Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 46/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_46/2008

Urteil vom 26. Mai 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiber Ettlin.

Parteien
G.________, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Simon Krauter, Dorfstrasse 21, 8356 Ettenhausen,

gegen

IV-Stelle des Kantons Zürich, Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 22. November 2007.

Sachverhalt:

A.
Die 1961 geborene G.________ meldete sich am 22. November 2005 u.a. wegen
rheumatischer Beschwerden und einer psychischen Erkrankung zum Bezug von
Leistungen bei der Invalidenversicherung an. Nach medizinischen und
erwerblichen Abklärungen verfügte die IV-Stelle des Kantons Zürich am 15. März
2006 die Ablehnung des Leistungsbegehrens. Dies bestätigte sie mit
Einspracheentscheid vom 13. Juli 2006.

B.
Die von G.________ hiegegen eingereichte Beschwerde wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Entscheid vom 22. November
2007 ab.

C.
G.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, es sei ihr eine ganze Invalidenrente zuzusprechen; eventualiter
sei die Sache zur ergänzenden Sachverhaltsfeststellung und zur Einholung eines
psychiatrischen oder interdisziplinären Gutachtens an die Vorinstanz oder
Verwaltung zurückzuweisen.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG)
kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG).
Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Artikel 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt
seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es
kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen
oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).

2.
Die Vorinstanz hat die gesetzlichen Bestimmungen über die Begriffe der
Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG) und Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG; Art. 4
IVG) sowie den Umfang des Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 IVG) richtig
wiedergegeben. Zutreffend dargelegt hat sie zudem, dass es Aufgabe des Arztes
ist, den Gesundheitszustand zu beurteilen und zur Arbeitsfähigkeit der
versicherten Person Stellung zu nehmen (BGE 125 V 256 E. 4 S. 261). Sodann
können dem angefochtenen Entscheid die Anforderungen an den Beweiswert von
Arztberichten (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352, 122 V 157 E. 1c S. 160) entnommen
werden. Darauf wird verwiesen.

3.
3.1 In Würdigung der gesamten Akten zog das kantonale Gericht zunächst den
Schluss, trotz umfangreicher Untersuchungen habe mit Ausnahme einer
remittierten erosiven Duodenitis kein die Beschwerden erklärendes organisches
Korrelat gefunden werden können. Aus somatischer Sicht bestehe kein Befund,
welcher die Ausübung einer Erwerbstätigkeit als unzumutbar erscheinen lasse.
Die dagegen vorgebrachte Rüge, es sei mit Blick auf die remittierte erosive
Duodenitis eine orthopädische und gastroenterologische Begutachtung
durchzuführen, vermag die offensichtliche Unrichtigkeit der vorinstanzlichen
Annahmen nicht zu begründen. Folglich bleibt das Bundesgericht an die
Feststellung gebunden, wonach keine die Erwerbsfähigkeit beeinflussende
organische Schädigung vorhanden ist (Art. 105 Abs. 1 BGG).

3.2 Die Vorinstanz erkannte namentlich auf der Basis des Untersuchungsberichtes
der Frau Dr. med. S.________, Oberärztin, Integrierte Psychiatrie, vom 23.
Februar 2005, eine reaktive depressive Entwicklung, die zur Zeit einer
mittelgradigen Episode entspreche, sowie den Verdacht auf ein generalisiertes
Angstsyndrom. Sodann ging das kantonale Gericht von der Differentialdiagnose
einer somatoformen autonomen Funktionsstörung aus. Insgesamt erwog das Gericht,
die psychiatrischen Befunde seien auf psychosoziale und soziokulturelle
Umstände zurückzuführen, und es bestehe keine verselbständigte psychische
Störung mit Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit. Gestützt darauf
verneinte das vorinstanzliche Gericht eine Invalidität im Sinne von Art. 8 Abs.
1 ATSG.
Weder mit Bezug auf die Diagnosestellung noch die Genese der psychischen
Symptome bemängelt die Beschwerdeführerin den angefochtenen Entscheid. Sie rügt
jedoch als Bundesrechtsverletzung die ungenügende Abklärung des
rechtserheblichen Sachverhaltes, indem Frau Dr. med. S.________ die
Differentialdiagnose einer somatoformen Schmerzstörung (recte:
Funktionsstörung) gestellt habe. Zur Klärung der Frage, ob eine somatoforme
Schmerzstörung und eine psychische Komorbidität von erheblicher Schwere,
Ausprägung und Dauer bestünden, sei ein psychiatrisches Gutachten einzuholen.
Jedenfalls seien Anhaltspunkte für ein komorbides Leiden vorhanden.

3.3 Vor dem Hintergrund der für das Bundesgericht verbindlich festgestellten
Befunde und deren Genese bedarf es indessen keiner weiteren Klärung dieser
Aspekte. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind psychische
Störungen, welche ihren Ursprung in soziokulturellen oder psychosozialen
Faktoren haben, in aller Regel nicht zu den Gesundheitsschäden zu zählen,
welche eine Invalidität im Sinne von Art. 4 Abs. 1 IVG verursachen. Eine
ausnahmsweise invalidisierende Wirkung kommt diesen bloss dann zu, wenn
zusätzlich eine fachärztlich festgestellte psychische Störung von
Krankheitswert diagnostiziert ist. Solche von der soziokulturellen
Belastungssituation zu unterscheidende und in diesem Sinne verselbständigte
psychische Störungen mit Auswirkungen auf die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit
sind unabdingbar, damit überhaupt von Invalidität gesprochen werden kann (BGE
127 V 294 E. 5a S. 299). Eine verselbständigte psychische Erkrankung konnte die
Vorinstanz mit Blick auf die psychosoziale und soziokulturelle Ursächlichkeit
der gesamthaft erhobenen Symptome verneinen, zeichnet sich doch gemäss
Rechtsprechung ein eigenständiger psychischer Befund durch seine Abgrenzbarkeit
zu belastenden soziokulturellen und psychosozialen Umständen aus (BGE 127 V 294
a.a.O.), was hier nicht zutrifft.

3.4 Selbst wenn die zur Beurteilung der Zumutbarkeit der Schmerzüberwindung bei
einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung anzuwendenden Kriterien
herangezogen werden, ist eine Invalidität im Rechtssinn nicht gegeben (BGE 130
V 352 E. 2.2.3 in fine S. 354 f.). Zunächst ist eine Komorbidität zu verneinen,
da gemäss den verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz die depressive
Entwicklung psychosozial und soziokulturell bedingt ist, was - wie bereits
dargelegt - der Annahme eines komorbiden, eigenständigen Leidens entgegensteht.
Sodann sind die weiteren Kriterien insgesamt gemäss den überzeugenden
Erwägungen der Vorinstanz, auf welche verwiesen wird, ebenfalls nicht erfüllt.

3.5 Das kantonale Gericht hat im Rahmen einer sorgfältigen und
bundesrechtskonformen Beweiswürdigung (vgl. Art. 61 lit. c ATSG; vgl. auch BGE
132 V 393 E. 4.1 S. 400) zu Recht das Fehlen einer invalidisierenden
psychischen Erkrankung festgestellt. In antizipierter Beweiswürdigung durfte es
auf die Anordnung weiterer Beweismassnahmen verzichten (vgl. BGE 124 V 90 E. 4b
S. 94, 122 V 157 E. 1d S. 162). Dem Antrag, es sei die Sache zur Vornahme
ergänzender Abklärungen zurückzuweisen, ist nicht stattzugeben.

4.
Da nach den Feststellungen der Vorinstanz die von der Beschwerdeführerin
geklagte Symptomatik weder auf einem organischen Substrat noch auf einer
invalidisierenden psychischen Erkrankung beruht, liegt keine
leistungsbegründende Invalidität vor.

5.
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, der Ausgleichskasse des Kantons Zürich und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 26. Mai 2008

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Ettlin