Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 522/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_522/2008

Urteil vom 7. Oktober 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Borella, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Seiler, nebenamtlicher Bundesrichter Bühler,
Gerichtsschreiberin Helfenstein Franke.

Parteien
K.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Michael Ausfeld, Weinbergstrasse
18, 8001 Zürich,

gegen

Pensionskasse Post, Viktoriastrasse 72, 3013 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 19. Mai 2008.

Sachverhalt:

A.
A.a Der 1959 geborene K.________ war seit August 1995 als Betriebsmitarbeiter
Logistik bei der Schweizerischen Post, Briefpost Region Ost, angestellt und
gestützt auf dieses Arbeitsverhältnis ab 1. Januar 2002 bei der Pensionskasse
Post (im Folgenden: Pensionskasse) berufsvorsorgeversichert. Ab 6. Mai 2002 war
er gemäss Bericht des Dr. med. D.________, Facharzt FMH für Allgemeinmedizin,
wegen belastungsabhängiger Tendovaginitis (Sehnenscheidenentzündung) der Flexor
carpi ulnaris Sehne, rechtsbetont, und Diabetes mellitus Typ II für die
angestammte Tätigkeit im Paketdienst vollständig arbeitsunfähig. Ab 10. Juli
2002 erachtete ihn Dr. med. G.________, Facharzt FMH für Physikalische Medizin
und Rehabilitation und Rheumatologie, Klinik für eine wechselbelastende
Tätigkeit ohne wiederholte Bewegungen mit den Händen und ohne repetitives Heben
von Gewichten über 5 kg ab 10. Juli 2002 zu 100 % arbeitsfähig. Die Post konnte
K.________ keine dieser eingeschränkten Leistungsfähigkeit entsprechende
Arbeitsstelle anbieten und löste das Arbeitsverhältnis auf den 31. Oktober 2004
auf.
A.b Am 13. August 2002 meldete sich K.________ bei der Invalidenversicherung
zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Zürich sprach ihm als
berufliche Eingliederungsmassnahmen die lerntechnische Vorbereitung und
Abklärung an der Höheren Handelsschule X.________ vom 25. Februar bis 13. Juli
2003 (Verfügung vom 16. Januar 2003), die anschliessende einjährige
Handelsausbildung ganztags an derselben Schule vom 19. August 2003 bis 9. Juli
2004 (Verfügung vom 19. Juni 2003) sowie während beider Eingliederungsperioden
ein Taggeld von Fr. 183.- zu (Verfügungen vom 26. Februar 2003 und 4. Juli
2003). Mit Verfügung vom 11. August 2004 stellte die IV-Stelle den Abschluss
der Umschulung sowie eine rentenausschliessende Eingliederung fest. Die dagegen
erhobene Einsprache wies sie mit in Rechtskraft erwachsenem Einspracheentscheid
vom 24. September 2004 ab.
A.c Mit am 10. April 2006 einsetzender Korrespondenz liess K.________ um
Ausrichtung einer Berufsinvalidenrente ersuchen, was die Pensionskasse
ablehnte.

B.
Am 8. Februar 2007 liess K.________ Klage mit dem Rechtsbegehren erheben, die
Pensionskasse sei zu verpflichten, ihm ab 6. Mai 2003 die reglementarischen
Leistungen nebst Zins von 5 % ab dem 10. Tag des Monats, in dem diese zur
Auszahlung gelangen sollten, auszurichten. Das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich führte einen doppelten Schriftenwechsel durch, zog die Akten der
IV-Stelle des Kantons Zürich bei und wies die Klage mit Entscheid vom 19. Mai
2008 ab.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt K.________ sein
vorinstanzliches Rechtsbegehren erneuern.

Die Pensionskasse schliesst in ihrer Vernehmlassung auf Abweisung der
Beschwerde, während das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine
Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat. Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes
wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf
einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG).

2.
2.1 Streitig ist der Anspruch auf eine Invalidenrente der Pensionskasse nach
Art. 39 des am 1. Januar 2002 in Kraft getretenen Reglementes (Vorsorgeplan
nach dem Leistungsprimat), wobei im Verfahren vor Bundesgericht nur noch der
Sinn und die Tragweite, welche das kantonale Gericht der Bestimmung von Art. 39
Abs. 2 des Reglementes beigemessen hat, gerügt wird. Art. 39 des Reglementes
lautet wie folgt:
1. Ist eine versicherte Person nach Feststellung des AeD für ihre bisherige
oder eine andere ihr zumutbare Beschäftigung bei der Post nicht mehr tauglich
(Invalidität), so hat sie Anspruch auf eine Invalidenrente der Pensionskasse
Post, falls sie beim Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur
Invalidität geführt hat, bei der Pensionskasse Post versichert war.
2. Wird einer versicherten Person aufgrund der Feststellung des AeD der Lohn
aus gesundheitlichen Gründen herabgesetzt (Teilinvalidität), so hat sie für die
Differenz zwischen dem bisherigen und dem neuen versicherten Lohn Anspruch auf
eine Teilrente.
3. Der Anspruch auf eine Invalidenrente beginnt mit der Auflösung des
Arbeitsverhältnisses oder mit der Herabsetzung des Lohnes. Der Anspruch
erlischt:
.......".
Die Auslegung von Bestimmungen des Vorsorgereglementes einer privaten
Personalvorsorge-Stiftung ist eine vom Bundesgericht frei überprüfbare
Rechtsfrage (BGE 132 V 149 nicht publ. E. 2, 116 V 333 E. 2b S. 335; Seiler/von
Werdt/Güngerich, Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, N 27 und
N 28 zu Art. 95; Ulrich Meyer, Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Basel
2008, N 10 zu Art. 106).

2.2 Allseits unstreitig ist, dass es sich bei der Invalidenrente gemäss Art. 39
des Reglementes der Pensionskasse um eine überobligatorische Leistung der
Berufsvorsorgeversicherung handelt. Die Rechtsbeziehungen zwischen den
versicherten Arbeitnehmern und einer privaten Vorsorgeeinrichtung werden im
Bereich der weitergehenden beruflichen Vorsorge durch den Vorsorgevertrag
geregelt. Auf diesen von der Lehre den Innominatsverträgen sui generis
zugeordneten Vertrag ist der Allgemeine Teil des Obligationenrechts anwendbar
(Art. 1-183 OR). Reglement oder Statuten stellen den vorformulierten Inhalt des
Vorsorgevertrages dar, vergleichbar Allgemeinen Vertrags- oder
Versicherungsbedingungen, denen sich der Versicherte konkludent, durch Antritt
des Arbeitsverhältnisses und unwidersprochen gebliebene Entgegennahme von
Versicherungsausweis und Vorsorgereglement, unterzieht (BGE 134 V 223 E. 3.1 S.
227). Die Vorinstanz hat die aus dem Vertrauensprinzip (Art. 5 Abs. 3 BV; Art.
2 Abs. 1 ZGB) fliessenden Auslegungsgrundsätze, nach denen der objektive
Rechtssinn von Reglementsbestimmungen der überobligatorischen Berufsvorsorge
und die dabei - in Analogie zur Auslegung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen
- zu beachtenden Auslegungsregeln zutreffend dargelegt. Darauf und auf BGE 132
V 149 E. 5 S. 150/151 kann verwiesen werden.

3.
3.1 Das kantonale Gericht ist davon ausgegangen, dass das Arbeitsverhältnis des
Beschwerdeführers mit der Schweizerischen Post auf den 31. Oktober 2004
aufgelöst worden ist, weshalb der Anspruch auf eine Invalidenrente im Jahre
2003 nur gestützt auf eine Lohnherabsetzung im Sinne von Art. 39 Abs. 2 des
Reglementes entstanden sein könne. Diese Reglementsbestimmung sei nach ihrem
objektiven Sinn so zu verstehen, dass ein teilinvalider und weiterbeschäftigter
Versicherter für die invaliditätsbedingte Lohnherabsetzung Invalidenleistungen
beanspruchen könne und zwar ab dem Zeitpunkt der Lohnherabsetzung. Dem
Beschwerdeführer sei zwar nach einem Jahr im Rahmen des weiterlaufenden
Arbeitsvertrages der Lohn auf 80 % herabgesetzt worden. Dabei habe es sich aber
mangels Weiterbeschäftigung nicht um eine Lohnherabsetzung im Sinne von Art. 39
Abs. 2 des Reglementes gehandelt (E. 4.2.3 des vorinstanzlichen Urteils).

Der Beschwerdeführer rügt eine willkürliche Reglementsauslegung, weil nicht
nachvollziehbar sei, dass eine Lohnherabsetzung im Sinne von Art. 39 Abs. 2 nur
in jenen Fällen vorliegen soll, in denen die versicherte Person von der Post
als Teilinvalide auf Dauer weiterbeschäftigt werde. Der reglementarische
Anspruch auf eine Invalidenrente entstehe auch bei einer der Auflösung des
Arbeitsverhältnisses vorausgehenden Lohnherabsetzung.
3.2
3.2.1 In grammatikalischer Hinsicht ist bei der Auslegung von Art. 39 Abs. 2
des Reglementes der Pensionskasse zu beachten, dass der Teilrentenanspruch nach
dem Wortlaut dieser Reglementsbestimmung auf der "Differenz zwischen dem
bisherigen und dem neuen versicherten Lohn" beruht. Anspruchsvoraussetzung des
Teilrentenanspruches für eine Teilinvalidität bildet danach die
Weiterversicherung eines "neuen" versicherten Lohnes. Grundlage des
versicherten Lohnes ist gemäss Art. 6 Abs. 1 des Reglementes ein "regelmässige
(s) Arbeitsverhältnis mit Entlöhnung im Monatslohn". In Art. 6 Abs. 2 des
Reglementes wird die Versicherung von Einkommen, die versicherte Personen bei
dritten Arbeitgebern oder als Selbstständigerwerbende erzielen, ausdrücklich
ausgeschlossen. Der versicherte Lohn entspricht gemäss Art. 11 Abs. 1 des
Reglementes dem massgebenden Jahreslohn abzüglich eines Koordinationsbetrages
in der Höhe einer einfachen maximalen AHV-Altersrente.

Aus dem Gesamtzusammenhang dieser reglementarischen Regelung des versicherten
Lohnes geht hervor, dass auch der in Art. 39 Abs. 2 des Reglementes genannte
"neue" versicherte Lohn auf einem weiterbestehenden Arbeitsverhältnis der
versicherten Person mit der Schweizerischen Post (oder angeschlossenen
Organisationen/Unternehmen/Mitarbeitenden der Postautohalter im Sinne von Art.
3 Abs. 1 des Reglementes) einerseits und auf der Weiterausrichtung von
massgebendem Jahreslohn durch die Schweizerische Post als Grundlage eines
entsprechend der Teilinvalidität herabgesetzten "neuen" versicherten Lohnes
anderseits beruht. Zum gleichen Schluss führt die Bestimmung von Art. 40 Abs. 1
des Reglementes, wonach in zeitlicher Hinsicht für den Teilrentenanspruch auf
die "Umgestaltung" des Arbeitsverhältnisses abzustellen ist.
3.2.2 Es steht fest, dass das Arbeitsverhältnis des Beschwerdeführers mit der
Schweizerischen Post auf den 31. Oktober 2004 aufgelöst worden ist. Ab Juli
2003 wurden dem Beschwerdeführer noch 80 % seines Lohnes ausgerichtet. Die
reduzierten Lohnzahlungen ab Juli 2003 stellten aber nicht die Gegenleistung
der Post für vom Beschwerdeführer im Rahmen eines "umgestalteten"
Arbeitsverhältnisses geleistete Arbeit dar, sondern erfolgten nach Massgabe der
gesamtarbeitsvertraglich geregelten Lohnfortzahlungspflicht zufolge
unverschuldeter Verhinderung des Arbeitnehmers an der Arbeitsleistung im Sinne
von Art. 324a Abs. 4 OR. Die Lohnfortzahlung führte nicht zu einer Herabsetzung
des bei der Pensionskasse versicherten Lohnes. Gegenteils erfuhr der
versicherte Lohn des Beschwerdeführers im Jahre 2004 gegenüber dem Vorjahr eine
(teuerungsbedingte) Erhöhung von Fr. 40'401.- auf Fr. 40'934.- . Demgemäss
fehlte es auch für die Zeit der Lohnfortzahlung an den Beschwerdeführer (Juli
2003 bis Oktober 2004) an einer Differenz zwischen "dem bisherigen und dem
neuen versicherten Lohn", welche dem Anspruch auf eine Teilrente gemäss Art. 39
Abs. 2 des Reglementes zugrunde liegen muss.

3.3 Zusammenfassend hat das kantonale Gericht den Rechtssinn von Art. 39 Abs. 2
des Reglementes zutreffend ermittelt, indem es die Weiterbeschäftigung eines
teilinvaliden Versicherten bei der Post und sinngemäss die Weiterversicherung
eines niedrigeren versicherten Lohnes als bisher für die Entstehung des
Anspruches auf eine Teilrente als erforderlich erachtet hat. Die dem
Beschwerdeführer ab Juli 2003 ausgerichteten Lohnfortzahlungen hatten keine
Herabsetzung des versicherten Lohnes zur Folge, welche den Anspruch auf eine
Teilrente gestützt auf die erwähnte Reglementsbestimmung hätte entstehen lassen
können.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 7. Oktober 2008

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Die Gerichtsschreiberin:

Borella Helfenstein Franke