Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 416/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_416/2008

Urteil vom 12. Dezember 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Kernen, Seiler,
Gerichtsschreiberin Bollinger Hammerle.

Parteien
Z.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Fürsprecher Ulrich Seiler, Falkenhöheweg 20, 3012 Bern,

gegen

IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10,
3007 Bern, Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
vom 10. April 2008.

Sachverhalt:

A.
A.a Z.________, geboren 1954, verfügt über keine abgeschlossene Berufslehre.
Seit dem Jahre 1970 war er hauptsächlich als Schwellenmeister für die Gemeinde
tätig und half daneben seinem Bruder bei der Bewirtschaftung des elterlichen
Bauernhofes. Am 8. Dezember 2003 meldete er sich unter Hinweis auf Probleme mit
den Lungen, Wasserstau in den Beinen, Überfunktion der Schilddrüse und
depressive Phasen, bestehend seit 2001, bei der Invalidenversicherung zum
Leistungsbezug (Berufsberatung, Arbeitsvermittlung) an. Die IV-Stelle Bern
führte erwerbliche Abklärungen durch und holte einen Bericht ein des Dr. med.
H.________, Allgemeine Medizin FMH, vom 20. Januar 2004, dem weitere
medizinische Einschätzungen beilagen. Am 7. Mai 2004 verfügte die IV-Stelle die
Gewährung von Beratung und Unterstützung bei der Stellensuche durch ihre
Stellenvermittlung. In diesem Rahmen veranlasste sie eine Abklärung in der
Beruflichen Abklärungsstelle Befas (im Folgenden: Befas), vom 10. Februar 2005.
Am 13. April 2005 beschloss sie intern, Z.________ habe Anspruch auf eine Rente
bei einem Invaliditätsgrad von 52 % ab 1. August 2003. Nach Eingang weiterer
medizinischer Unterlagen (Bericht des Dr. med. B.________, FMH für Innere
Medizin, besonders Lungenkrankheiten, vom 24. Mai 2005, dem Ergebnisse
kardiologischer und pneumologischer Untersuchungen beilagen) veranlasste die
IV-Stelle einen Bericht ihres Regionalen Ärztlichen Dienstes (RAD; Dr. med.
G.________, vom 30. Juni 2005). Am 4. August 2005 hob die IV-Stelle ihren
(internen) Beschluss vom 13. April 2005 auf und verfügte gleichentags, mangels
rentenbegründendem Invaliditätsgrad von 10 % bestehe kein Anspruch auf eine
Invalidenrente.
Mit Einspracheentscheid vom 20. Januar 2006 bestätigte die IV-Stelle ihre
Verfügung.
A.b Eine hiegegen erhobene Beschwerde des nunmehr anwaltlich vertretenen
Z.________ hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Entscheid vom 4.
Mai 2006 gut und wies die Sache zur weiteren Abklärung und neuem Entscheid an
die IV-Stelle zurück.
A.c Die IV-Stelle holte einen (zusätzlichen) Bericht ihres RAD (Dr. med.
G.________) vom 7. Juni 2006 ein und veranlasste auf dessen Empfehlung hin eine
medizinische Abklärung bei der Akademie A.________, Spital X.________
(Gutachten vom 22. Dezember 2006). Am 6. März 2007 fand ein Gespräch der
Abklärungsperson der IV-Stelle mit Z.________ (Hausbesuch; Bericht vom 8. März
2007) statt. Mit Vorbescheid vom 14. März 2007 stellte die IV-Stelle die
Zusprechung einer halben Rente (bei einem Invaliditätsgrad von 55 %) ab 1.
September 2003 in Aussicht. Nachdem Z.________ am 4. April 2004 die Zusprechung
einer ganzen Rente beantragt hatte, verfügte sie am 13. Dezember 2007
entsprechend dem Vorbescheid.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde des Z.________ wies das Verwaltungsgericht des
Kantons Bern mit Entscheid vom 10. April 2008 ab.

C.
Z.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides die Zusprechung einer ganzen
Invalidenrente, eventualiter die Rückweisung der Sache an die IV-Stelle zur
erneuten Begutachtung, beantragen.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das
Bundesgericht legt seinem Urteil in der Regel den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat. Es kann die Sachverhaltsfeststellung der
Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht
(Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG), und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang
des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).

2.
Die Vorinstanz erwog in pflichtgemässer Würdigung der medizinischen Akten,
gestützt auf das Gutachten der Akademie A.________ vom 22. Dezember 2006,
welchem voller Beweiswert zukomme - zumal es entgegen den
beschwerdeführerischen Vorbringen weder lückenhaft noch widersprüchlich sei -
wäre der Versicherte in einer angepassten Tätigkeit zu 50 % arbeitsfähig.

Demgegenüber rügt der Beschwerdeführer, im angefochtenen Entscheid werde der
Sachverhalt unrichtig festgestellt und (Bundes-) Recht falsch angewendet.
Einmal mehr werde der Hausarzt (gemeint wohl: der den Beschwerdeführer seit 17.
März 2006 behandelnde Spezialarzt Dr. med. S.________, FMH für Psychiatrie und
Psychotherapie) gegen die Gutachter ausgespielt, obwohl die Einschätzungen des
ersten aktueller und umfassender seien, indem sein Verlaufsbericht vom 24.
Januar 2008 die zusätzliche Diagnose eines chronischen depressiven
Zustandsbildes enthalte, welches den Ärzten der Akademie A.________ offenbar
entgangen sei. Die IV-Stelle hätte den Gutachtern zudem Gelegenheit bieten
müssen, sich zum Verlaufsbericht des Dr. med. S.________ vom 24. Januar 2008 zu
äussern, in welchem eine Besserung des Zustandes ausgeschlossen und
nachvollziehbar eine vollumfängliche Arbeitsunfähigkeit bescheinigt werde.

3.
3.1 Die in der Beschwerde vorgetragenen Argumente erschöpfen sich weitgehend in
einer letztinstanzlich unzulässigen, appellatorischen Kritik an der
vorinstanzlichen Beweiswürdigung. Der Versicherte bringt nichts vor, was die
Sachverhaltsfeststellung des kantonalen Gerichts als mangelhaft im Sinne von
Art. 97 Abs. 1 BGG erscheinen lassen könnte. Soweit er geltend macht, den
Gutachtern der Akademie A.________ sei die von Dr. med. S.________ am 24.
Januar 2008 - im Nachgang zur Verfügung - diagnostizierte chronische depressive
Entwicklung entgangen und damit den Beweiswert des Gutachtens vom 22. Dezember
2006 anzweifelt, ist sein Vorbringen bereits deshalb nicht geeignet, eine
Bundesrechtsverletzung durch die Vorinstanz darzutun, weil sich in den übrigen
medizinischen Akten kein Hinweis auf eine depressive Entwicklung findet: Weder
Hausarzt Dr. med. H.________ (Bericht vom 20. Januar 2004) noch die Ärzte am
Spital Y.________ (Bericht vom 24. Februar 2004) noch die Mediziner der Befas
(Abklärungsbericht vom 10. Februar 2005) erwähnen eine derartige psychische
Erkrankung, weshalb jedenfalls eine chronifizierte Problematik unwahrscheinlich
ist. Eine erst nach Erlass der Verfügung vom 13. Dezember 2007 aufgetretene
depressive Entwicklung wäre im Rahmen eines Neuanmeldungsverfahrens geltend zu
machen.

3.2 Wenn das kantonale Gericht hinsichtlich der erwerblichen Auswirkungen der
sowohl im psychiatrischen Fachgutachten des Dr. med. F.________, FMH für
Psychiatrie und Psychotherapie, vom 10. November 2006, als auch von Dr. med.
S.________ am 24. Januar 2008 diagnostizierten sozialen Phobie (welche sich
insbesondere darin äussert, dass dem Versicherten der Kontakt mit neuen
Menschen fremd ist und Ängste, Unsicherheit sowie dysthyme Verstimmungen
auslöst) auf die nachvollziehbar begründete Beurteilung der Ärzte der Akademie
A.________ und nicht auf die äusserst knappe Einschätzung des behandelnden
Spezialarztes Dr. med. S.________ abstellte, ist dies aus folgenden Gründen
nicht zu beanstanden: Zum einen hatten die Gutachter der Akademie A.________
entgegen den Vorbringen des Versicherten nicht erklärt, dieser könne nicht mehr
"unter die Leute", sondern (lediglich) festgehalten, er habe anlässlich der
Begutachtung ausgeführt, eine Tätigkeit mit längerem Arbeitsweg komme für ihn
nicht in Frage, dafür sei er zu scheu. Weiter haben die Gutachter keineswegs
verkannt, dass die psychische Erkrankung (teil-)invalidisierend ist. In
Würdigung, dass es dem Beschwerdeführer jedenfalls bei nicht unvorbereiteter
Begegnung mit Drittpersonen möglich ist, sich mitzuteilen und in einen Diskurs
zu treten, wie er im Verlaufe des Abklärungsverfahrens mehrfach bewiesen hat,
ist die Einschätzung im Gutachten der Akademie A.________ durchaus
nachvollziehbar, wonach - zumindest in einer wenig sozialkonfrontierenden
Erwerbstätigkeit - eine 50%ige Arbeitsfähigkeit besteht. Das kantonale Gericht
durfte überdies ohne Verletzung von Bundesrecht der Erfahrungstatsache Rechnung
tragen, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen behandelnder (Spezial-)
Ärzte mit besonderer Sorgfalt zu würdigen sind (hiezu etwa Urteil I 128/98 vom
24. Januar 2000 E. 3b/cc, publiziert in: AHI 2001 S. 114). Schliesslich hat es
in zulässiger antizipierter Beweiswürdigung von weiteren medizinischen
Abklärungen abgesehen. In der Tat ist die Begutachtung nicht Sache des
behandelnden Arztes oder der behandelnden Ärztin (vgl. statt vieler Urteile
9C_814/2008 vom 25. November 2008 E. 3.2 und 9C_750/2007 vom 18. August 2008 E.
4.1.1, je mit weiteren Hinweisen).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des Kantons Bern
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 12. Dezember 2008
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Meyer Bollinger Hammerle