Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 366/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_366/2008

Urteil vom 17. April 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Seiler,
Gerichtsschreiber Schmutz.

Parteien
Winterthur-Columna Stiftung für die berufliche Vorsorge Winterthur, Paulstrasse
9,
8401 Winterthur, Beschwerdeführerin,

gegen

R.________, Beschwerdegegner,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hans Ulrich Ziswiler.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 4. März 2008.

Sachverhalt:

A.
R.________, geboren 1946, war Gründungsmitglied, Mehrheitsgesellschafter und
Geschäftsführer der zusammen mit seinem Sohn S.________ gegründeten Firma
X.________ GmbH (nachfolgend auch: Gesellschaft), die am ... im Handelsregister
eingetragen wurde. Zur Durchführung der beruflichen Vorsorge schloss sich die
Gesellschaft der Stiftung W.________ für die berufliche Vorsorge (nachfolgend:
Stiftung) an. R.________ war der einzige Versicherte.

Am ... wurde die Auflösung der Gesellschaft beschlossen. R.________ teilte dies
der Stiftung mit Schreiben vom 30. September 2006 mit. Er kündigte den
Anschlussvertrag und erklärte, es werde aus Liquiditätsgründen nicht möglich
sein, zugunsten der Versicherung den Saldo des Vertragskontos auszugleichen.
Gleichzeitig gab er an, nach der Liquidation als Einzelunternehmung tätig zu
sein. Er ersuchte um Mitteilung und Rückerstattung seines Vorsorgeguthabens.

Der Liquidationsbeschluss wurde am ... im Handelsregister eingetragen. Am ...,
... und ... wurde ein Schuldenruf publiziert.
Am 27. Oktober 2006 bestätigte die Stiftung schriftlich die Auflösung des
Anschlussvertrages auf den 26. September 2006 und setzte die
Freizügigkeitsleistung auf Fr. 50'905.90 fest. Sie machte auf dem Wege der
Verrechnung eine Forderung aus Beitragsausständen in der Höhe von Fr. 29'198.25
(inkl. Zinsen, Beitrag an Sicherheitsfonds und Auflösungskosten) geltend.
Am ... wurde die Firma im Handelsregister gelöscht.

B.
Am 13. April 2007 liess R.________ beim Versicherungsgericht des Kantons Aargau
Klage erheben mit dem Rechtsbegehren, die Stiftung sei zu verpflichten, ihm die
Freizügigkeitsleistung nebst 5 % Zins seit 26. September 2006 auszubezahlen. Er
begründete es damit, die Verrechnung seiner Freizügigkeitsleistung mit
vertraglichen Ansprüchen gegenüber der liquidierten Gesellschaft sei
unzulässig, da für solche Leistungen ein generelles Verrechnungsverbot bestehe.
Sie sei auch deshalb ausgeschlossen, weil das Geld nicht zwischen den gleichen
Personen geschuldet sei.

Die Stiftung hielt dagegen, der Ausstand von Fr. 29'198.25 sei ausgewiesen und
unbestritten. Dessen Höhe sei der Gesellschaft vor Ablauf der Anmeldefrist für
Forderungen bekannt gewesen. Der Restbetrag von Fr. 21'827.85 sei inzwischen
ausgerichtet worden. Faktisch sei die GmbH eine Einmanngesellschaft gewesen,
hinter welcher wirtschaftlich der Kläger gestanden habe, dem als
Geschäftsführer die Überschuldung der Gesellschaft bekannt gewesen sei. Darum
hätte die Liquidation nicht beschlossen werden dürfen, sondern die Bilanz beim
Konkursrichter deponiert werden müssen. Die mit der Geschäftsführung oder der
Liquidation betrauten Personen seien den Gesellschaftsgläubigern für den
Schaden verantwortlich, den sie durch absichtliche oder fahrlässige Verletzung
ihrer Pflichten verursachen.

Replicando warf der Kläger ein, eine Gegenforderung der Stiftung aus
gesellschaftsrechtlicher Verantwortlichkeit stehe nicht fest und es seien auch
keine solche Bestimmungen verletzt worden. Zudem bestätigte er die Auszahlung
des Restbetrages.

Mit Entscheid vom 4. März 2008 hiess das kantonale Gericht die Klage teilweise
gut und verpflichtete die Stiftung zur Auszahlung einer Freizügigkeitsleistung
von Fr. 29'078.05 zuzüglich Zins von 5 % ab 27. September 2006; darüber
hinausgehend schrieb es die Klage (im Umfang des ausbezahlten Betrages) zufolge
teilweisen Rückzugs als erledigt ab.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die
Stiftung, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei die Klage
abzuweisen; eventualiter sei die Sache zur Durchführung eines Beweisverfahrens
und zum Neuentscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen.

R.________ lässt auf Abweisung der Beschwerde schliessen; ferner ersucht er um
unentgeltliche Rechtspflege.

Die Vorinstanz beantragt Abweisung der Beschwerde, das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Bundesrechtsverletzungen im Sinne von Art. 95 lit. a BGG überprüft das
Bundesgericht frei; zum frei überprüfbaren Bundesrecht gehört auch das von
einer Vorsorgeeinrichtung reglementarisch oder statutarisch (unter Einschluss
der Stiftungsurkunde) erlassene Berufsvorsorgerecht (vgl. in BGE 132 V 149
nicht publ. E. 2 [B 113/03]; 116 V 333 E. 2b S. 335; ULRICH MEYER, Basler
Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008, N. 10 zu Art. 106; MARKUS
SCHOTT, Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008, N. 46 zu Art.
95; HANSJÖRG SEILER, in: Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz
[BGG], Bern 2007, N. 27 zu Art. 95). In tatsächlicher Hinsicht ist die
Überprüfungsbefugnis des Bundesgerichts dahingehend eingeschränkt, dass es die
Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz von Amtes wegen nur berichtigen oder
ergänzen kann, wenn sie offensichtlich unrichtig sind oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.
2.1 Nach Art. 827 OR (in der hier noch anwendbaren, bis 31. Dezember 2007 in
Kraft gewesenen Fassung) gelten für die Verantwortlichkeit der bei der Gründung
der Gesellschaft mit beschränkter Haftung beteiligten und mit der
Geschäftsführung und der Kontrolle betrauten Personen sowie der Liquidatoren
die Bestimmungen des Aktienrechts. Demnach sind gemäss Art. 754 OR alle mit der
Geschäftsführung oder mit der Liquidation einer Gesellschaft befassten Personen
sowohl der Gesellschaft als den Gesellschaftsgläubigern für den Schaden
verantwortlich, den sie durch absichtliche oder fahrlässige Verletzung ihrer
Pflichten verursachen.
Zudem besteht gemäss Art. 817 Abs. 1 OR (in der hier noch anwendbaren, bis 31.
Dezember 2007 in Kraft gewesenen Fassung) für die GmbH eine Anzeigepflicht
entsprechend den aktienrechtlichen Vorschriften (Art. 725 OR), wenn das
Stammkapital nicht mehr zur Hälfte gedeckt ist oder eine Überschuldung
vorliegt. Demnach ist bei Bestehen einer begründeten Besorgnis einer
Überschuldung eine Zwischenbilanz zu erstellen; ergibt sich daraus, dass die
Forderungen der Gläubiger nicht gedeckt sind, so ist der Richter zu
benachrichtigen.

2.2 Speziell für die Auflösung der GmbH findet sich in Art. 823 OR (in der hier
noch anwendbaren, bis 31. Dezember 2007 in Kraft gewesenen Fassung) ein
zusätzlicher Verweis auf das Aktienrecht, gilt doch für die Bestellung und
Abberufung von Liquidatoren, für die Durchführung der Liquidation, die Löschung
der Gesellschaft im Handelsregister und die Aufbewahrung der Geschäftsbücher
ausdrücklich das genannte Recht.

Die Liquidatoren der GmbH haben demnach bei der Amtsübernahme eine Bilanz
aufzustellen und die aus den Geschäftsbüchern ersichtlichen oder in anderer
Weise bekannten Gläubiger durch besondere Mitteilung, unbekannte Gläubiger und
solche mit unbekanntem Wohnort durch öffentliche Bekanntmachung im
Schweizerischen Handelsamtsblatt und überdies in der von den Statuten
vorgesehenen Form von der Auflösung der Gesellschaft in Kenntnis zu setzen und
zur Anmeldung ihrer Ansprüche aufzufordern (Art. 742 OR).

Zum Zwecke des Gläubigerschutzes haben die Liquidatoren den Betrag der
Forderungen bekannter Gläubiger, welche die Anmeldung unterlassen haben,
gerichtlich zu hinterlegen; ebenso ist für die nicht fälligen und die
streitigen Verbindlichkeiten der GmbH ein entsprechender Betrag zu hinterlegen,
sofern nicht den Gläubigern eine gleichwertige Sicherheit bestellt oder die
Verteilung des Gesellschaftsvermögens bis zur Erfüllung dieser
Verbindlichkeiten ausgesetzt wird (Art. 744 OR).

2.3 Die Liquidatoren haben die laufenden Geschäfte zu beendigen, die Aktiven zu
verwerten und die Verpflichtungen der Gesellschaft zu erfüllen; sobald aufgrund
der Bilanz und des Schuldenrufs eine Überschuldung festzustellen ist, haben sie
den Richter zu benachrichtigen, der die Eröffnung des Konkurses auszusprechen
hat (Art. 743 OR).

2.4 Das Vermögen der aufgelösten GmbH wird nach Tilgung ihrer Schulden, aber
frühestens ein Jahr nach dem dritten Schuldenruf verteilt; wenn ein besonders
befähigter Revisor bestätigt, dass die Schulden getilgt sind, darf die
Verteilung bereits nach drei Monaten erfolgen, falls nach den Umständen
angenommen werden kann, dass keine Interessen Dritter gefährdet werden (Art.
745 Abs. 1-3 OR [in der hier noch anwendbaren, bis 31. Dezember 2007 in Kraft
gewesenen Fassung]).

3.
Der Streit dreht sich darum, welche BVG-Freizügigkeitsleistung dem
Beschwerdegegner (Gründungsmitglied, Mehrheitsgesellschafter, Geschäftsführer
und einziger Angestellter der liquidierten Gesellschaft) als Destinatär des von
ihm gekündigten Anschlussvertrages betraglich auszurichten ist.

3.1 Der Versicherte besteht auf ungekürzter Auszahlung, weil die Verrechnung
vertraglicher Ansprüche der liquidierten Gesellschaft mit einer
Freizügigkeitsleistung generell verboten sei und nicht er die verrechneten
Beiträge geschuldet habe.

3.2 Die Stiftung hält dagegen, der Ausstand von Fr. 29'198.25 sei ausgewiesen
und werde nicht bestritten. Die Höhe der Forderung wie auch die Überschuldung
seien der Gesellschaft bzw. ihrem Geschäftsführer vor dem Liquidationsbeschluss
bekannt gewesen, weshalb beim Konkursrichter die Bilanz zu deponieren gewesen
wäre und nicht die Liquidation hätte beschlossen werden dürfen.

3.3 Die Vorinstanz hat dazu erwogen, es sei von einem schuldhaften
Nichtbezahlen der ausstehenden Beiträge auszugehen und grundsätzlich eine
Haftung nach Art. 827 i.V.m. Art. 754 OR ausgelöst worden. Allerdings sei das
Versäumnis der Vorsorgeeinrichtung, ihre Forderung trotz dreimaligem
Schuldenruf anzumelden und deren Bezahlung vor Auflösung der Gesellschaft
einzufordern, als Selbstverschulden zu werten; diesem komme unter dem
Gesichtspunkt der adäquaten Kausalität ein derart grosses Gewicht zu, dass die
anderen Ursachen des Schadens verdrängt würden. Die Stiftung habe so den
Kausalzusammenhang zwischen der Sorgfaltspflichtverletzung des
Gesellschaftsorgans und den Beitragsausständen durch eigenes Verhalten
unterbrochen.

4.
Dem Beschwerdegegner als Geschäftsführer und Liquidator war bewusst, dass die
Gesellschaft in finanziellen Schwierigkeiten steckte, als er der
Beschwerdeführerin vier Tage nach dem Auflösungsbeschluss die Kündigung des
Anschlussvertrages schriftlich mitteilte und dabei darauf hinwies, es werde aus
Liquiditätsgründen nicht möglich sein, den Saldo des Vertragskontos
auszugleichen. Damit ist die Stiftung als bekannte Gläubigerin rechtsgenüglich
durch besondere Mitteilung über die Auflösung der Gesellschaft in Kenntnis
gesetzt worden (vgl. auch Marginalie Schuldenruf; Art. 742 Abs. 2 erster
Halbsatz OR). Die Vorinstanz hat nicht näher begründet, warum sie zur
Feststellung gelangt, die Beschwerdeführerin habe es versäumt, trotz
dreimaligem Schuldenruf ihre Forderung anzumelden und die Bezahlung vor
Auflösung der Gesellschaft einzufordern. Dies ist aktenwidrig, denn der
Beschwerdegegner hat mit der vorinstanzlichen Klage selber den Beleg
eingereicht, mit dem die Beschwerdeführerin den Prämienausstand geltend gemacht
hatte: Am 27. Oktober 2006 bestätigte die Stiftung gegenüber der Gesellschaft
schriftlich die Auflösung des Anschlussvertrages auf den 26. September 2006,
setzte die Freizügigkeitsleistung auf Fr. 50'905.90 fest, und machte eine
Forderung aus Beitragsausständen in der Höhe von Fr. 29'198.25 (inkl. Zinsen,
Beitrag an Sicherheitsfonds und Auflösungskosten) geltend. Art. 742 Abs. 2
zweiter Halbsatz OR, verlangt nur, dass unbekannte Gläubiger durch öffentlichen
Schuldenruf im Schweizerischen Handelsamtsblatt von der Auflösung der
Gesellschaft in Kenntnis zu setzen und zur Anmeldung ihrer Ansprüche
aufzufordern sind.

Hier wurden im publizierten "Liquidations-Schuldenruf gemäss Art. 742 und 745
OR" die Gläubiger aufgefordert, ihre Ansprüche schriftlich und begründet innert
30 Tagen nach der dritten Publikation [am 17. Oktober 2006] beim Liquidator
anzumelden. Diese Bedingung ist mit dem Schreiben der Beschwerdeführerin vom
27. Oktober 2006 offensichtlich erfüllt. Es war an den Versicherungsberater
adressiert, aber in der Anrede wurde der Beschwerdegegner direkt angesprochen.
Es gelangte rechtzeitig während der Abwicklung der Auflösung in dessen Besitz,
hat er es doch mit der Klage vom 13. April 2007 eingereicht. Entgegen der
Auffassung der Vorinstanz kann somit der Beschwerdeführerin kein
Selbstverschulden durch Unterlassung der Forderungsanmeldung vorgeworfen
werden.

5.
Die Pflichtwidrigkeit des Verhaltens des Beschwerdegegners und seine
Ersatzpflicht (Art. 754 OR) sind dadurch begründet, dass er es als
Geschäftsführer über längere Zeit unterliess, die Beiträge zu bezahlen, und er
später als Liquidator die Ausstände nicht beglichen hat. Es geht hier nicht um
die Verrechnung von Ansprüchen, die nicht zwischen den gleichen Personen
geschuldet sind, wie der Beschwerdegegner vorinstanzlich noch argumentiert hat,
sondern um eine Forderung, welche die Beschwerdeführerin gegen den
Beschwerdeführer persönlich erhebt. Dieser hat im Übrigen keine Umstände
geltend gemacht, welche die Nichtbezahlung der Ausstände rechtfertigen könnten;
so hat er selber festgehalten, die Bewilligung durch das Kantonale Steueramt
der Löschung im Handelsregister sei erst "nach Bezahlung sämtlicher offener
Rechnungen" erfolgt (Schreiben vom 23. Februar 2007 an Y.________). Offenbar
war also Geld vorhanden, mit dem die ausstehenden Beiträge hätten bezahlt
werden können. Dass dies nicht geschehen ist, ist Indiz dafür, dass eine
Verrechnung tatsächlich vereinbart wurde, auch wenn dies nun bestritten wird.
Angesichts des strengen Massstabs, den die Rechtsprechung im Rahmen von Art. 52
AHVG zur subsidiären Haftung der Organe eines Arbeitgebers bei der Beurteilung
der Grobfahrlässigkeit gesetzt hat (vgl. statt vieler BGE 129 V 11, 126 V 237,
114 V 219), muss das Vorgehen des Beschwerdegegners erst recht bei der
Bewertung einer Pflichtwidrigkeit unter dem Titel von Art. 827 i.V.m. Art. 754
OR für eine Haftung ausreichen, wo bereits eine einfache Fahrlässigkeit genügt.
Damit ist eine Pflichtverletzung des Beschwerdegegners als Geschäftsführer und
Liquidator zu bejahen und ein Selbstverschulden der Beschwerdegegnerin zu
verneinen. Bei diesem Ausgang kann offen bleiben, ob die Nichteinvernahme des
beantragten Zeugen durch die Vorinstanz eine Gehörsverletzung darstellte.

6.
Was das vom Beschwerdegegner für Freizügigkeitsleistungen geltend gemachte
generelle Verrechnungsverbot betrifft, hat die Vorinstanz mit Recht auf BGE 132
V 127 E. 6.2.1 S. 137 und E. 6.3.2 S. 140 verwiesen (siehe auch Urteil 9C_203/
2007 vom 8. Mai 2008 E. 2.2), wonach die Verrechnung einer
Schadenersatzforderung der Vorsorgeeinrichtung mit einem Anspruch des
Destinatärs auf Übertragung der Vorsorgemittel (Austrittsleistung) an eine neue
Vorsorgeeinrichtung unzulässig ist, soweit sie eine Zweckentfremdung bewirkt;
diese Gefahr besteht bei zulässiger Barauszahlung nicht, weil die
entsprechenden Mittel nicht mehr für die künftige Vorsorge reserviert sind. In
solchen Fällen wird das ausbezahlte Vermögen bewusst aus der bis dahin
bestehenden Zweckbindung entlassen und der Destinatär kann frei darüber
verfügen.

7.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdegegner die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die unentgeltliche Rechtspflege
kann ihm gewährt werden (Art. 64 BGG). Er wird der Gerichtskasse Ersatz zu
leisten haben, wenn er später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG).

8.
Die Beschwerdeführerin beantragt unter Berufung auf Art. 68 Abs. 2 BGG, wonach
die unterliegende Partei in der Regel verpflichtet wird, der obsiegenden alle
durch den Rechtsstreit verursachten notwendigen Kosten zu ersetzen, eine
angemessene Entschädigung ihrer Aufwendungen für das Verfahren vor beiden
Gerichtsinstanzen. Obsiegende Behörden und mit öffentlichrechtlichen Aufgaben
betraute Organisationen haben jedoch grundsätzlich keinen Anspruch auf
Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). Zu den mit öffentlichrechtlichen
Aufgaben betrauten Organisationen gehören auch die Pensionskassen (BGE 126 V
143 E. 4a S. 150, 123 V 290 E. 10 S. 309). Ausnahmsweise kann eine
Parteientschädigung gewährt werden, wenn wegen der Besonderheit oder
Schwierigkeit der Sache der Beizug eines frei praktizierenden Anwalts notwendig
ist (BGE 119 V 448 E. 6b S. 456; RKUV 1995 Nr. K 955 S. 6 [K 40/93]), was hier
nicht der Fall war und unterblieb.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des
Kantons Aargau vom 4. März 2008 wird aufgehoben. Die Klage vom 13. April 2007
wird abgewiesen.

2.
Dem Beschwerdegegner wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt, indes
vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

4.
Rechtsanwalt Dr. Hans Ulrich Ziswiler, Aarau, wird als unentgeltlicher Anwalt
des Beschwerdegegners bestellt, und es wird ihm für das bundesgerichtliche
Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 750.- ausgerichtet.

5.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten des vorangegangenen Verfahrens an
das Versicherungsgericht des Kantons Aargau zurückgewiesen.

6.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 17. April 2009
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Schmutz