Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 476/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_476/2008

Urteil vom 21. November 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Borella, Kernen, Seiler,
Gerichtsschreiberin Keel Baumann.

Parteien
C.________, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Franz Fischer, Seehofstrasse 9, 6004 Luzern,

gegen

Pensionskasse der Stadt Luzern, Bruchstrasse 69, 6003 Luzern,
Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Mark Kurmann, Schweizerhofquai 2, 6004 Luzern.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern
vom 7. Mai 2008.

Sachverhalt:

A.
Die 1963 geborene C.________ war bei der Stadt Luzern tätig und bei der
städtischen Pensionskasse (im Folgenden: PKSL) berufsvorsorgeversichert. Ab 10.
Mai 2002 war sie zeitweise zu 50 % und zeitweise zu 100 % arbeitsunfähig. Mit
Wirkung auf den 30. Juni 2003 endeten ihr Arbeitsverhältnis und die
Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers.
Am 3. März 2003 kaufte C.________ eine Eigentumswohnung. Zur Finanzierung des
Wohnungskaufs ersuchte sie die PKSL mit Antrag vom 15. April 2003 (Valuta 30.
April 2003) um einen Vorbezug von Fr. 48'000.- (sog. Vorbezug zur Förderung des
Wohneigentums [WEF]). Die PKSL richtete ihr diesen Betrag mit Valuta 30. April
2003 aus (Vorbezugsvertrag und Zahlungsauftrag vom 16. April 2003). Zudem
verpfändete C.________ mit Pfandvertrag vom 26. Februar 2003 ihre
Freizügigkeits- und Vorsorgeleistungen gegenüber der PKSL an die Bank
X.________.
Mit Wirkung auf den 30. Juni 2003 (Ende des Arbeitsverhältnisses) trat
C.________ aus der PKSL aus; diese errechnete eine Austrittsleistung von Fr.
28'834.50 und überwies diesen Betrag am 12. August 2003 mit Valuta 13. August
2003 auf ein Freizügigkeitskonto bei der Bank Y.________. Wegen Verpfändung
ging der Betrag in der Folge an die Bank X.________ über.
Mit Verfügungen vom 25. November 2003 und 14. Januar 2004 sprach die IV-Stelle
Luzern C.________ eine ganze Invalidenrente ab 1. Mai 2003 zu. Am 13. Februar
2004 setzte sodann die PKSL für C.________ eine Invalidenrente von Fr. 1'012.50
pro Monat ab 1. Juli 2003 fest, da gemäss Reglement der PKSL der Rentenanspruch
bis zum Ende der Lohnfortzahlung ruht.

B.
Nachdem C.________ von der PKSL erfolglos eine Rückabwicklung des Vorbezugs
verlangt hatte, erhob sie am 20. Juli 2005 beim Verwaltungsgericht des Kantons
Luzern Klage gegen die PKSL mit dem (gemäss Replik modifizierten) Antrag, die
PKSL sei zu verurteilen, ihr ab 1. Mai 2003 eine Invalidenrente von Fr. 1'707.-
pro Monat auszurichten; eventualiter sei festzustellen, dass die PKSL für den
durch den Vorbezug von Fr. 48'000.- bzw. durch die zu Unrecht erfolgte
Ausrichtung der Freizügigkeits- bzw. Austrittsleistung von Fr. 28'834.50
entstandenen Schaden hafte. Mit Entscheid vom 7. Mai 2008 wies das
Verwaltungsgericht die Klage ab.

C.
C.________ erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Antrag, es sei der kantonale Entscheid aufzuheben und die PKSL zu verpflichten,
ihr ab 1. April 2003 eine Invalidenrente von Fr. 1'707.- pro Monat
auszurichten. Eventualiter sei die Sache zum Entscheid über die Rechtmässigkeit
der am 12. August 2003 geleisteten Freizügigkeits- bzw. Austrittsleistung von
Fr. 20'482.- und zum Neuentscheid über die Höhe der geschuldeten
Vorsorgeleistungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die PKSL beantragt, die
Beschwerde sei abzuweisen; eventualiter sei die Versicherte zur Rückerstattung
des Vorbezugs von Fr. 48'000.- zuzüglich Zins und die PKSL zur Ausrichtung
einer Rente von Fr. 1'448.- pro Monat zu verurteilen, falls das Gericht die
Beschwerde mit Bezug auf den Vorbezug gutheisse. Falls das Gericht sie in Bezug
auf die Freizügigkeitsleistung gutheisse, sei die Versicherte zur
Rückerstattung der Freizügigkeitsleistung von Fr. 28'834.50 zuzüglich Zins und
die PKSL zu einer Rente von monatlich Fr. 1'272.- zu verurteilen. Falls das
Gericht die Beschwerde in beiden Punkten gutheisse, sei die Versicherte zur
Rückerstattung von Vorbezug und Freizügigkeitsleistung zuzüglich Zins und die
PKSL zur Zahlung einer Rente von monatlich Fr. 1'707.- zu verurteilen. Das
Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) verzichtet auf eine Vernehmlassung.
In dem vom Bundesgericht angeordneten zweiten Schriftenwechsel modifiziert
C.________ ihr Eventualbegehren dahin, dass der Entscheid des
Verwaltungsgerichts sowie die Freizügigkeitsleistung und der WEF-Vorbezug
aufzuheben seien und die Sache zum Neuentscheid über die Höhe der geschuldeten
Vorsorgeleistungen sowie zur Festlegung der sich aus der Rückabwicklung der
nach Eintritt des versicherten Invaliditätsrisikos erfolgten Reduktion des
Deckungskapitals ergebenden Konsequenzen an die Vorinstanz zurückzuweisen sei.
Die PKSL hält an ihren Anträgen fest und beantragt, auf die Eventualbegehren
der Versicherten nicht einzutreten.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde vor Bundesgericht kann der Streitgegenstand gegenüber dem
vorinstanzlichen Verfahren zwar eingeschränkt, aber nicht geändert oder
erweitert werden (Art. 99 Abs. 2 BGG). Dasselbe gilt für den zweiten
Schriftenwechsel (Art. 102 Abs. 3 BGG), denn die Anträge sind innert der nicht
verlängerbaren Beschwerdefrist zu stellen (Art. 42 Abs. 1 und Art. 100 BGG). In
der Beschwerde Versäumtes kann nicht im zweiten Schriftenwechsel nachgeholt
werden (BGE 125 I 71 E. 1d/aa S. 77; 118 Ia 305 E. 1c S. 308).

1.1 Die Beschwerdeführerin hat vor der Vorinstanz die (höhere) Rente ab 1. Mai
2003 beantragt, vor Bundesgericht aber bereits ab 1. April 2003. Auf den Antrag
bezüglich den Monat April 2003 kann nicht eingetreten werden.

1.2 In ihrem Eventualbegehren spricht die Beschwerdeführerin von der "am 12.
August 2003 geleisteten Freizügigkeitsleistung von Fr. 20'482.-". Es handelt
sich dabei offensichtlich um einen Verschrieb, betrug doch die Austritts- bzw.
Freizügigkeitsleistung nach allseits unbestrittener Darstellung Fr. 28'834.50
(während die genannte Summe von Fr. 20'482.- der jährlichen Rente gemäss Antrag
der Beschwerdeführerin entspricht). Das Begehren ist auf diesen Betrag zu
beziehen.

1.3 Das von der Beschwerdeführerin im vorinstanzlichen Verfahren erhobene
Schadenersatzbegehren wird vor Bundesgericht nicht mehr erneuert. Darauf ist
nicht einzugehen.

1.4 Umstritten ist, wie es sich mit den Eventualbegehren der Parteien verhält.
1.4.1 In der Sache besteht Uneinigkeit unter den Parteien, ob der WEF-Vorbezug
vom 16./30. April 2003 und die Auszahlung der Freizügigkeitsleistung vom 12./
13. August 2003 rechtmässig gewesen sind. Die Beschwerdeführerin verneint die
Frage, die Beschwerdegegnerin bejaht sie. Im Grundsatz ist unbestritten, dass
die von der Beschwerdeführerin beantragte höhere Rente materiellrechtlich eine
Rückerstattung der beiden streitigen Auszahlungen (Vorbezug und
Freizügigkeitsleistung) bedingen würde. Prozessual ist aber umstritten,
inwieweit diese Rückabwicklungen Streitgegenstand des laufenden Verfahrens
bilden.
1.4.2 In ihrer Klage vor Vorinstanz hatte die Beschwerdeführerin (nebst dem
nicht mehr zu beurteilenden eventualiter gestellten Schadenersatzbegehren wegen
mangelnder Aufklärung betreffend den Vorbezug; vgl. E. 1.3) eine Rente von Fr.
1'707.- unter Rückabwicklung des zu Unrecht erfolgten Vorbezugs beantragt; die
Aus- oder Rückzahlung der Freizügigkeitsleistung wurde demgegenüber nicht
thematisiert. Die Beschwerdegegnerin schloss in ihrer Klageantwort auf
Abweisung der Klage; eventuell sei die Beschwerdeführerin zur Rückerstattung
des WEF-Vorbezugs und sie - die Beschwerdegegnerin - zu einer Rente von Fr.
1'448.- zu verurteilen. In der Begründung führte sie aus, die von ihr
berechnete Rentenhöhe berücksichtige nicht nur den Vorbezug, sondern auch den
Umstand, dass die Freizügigkeitsleistung nicht zurückerstattet worden sei. In
der Replik hielt die Beschwerdeführerin an ihrem Hauptbegehren fest. Das
Eventualbegehren auf Schadenersatz erweiterte sie auf den Schaden infolge
Auszahlung der Freizügigkeitsleistung mit der Begründung, auch diese sei zu
Unrecht erfolgt; sie habe der Beschwerdegegnerin angeboten, diese
Freizügigkeitsleistung zurückzubezahlen, was die Beschwerdegegnerin aber
abgelehnt habe. Die Beschwerdegegnerin stellte in der Duplik dem Gericht
anheim, ob auf dieses erweiterte Begehren eingetreten werden könne, und
bestritt in der Sache, dass die Freizügigkeitsleistung zu Unrecht ausbezahlt
worden sei. Die Freizügigkeitsleistung könne infolge Inanspruchnahme durch die
Bank auch nicht mehr zurückerstattet werden.
Das kantonale Gericht äusserte sich materiell zur Frage der Austrittsleistung:
Die Beschwerdegegnerin sei berechtigt gewesen, diese auszubezahlen; da das
Pfand in Anspruch genommen worden sei, könne die Freizügigkeitsleistung nicht
mehr zurückgefordert werden. Es sei allenfalls Sache der Beschwerdeführerin,
ihre verpfändete Freizügigkeitsleistung auszulösen, womit ihre Rente erhöht
werden könnte.
Somit gehörte die Frage der Rückabwicklung bzw. Rückerstattung des Vorbezugs
bereits vor der Vorinstanz zum Streitgegenstand. In Bezug auf die
Austrittsleistung war hingegen nur die Frage der Rechtmässigkeit bzw. der
Rentenhöhe Streitgegenstand, nicht aber jene der Rückerstattung.
1.4.3 In der Beschwerde ans Bundesgericht beantragt die Versicherte im
Hauptstandpunkt nur die höhere Rente, ohne auf die Rückabwicklung einzugehen.
Eventualiter beantragt sie die Rückweisung zum Entscheid über die
Rechtmässigkeit der Freizügigkeitsleistung und zum Neuentscheid über die Höhe
der Vorsorgeleistung. In der Replik dehnt sie das Eventualbegehren auf
Rückweisung auf die Frage des Vorbezugs aus, was jedoch eine unzulässige
Erweiterung des Beschwerdeantrags darstellt (E. 1 hiervor). Zudem stellt sie
sich ausdrücklich auf den Standpunkt, die Verpflichtungen, die sich aus der
Rückabwicklung ergäben, seien nicht Gegenstand des Rechtsstreits, weshalb das
Bundesgericht darauf nicht eintreten könne. Aufgrund dieser Prozessgeschichte
und der gestellten Rechtsbegehren bildet die Frage der Rechtmässigkeit von
Vorbezug und Austrittsleistung Streitgegenstand des bundesgerichtlichen
Verfahrens, nicht aber diejenige der Rückerstattung.

2.
Zu prüfen ist zunächst die Frage nach der Rechtmässigkeit des Vorbezugs.

2.1 Die Beschwerdeführerin hält den Vorbezug für rechtswidrig, weil er zu einem
Zeitpunkt erfolgt sei, da der Vorsorgefall Invalidität bereits eingetreten war.
Die Beschwerdegegnerin vertritt demgegenüber den Standpunkt, der Vorbezug sei
bis zum Eintritt des Vorsorgefalls Invalidität möglich, worunter der Beginn des
Rentenanspruchs zu verstehen sei. Mit der gleichen Begründung hat auch die
Vorinstanz die Ausrichtung des Vorbezugs als rechtens betrachtet.

2.2 Der Versicherte kann gemäss Art. 30c Abs. 1 und 2 BVG bzw. Art. 331e Abs. 1
und 2 OR bis drei Jahre vor Entstehung des Anspruchs auf Altersleistungen einen
Vorbezug für Wohneigentum zum eigenen Bedarf geltend machen. Bis zum 50.
Altersjahr darf ein Betrag bis zur Höhe der Freizügigkeitsleistung bezogen
werden, danach höchstens die Freizügigkeitsleistung, auf die im 50. Altersjahr
Anspruch bestanden hätte, oder die Hälfte der Freizügigkeitsleistung im
Zeitpunkt des Bezugs.

2.3 Das Gesetz äussert sich nicht ausdrücklich dazu, ob ein Vorbezug auch nach
Eintritt der Invalidität möglich ist. Eine Antwort darauf ergibt sich aber
implizit daraus, dass der beziehbare Betrag durch die Höhe der
Freizügigkeitsleistung begrenzt ist. Der Vorbezug setzt somit den Bestand einer
Freizügigkeitsleistung voraus. Der Vorbezug ist dadurch direkt an die Regelung
über die Freizügigkeit gebunden. Da ein Anspruch auf Austrittsleistung nur
besteht, soweit noch kein Vorsorgefall eingetreten ist (Art. 2 Abs. 1 FZG), ist
auch ein Vorbezug nicht mehr möglich, soweit ein Vorsorgefall eingetreten ist,
denn damit wird das Freizügigkeitskapital in Deckungskapital für die
Rentenleistung umgewandelt (BGE 130 V 191 E. 3.2 S. 194; Markus Moser, Die
Anforderungen des neuen Wohneigentumsförderungsgesetzes, SZS 1995 S. 200 ff.,
202 f.; Riemer/Riemer-Kafka, Das Recht der beruflichen Vorsorge in der Schweiz,
2. Aufl. 2006, S. 147 f. Rz. 144; Hans-Ulrich Stauffer, Verpfändung und
Vorbezug für Wohneigentum - Fragen und Probleme in der Abwicklung, in:
Schaffhauser/Stauffer [Hrsg.], BVG-Tagung 2007, 2008, S. 27 ff., 44 f.;
Isabelle Vetter-Schreiber, Berufliche Vorsorge, 2005, S. 113).

2.4 Umstritten ist, wann der Vorsorgefall Invalidität eingetreten ist.
Vorinstanz und Beschwerdegegnerin gehen davon aus, dass dies der Beginn des
Anspruchs auf Invalidenleistungen ist. Die Beschwerdeführerin will demgegenüber
auf den Beginn der Arbeitsunfähigkeit abstellen, die zur Invalidität geführt
hat (Art. 23 lit. a BVG).

2.5 Das Bundesgericht hat verschiedentlich im Zusammenhang mit Art. 23 BVG
ausgeführt, das versicherte Ereignis falle zeitlich zusammen mit dem Eintritt
der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität führt (vgl. BGE 118 V 35
E. 2b/aa S. 39 und weitere Entscheide). Dementsprechend hat es im Urteil B 88/
03 vom 28. Mai 2004, auf welches sich die Beschwerdeführerin beruft,
entschieden, dass ein Anspruch auf Freizügigkeitsleistung nicht mehr besteht,
sobald diese Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist (wobei im damals zu
beurteilenden Fall auch der Eintritt der Invalidität auf einen Zeitpunkt vor
Auflösung des Vorsorgeverhältnisses fiel, so dass die Frage letztlich nicht
streitentscheidend war).

2.6 Die berufliche Vorsorge versichert die Risiken Alter, Tod und Invalidität
(Art. 1 Abs. 1 BVG). Die Arbeitsunfähigkeit als solche ist kein in der
beruflichen Vorsorge versichertes Risiko; der Eintritt der Arbeitsunfähigkeit,
deren Ursache zur Invalidität führt, ist nur gemäss Art. 23 BVG massgebend für
die Frage der zeitlichen Dauer der Versicherungsdeckung: Ist die
Arbeitsunfähigkeit während der Dauer der Zugehörigkeit zu einer
Vorsorgeeinrichtung eingetreten, so bleibt diese leistungspflichtig, auch wenn
die Invalidität erst nach Beendigung des Vorsorgeverhältnisses eingetreten ist;
die Leistungspflicht als solche entsteht jedoch nur und erst mit dem Eintritt
der Invalidität, nicht bereits mit dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit. Diese
kann daher nicht als Vorsorgefall betrachtet werden. Das Bundesgericht hat in
BGE 134 V 28 klargestellt, dass die erwähnten früheren Entscheide die Begriffe
des Eintritts der Invalidität und der Arbeitsunfähigkeit vermischt haben, und
dass nach richtiger Betrachtung der Vorsorgefall erst mit dem effektiven
Eintritt des versicherten Ereignisses eintritt, und zwar nicht nur im Todes-
(E. 3.2 S. 30 f.), sondern auch im Invaliditätsfall (E. 3.4.2 S. 32). Der
Eintritt des Vorsorgefalls Invalidität stimmt daher zeitlich überein mit der
Entstehung des Anspruchs auf Invalidenleistungen (Art. 26 Abs. 1 BVG). Bis zu
diesem Zeitpunkt ist ein Vorbezug zulässig.

2.7 Eine andere Lösung drängt sich auch im Hinblick auf den Vorsorgezweck (Art.
113 Abs. 2 lit. a BV, Art. 1 Abs. 1 BVG) nicht auf: Die Regelungen über den
Vorbezug zum Erwerb von Wohneigentum beruhen auf der Überlegung, dass eigenes
Wohneigentum wie eine Rente eine Vorsorgefunktion hat (BGE 130 V 191 E. 3.1 S.
194). Die Beschwerdeführerin konnte mit Hilfe des Vorbezugs eine Wohnung
erwerben; ohne diese Möglichkeit hätte sie das erforderliche Kapital
anderweitig beschaffen müssen und jetzt dafür Zinsen zu bezahlen. Der Vorbezug
erlaubt ihr eine Zinseinsparung, welcher, wie einer Rente, Vorsorgefunktion
zukommt. Der Vorbezug kann gegenüber einer (höheren) Rente für die versicherte
Person je nach den konkreten Umständen günstiger oder ungünstiger sein, was
aber im Wesen einer Versicherung liegt und für sich allein keine andere Lösung
nahelegt. Entgegen der Auffassung des BSV in den Mitteilungen über die
berufliche Vorsorge Nr. 32 vom 21. April 1995 Ziff. 188.2 S. 6 sowie Nr. 55 vom
30. November 2000 S. 11 f. (ebenso Stauffer, Berufliche Vorsorge, 2005, S. 362
Rz. 974) besteht auch kein Anlass, den Vorbezug bereits bei einer
bevorstehenden Invalidität zu verunmöglichen. Dafür fehlt es an einer
gesetzlichen Grundlage. Solange der Vorsorgefall nicht eingetreten ist, ist das
Freizügigkeitskapital noch nicht in Deckungskapital umgewandelt (vgl. vorne E.
2.3) und steht damit für einen Vorbezug zur Verfügung. Die versicherte Person
kann auch angesichts einer bevorstehenden Invalidität selber beurteilen, ob ihr
ein Vorbezug und ein dadurch ermöglichter Erwerb von Wohneigentum oder eine
höhere Rente mehr dient. Schliesslich ist in aller Regel auch höchst unklar,
von welchem Zeitpunkt an eine Invalidität als bevorstehend betrachtet werden
kann; die Auffassung des BSV würde damit zu einer gravierenden
Rechtsunsicherheit führen. Dasselbe würde gelten, wenn im Sinne der
Beschwerdeführerin auf den Eintritt der Arbeitsunfähigkeit gemäss Art. 23 lit.
a BVG abgestellt würde. Denn ob eine Arbeitsunfähigkeit ohne Folgen vorübergeht
oder später einmal zu einer Invalidität führen wird, kann in der Regel nicht im
Voraus beurteilt werden.

2.8 In casu ist die rentenbegründende Invalidität am 1. Mai 2003 eingetreten.
Der am 16. April 2003 mit Valuta 30. April 2003 ausbezahlte Vorbezug erfolgte
somit vor Eintritt des Vorsorgefalls und war rechtmässig. Dementsprechend
reduzierte sich das der Rentenberechnung zugrunde liegende Altersguthaben (Art.
24 Abs. 3 BVG), weshalb die PKSL die Rente mit Recht reduziert hat. Die
Beschwerde ist insoweit unbegründet.

2.9 Der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass gemäss Art. 30d Abs. 3 lit.
b BVG (e contrario) eine Rückzahlung des Vorbezugs nach Eintritt des
Vorsorgefalls nicht mehr möglich ist. Dies entspricht dem allgemeinen
Grundsatz, wonach eine Versicherung nur vor Eintritt des versicherten
Ereignisses abgeschlossen werden kann. Die Beschwerdeführerin kann daher nicht
mehr durch Rückzahlung des Vorbezugs ihre Rente erhöhen.

3.
Zu prüfen ist weiter die per 13. August 2003 erfolgte Auszahlung des
Freizügigkeitsguthabens.

3.1 Unbegründet ist das Eventualbegehren der Beschwerdeführerin, die Sache sei
zum Entscheid über die Rechtmässigkeit der Austrittsleistung an die Vorinstanz
zurückzuweisen. Denn entgegen der Darstellung in der Beschwerde hat sich das
kantonale Gericht klar zur Rechtmässigkeit derselben geäussert. Zu prüfen ist,
ob es sie zu Recht bejaht hat.

3.2 Die Vorinstanz hat erwogen, die PKSL habe frühestens am 25. November 2003
(Zeitpunkt der ersten Rentenverfügung der IV) vom Rentenanspruch der
Beschwerdeführerin erfahren und sei daher im August 2003 berechtigt gewesen,
die Austrittsleistung zu überweisen. Die Beschwerdeführerin macht demgegenüber
geltend, die spätere Kenntnis ändere nichts daran, dass sie die
Vorsorgeeinrichtung nach Eintritt des Vorsorgefalls nicht hätte verlassen
können, weshalb die Ausrichtung der Freizügigkeitsleistung annulliert und
rückgängig gemacht werden müsse. Die Beschwerdegegnerin bringt vor, sie sei
gemäss Art. 2 FZG und nach ihrem Reglement verpflichtet gewesen, die
Austrittsleistung zu überweisen. Zwar hätte die Beschwerdeführerin infolge
Invalidität keinen Anspruch auf eine Austrittsleistung gehabt; es komme aber
oft vor, dass eine Vorsorgeeinrichtung die Freizügigkeitsleistung in Unkenntnis
ihrer späteren Leistungspflicht ausrichte. Diesen Sachverhalt regelten die
Spezialbestimmungen der Art. 3 Abs. 2 und 3 FZG, an welche sie sich im
vorliegenden Fall gehalten habe.

3.3 Gemäss Art. 2 Abs. 1 FZG entsteht der Anspruch auf Austrittsleistung, wenn
der Versicherte die Vorsorgeeinrichtung verlässt, bevor der Vorsorgefall
eingetreten ist. Er kann somit nicht mehr entstehen, wenn der Vorsorgefall
eingetreten ist. Wie vorne ausgeführt (E. 2.8), trat der Vorsorgefall
Invalidität am 1. Mai 2003 ein (woran der Aufschub der Rentenzahlung infolge
Lohnfortzahlung nichts ändert: BGE 129 V 15 E. 5b S. 25 f.), mithin vor dem
Austritt der Versicherten aus der Beschwerdegegnerin. Retrospektiv betrachtet
hätte somit die Austrittsleistung nicht ausbezahlt werden sollen.
Dementsprechend wäre die Rente heute höher.

3.4 Trotzdem kann der Beschwerdegegnerin nicht vorgeworfen werden, sie habe die
Austrittsleistung zu Unrecht erbracht. Die Austrittsleistung wird mit dem
Austritt aus der Vorsorgeeinrichtung fällig; von diesem Zeitpunkt an ist ein
Verzugszins geschuldet (Art. 2 Abs. 3 FZG in der hier anwendbaren, bis 31.
Dezember 2004 in Kraft gewesenen Fassung). Das Gesetz geht somit davon aus,
dass die Vorsorgeeinrichtung die Freizügigkeitsleistung nach dem Austritt rasch
überweisen muss. Die Beschwerdegegnerin hat sich an diese gesetzliche
Verpflichtung gehalten und demnach nicht rechtswidrig gehandelt. Dass sich im
Nachhinein herausgestellt hat, dass der Vorsorgefall bereits früher eingetreten
ist, ändert daran nichts. Die Absätze 2 und 3 von Art. 3 FZG enthalten für
derartige Fälle eine sachgerechte Lösung. Die Austrittsleistung ist
grundsätzlich an die frühere Vorsorgeeinrichtung zurückzuerstatten (Abs. 2).
Diese wie auch der Versicherte werden damit so gestellt, wie wenn der Eintritt
des Vorsorgefalls von Anfang an bekannt gewesen wäre: Der Versicherte erhält
die Rente in der ihm zustehenden Höhe, die Vorsorgeeinrichtung verfügt über das
dazu notwendige Deckungskapital. Nun kann es aber vorkommen, dass die
Austrittsleistung aus irgend einem Grunde nicht zurückerstattet wird; in diesem
Fall kann die frühere Vorsorgeeinrichtung ihre Leistung entsprechend kürzen
(Abs. 3). Zwar erfasst Art. 3 FZG seinem Wortlaut nach nur den Fall des
Übertritts in eine neue Vorsorgeeinrichtung. Er muss aber angesichts der
funktionellen Gleichgerichtetheit von Vorsorge- und Freizügigkeitseinrichtung
(Urteil 9C_790/2007 vom 5. Juni 2008, E. 5) gleichermassen gelten, wenn die
Austrittsleistung nicht an eine neue Vorsorge-, sondern an eine
Freizügigkeitseinrichtung (Art. 4 FZG, Art. 10 FZV) übertragen wurde (so
implizit auch bereits Urteil B 55/01 vom 16. Oktober 2002). Sodann gelten Art.
3 Abs. 2 und 3 FZG nicht nur dann, wenn der Vorsorgefall nach dem Eintritt des
Freizügigkeitsfalls eintritt und sich nachträglich zeigt, dass trotzdem
(aufgrund von Art. 23 BVG) noch die frühere Vorsorgeeinrichtung
leistungspflichtig ist, sondern auch dann, wenn sich nachträglich erweist, dass
der Vorsorgefall bereits vor dem Freizügigkeitsfall eingetreten ist: Dieser
Gesetzessinn ergibt sich aus dem klaren Wortlaut, der auf die Leistungspflicht
nach Erbringen der Austrittsleistung abstellt; er ist auch systemkonform und
erlaubt eine sachgerechte Lösung. Das Eidg. Versicherungsgericht hat denn auch
im in SZS 2000 S. 65 auszugsweise publizierten Urteil B 20/98 vom 14. August
1998 E. 2c und 3b und c ohne weiteres Art. 3 Abs. 2 FZG als anwendbar erklärt
auf einen Versicherten, bei welchem sich nach Auszahlung der Austrittsleistung
erwies, dass bereits vor dem Freizügigkeitsfall ein Vorsorgefall eingetreten
war.

3.5 Die Beschwerdegegnerin hat demnach mit der Auszahlung des
Freizügigkeitsguthabens rechtmässig gehandelt. Es ist auch unbestritten, dass
die in Art. 3 Abs. 2 FZG vorgesehene Rückerstattung der Austrittsleistung
bisher nicht erfolgt ist. Demgemäss war die Beschwerdegegnerin gemäss Art. 3
Abs. 3 FZG berechtigt, die Invalidenrente entsprechend zu kürzen.

3.6 Ein nachträglicher Verzicht auf diese Kürzung (bzw. die Ausrichtung einer
höheren Rente) wäre nur denkbar, wenn die Austrittsleistung gemäss Art. 3 Abs.
2 FZG zurückerstattet würde. Es fragt sich, ob eine solche Rückerstattung
möglich wäre.
3.6.1 Indem die Beschwerdeführerin ausführt, sie werde eine solche
Rückerstattung leisten, geht sie ohne weiteres von deren Zulässigkeit aus. Die
Vorinstanz hat dazu erwogen, die Freizügigkeitsleistung könne infolge ihrer
Beanspruchung als Pfand nicht mehr zurückgefordert werden; es sei allenfalls
Sache der Beschwerdeführerin, ihre verpfändete Freizügigkeitsleistung
auszulösen, womit ihre monatliche Rente entsprechend erhöht werden könnte. Die
Beschwerdegegnerin weist darauf hin, dass die Freizügigkeitsleistung verwertet
sei und nicht mehr bestehe, weshalb die Versicherte neues Geld in die
berufliche Vorsorge einbringen müsste, was sie nur durch Beitragszahlungen,
Einkäufe und Rückerstattung von WEF-Vorbezügen oder scheidungsrechtlichen
Leistungen tun könnte. All diese Möglichkeiten bestünden aber nicht mehr,
nachdem der Vorsorgefall eingetreten sei; die Beschwerdeführerin könne also die
verwertete Freizügigkeitsleistung nicht mehr ersetzen.
3.6.2 Die Beteiligten gehen davon aus, dass die Freizügigkeitseinrichtung,
welcher die Austrittsleistung übertragen wurde, diese nicht zurückerstattet,
weil der entsprechende Betrag inzwischen von der pfandberechtigten Bank
beansprucht worden ist. Die Beschwerdeführerin will aber offensichtlich die
Freizügigkeitsleistung aus eigenen Mitteln oder durch Verrechnung mit
ausstehenden Rentenleistungen rückerstatten. Es fragt sich, ob dies zulässig
ist.
3.6.3 Art. 3 Abs. 2 FZG sagt nicht ausdrücklich, wer die Austrittsleistung
zurückzuerstatten hat. Im Normalfall wird die Leistung von demjenigen
zurückerstattet, der sie erhalten hat, d.h. von der neuen Vorsorgeeinrichtung
(Art. 3 Abs. 1 FZG), allenfalls der Auffangeinrichtung (Art. 4 Abs. 2 FZG; SZS
2000 S. 65, B 20/98 E. 3c) oder einer Freizügigkeitseinrichtung (Art. 4 Abs. 1
FZG; Art. 10 FZV). Indessen ist nicht ausgeschlossen, dass die Rückerstattung
auch durch andere Personen, namentlich durch den Versicherten selber, erbracht
werden kann. Eine Schuld muss nur dann persönlich erfüllt werden, wenn es bei
der Leistung auf die Persönlichkeit des Schuldners ankommt (Art. 68 OR), was
bei Geldleistungen im Allgemeinen nicht der Fall ist (Weber, Berner Kommentar,
2. Aufl. 2005, N. 31 zu Art. 68 OR). Für die frühere Vorsorgeeinrichtung kann
es weder rechtlich noch versicherungstechnisch eine Rolle spielen, wer die
Austrittsleistung zurückerstattet. Erhält sie den erforderlichen (vgl. Art. 4
FZV) Betrag zurück, ist sie versicherungstechnisch so gestellt, wie sie es
richtigerweise zur Deckung ihrer Leistungspflicht sein muss.
3.6.4 Im Unterschied zur Rechtslage beim Vorbezug (vorne E. 2.9) ist sodann die
Rückerstattung der Freizügigkeitsleistung nach Art. 3 Abs. 2 FZG auch nach
Eintritt des Vorsorgefalls noch möglich, ansonsten diese Bestimmung toter
Buchstabe bliebe; denn die darin enthaltene Tatbestandsvoraussetzung, dass die
frühere Vorsorgeeinrichtung Hinterlassenen- oder Invalidenleistungen erbringen
muss, setzt gerade voraus, dass ein Vorsorgefall eingetreten ist. Zudem wird
hier nicht gewissermassen nach Eintritt des versicherten Risikos eine
Versicherung abgeschlossen. Es wird einzig die Situation wieder hergestellt,
die aus der Optik der früheren Vorsorgeeinrichtung wie auch des Versicherten
richtigerweise im Zeitpunkt des Austritts bestanden hätte, wenn die
Leistungspflicht bereits damals bekannt gewesen wäre (vgl. vorne E. 3.3): Die
Vorsorgeeinrichtung erhält das Deckungskapital, das notwendig ist, um die
geschuldeten Leistungen zu erbringen (SZS 2000 S. 65, B 20/98 E. 3c).
3.6.5 Die Beschwerdeführerin hat nicht beantragt, sie sei - im Gegenzug zur
Zusprechung einer höheren Rente - zur Rückerstattung der Freizügigkeitsleistung
zu verpflichten (vorne E. 1.4.3). Sie kann deshalb im bundesgerichtlichen
Urteil dazu nicht verpflichtet werden (Art. 107 Abs. 1 BGG). Da ihr die höhere
Rente nur zuzusprechen wäre, wenn die Rückerstattung geleistet würde, hat sie
darauf ohne diese Rückerstattung auch keinen Anspruch, weshalb der Hauptantrag
der Beschwerdeführerin unbegründet ist. Ebenso wenig ist die Sache an die
Vorinstanz zurückzuweisen, weil ein entsprechendes Begehren bereits dort nicht
gestellt worden ist (vorne E. 1.4.2 in fine). Die Beschwerde ist daher
dispositivmässig abzuweisen. Immerhin ist aber festzuhalten, dass die
Beschwerdeführerin befugt ist, der Beschwerdegegnerin die Austrittsleistung
zurückzuerstatten, was zu einer entsprechend höheren Rente führen würde.

4.
Die unterliegende Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Verfahrens (Art. 66
Abs. 1 BGG). Die obsiegende Beschwerdegegnerin hat keinen Anspruch auf
Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird im Sinne der Erwägungen abgewiesen, soweit darauf
einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Es wird keine Parteientschädigung zugesprochen.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 21. November 2008
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Meyer Keel Baumann