Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 546/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_546/2008

Urteil vom 9. März 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Seiler,
Gerichtsschreiberin Keel Baumann.

Parteien
D.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Rémy Wyssmann,

gegen

IV-Stelle des Kantons Solothurn, Allmendweg 6, 4528 Zuchwil,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn
vom 21. Mai 2008.

Sachverhalt:

A.
D.________ (geb. 1971) meldete sich im August 1999 bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an unter Hinweis auf (seit einem am 8.
August 1997 erlittenen Unfall bestehende) gesundheitliche Beschwerden
(Vergesslichkeit, rasche Ermüdbarkeit, Konzentrationsschwäche,
Lärmempfindlichkeit, Nervosität). Mit Verfügung vom 6. Juni 2000 sprach ihm die
IV-Stelle Solothurn berufliche Massnahmen zu (Übernahme einer dreimonatigen
Abklärung/Standortbestimmung in der Beratungsstelle Y.________ vom 5. Juli bis
4. Oktober 2000, welche indessen am 30. August 2000 abgebrochen wurde). Nach
weiteren Abklärungen der medizinischen und erwerblichen Verhältnisse sprach die
IV-Stelle D.________ mit Wirkung ab 1. September 1999 eine ganze Invalidenrente
zu (Invaliditätsgrad: 100 %; Verfügung vom 28. Juni 2002).

Im Rahmen des Ende April 2004 angehobenen Revisionsverfahrens holte die
IV-Stelle beim Institut X.________ ein Gutachten vom 19. September 2006 (samt
Ergänzung vom 11. Mai 2007) ein. Gestützt darauf reduzierte sie den Anspruch
des Versicherten mit Wirkung auf den 1. Oktober 2007 auf eine Viertelsrente
(Invaliditätsgrad: 41 %; Verfügung vom 17. August 2007). Gleichzeitig wies sie
darauf hin, dass sie ihm bei der Suche einer geeigneten Arbeitsstelle
behilflich sein könne.

B.
Beschwerdeweise liess D.________ das Rechtsbegehren stellen, die
rentenherabsetzende Verfügung sei aufzuheben. Es seien ihm mit Wirkung ab 1.
Oktober 2007 und weiterhin die gesetzlichen Leistungen (inkl. berufliche
Massnahmen) nach Massgabe eines Invaliditätsgrades von mindestens 50 %,
zuzüglich Verzugszins, auszurichten. Eventualiter sei die Sache zur
Neubeurteilung und zu neuem Entscheid an die IV-Stelle zurückzuweisen, damit
diese im Sinne der Erwägungen verfüge. Mit Entscheid vom 21. Mai 2008 wies das
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn die Beschwerde ab.

C.
D.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, der kantonale Entscheid sei aufzuheben. Es seien ihm mit
Wirkung ab 1. Oktober 2007 und weiterhin die gesetzlichen Leistungen (inkl.
berufliche Massnahmen) nach Massgabe einer Invalidität von mindestens 50 %
auszurichten, zuzüglich Verzugszins zu 5 % ab wann rechtens. Eventualiter sei
die Sache zur Neubeurteilung und zu neuer Verfügung im Sinne der Erwägungen an
die Verwaltung zurückzuweisen.

Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine
Vernehmlassung.

Am 21. Januar 2009 liess D.________ dem Bundesgericht einen Bericht der Dr.
phil. W.________, Fachpsychologin für Neuropsychologie FSP, Fachpsychologin für
Psychotherapie FSP, vom 13. Januar 2009 einreichen.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105
Abs. 2 BGG; vgl. BGE 132 V 393 zur auch unter der Herrschaft des BGG gültigen
Abgrenzung von Tat- und Rechtsfragen im Bereich der Invaliditätsbemessung [Art.
16 ATSG] für die Ermittlung des Invaliditätsgrades nach Art. 28 Abs. 1 IVG).
Noven sind unzulässig (Art. 99 Abs. 1 BGG).

2.
Gegenstand der Verwaltungsverfügung vom 17. August 2007 bildete lediglich der
Anspruch auf eine Invalidenrente. Dementsprechend ist auf die Ausführungen in
der Beschwerde nur insoweit einzugehen, als sich diese mit dem Gegenstand der
Verfügung und des vorinstanzlichen Entscheides bildenden Rentenanspruch
befassen. Soweit in der Beschwerde berufliche Massnahmen anbegehrt werden, kann
auf das Rechtsmittel nicht eingetreten werden.

3.
Im angefochtenen Entscheid werden die Bestimmungen und Grundsätze über den
Begriff der Invalidität (Art. 4 IVG in Verbindung mit Art. 8 Abs. 1 ATSG), den
Anspruch auf eine Invalidenrente (Art. 28 Abs. 1 IVG in der bis 31. Dezember
2007 gültig gewesenen Fassung), die Bestimmung des Invaliditätsgrades nach der
Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG), die Rentenrevision (Art. 17 Abs. 1
ATSG; Art. 88a Abs. 1 IVV) sowie die Aufgabe des Arztes oder der Ärztin im
Rahmen der Invaliditätsbemessung (vgl. auch BGE 125 V 256 E. 4 S. 261 mit
Hinweisen) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

4.
Streitig ist die revisionsweise Herabsetzung der seit 1. September 1999
ausgerichteten ganzen Rente auf eine Viertelsrente (mit Wirkung ab 1. Oktober
2007). Der Beschwerdeführer wendet dagegen ein, sein Gesundheitszustand habe
sich nicht verbessert.

4.1 Gemäss den verbindlichen Feststellungen im angefochtenen Entscheid erfolgte
die Zusprechung einer ganzen Rente durch die IV-Stelle mit Verfügung vom 28.
Juni 2002 gestützt auf die Einschätzung der Medizinischen Abklärungsstelle
(MEDAS) am Spital Z.________ (Gutachten vom 6. Juni 2001), gemäss welcher der
Beschwerdeführer aufgrund eines organischen Psychosyndroms nach
Schädel-Hirn-Trauma mit vorwiegend depressiver Symptomatik (postcommotionelles
Syndrom [ICD-10 F07.2]; Fahrradunfall mit kurzzeitiger Amnesie im August 1997;
leichte bis mittelschwere Hirnfunktionsstörung) in seiner Arbeitsfähigkeit
massiv eingeschränkt sei (damals attestierte Arbeitsunfähigkeit: 100 %).

4.2 Nach pflichtgemässer Würdigung der medizinischen Akten (Art. 61 lit. c
ATSG; BGE 132 V 393 E. 4.1 S. 400), insbesondere auch unter Berücksichtigung
der das Gutachten des Instituts X.________ kritisierenden Stellungnahme des
Instituts V.________ vom 15. Februar 2007, ist das kantonale Gericht zum
nachvollziehbar begründeten Schluss gelangt, gestützt auf das Gutachten des
Instituts X.________ vom 19. September 2006 und dessen Ergänzung vom 11. Mai
2007 sei beim Beschwerdeführer spätestens im Jahr 2006 eine revisionsrechtlich
erhebliche Verbesserung des Gesundheitszustandes eingetreten, indem keine
Depression mehr bestehe und sich von der commotio cerebri nur noch ein
Residualzustand feststellen lasse, so dass der Beschwerdeführer für leichte bis
mittelschwere Tätigkeiten ohne häufiges Tragen von Lasten über 20 kg noch
höchstens 30 % arbeitsunfähig sei. Diese tatsächliche Feststellung ist
letztinstanzlich bindend (E. 1 hievor).
Die Einwendungen in der Beschwerde ändern hieran nichts. Soweit der
Beschwerdeführer nachträglich zum Beweis seines Vorbringens, wonach die
Abklärung im Institut X.________ ungenügend gewesen sei und sich die
gesundheitliche Situation seit der erstmaligen Rentenzusprechung nicht
verändert habe, den Bericht der Dr. phil. W.________ vom 13. Januar 2009
eingereicht hat, gilt es festzuhalten - unabhängig von der Frage, ob es sich
bei diesem Beweismittel überhaupt um ein zulässiges Novum im Sinne von Art. 99
BGG handelt - dass für die Prüfung des Sachverhalts die Verhältnisse massgebend
sind, wie sie sich bis zum Erlass der Verfügung entwickelt haben (BGE 132 V 215
E. 3.1.1 S. 220, 129 V 167 E. 1 S. 169 mit Hinweis auf BGE 121 V 362 E. 1b S.
366). Zum medizinisch umfassend dokumentierten rechtserheblichen Sachverhalt,
wie er sich bis zu dem die zeitliche Grenze der richterlichen
Überprüfungsbefugnis bildenden Verfügungserlass (17. August 2007) verwirklicht
hat, trägt der eingereichte neuropsychologische Bericht (Untersuchung vom 10.
und 17. November 2008) nichts bei, weshalb schon aus diesem Grund darauf nicht
weiter einzugehen ist.

4.3 Nicht zu überzeugen vermag aber auch, was der Beschwerdeführer im Weitern
gegen das Gutachten des Institut X.________ vom 19. September 2006 vorbringt:
Es trifft nicht zu, dass die Gutachter darin nicht hinreichend begründet
hätten, weshalb ihrer Auffassung nach aus psychiatrischer Sicht keine
Einschränkung der Arbeitsfähigkeit mehr vorliege. Vielmehr hielten sie fest,
dass der Explorand über einen eutyhmen Affekt verfüge, sich nicht subjektiv
verstimmt oder innerlich unruhig fühle, psychomotorisch unauffällig sei, seine
Ausführungen mit adäquater Gestik und Mimik mache und die affektive Modulation
erhalten sei; mit anderen Worten könne keine Depression mehr diagnostiziert
werden. Dass der Wegfall der depressiven Symptomatik sodann nicht durch die im
psychiatrischen Teilgutachten des Spital Z.________ vom 19. März 2001
vorgeschlagene intensive Psychotherapie mit adäquatem Einsatz von
Antidepressiva und neuropsychologische Rehabilitation (z.B. in einer auf
Unfallfolgen spezialisierten Klinik) erreicht worden ist, ändert nichts, weil
dies - entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers (welcher dieses Vorgehen
für eine unabdingbare Voraussetzung hält) - nicht der einzig mögliche Weg war,
eine Verbesserung des Gesundheitszustandes zu erreichen, und offenbar bereits
die nach seinen eigenen Angaben mindestens bis Juni 2003 fortgeführte
psychiatrische Behandlung Wirkung zeigte. Soweit der Beschwerdeführer
beanstandet, dass die kognitiven, neuropsychologischen Funktionen im Rahmen der
Begutachtung durch das Institut X.________ nicht getestet worden sind, ist
darauf hinzuweisen, dass die Gutachter wegen der bei der neurologischen
Untersuchung und bei der psychiatrischen Exploration aufgetretenen Hinweise auf
noch vorhandene kognitive Störungen (wie Wortfindungsstörungen) festhielten,
dass die durch Prof. Dr. phil. P.________ im Jahr 1999 festgestellte
Einschränkung der Leistungsfähigkeit aus neuropsychologischer Sicht um 30 %
noch immer vorhanden sei. Davon geht im Übrigen auch der Beschwerdeführer aus,
macht er doch geltend, die neuropsychologischen Beeinträchtigungen bestünden
seit dem Unfall unverändert, und nicht etwa, diese hätten sich noch
verschlimmert. Nicht beigepflichtet werden kann dem Beschwerdeführer
schliesslich, soweit er vorbringt, die Gutachter des Instituts X.________
hätten nur aufzeigen wollen, dass die ursprüngliche Beurteilung des Spital
Z.________ aus dem Jahr 2001 falsch gewesen sei, und hätten damit einen im
Wesentlichen gleich gebliebenen Gesundheitszustand unterschiedlich
eingeschätzt, was (wie er insoweit zutreffend vorbringt) nicht Grundlage für
eine Rentenrevision bilden könne. Denn der gutachterlichen Auseinandersetzung
mit der damaligen MEDAS-Beurteilung lässt sich keine derartige Kritik
entnehmen; vielmehr haben die Gutachter einleuchtend aufgezeigt, wie sich die
medizinischen Verhältnisse verändert haben, indem sie angaben, welche
Einschränkungen in gleicher Weise fortbestehen (die neuropsychologischen) und
für welche sich keine spezifischen Befunde mehr fanden (psychoorganisches
Syndrom, depressive Symptomatik). Bei dieser Sachlage durfte die Vorinstanz
denn auch in zulässiger antizipierter Beweiswürdigung (vgl. BGE 124 V 90 E. 4b
S. 94) von weiteren Abklärungen absehen.

4.4 Nicht zu beanstanden sind des Weitern im Rahmen der gesetzlichen Kognition
(E. 1; BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399) auch die Festsetzung der beiden
hypothetischen Vergleichseinkommen (Valideneinkommen: Fr. 62'011.-;
Invalideneinkommen: Fr. 37'294.-) und der aus der Gegenüberstellung derselben
resultierende Invaliditätsgrad (40 %), beruhen sie doch weder auf
offensichtlich unrichtigen Feststellungen im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG noch
auf einer Bundesrechtsverletzung (Art. 95 lit. a BGG).

5.
Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art.
66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 9. März 2009

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Meyer Keel Baumann