Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 364/2008
Zurück zum Index II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2008
Retour à l'indice II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 2008


Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_364/2008

Urteil vom 15. September 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Seiler,
Gerichtsschreiber Ettlin.

Parteien
R.________, Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle Basel-Landschaft, Hauptstrasse 109, 4102 Binningen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung
Sozialversicherungsrecht, vom 22. Februar 2008.

Sachverhalt:

A.
Die 1963 geborene R.________ meldete sich am 22. Oktober 2002 zum Bezug von
Leistungen bei der Invalidenversicherung an. Die IV-Stelle Basel-Landschaft
veranlasste zur Abklärung der medizinischen Verhältnisse eine Begutachtung beim
Ärztlichen Begutachtungsinstitut GmbH (ABI), (Gutachten vom 18. Dezember 2003).
Am 22. Juli 2004 gewährte sie verfügungsweise die Umschulung zur Erlangung des
Handelsdiploms VSH, welche Ausbildung die Versicherte indes im Verlaufe des 2.
Semesters abbrach. Eine nochmalige polydisziplinäre Expertise durch das ABI
erging am 3. Mai 2006. Gestützt darauf lehnte die IV-Stelle mit Verfügung vom
22. Februar 2007 das Leistungsbegehren ab.

B.
Die von R.________ dagegen eingereichte Beschwerde wies das Kantonsgericht
Basel-Landschaft mit Entscheid vom 22. Februar 2008 ab.

C.
R.________ erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
beantragt, es sei ihr, in Aufhebung des angefochtenen Entscheides, ab 1.
September 2002 mindestens eine halbe Invalidenrente, eventualiter eine
Dreiviertelsrente für die Zeit ab 1. Januar 2004 zuzusprechen.

Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine
Stellungnahme.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG)
kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG).
Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Artikel 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt
seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es
kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen
oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).

2.
Die Vorinstanz hat die gesetzlichen Bestimmungen über die Begriffe der
Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG) und Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG; Art. 4
IVG) sowie den Umfang des Rentenanspruches (Art. 28 Abs. 1 IVG in der bis zum
31. Dezember 2007 geltenden Fassung) richtig wiedergegeben. Korrekt dargelegt
hat sie auch die Bemessung des Invaliditätsgrades nach der
Einkommensvergleichsmethode (Art. 28 Abs. 2 IVG in Verbindung mit Art. 16 ATSG)
und festgehalten, dass es Aufgabe des Arztes ist, den Gesundheitszustand zu
beurteilen sowie zur Arbeitsfähigkeit der versicherten Person Stellung zu
nehmen (BGE 125 V 256 E. 4 S. 261). Dem angefochtenen Entscheid lassen sich
schliesslich die Anforderungen an den Beweiswert von Arztberichten entnehmen
(BGE 125 V 351 E. 3a S. 352, 122 V 157 E. 1c S. 160). Darauf wird verwiesen.

3.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdeführerin Anspruch auf eine
Invalidenrente hat.

3.1 Das kantonale Gerichte hat dem Gutachten des ABI vom 3. Mai 2006 vollen
Beweiswert zuerkannt und dafür gehalten, es lägen keine Indizien vor, welche
gegen die Zuverlässigkeit der Expertise sprächen. Die Gutachter seien
einlässlich auf die Beschwerden der Versicherten eingegangen und sie hätten
sich mit den Akten auseinandergesetzt. Das Gutachten vermittle so ein
umfassendes Bild über den Gesundheitszustand und dieses überzeuge sowohl in der
Darlegung der medizinischen Zusammenhänge als auch bezüglich der daraus
gezogenen Schlussfolgerung, wonach die Arbeitsunfähigkeit 30% betrage.
3.2
3.2.1 Dagegen wendet die Beschwerdeführerin ein, die Vorinstanz habe eine
rechtsfehlerhafte, willkürliche Beweiswürdigung vorgenommen, indem sie die
Stellungnahmen der behandelnden Ärzte Dres. med. A.________, B.________ und
C.________, welche übereinstimmend auf eine durch die psychische Erkrankung
bedingte Leistungseinschränkung von 50% geschlossen hätten, ungenügend
gewürdigt habe. Diese weitgehend appellatorische und damit unzulässige Kritik
beschränkt sich im Wesentlichen darauf, dem Gutachten vom 3. Mai 2006
Arztberichte mit abweichenden Einschätzungen gegenüberzustellen; sie ist daher
nicht zu hören (Urteil 9C_830/2007 vom 29. Juli 2008 E. 3 mit Hinweis).
3.2.2 Die Versicherte bemängelt weiter die vorinstanzliche Beweiswürdigung mit
der Rüge, der psychiatrische Gutachter des ABI, Dr. med. D.________, habe seine
Beurteilung massgeblich darauf abgestellt, dass sie in den vergangenen Jahren
gearbeitet und der letzten Tätigkeit während zwei Jahren nachgegangen sei.
Indes habe sie diese Beschäftigung bloss in einem Pensum von 50% ausgeübt, was
von Dr. med. D.________ nicht beachtet worden sei. Aus der zweijährigen Dauer
der letztmals verrichteten Tätigkeit hat der Gutachter - entgegen der
offenbaren Annahme der Beschwerdeführerin - nicht den Umfang einer den Leiden
angepassten Verweistätigkeit hergeleitet (70%), sondern die Frage beantwortet,
ob mit Blick auf die Persönlichkeitsstörung der als zumutbar erachtete
(reduzierte) Arbeitseinsatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt umgesetzt werden
könne. Hiebei war nicht von Belang, in welchem zeitlichen Ausmass die
Rechtsuchende in der letzten Tätigkeit beschäftigt war, weshalb der Experte
darauf keinen Bezug genommen hat. Zur Festlegung der Höhe eines dem Leiden
angepassten Arbeitseinsatzes sind die Gutachter des ABI gemäss angefochtenem
Entscheid von den medizinischen Verhältnissen ausgegangen. Die
Beschwerdeführerin stellt sich nicht auf den Standpunkt, das kantonale Gericht
habe die Feststellung, ihr sei die Verwertung der Resterwerbsfähigkeit auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt zuzumuten, offensichtlich unrichtig getroffen (Art. 97
Abs. 1 BGG), weshalb diese das Bundesgericht bindet (Art. 105 Abs. 1 BGG). Aus
der Bezugnahme des Dr. med. D.________ auf die Dauer der letztmaligen
Beschäftigung kann nicht auf eine bundesrechtswidrige Beweiswürdigung durch die
Vorinstanz geschlossen werden (Art. 95 lit. a BGG).
3.2.3 Nichts anderes ergibt sich in Bezug auf den Einwand, das Gutachten des
ABI setze sich im Gegensatz zu Dr. med. B.________ nicht mit der somatoformen
Schmerzstörung auseinander und die Experten hätten nicht geprüft, ob die
Versicherte über die zur Schmerzüberwindung nötigen Ressourcen verfüge. Dr.
med. B.________ bescheinigt zwar eine bloss 50%-ige Arbeitsfähigkeit in einer
körperlich leichten und abwechslungsreichen Arbeit, begründet dies aber - wie
auch Dr. med. A.________ - hauptsächlich mit der Arbeitsanamnese, wobei
erschwerend hinzu komme, dass aufgrund der somatoformen Schmerzstörung eine
körperlich belastende Tätigkeit über mehrere Stunden nicht möglich sei: Den
vorinstanzlichen Feststellungen lässt sich nicht entnehmen, dass die Gutachter
des ABI eine körperlich anstrengende Beschäftigung zumuten würden.
Dementsprechend war für das kantonale Gericht allein die Einschätzung der
Leistungsfähigkeit in einer körperlich leichten Beschäftigung ausschlaggebend.
Der vom kantonalen Gericht gezogene Schluss der kohärenten Begründung des
ABI-Gutachten ist rechtlich auch unter diesem Gesichtswinkel nicht zu
beanstanden. Die vorinstanzliche Sichtweise, wonach die behandelnden Ärzte ihre
Zumutbarkeitsschätzung - im Gegensatz zu den Ärzten des ABI - nicht hinreichend
klar begründen, ist nicht rechtsfehlerhaft (Art. 95 lit. a BGG). Gegen den
seitens der behandelnden Ärzte vertretenen invalidisierenden Charakter der
diagnostizierten Persönlichkeitsstörung spricht klar die im ABI-Gutachten
dokumentierte umfangreiche und vielfältige Arbeitsanamnese, welche zum Beispiel
eine selbstständige Erwerbstätigkeit mit einem Reinigungsunternehmen von 1985
bis 1987 ausweist.

Nach dem Gesagten ist das kantonale Gericht im Rahmen einer
bundesrechtskonformen Beweiswürdigung der ABI-Expertise vom 3. Mai 2006 und der
darin enthaltenen Leistungsfähigkeitsschätzung gefolgt.

4.
Nicht offensichtlich unrichtig hat die Vorinstanz gestützt auf das Gutachten
vom 3. Mai 2006 festgestellt (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 BGG), die
Beschwerdeführerin könne eine den Leiden angepasste leichte Tätigkeit in einem
Pensum von 70% ausüben. Der nach dieser Massgabe rechtskonform vorgenommene und
von der Versicherten nicht beanstandete Einkommensvergleich ergab einen
Invaliditätsgrad von 37%, welcher keinen Rentenanspruch begründet.

5.
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung
Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 15. September 2008

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Ettlin