Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 343/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_343/2008

Urteil vom 21. August 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Borella, präsidierendes Mitglied,
Bundesrichter Kernen, Seiler,
Gerichtsschreiber Maillard.

Parteien
S.________, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Robert Baumann, Waisenhausstrasse 17, 9000 St.
Gallen,

gegen

IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 26. Februar 2008.

Sachverhalt:

A.
Die 1958 geborene S.________ war bis Ende April 2004 (letzter effektiver
Arbeitstag: 9. Juni 2003) bei der Migros Ostschweiz als Mitarbeiterin in der
Packerei tätig. Am 4. Juli 2004 meldete sie sich unter Hinweis auf
Rückenbeschwerden sowie eine in den Vordergrund gedrängte depressive
Grundstimmung bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Nach
getätigten medizinischen und beruflichen Abklärungen lehnte es die IV-Stelle
des Kantons St. Gallen mit Verfügung vom 5. Januar 2006 ab, S.________ eine
Rente der Invalidenversicherung zuzusprechen. Daran hielt sie mit
Einspracheentscheid vom 4. September 2006 fest.

B.
Das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen wies die hiegegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 26. Februar 2008 ab.

C.
S.________ lässt Beschwerde führen und beantragen, der Entscheid des
Versicherungsgerichtes sei aufzuheben und es sei ihr eine ganze Invalidenrente
ab wann rechtens - allerspätestens ab 1. Juni 2004 - zuzusprechen. Eventualiter
sei die Sache zu weiteren Abklärungen an die Vorinstanz oder die IV-Stelle
zurückzuweisen.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann nach Art. 95
lit. a BGG die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden. Das Bundesgericht legt
seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat
(Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von
Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist
oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2
BGG).

2.
Streitig ist, ob der Beschwerdeführerin eine Invalidenrente der
Invalidenversicherung zusteht. Das kantonale Gericht hat die zur Beurteilung
dieses Anspruchs einschlägigen Rechtsgrundlagen zutreffend dargelegt. Darauf
wird verwiesen.

3.
Zunächst sind der Gesundheitszustand und das damit verbundene Ausmass der der
Beschwerdeführerin trotz gesundheitlichen Beschwerden verbliebenen
Arbeitsfähigkeit strittig.

3.1 Das kantonale Gericht hat in einlässlicher Würdigung der medizinischen
Akten, insbesondere des polydisziplinären Gutachtens des Ärztlichen
Begutachtungsinstituts GmbH (ABI) vom 27. September 2005, festgestellt, dass
die Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin sowohl in der bisherigen als auch
in einer leichten bis mittelschweren adaptierten Tätigkeit aus somatischen
(chronisches lumbovertebrales Schmerzsyndrom ohne radikuläre Symptomatik sowie
degenerative Veränderungen der unteren Lendenwirbelsäule) und psychischen
(leichte depressive Episode und anhaltende somatoforme Schmerzstörung) Gründen
insgesamt um 20 % herabgesetzt ist. Was die Beschwerdeführerin dagegen
vorbringen lässt, vermag diese Tatsachenfeststellungen (BGE 132 V 393 E. 3.2 S.
397) weder als offensichtlich unrichtig noch sonstwie bundesrechtswidrig
erscheinen zu lassen:
3.1.1 Die Vorbringen in der Beschwerde erschöpfen sich weitgehend in - im
Rahmen der Art. 95 f. BGG unzulässiger - appellatorischer Kritik tatsächlicher
Natur am Gutachten des ABI, welches indessen die von der Rechtsprechung
aufgestellten Anforderungen an den vollen Beweiswert (vgl. BGE 125 V 351 E. 3a
S. 352) erfüllt. So lagen die vor der Begutachtung erstellten und von der
Beschwerdeführerin zur Untermauerung ihrer Auffassung, sie leide an einer
mittelschweren Depression und sei daher vollständig arbeitsunfähig, angerufenen
medizinischen Berichte den Experten des ABI vor (mit Ausnahme des Berichtes der
Klinik X.________ vom Mai 2004; dazu E. 3.1.2). Im Gutachten wird in sich
schlüssig begründet, weshalb von der bisher im Raum gestandenen Diagnose
(mittelgradig depressive Episode) und der Einschätzung der Arbeitsfähigkeit
abgewichen wird. Eine psychiatrische Diagnose für sich allein genommen lässt
ohnehin keinen Schluss auf eine gesundheitlich bedingte Einschränkung in der
Arbeitsfähigkeit zu (vgl. BGE 132 V 65 E. 3.4 S. 69).
3.1.2 Dass den Sachverständigen des ABI der Bericht der Klinik X.________ vom
Mai 2004 offenbar nicht vorlag, vermag den Beweiswert des Gutachtens nicht zu
schmälern, zumal sich die Vorinstanz auf eine nicht offensichtlich unrichtige
Weise auch mit diesem Bericht auseinandergesetzt hat. Das ABI fasste das die
bisherigen Schlussfolgerungen bestätigende Antwortschreiben vom 15. August 2006
(siehe dazu E. 3.1.3) im Übrigen in Kenntnis auch des Berichtes der Klinik
X.________ ab.
3.1.3 Aus den nach der Begutachtung erstellten Berichten kann die
Beschwerdeführerin ebenfalls nichts zu ihren Gunsten ableiten: In jenem des
Sozialpsychiatrischen Zentrums Y.________ vom 10. März 2006, auf den sie sich
hauptsächlich stützt, fehlt jegliche Auseinandersetzung mit dem Gutachten des
ABI, weshalb er nicht geeignet ist, die Schlussfolgerung des Instituts in Frage
zu stellen. Dies umso weniger, als demgegenüber das ABI im Antwortschreiben vom
15. August 2006 - nunmehr auch in Kenntnis des Berichtes des
Sozialpsychiatrischen Zentrums Y.________ vom 10. März 2006 - ihre früheren
Schlussfolgerungen bestätigt hat. Nichts anderes ergibt sich aus den weiteren
Berichten des Sozialpsychiatrischen Zentrums Y.________ vom 8. sowie 10.
November 2006, stellen diese doch lediglich Bestätigungen dar, ohne sich mit
den Akten und insbesondere dem Gutachten des ABI auseinanderzusetzen. Der
Bericht des Hausarztes vom 7. März 2006 schliesslich ist schon deshalb nicht
geeignet, die Schlüssigkeit der aus den Fachgebieten Orthopädie und Psychiatrie
stammenden Expertise in Zweifel zu ziehen, weil es sich bei ihm nicht um einen
Experten in diesen Fachrichtungen (BGE 125 V 351 E. 2b/aa S. 353; zur
erforderlichen fachlichen Qualifikation in der Disziplin Psychiatrie siehe auch
Urteil I 142/07 vom 20. Juli 2007 E. 3.2.4), sondern um einen
Allgemeinmediziner handelt. Im Übrigen setzt sich auch Dr. med. A.________ in
seinem Bericht nicht näher mit dem Gutachten auseinander.

3.2 Bleiben die Feststellungen des kantonalen Versicherungsgerichts zur
Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin nach dem Gesagten für das Bundesgericht
verbindlich, ist die vorinstanzlich bestätigte Verneinung des Rentenanspruchs
bundesrechtskonform, zumal gegen den vom kantonalen Gericht in allen Teilen
überzeugend vorgenommenen Einkommensvergleich, der einen Invaliditätsgrad von
20 % ergab, einzig vorgebracht wird, es sei ihr der maximal zulässige
Leidensabzug von 25 % (siehe dazu BGE 126 V 75 E. 5b S. 79 f.) zu gewähren. Da
der Beschwerdeführerin indessen nicht nur leichte, sondern gar mittelschwere
Tätigkeiten zumutbar sind, ist die Verweigerung eines Abzuges nicht
rechtsfehlerhaft. Zudem ergäbe sich ein rentenbegründender Invaliditätsgrad
erst beim maximalen Abzug von 25 %, der jedenfalls nicht gerechtfertigt wäre.

4.
Angesichts der schlüssigen medizinischen Aktenlage bedarf es keiner
zusätzlichen Abklärung, weshalb von der eventualiter beantragten Rückweisung
abzusehen ist (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 124 V 90 E. 4b S. 94).

5.
Die Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art.
66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 21. August 2008

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Der Gerichtsschreiber:

Borella Maillard