Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 518/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_518/2008

Urteil vom 29. August 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Kernen, Seiler,
Gerichtsschreiber Traub.

Parteien
B.________,
Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Ausgleichskasse, Avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Alters- und Hinterlassenenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts vom
9. Juni 2008.

Sachverhalt:

A.
Der 1941 geborene österreichische Staatsangehörige B.________ war im Zeitraum
1961 bis 1965 in der Schweiz erwerbstätig. Er bezieht mit Wirkung ab Oktober
1993 eine halbe und ab Oktober 1997 eine ganze Rente der Eidgenössischen
Invalidenversicherung (vgl. Urteil des damaligen Eidgenössischen
Versicherungsgerichts I 410/05 vom 31. Oktober 2005). Mit Vollendung des 65.
Altersjahres wurde die Invalidenrente durch eine ordentliche Altersrente in
Höhe von Fr. 141.- (nebst Zusatzrente für die Ehegattin und Kinderrente)
abgelöst (durch Einspracheentscheid vom 1. September 2006 bestätigte Verfügung
der Schweizerischen Ausgleichskasse vom 17. Februar 2006).

B.
Das Bundesverwaltungsgericht wies die gegen den Einspracheentscheid erhobene
Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat (Entscheid vom 9. Juni 2008).

C.
B.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Rechtsbegehren, es seien der angefochtene Entscheid und der Einspracheentscheid
der Schweizerischen Ausgleichskasse aufzuheben und es sei ihm eine höhere
Altersrente zuzusprechen. Zur Bezahlung eines Kostenvorschusses aufgefordert,
ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege.

Erwägungen:

1.
In formeller Hinsicht hat das Bundesverwaltungsgericht festgestellt, dass die
Einspracheerhebung im Verwaltungsverfahren ausschliesslich per Telefax und
E-mail erfolgte. Es liess indes offen, ob unter diesen Umständen eine
formgültige Einsprache vorliege und die Ausgleichskasse zu Recht darauf
eingetreten sei; die Beschwerde sei ohnehin unbegründet. Diese Frage kann auch
vor Bundesgericht offen bleiben, da die Beschwerde materiell unbegründet ist
(E. 2).

2.
2.1 Das damalige Eidgenössische Versicherungsgericht hat hinsichtlich der
Berechnung der mit Wirkung ab Oktober 1993 auszurichtenden Invalidenrente in
übergangsrechtlicher Hinsicht festgehalten, das mit der 10. AHVG-Revision
(Inkrafttreten: 1. Januar 1997) eingeführte Splitting-Verfahren (Art. 36 Abs. 2
IVG in Verbindung mit Art. 29quinquies Abs. 3 lit. c AHVG; Art. 50b AHVV) finde
auf den 1970 von seiner ersten Ehefrau geschiedenen Beschwerdeführer keine
Anwendung, da dessen Rentenanspruch vor dem 1. Januar 1997 entstanden ist
(Urteile I 788/04 vom 28. April 2005 und I 410/05 vom 31. Oktober 2005). Der
Versicherte leitet daraus ab, dies gelte nunmehr auch für die (die
Invalidenrente ablösende) Altersrente. Dem ist indes nicht so: Der Altersrente
liegt ein neuer Versicherungsfall (Eintritt des versicherten Risikos "Alter")
zugrunde. Gemäss lit. c Abs. 1 der Schlussbestimmungen der Änderung des AHVG
vom 7. Oktober 1994 (10. AHVG-Revision) gelten die neuen Bestimmungen für alle
Renten, auf die der Anspruch nach dem 31. Dezember 1996 entsteht. Bei der
Berechnung der Altersrente von geschiedenen Personen wird Art. 29quinquies Abs.
3 auch angewendet, wenn die Ehe vor dem 1. Januar 1997 geschieden wurde (Abs.
4).

Nach Art. 33bis Abs. 1 AHVG ist für die Berechnung der Altersrenten, die an die
Stelle einer Invalidenrente treten, auf die für die Berechnung der
Invalidenrente massgebende Grundlage abzustellen, falls dies für den
Berechtigten vorteilhafter ist. Wird eine Invalidenrente durch eine Altersrente
abgelöst, so ist für die Berechnung der Altersrente somit zwar grundsätzlich
auf die für die berechtigte Person vorteilhaftere Berechnungsgrundlage
(Rentenskala und massgebendes durchschnittliches Jahreseinkommen) abzustellen.
Nicht als Ablösungsfall und daher von der Besitzstandsgarantie ausgenommen
gelten aber jene Fälle, bei denen die Einkommen für die Altersrente erstmals im
Sinne von Art. 29quinquies Abs. 3 AHVG geteilt werden müssen und die
Altersrente daher tiefer ausfällt als die vorher ausgerichtete Invalidenrente
(vgl. Ziff. 5648 und 5654 der Wegleitung des Bundesamtes für
Sozialversicherungen [BSV] über die Renten in der Eidgenössischen AHV [RWL];
Ziff. 2028 f. des Kreisschreibens über die Berechnung von überführten und
altrechtlichen Renten bei Mutationen und Ablösungen [KS 3]).

Verwaltungsweisungen richten sich an die Durchführungsstellen und sind für das
Sozialversicherungsgericht nicht verbindlich. Dieses soll sie bei seiner
Entscheidung aber berücksichtigen, sofern sie eine dem Einzelfall angepasste
und gerecht werdende Auslegung der anwendbaren gesetzlichen Bestimmungen
zulassen. Das Gericht weicht also nicht ohne triftigen Grund von
Verwaltungsweisungen ab, wenn diese eine überzeugende Konkretisierung der
rechtlichen Vorgaben darstellen. Insofern wird dem Bestreben der Verwaltung,
durch interne Weisungen eine rechtsgleiche Gesetzesanwendung zu gewährleisten,
Rechnung getragen (BGE 133 V 587 E. 6.1 S. 591). Vorliegend besteht kein
Anlass, an der Gesetzmässigkeit der zitierten Verwaltungsweisungen zu zweifeln.
Das aus Anlass der Überführung der Invaliden- in eine Altersrente vorgenommene
Einkommenssplitting besteht zu Recht.

2.2 Das Vorbringen des Beschwerdeführers, seine geschiedene Ehefrau habe nie
ein Einkommenssplitting beantragt, ist unbehelflich. Wohl wird das Splitting
bei Ehescheidung (zunächst) nicht von Amtes wegen vorgenommen, sondern setzt
die Anmeldung eines oder beider ehemaligen Ehegatten voraus (Art. 50c AHVV;
Ziff. 1001 des Kreisschreibens des BSV über das Splitting bei Scheidung; Ueli
Kieser, Alters- und Hinterlassenenversicherung, in: Ulrich Meyer [Hrsg.],
Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR], Band XIV, Soziale Sicherheit, 2.
Aufl. Basel 2007, S. 1324 Rz. 369). Die Vorschriften über die Berechnung der
Renten der Alters- und Hinterlassenenversicherung stellen indes - abgesehen von
Art. 52f Abs. 2bis AHVV (Anrechnung von Erziehungsgutschriften bei geschiedenen
oder unverheirateten Eltern, welchen die elterliche Sorge gemeinsam zusteht) -
zwingendes Recht dar (BGE 131 V 1). Demzufolge wird die Teilung der Einkommen
und Gutschriften nach Eintritt des Versicherungsfalls bei der Rentenberechnung
auf jeden Fall, also unabhängig von einer Anmeldung der Beteiligten, von Amtes
wegen vorgenommen (Art. 50g AHVV; Thomas Koller, Ehescheidung und AHV, in: AJP
1998, S. 300; Rudolf Tuor, Neues Scheidungsrecht: AHV-Anwartschaften nach 10.
AHV-Revision-, in: SZS 1997, S. 7; Mario Christoffel, Voraussetzungen des
Einkommenssplitting, insbesondere bei Scheidung, in: Soziale Sicherheit 1996,
S. 239).

2.3 Der Beschwerdeführer rügt überdies eine unrichtige Feststellung der Höhe
der beitragspflichtigen Einkommen und der Beitragszeiten (vgl. Art. 29bis Abs.
1 AHVG). Dabei handelt es sich um Tatfragen, an deren Feststellung durch die
Vorinstanz das Bundesgericht grundsätzlich gebunden ist (Art. 105 Abs. 1 BGG).
Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur dann von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Ein solcher Ausnahmetatbestand,
der eine Berichtigung des Sachverhalts im Sinne des vom Beschwerdeführer
Beantragten erlauben würde, ist weder im Zusammenhang mit den im Individuellen
Konto erfassten Beitragszeiten der Jahre 1961 und 1963 bis 1965 noch mit den
entsprechenden Einkommenszahlen als Grundlage des durchschnittlichen
Jahreseinkommens (Art. 29quater AHVG) erkennbar. Wenn der Beschwerdeführer
vorbringt, er habe damals ungefähr Fr. 1000.- pro Monat und nicht nur Fr.
5000.- pro Jahr verdient, so lässt er ausser Betracht, dass dieses Einkommen
eben zu splitten ist (E. 2.2). Im Übrigen wird auf die vorinstanzlichen
Ausführungen verwiesen.

2.4 Der angefochtene Entscheid hält einer Überprüfung der Rechtmässigkeit (Art.
95 und Art. 106 Abs. 1 BGG) unter allen Titeln stand.

3.
Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände wird auf die Erhebung von
Gerichtskosten verzichtet (Art. 66 Abs. 1 BGG). Das Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege im Sinne der Befreiung von Gerichtskosten wird damit
gegenstandslos. Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung ist schon deshalb
abzuweisen, weil der Beschwerdeführer durchaus selber in der Lage war, eine
rechtsgenügliche Beschwerde einzureichen, eine anwaltliche Vertretung somit zur
Wahrung seiner Rechte nicht notwendig ist (Art. 64 Abs. 2 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen, soweit es nicht
gegenstandslos ist.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesamt
für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 29. August 2008

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Traub