Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 555/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_555/2008

Urteil vom 23. Oktober 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Kernen,
Gerichtsschreiber Ettlin.

Parteien
A.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Advokat Dieter Roth,
Zeughausplatz 34, 4410 Liestal,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
25. März 2008.

Sachverhalt:

A.
Die 1967 geborene A.________ meldete sich am 17. November 2003 zum Bezug einer
Rente bei der Invalidenversicherung an. Die IV-Stelle des Kantons Aargau
veranlasste zur Abklärung der medizinischen Verhältnisse eine polydisziplinäre
Begutachtung beim Zentrum X.________ (Gutachten vom 15. Juni 2006). Zudem
führte sie am 26. April 2007 eine Haushaltabklärung durch. Mit Verfügung vom
19. September 2007 lehnte die IV-Stelle mangels rentenbegründenden
Invaliditätsgrades das Leistungsbegehren ab.

B.
Die von A.________ dagegen eingereichte Beschwerde wies das
Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Entscheid vom 25. März 2008 ab.

C.
A.________ beantragt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten,
es sei ihr, in Aufhebung des angefochtenen Entscheides, ab 1. November 2002
eine ihrer Invalidität entsprechende Invalidenrente zuzusprechen; eventualiter
sei die Sache an die Verwaltung zurückzuweisen.

Die IV-Stelle schliesst sinngemäss auf Abweisung der Beschwerde, und das
Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG)
kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG).
Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Artikel 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt
seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es
kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen
oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).

2.
Die Vorinstanz hat die gesetzlichen Bestimmungen über die Begriffe der
Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG; Art. 4 IVG) und Erwerbsunfähigkeit (Art. 7
ATSG) sowie den Umfang des Rentenanspruches (Art. 28 Abs. 1 IVG in der bis zum
31. Dezember 2007 geltenden Fassung) richtig wiedergegeben. Korrekt dargelegt
hat sie auch die Bemessung des Invaliditätsgrades nach der
Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG in Verbindung mit Art. 16 ATSG)
und festgehalten, dass es Aufgabe des Arztes ist, den Gesundheitszustand zu
beurteilen sowie zur Arbeitsfähigkeit der versicherten Person Stellung zu
nehmen (BGE 125 V 256 E. 4 S. 261). Dem angefochtenen Entscheid lassen sich
schliesslich die Anforderungen an den Beweiswert von Arztberichten entnehmen
(BGE 125 V 351 E. 3a S. 352, 122 V 157 E. 1c S. 160). Darauf wird verwiesen.

3.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdeführerin Anspruch auf eine
Invalidenrente hat, wobei vor Bundesgericht allein das vorinstanzlich
festgesetzte Valideneinkommen beanstandet wird.

3.1 Auf der nichtmedizinischen beruflich-erwerblichen Stufe der
Invaliditätsbemessung charakterisieren sich als Rechtsfragen die gesetzlichen
und rechtsprechungsgemässen Regeln über die Durchführung des
Einkommensvergleichs (BGE 130 V 343 E. 3.4 S. 348 f., 128 V 29 E. 1 S. 30 f.,
104 V 135 E. 2a und b S. 136 f.), einschliesslich derjenigen über die Anwendung
der Schweizerischen Lohnstrukturerhebung/LSE (BGE 129 V 472 E. 4.2.1 S. 475 f.,
126 V 75 E. 3b/bb S. 76 f., 124 V 321 E. 3b/aa S. 322 f.) und der Dokumentation
von Arbeitsplätzen/DAP (BGE 129 V 472). In dieser Sicht stellt sich die
Feststellung der beiden hypothetischen Vergleichseinkommen als Tatfrage dar,
soweit sie auf konkreter Beweiswürdigung beruht, hingegen als Rechtsfrage,
soweit sich der Entscheid nach der allgemeinen Lebenserfahrung richtet. Letztes
betrifft etwa die Frage, ob Tabellenlöhne anwendbar sind, welches die
massgebliche Tabelle ist und ob ein (behinderungsbedingt oder anderweitig
begründeter) Leidensabzug vorzunehmen sei. Demgegenüber beschlägt der Umgang
mit den Zahlen in der massgeblichen LSE-Tabelle und in den
Arbeitsplatznachweisen der DAP Tatfragen (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399).

3.2 Die Verwaltung hat den Invaliditätsgrad auf der Basis der gemischten
Methode ermittelt und für die Tätigkeit im Haushalt eine Einbusse von 20%
angenommen. Betreffend den Erwerbsbereich hat sie die invaliditätsbedingte
Lohneinbusse unter Zugrundelegung eines Pensums von 50% sowie eines
Valideneinkommens von Fr. 36'000.- auf 34,86% festgesetzt (Invalidenlohn Fr.
23'452.-). Im Gegensatz dazu liess das kantonale Gericht offen, ob die
gemischte Methode anzuwenden sei, da selbst dann kein leistungsbegründender
Invaliditätsgrad resultiere, falls die Einkommensvergleichsmethode herangezogen
werde. Davon ausgehend ermittelte das Gericht einen Invaliditätsgrad von 20%,
wobei es den Validenlohn auf Fr. 54'000.- festlegte. Hiegegen wendet die
Beschwerdeführerin ein, im Gesundheitsfall würde sie ein Einkommen von Fr.
72'000.- erzielen. Zur Begründung ihres Standpunktes legt sie einen vom 14.
April 2005 datierten Arbeitsvertrag ins Recht, welchen sie mit der Firma
Y.________ abgeschlossen hat. Darin vereinbarten die Parteien für die Tätigkeit
der Teilzeit-Servicehilfe und einem wöchentlichen Einsatz von 20 Stunden den
monatlichen Bruttolohn von Fr. 3'000.-.

4.
Gemäss Art. 99 Abs. 1 BGG dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nur so weit
vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt. Ob
es sich bei dem von der Beschwerdeführerin erstmals vor Bundesgericht
eingereichten Arbeitsvertrag vom 14. April 2005 um ein zulässiges Novum
handelt, kann offen gelassen werden. Denn selbst bei Berücksichtigung dieses
Dokumentes kann von einer offensichtlich unrichtigen Feststellung des
Valideneinkommens durch die Vorinstanz nicht die Rede sein: Der zweite
Arbeitgeberbericht vom 20. Februar 2005 attestierte schon ein monatliches
Einkommen von Fr. 6'000.- ohne Gesundheitsschaden (im ersten Bericht vom 28.
Juni 2004 noch Fr. 4'500.-), wobei aber der Betrieb nicht rentierte und im
Dezember 2005 aufgegeben wurde (Zentrum X.________-Gutachten S. 10), weshalb es
sich beim Arbeitsvertrag vom 14. April 2005 nicht um eine für die Schätzung des
Valideneinkommens taugliche Erwerbsgelegenheit handelt. Darüber hinaus bringt
die Beschwerdeführerin rein appellatorische Einwände vor, mit welchen sie nicht
zu hören ist. Mit der Rüge, die Vorinstanz habe das rechtliche Gehör verletzt
(Art. 29 Abs. 2 BV), weil sie von einem im Vergleich zur Verwaltung wesentlich
tieferen Validenlohn ausgegangen sei (Fr. 54'000.- statt Fr. 72'000.-), ohne
ihr Gelegenheit zu gegeben, sich vorher dazu zu äussern, dringt die
Beschwerdeführerin schon deswegen nicht durch, weil die Angabe eines ohne
Gesundheitsschaden erzielbaren Einkommens von Fr. 6'000.- bereits aktenkundig
und im Verfahren thematisiert war.

5.
Das kantonale Gericht hat sonst die zur Beurteilung des
Invalidenrentenanspruchs nach der Einkommensvergleichsmethode massgeblichen
Löhne weder offensichtlich unrichtig noch in Verletzung von Bundesrecht
ermittelt, weshalb das Bundesgericht daran gebunden ist (Art. 95 lit. a, Art.
97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 BGG). Welche Invaliditätsbemessungsmethode die
Massgebliche ist, konnte die Vorinstanz offen lassen; denn sie erkannte
rechtlich korrekt, dass der sich ergebende Invaliditätsgrad unter allen
Gesichtspunkten weniger als 40% beträgt, was nicht zum Bezug einer
Invalidenrente berechtigt (Art. 28 Abs. 1 IVG).

6.
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der unterliegenden
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 65 Abs. 4 lit. a, Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 23. Oktober 2008

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Ettlin