Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 419/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_419/2008

Urteil vom 12. September 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiber Maillard.

Parteien
R.________, Beschwerdeführerin,

vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Häfliger, Schwanenplatz 7, 6000 Luzern
5,

gegen

IV-Stelle Schwyz, Rubiswilstrasse 8, 6438 Ibach, Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom
18. März 2008.

Sachverhalt:

A.
Die 1963 geborene R.________ meldete sich am 5. März 2003 unter Hinweis auf
eine psychiatrische und rheumatologische Behandlung bei der
Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Schwyz tätigte
medizinische sowie berufliche Abklärungen und wies einen Rentenanspruch mit
Verfügung vom 12. Dezember 2003 mangels rentenbegründender Invalidität (37 %)
ab. Nachdem Dr. med. T.________, Facharzt FMH für Psychiatrie und
Psychotherapie, im hiegegen eingeleiteten Einspracheverfahren im Auftrag der
Verwaltung am 10. April 2007 ein Gutachten erstattet hatte, wies die IV-Stelle
die Einsprache mit Entscheid vom 28. August 2007 ab, wobei sie einen
Invaliditätsgrad von 10 % ermittelte.

B.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz wies die hiegegen erhobene Beschwerde
mit Entscheid vom 18. März 2008 ab.

C.
R.________ lässt Beschwerde führen und beantragen, der angefochtene Entscheid
sei aufzuheben und ihr sei ab 1. März 2003 mindestens eine halbe Rente
zuzusprechen. Weiter ersucht sie um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann nach Art. 95
lit. a BGG die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden. Das Bundesgericht legt
seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat
(Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von
Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2
BGG).

2.
Streitig ist, ob der Beschwerdeführerin eine Rente der Invalidenversicherung
zusteht. Das kantonale Gericht hat die zur Beurteilung dieses Anspruchs
einschlägigen Rechtsgrundlagen zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.
Als erstes ist die Frage zu prüfen, in welchem Ausmass die Beschwerdeführerin
noch arbeitsfähig ist.

3.1 Das kantonale Gericht hat in einlässlicher Würdigung der medizinischen
Akten zunächst festgestellt, dass kein organisches Leiden objektivierbar sei,
welches die Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin in iv-rechtlich
relevanter Weise mindere. Dies wird von der Versicherten nicht in Abrede
gestellt. Sind die Schmerzen aus somatischer Sicht nicht erklärbar, liegt - was
auch von der Beschwerdeführerin anerkannt wird - eine somatoforme
Schmerzstörung vor. Die Vorinstanz hat dazu richtig erwogen, dass eine
diagnostizierte anhaltende somatoforme Schmerzstörung als solche nach der
Rechtsprechung noch keine Invalidität begründet. Vielmehr besteht eine
Vermutung, dass die somatoforme Schmerzstörung oder ihre Folgen mit einer
zumutbaren Willensanstrengung überwindbar sind (BGE 131 V 49 E. 1.2 S. 50).
Entsprechendes gilt für die Fibromyalgie (BGE 132 V 65 E. 4 S. 70 f.).

3.2 Die Vorinstanz hat gestützt auf das Gutachten des Dr. med. T.________ vom
10. April 2007 weiter festgestellt, dass keines der Kriterien, unter denen
ausnahmsweise von der in E. 3.1 genannten Vermutung abgewichen werden kann
(vgl. dazu BGE 131 V 49 E. 1.2 S. 50), erfüllt und der Beschwerdeführerin daher
die willentliche Überwindung dieser Störung zumutbar ist, weshalb insgesamt in
einer angepassten Tätigkeit eine volle Arbeitsfähigkeit besteht. Die
Beschwerdeführerin reklamiert demgegenüber insbesondere das Kriterium der
Komorbidität als gegeben und geht von einer Einschränkung der Arbeitsfähigkeit
von 70 % aus.

3.3 Entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin ist nicht schon deshalb ein
Drittgutachten einzuholen, weil sich zwei divergierende Arztberichte
gegenüberstehen. Wie das kantonale Gericht zutreffend erwogen hat, erfüllt das
Gutachten des Dr. med. T.________ die von der Rechtsprechung aufgestellten
Anforderungen an den vollen Beweiswert (vgl. BGE 125 V 351 E. 3a S. 352).
Insbesondere wurde es in Kenntnis von der hinsichtlich Diagnose und
Leistungsfähigkeit divergierenden Einschätzung der behandelnden Oberärztin der
Klinik für Psychiatrie S.________, Dr. med. A.________, abgefasst. So wies der
Experte in der Zusammenfassung der Akten auf S. 5 ausdrücklich auf den
Verlaufsbericht von Dr. med. A.________ vom 18. Juli 2006 hin und begründete in
sich schlüssig und plausibel, weshalb die Beschwerdeführerin nicht an einer
Depression, sondern nur - aber immerhin - an einer algogenen
(schmerzverursachenden) Verstimmung im Rahmen einer somatoformen Störung
leidet. Inwiefern die sich hauptsächlich auf die genannte Expertise stützenden
Tatsachenfeststellungen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397) des kantonalen Gerichts
offensichtlich unrichtig oder sonstwie bundesrechtswidrig sein sollen (vgl. E.
1), legt die Beschwerdeführerin nicht dar und ist auch sonst nicht ersichtlich.
Die Vorbringen in der Beschwerde erschöpfen sich weitgehend in - im Rahmen der
Art. 95 ff. BGG unzulässiger - appellatorischer Kritik tatsächlicher Natur. Der
Bericht von Dr. med. A.________ vom 9. Juni 2006 lag zwar nicht dem Gutachter,
wohl aber dem kantonalen Gericht vor. Er enthält - unabhängig von der Frage,
weshalb er dem Gutachter nicht vorlag - nichts wesentlich anderes als der
Bericht vom 18. Juli 2006. Ihr nach der Begutachtung erstellter Bericht vom 7.
Mai 2007 ist ebenfalls nicht geeignet, die Schlussfolgerungen des Gutachters in
Zweifel zu ziehen (BGE 125 V 351 E. 3b/aa S. 353), setzt sich doch die
behandelnde Ärztin mit den hier allein entscheidenden Fragen der
Überwindbarkeit der Schmerzstörung und der Arbeitsfähigkeit nicht näher
auseinander, sondern vertritt dazu - weitgehend ohne triftige Begründung - eine
vom Experten abweichende Meinung. Dazu kommt, dass wegen der Verschiedenheit
von Behandlungs- und Begutachtungsauftrag im Streitfall regelmässig nicht auf
die Sicht des behandelnden (Fach-)Arztes abgestellt werden kann (statt vieler:
Urteil K. vom 5. Januar 2007, I 701/05, E. 2 in fine mit zahlreichen
Hinweisen). Angesichts der schlüssigen medizinischen Aktenlage bedarf es keiner
zusätzlichen Abklärung, weshalb auch von einer Verletzung des
Untersuchungsgrundsatzes entgegen dem Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht
gesprochen werden kann.

3.4 Bleiben die vorinstanzlichen Feststellungen zur Überwindbarkeit der
Schmerzstörung und zur Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin für das
Bundesgericht verbindlich, ist die im angefochtenen Entscheid bestätigte
Verneinung eines Rentenanspruchs bundesrechtskonform, zumal sich die
Versicherte mit dem vom kantonalen Gericht in allen Teilen überzeugend
vorgenommenen Einkommensvergleich, der einen Invaliditätsgrad von
rentenausschliessenden 10 % ergab, nicht auseinandersetzt. Weiterungen dazu
erübrigen sich daher. Soweit die Beschwerdeführerin im Übrigen von der vom
Gutachter attestierten Arbeitsunfähigkeit von 50 % in der angestammten
Tätigkeit ausgeht, übersieht sie, dass iv-rechtlich allein entscheidend die
Frage der Arbeitsfähigkeit in einer zumutbaren Verweisungstätigkeit (Art. 16
ATSG) ist. Diese beträgt indes nach dem Gesagten 100 %.

4.
Die Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art.
66 Abs. 1 BGG). Gleichzeitig wird ihr die unentgeltliche Rechtspflege
(Prozessführung und Verbeiständung; Art. 64 BGG) gewährt, da die hiefür
erforderlichen Voraussetzungen (Bedürftigkeit, Nichtaussichtslosigkeit und
Gebotenheit einer Verbeiständung) gegeben sind (BGE 125 V 201 E. 4a S. 202 und
371 E. 5b S. 372, je mit Hinweisen). Es wird indessen ausdrücklich auf Art. 64
Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse
Ersatz leisten haben wird, wenn sie später dazu im Stande ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Der Beschwerdeführerin wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt, indes
vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

4.
Rechtsanwalt Dr. Bruno Häfliger, Luzern, wird als unentgeltlicher Anwalt der
Beschwerdeführerin bestellt, und es wird ihm für das bundesgerichtliche
Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2000.- ausgerichtet.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz, der
Ausgleichskasse der Schweizer Maschinenindustrie und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 12. September 2008

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Maillard