Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 45/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_45/2008

Urteil vom 3. Juli 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Kernen, Seiler,
Gerichtsschreiber Ettlin.

Parteien
B.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Guido Bürle Andreoli,
Hauptstrasse 36, 4702 Oensingen,

gegen

IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern vom
28. November 2007.

Sachverhalt:

A.
Die 1969 geborene B.________ bezog ab 1. Juni 1995 eine Viertelsrente der
Invalidenversicherung. Im Rahmen eines Revisionsverfahrens hob die IV-Stelle
Luzern die Invalidenrente per 1. Dezember 2006 mit der Begründung auf, die
Versicherte habe 2006 ein rentenausschliessendes Einkommen erzielt; der
Invaliditätsgrad betrage 30 % (Verfügung vom 17. Oktober 2006).

B.
Die von B.________ hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Verwaltungsgericht
des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, mit Entscheid vom
28. November 2007 ab.

C.
B.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, es sei, unter Aufhebung des kantonalen Gerichtsentscheides,
weiterhin eine Invalidenrente nach Massgabe von Art. 16 ATSG auszurichten.

Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG)
kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG).
Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Artikel 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt
seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es
kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen
oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).

2.
In rechtlicher Hinsicht hat die Vorinstanz auf die Verfügung vom 17. Oktober
2006 verwiesen, worin die IV-Stelle die gesetzlichen Bestimmungen zum Umfang
des Rentenanspruches (Art. 28 Abs. 1 IVG) und zur Bemessung des
Invaliditätsgrades nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG) sowie
zur Änderung des Anspruchs aufgrund einer Verbesserung der Erwerbsfähigkeit
(Art. 88a Abs. 1 IVV) angeführt hat. Richtig hat die Vorinstanz zudem Art. 17
Abs. 1 ATSG erwähnt, woraus sich die Voraussetzungen für eine Rentenrevision
ergeben. Der angefochtene Entscheid hält sodann zutreffend fest, dass
zeitlicher Ausgangspunkt für die Beurteilung einer anspruchserheblichen
Änderung des Invaliditätsgrades die letzte rechtskräftige Verfügung ist, welche
auf einer materiellen Prüfung des Rentenanspruchs beruht (BGE 133 V 108 E. 5.4
S. 114). Schliesslich hat die Vorinstanz die Rechtsprechung zur
Berücksichtigung der mutmasslichen Karriere im Gesundheitsfall bei einer jungen
Versicherten korrekt wieder gegeben (RKUV 2005 Nr. U 554 S. 315; SZS 2004 S.
67). Darauf kann verwiesen werden.

3.
3.1 Vorab rügt die Beschwerdeführerin, die von der Vorinstanz zur Ermittlung
des Valideneinkommens herangezogene Tabelle TA1, Dienstleistungssektor, Handel,
Reparatur Automobile der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen
Schweizerischen Lohnstrukturerhebung (LSE) werde der Sache nicht gerecht. Sie
stellt sich auf den Standpunkt, es sei Tabelle TA7, Sektor Dienstleistungen,
Verkauf von Konsumgütern und Dienstleistungen im Detailhandel zu verwenden und
vom Durchschnitt der Löhne der Anforderungsniveaus 1 und 2 auszugehen. Die
korrekte Anwendung der LSE-Tabellen ist eine Rechtsfrage, welche vom
Bundesgericht ohne Einschränkung der Kognition frei überprüft wird (BGE 132 V
393 E. 3.3 S. 399).

3.2 Selbst wenn mit der Beschwerdeführerin die Tabelle TA7, Sektor
Dienstleistungen, Verkauf von Konsumgütern und Dienstleistungen im Detailhandel
sowie mit Blick auf den Durchschnitt der diesbezüglichen Löhne des
Anforderungsniveaus 1 und 2 ein Valideneinkommen von Fr. 67'000.- für
massgeblich erachtet wird, ergibt sich bei dem vom kantonalen Gericht
festgelegten Invalideneinkommen von Fr. 43'427.- ein Invaliditätsgrad von 35 %.
Sofern die Vorinstanz zu Recht das aus dem Englischunterricht erzielte
Einkommen nicht zum Valideneinkommen, hingegen korrekt zum Invalidenlohn
hinzugerechnet hat, bedarf es keiner Auseinandersetzung mit der Frage der
anzuwendenden LSE-Tabellen.

4.
4.1 Die Vorinstanz rechnete das von der Beschwerdeführerin aus dem
Englischunterricht erzielte Einkommen nicht zum Validenlohn hinzu mit der
Begründung, vor dem invalidisierenden Unfall habe sie die Nebenerwerbstätigkeit
nicht ausgeübt. Ob eine versicherte Person im Validenfall einer bestimmten
Tätigkeit nachgehen würde, ist eine Tatfrage, soweit sie im Rahmen einer
Würdigung der konkreten Lage beantwortet wird (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399).
Diesfalls überprüft das Bundesgericht die vorinstanzlichen Feststellungen bloss
daraufhin, ob sie offensichtlich unrichtig getroffen worden sind (Art. 97 Abs.
1, Art. 105 Abs. 1 BGG).

4.2 Zwar ist der Beschwerdeführerin insoweit zuzustimmen, als allein der
Umstand, dass sie vor dem Unfall als 21-Jährige nicht unterrichtet hat, noch
nicht den Schluss zulässt, sie hätte auch später keinen Englischunterricht
erteilt. Dennoch ist im Ergebnis die Annahme des kantonalen Gerichtes nicht
unhaltbar oder offensichtlich unrichtig (Art. 97 Abs. 1 BGG). Die
Invalidenversicherung gewährt nach der gesetzgeberischen Konzeption
grundsätzlich nur Versicherungsschutz im Rahmen eines normalen Einsatzpensums
von 100 % (ZAK 1988 S. 476; Urteil I 213/96 vom 9. Dezember 1996 E. 2, Urteil I
78/98 vom 10. September 1998 E. 2b, Urteil I 469/99 vom 21. November 2000 E.
4b, Urteil I 637/03 vom 16. Juni 2004 E. 3.2). Schon deswegen ist ein
Nebeneinkommen nur dann als Validenlohn zu berücksichtigen, falls ein solches
bereits im Gesundheitsfall erzielt wurde und weiterhin erzielt worden wäre,
wenn die Versicherte keine gesundheitliche Beeinträchtigung erlitten hätte
(Urteil U 130/02 vom 29. November 2002 E. 3.2.1 publiziert in: RKUV 2003 Nr. U
476 S. 107). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt; die
Beschwerdeführerin ist vor dem Unfall keiner Nebentätigkeit nachgegangen und es
entspricht nicht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass nebst einem Vollpensum
zusätzlich während sechs Stunden die Woche Sprachunterricht erteilt wird. Die
Vorinstanz hat das aus dem Sprachunterricht erzielte Einkommen folglich mit
Recht nicht zum Validenlohn geschlagen. Sodann ist die Anrechnung dieses
Einkommens als Invalidenlohn nicht zu beanstanden, unterrichtet die
Beschwerdeführerin doch neben ihrer im Pensum von 50 % ausgeübten
Haupttätigkeit als Sekretärin. Aus den Akten geht hervor, dass sie am rechten
Arm und Bein beeinträchtigt ist. Dies schränkt sie wohl in der
Sekretariatsarbeit ein, gemäss allgemeiner Lebenserfahrung hingegen nicht beim
Erteilen des Sprachunterrichtes, was von ihr denn auch nicht behauptet wird.
Die Beschwerdeführerin bewältigt die beiden Tätigkeiten im Rahmen eines
normalen und nicht aussergewöhnlichen Leistungseinsatzes, der im Hinblick auf
die Festlegung des Invalideneinkommens ohne weiteres zumutbar und daher
anzurechnen ist. Demgegenüber kann aus dem Umstand, dass sie heute nebst dem 50
% Arbeitspensum als Sekretärin auch noch Sprachunterricht erteilt, nicht
abgeleitet werden, sie hätte als Gesunde diese Nebenbeschäftigung zusätzlich zu
einem vollen Pensum ausgeübt.

Das kantonale Gericht hat die zur Beurteilung des Invalidenrentenanspruchs
massgeblichen Vergleichseinkommen weder offensichtlich unrichtig noch in
Verletzung von Bundesrecht ermittelt, weshalb das Bundesgericht daran gebunden
ist (Art. 95 lit. a, Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 BGG). Der sich hieraus
ergebende Invaliditätsgrad liegt unter 40%, was nicht zum Bezug einer
Invalidenrente berechtigt (Art. 28 Abs. 1 IVG). Die Einstellung der
Viertelsrente der Invalidenversicherung ist zu Recht erfolgt (Art. 17 Abs. 1
ATSG).

5.
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der unterliegenden
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 65 Abs. 4 lit. a, Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des Kantons
Solothurn und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 3. Juli 2008
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Ettlin