen) zutreffend
dargelegt. Ebenfalls richtig wiedergegeben hat das kantonale Gericht die
Rechtsprechung, wonach somatoforme Schmerzstörungen - wie auch die in ihrer
Symptomatik verwandten Fibromyalgien und sonstige vergleichbare, pathogenetisch
(ätiologisch) unklare syndromale Zustände - nur ausnahmsweise eine Invalidität
im Rechtssinne begründen (siehe im Einzelnen: BGE 132 V 65 E. 4 S. 70 ff.; 131
V 49 E. 1.2 S. 50 f.; 130 V 352 ff. und 396 ff.; vgl. auch Urteil I 176/06 vom
26. Februar 2007, E. 5.2, publ. in: SVR 2008 IV Nr. 1 S. 1). Darauf wird
verwiesen.

3.
3.1 Die Vorinstanz hat den umstrittenen Anspruch auf eine Invalidenrente mit
der Begründung verneint, gemäss medizinischer Aktenlage - insbesondere dem in
Kenntnis sämtlicher Vorakten erstellten und sämtlichen Beweisanforderungen
genügenden Gutachten des Dr. med. G.________ vom 4. April 2007 - liege kein
signifikanter körperlicher Gesundheitsschaden (einschliesslich eine
Fibromyalgie) vor und leide die Versicherte in psychischer Hinsicht einzig an
einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung (ICD-10: F45.4) leidet, welche
jedoch im Lichte der schlüssigen fachärztlichen Einschätzungen (100%ige
Arbeitsfähigkeit in schmerzangepassten Tätigkeiten) nach der Rechtsprechung
(vgl. E. 2 hievor) keine relevante Leistungseinschränkung begründe. Mit dem
Psychiater Dr. med. G.________ sei namentlich eine erhebliche psychische
Komorbidität mit Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit zu verneinen; ebenso
fehle es an einem umfassenden sozialen Rückzug oder weiteren
rechtsprechungsgemäss beachtlichen Indizien, welche insgesamt auf eine
ausnahmsweise Unzumutbarkeit der Schmerzüberwindung schliessen liessen. Eine
Invalidität im Rechtssinne sei daher zu verneinen.

3.2 Die Beschwerdeführerin behauptet zu Recht nicht, die vorinstanzlichen
Tatsachenfeststellungen (vgl. BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 398 f.) zu den unstrittig
einzig psychischen Leiden und zur Restarbeitsfähigkeit seien offensichtlich
unrichtig oder willkürlich (Art. 105 Abs. 2 BGG). Soweit sie sinngemäss eine
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG geltend macht, ist die Beschwerde
offensichtlich unbegründet. Eine Bundesrechtswidrigkeit liegt weder in der
vorinstanzlichen Bejahung des Beweiswerts des - in allen Teilen den
rechtsprechungsgemässen Anforderungen (vgl. E. 2 hievor) genügenden -
Gutachtens des Dr. med. G.________ vom 4. April 2007, noch in der mit den
fachärztlichen Angaben völlig übereinstimmenden Feststellung einer 100%igen
Restarbeitsfähigkeit in angepassten Tätigkeiten. Die fachärztliche Einschätzung
ist nicht nur gutachtensintern schlüssig begründet, sondern nach den
zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz auch mit Blick auf die praxisgemäss zu
berücksichtigenden (tatsächlichen) Kriterien einer unzumutbaren
Schmerzüberwindung nachvollziehbar und überzeugend. Nichts daran ändert der
Einwand der Beschwerdeführerin, gemäss dem letztinstanzlich ins Recht gelegten
Schreiben der Frau med. prakt. N.________, Ärztliche Psychotherapeutin, Klinik
S.________, vom 11. September 2008 bestehe - entgegen den Feststellungen im
vorinstanzlichen Entscheid und im Gutachten vom 4. April 2007 - sehr wohl eine
der adäquaten Schmerzbewältigung entgegenstehende psychische Begleiterkrankung
(generalisierte Angst-Störung; ICD-10: F41.1) mit relevanten Auswirkungen auf
die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit: Die Aussagen der erwähnten Psychotherapeutin
sind bereits mit Blick auf die beweisrechtlich bedeutsame Unterscheidung von
Behandlungs-/Therapieauftrag einerseits und Begutachtungsauftrag andererseits
(vgl. BGE 124 I 170 E. 4 S. 175; s. auch I 701/05 vom 5. Januar 2007, E. 2 in
fine, mit zahlreichen Hinweisen) und auch angesichts des fehlenden
Facharzttitels der Berichterstatterin nicht geeignet, den Beweiswert des
Gutachtens vom 4. April 2007 ernsthaft in Zweifel zu ziehen, geschweige denn
die vorinstanzlichen Feststellungen als mangelhaft im Sinne von Art. 105 Abs. 2
BGG erscheinen zu lassen. Inhaltlich gibt der Bericht ebenfalls keinerlei
Anlass, vom vorinstanzlichen Entscheid abzuweichen. So verneint die
Psychotherapeutin abermals - wie bereits telefonisch gegenüber dem Gutachter
Dr. med. G.________ (vgl. Gutachten, S. 4) - eine depressive Erkrankung und
nennt sie als krankheitswertige psychische Komorbidität (zur anhaltenden
somatoformen Schmerzstörung) einzig eine "generalisierte Angststörung" (ICD-10:
F41.1), die erst "nach und nach deutlich geworden" sei, sich in auffallend
häufigen Telefonaten an Ehemann und Kinder und "ständigen Sorgen" um diese
äussere und zu einer erheblich verminderten "Adaptionsfähigkeit der
Versicherten an Belastungen und Anforderungen" führe. Eine psychische
Komorbidität von erheblicher Schwere, Ausprägung und Dauer (BGE 131 V 49 E. 1.2
S. 50), die eine Schmerzüberwindung - abweichend von der Einschätzung im
Gutachten vom 4. April 2007 - als unzumutbar erscheinen lässt, ist damit
offenkundig nicht erstellt, insbesondere nicht für den hier massgebenden
Zeitraum bis zur Verfügung vom 20. Juni 2007 (als zeitlicher Grenze der
richterlichen Überprüfungsbefugnis; BGE 129 V 1 E. 1.2 S. 4, 354 E. 1 S. 356,
je mit Hinweisen). Nichts zu ihren Gunsten ableiten kann die Beschwerdeführerin
auch aus der Aussage im Gutachten vom 4. April 2007, die Versicherte sei mit
der Betreuung der schulpflichtigen Kinder und der Haushaltführung vollständig
ausgelastet, und bei Aufnahme einer ausserhäuslichen Tätigkeit wäre mit hoher
Wahrscheinlichkeit mit einer Verstärkung der Schmerzsymptomatik zu rechnen.
Angesprochen ist damit nicht eine drohende objektive Verschlechterung des
Gesundheitszustands bei Arbeitsaufnahme, sondern eine (zu befürchtende) Zunahme
des subjektiven Schmerzerlebens aufgrund psychosozialer Belastungsfaktoren und
persönlicher Überforderungsgefühle, die nach den tatsächlich wie rechtlich
einwandfreien Feststellungen der Vorinstanz - wie auch des Gutachters selbst
(vgl. C.3 des Gutachtens, in fine) - invaliditätsfremd und somit unbeachtlich
sind. Die von der Therapeutin als in der Gutachtenssituation nur mit
Schwierigkeiten zu explorieren bezeichneten traumatischen Erlebnisse in der
Kindheit und Jugend sind für die Invaliditätsfrage nicht von Belang, weil sie
die Beschwerdeführerin während Jahren nicht daran gehindert haben, erwerbstätig
zu sein. Bei dieser Sach- und Rechtslage durfte die Vorinstanz ohne Verletzung
des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 61 lit. c ATSG) und des Anspruchs auf
rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV) auf Weiterungen verzichten, und es
besteht auch keinerlei Anlass, den von der Versicherten in Aussicht gestellten
Bericht des von ihr bis anhin nie konsultierten Prof. K.________, Facharzt FMH
für Psychiatrie und Psychotherapie, Spital B.________, abzuwarten oder weiteren
Beweisanträgen stattzugeben.

4.
Die offensichtlich unbegründete Beschwerde wird im Verfahren nach Art. 109 Abs.
2 lit. a BGG und ohne Durchführung eines Schriftenwechsels erledigt (Art. 102
Abs. 1 BGG).

5.
Die zu erhebenden Gerichtskosten (Art. 65 BGG) gehen ausgangsgemäss zu Lasten
der Beschwerdeführerin (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 29. Dezember 2008

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Meyer Amstutz