Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 342/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_342/2008

Urteil vom 20. November 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Kernen, Seiler,
Gerichtsschreiber Ettlin.

Parteien
J.________, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Fürsprecherin Katerina Baumann, Berner Rechtsberatungsstelle
für Menschen in Not, Schwarztorstrasse 124, 3007 Bern,

gegen

IV-Stelle Bern, Chutzenstrasse 10, 3007 Bern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern
vom 3. März 2008.

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 5. Mai 2004 sprach die IV-Stelle Bern der 1968 geborenen
J.________ ab dem 1. März 2003 eine ganze Invalidenrente zu. Im Rahmen des im
September 2006 angehobenen Rentenrevisionsverfahrens veranlasste die IV-Stelle
eine neurochirurgische Begutachtung, welche am 11. Juni 2007 stattfand. Hierauf
verfügte sie die Einstellung der Invalidenrente (Verfügung vom 17. Oktober
2007).

B.
Die von J.________, vertreten durch Berner Rechtsberatungsstelle für Menschen
in Not, Fürsprecherin Katerina Baumann, hiegegen eingereichte Beschwerde wies
das Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Sozialversicherungsrechtliche
Abteilung, mit Entscheid vom 3. März 2008 unter Verweigerung der
unentgeltlichen Verbeiständung ab.

C.
J.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, es seien, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides, die
gesetzlichen Rentenleistungen, zuzüglich Verzugszins auf den nachzuzahlenden
Rententreffnissen, zuzusprechen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung
zurückzuweisen. Ihr sei für das vorinstanzliche Verfahren ihre Anwältin als
unentgeltliche Rechtsvertreterin beizuordnen und vor Bundesgericht die
unentgeltliche Prozessführung zu gewähren.
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde und das Verwaltungsgericht
des Kantons Bern stellt den Antrag, es sei auf die Beschwerde nicht
einzutreten, soweit die unentgeltliche Verbeiständung für das Verfahren vor
kantonalem Gericht beantragt werde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen
verzichtet auf eine Stellungnahme.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG)
kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG).
Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Artikel 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt
seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es
kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen
oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).

2.
Die Vorinstanz hat die gesetzlichen Bestimmungen über die Begriffe der
Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG) und Invalidität erwerbstätiger Versicherter
(Art. 8 Abs. 1 ATSG) sowie den Umfang des Rentenanspruches (Art. 28 Abs. 1 IVG
in der jeweils bis zum 31. Dezember 2003 und bis zum 31. Dezember 2007 gültigen
Fassung) richtig dargelegt. Korrekt hat das kantonale Gericht Art. 17 Abs. 1
ATSG erwähnt, woraus sich die Voraussetzungen für eine Rentenrevision ergeben,
und es hat die Anforderungen an den Beweiswert von Arztberichten angeführt (BGE
125 V 351 E. 3a S. 352; 122 V 157 E. 1c S. 160). Darauf kann verwiesen werden.
Zu ergänzen ist, dass zeitlicher Ausgangspunkt für die Beurteilung einer
anspruchserheblichen Änderung des Invaliditätsgrades die letzte rechtskräftige
Verfügung ist, welche auf einer materiellen Prüfung des Rentenanspruchs beruht
(BGE 133 V 108 E. 5.4 S. 114).

3.
3.1 Das vorinstanzliche Gericht erwog, es habe im Zeitpunkt der erstmaligen
Rentenverfügung der Heilungsverlauf und damit die Arbeitsfähigkeit noch nicht
abschliessend beurteilt werden können. Aus den damaligen Berichten der
neurochirurgischen Klinik X.________ gehe hervor, dass nach der Operation vom
März 2003 weiterhin therapieresistente Beschwerden bestanden haben und die
Verfügung vom 5. Mai 2004 unter dem Vorbehalt ergangen sei, später allenfalls
berufliche Eingliederungsmassnahmen einzuleiten.

3.2 Nicht offensichtlich unrichtig - und daher für das Bundesgericht bindend
(Art. 105 Abs. 1 BGG) - ist die Feststellung der Vorinstanz, die erstmalige
Rentenfestsetzung beruhe bloss auf einer vorläufigen Grundlage. Insbesondere
führt der angefochtene Entscheid in tatsächlicher Hinsicht korrekt an, dass der
Heilungsverlauf und die Arbeitsfähigkeit im Zeitpunkt der erstmaligen
Rentenfestsetzung nicht abschliessend eingeschätzt werden konnten, weshalb in
der Verfügung vom 5. Mai 2004 eine spätere Prüfung der Eingliederungsfrage
vorbehalten worden sei. Zwar genügt für eine revisionsweise Herabsetzung der
Invalidenrente eine blosse Neubeurteilung der invaliditätsmässigen
Voraussetzungen nach ständiger Rechtsprechung nicht (statt vieler Urteil 9C_114
/2008 vom 30. April 2008 E. 2.1). Hingegen liegt dieser Konzeption die
Voraussetzung zugrunde, dass die erstmalige Rentenfestsetzung auf der Basis
einer umfassenden tatsächlichen Entscheidungsgrundlage ergangen ist. Hat die
Verwaltung hingegen, z.B. mit Blick auf eine noch laufende medizinische
Behandlung, eine nicht abschliessende Aktenlage für die Rentenzusprechung
genügen lassen (vgl. E. 5.3 hernach), so schliesst Art. 17 ATSG nicht aus, zu
einem späteren Zeitpunkt eine eingehendere Abklärung der Sache vorzunehmen und
gestützt auf deren Ergebnisse tatsächlicher Natur über den laufenden
Leistungsanspruch neu zu befinden.

4.
4.1 In beweismässiger Hinsicht gab das kantonale Gericht dem Gutachten des Dr.
med. R.________ vom 9. Juli 2007 gegenüber den Berichten des Dr. med.
B.________, Facharzt für Neurochirurgie, vom 23. März und vom 10. September
2007 mit einlässlicher Begründung den Vorzug. Dem angefochtenen Entscheid kann
schlüssig und in allen Teilen überzeugend entnommen werden, dass Dr. med.
B.________ allein die subjektive Symptomatik in seine Beurteilung einfliessen
liess, ohne Bezug zu den objektiven Verhältnissen zu nehmen, wogegen Dr. med.
R.________ das Schmerzverhalten den objektiven Befunden gegenübergestellt habe.
Sodann seien die Schlussfolgerungen des Experten nachvollziehbar begründet. Der
angefochtene Entscheid fusst mithin auf einer bundesrechtskonformen
Beweiswürdigung (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352). Darüber hinaus ist die gestützt
auf das Gutachten vom 9. Juli 2007 getroffene Feststellung einer vollen
Arbeitsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit nicht offensichtlich unrichtig,
weshalb das Bundesgericht daran gebunden ist (Art. 105 Abs. 1 BGG). Da der
rechtserhebliche Sachverhalt rechtsgenüglich abgeklärt worden ist, durfte die
Vorinstanz ohne Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes auf die Anordnung
weiterer Beweismassnahmen in antizipierter Beweiswürdigung verzichten (vgl. BGE
124 V 90 E. 4b S. 94; 122 V 157 E. 1d S. 162). Dem Antrag, es sei die Sache zur
Vornahme ergänzender Abklärungen zurückzuweisen, ist nicht stattzugeben.

4.2 Die IV-Stelle hat zur Ermittlung des Invaliditätsgrades die gemischte
Methode angewandt. Demgegenüber zog das kantonale Gericht die
Einkommensvergleichsmethode heran und begründete dies namentlich mit dem
Umstand, dass der Lebenspartner der Versicherten in Z.________ arbeite und oft
nur an den Wochenenden zu Hause sei. Es könne demzufolge nicht davon
ausgegangen werden, sie hätte zur Besorgung des Haushaltes das Arbeitspensum
mit überwiegender Wahrscheinlichkeit reduziert. Ob die Wahl der
Invaliditätsbemessungsmethode mit dieser Begründung korrekt vorgenommen worden
ist, kann offen gelassen werden; denn wie zu zeigen ist, resultiert selbst dann
kein leistungsbegründender Invaliditätsgrad von mindestens 40 %, falls die im
Haushaltsbereich ermittelte krankheitsbedingte Einbusse von (gewichtet) 1,8 %
nach der gemischten Methode Berücksichtigung fände.

4.3 Das kantonale Gericht stellte für das Jahr 2006 - ausgehend von einem
Pensum von 80 % - den Validenlohn von Fr. 31'707.-- fest, weil es davon
ausging, die Beschwerdeführerin habe sich auch ohne gesundheitliche
Beeinträchtigung aus freien Stücken mit einem tiefen Einkommen begnügt. Die
Beschwerdeführerin macht demgegenüber - wie schon im vorinstanzlichen Verfahren
- geltend, die Einschränkung im Pensum sei aus gesundheitlichen Gründen
erfolgt; sie würde als Gesunde zu 100 % arbeiten. Das ist aber im Ergebnis
irrelevant, weil die Vorinstanz dafür auch das Invalideneinkommen auf 80 %
umgerechnet hat. Würde stattdessen das effektiv erzielte Valideneinkommen auf
100 % umgerechnet, ergibt sich ein hypothetisches jährliches Einkommen von Fr.
39'633.75. Wird das Valideneinkommen mit der Beschwerdeführerin anhand der
Zahlen der Lohnstrukturerhebung des Bundes (LSE 2006, Tabelle TA1,
Anforderungsniveau 4, Sektor Dienstleistungen, Gastgewerbe, Frauen) ermittelt,
so kommt der Jahreslohn auf Fr. 43'947.65 (12 x 3'513 : 40 x 41,7) zu liegen.
Nicht offensichtlich unrichtig hat die Vorinstanz unter Beizug der LSE, Tabelle
TA1 (Anforderungsniveau 4, Total Frauen) für das Pensum von 80 % sowie bei
einem Leidensabzug von 15 % den Invalidenlohn von Fr. 34'189.-- festgestellt
(vgl. BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399), was im Rahmen eines Vollpensums das
Erzielen eines Invalidenlohnes von Fr. 42'736.-- erlaubt (12 x 4'019 : 40 x
41,7 x 0,85). Bei dieser Sachlage beträgt der Invaliditätsgrad 2,75 %. Selbst
bei Einräumung des höchstmöglichen leidensbedingten Abzuges von 25 % (BGE 126 V
75 E. 5b/cc S. 80) liegt die Invalidität wesentlich unter dem
anspruchsbegründenden Prozentsatz von 40 %. Im Ergebnis ist der vorinstanzliche
Entscheid mithin zu bestätigen und es braucht nicht geprüft zu werden, ob das
kantonale Gericht von der Annahme ausgehen durfte, die Versicherte hätte sich
auch künftig mit dem als unterdurchschnittlich festgestellten Validenlohn aus
freien Stücken abgefunden.

5.
5.1 Nach Art. 53 Abs. 2 ATSG in Verbindung mit Art. 2 ATSG und Art. 1 Abs. 1
IVG kann die IV-Stelle auf formell rechtskräftige Verfügungen oder
Einspracheentscheide zurückkommen, wenn diese zweifellos unrichtig sind und
wenn ihre Berichtigung von erheblicher Bedeutung ist. Die Wiedererwägung im
Sinne dieser Bestimmung dient der Korrektur einer anfänglich unrichtigen
Rechtsanwendung einschliesslich unrichtiger Feststellung im Sinne der Würdigung
des Sachverhalts (BGE 117 V 8 E. 2c S. 17 mit Hinweis; Urteil 9C_215/2007 vom
2. Juli 2007 E. 3.1).
Die Wiedererwägung ist jederzeit möglich (vgl. Art. 53 Abs. 3 ATSG),
insbesondere auch wenn die Voraussetzungen der Revision nach Art. 17 Abs. 1
ATSG nicht erfüllt sind. Wird die zweifellose Unrichtigkeit der ursprünglichen
Rentenverfügung erst vom Gericht festgestellt, so kann es die im
Revisionsverfahren verfügte Aufhebung der Rente mit dieser substituierten
Begründung schützen (BGE 125 V 368 E. 2 S. 369; Urteil I 61/2007 vom 4. Mai
2007 E. 3).

5.2 Die gesetzlichen Definitionen von Arbeits- und Erwerbsunfähigkeit,
Invalidität, Ermittlung des Invaliditätsgrades usw. stellen Rechtsbegriffe dar.
Gerichtliche Schlussfolgerungen in ihrem Geltungsbereich, z.B. die Bejahung
oder Verneinung einer erheblichen Arbeitsunfähigkeit oder einer
rentenbegründenden Invalidität, sind daher Akte der Rechtsanwendung und nicht
Schritte der Sachverhaltsfeststellung (BGE 132 V 393 E. 3.1 S. 397). Gemäss
Art. 106 Abs. 1 BGG wendet das Bundesgericht das Recht von Amtes wegen an. Ob
die Verwaltung im Rahmen der erstmaligen Rentenfestsetzung von einem korrekten
Invaliditätsbegriff ausgegangen ist, kann das Bundesgericht nach dem Gesagten
als Rechtsfrage frei überprüfen (Art. 95 lit. a BGG; vgl. ULRICH MEYER, in:
Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 11 ff. zu Art. 106 BGG).

5.3 Die Vorinstanz hat festgestellt, mit Verfügung vom 5. Mai 2004 sei von der
Verwaltung ab 1. März 2003 eine ganze Invalidenrente zugesprochen worden,
nachdem ab März 2002 eine vollständige Arbeitsunfähigkeit bescheinigt worden
sei. Diese Feststellung ist als solche nicht offensichtlich unrichtig, lag doch
bis zum Verfügungszeitpunkt keine Einschätzung der Leistungsfähigkeit in einer
zumutbaren Verweistätigkeit vor und der Invaliditätsgrad ist allein nach
Massgabe der Arbeitsfähigkeit festgelegt worden. Indem jedoch die IV-Stelle bei
der erstmaligen Anspruchsprüfung die Invalidität der Arbeitsunfähigkeit
gleichgestellt hat, ist sie von einem rechtlich falschen Invaliditätsbegriff
ausgegangen. Ohne Zweifel wäre gestützt auf eine rechtlich korrekte
Invaliditätsbemessung keine ganze Rente zugesprochen worden. Deswegen ist die
Verfügung vom 5. Mai 2004 im Sinne von Art. 53 Abs. 2 ATSG zweifellos
unrichtig. Da die erhebliche Bedeutung der Berichtigung mit Blick auf den
Charakter der Invalidenrente als periodischer Dauerleistung feststeht, sind die
Voraussetzungen zur Vornahme der Wiedererwägung erfüllt (vgl. BGE 119 V 475 E.
1c S. 480 mit Hinweisen; Urteil 9C_11/2008 vom 29. April 2008 E. 4.2.1). Die
Rentenrevision wäre auch unter der substituierten Begründung der Wiedererwägung
zu schützen.

6.
Nicht zum Streitgegenstand gehört die Frage des Anspruchs auf Massnahmen
beruflicher Art; denn weder die Revisionsverfügung vom 17. Oktober 2007 noch
der angefochtene Entscheid befassen sich hiemit (vgl. Urteil I 961/06 vom 19.
November 2007 E. 5). Immerhin ist anzuführen, dass die IV-Stelle Bern gemäss
Mitteilung vom 14. November 2007 Beratung und Unterstützung bei der
Stellensuche zugesagt hat.

7.
7.1 Gemäss Art. 61 ATSG bestimmt sich das Verfahren vor dem kantonalen
Versicherungsgericht unter Vorbehalt von Art. 1 Abs. 3 VwVG nach kantonalem
Recht, das gewissen bundesrechtlichen Anforderungen zu genügen hat. So sieht
lit. f von Art. 61 ATSG vor, dass das Recht, sich verbeiständen zu lassen,
gewährleistet sein muss (erster Satz). Wo die Verhältnisse es rechtfertigen,
wird der Beschwerde führenden Person ein unentgeltlicher Rechtsbeistand
bewilligt (zweiter Satz). Gemäss Art. 64 Abs. 2 BGG bestellt das Bundesgericht
der Partei einen Anwalt oder eine Anwältin, wenn es zur Wahrung ihrer Rechte
notwendig ist. Gemäss Art. 29 Abs. 3 BV hat die bedürftige Partei in einem für
sie nicht aussichtslosen Verfahren Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege;
soweit es zur Wahrung ihrer Rechte notwendig ist, hat sie ausserdem Anspruch
auf unentgeltlichen Rechtsbeistand. Die unentgeltliche Rechtspflege bezweckt,
auch der bedürftigen Partei den Zugang zum Gericht und die Wahrung ihrer
Parteirechte zu ermöglichen (BGE 131 I 350 E. 3.1 S. 355, 120 Ia 14 E. 3d S.
16; STEFAN MEICHSSNER, Das Grundrecht auf unentgeltliche Rechtspflege [Art. 29
Abs. 3 BV], 2008, S. 5). Art. 29 Abs. 3 BV will nur sicherstellen, dass
jedermann unabhängig von seinen finanziellen Verhältnissen nicht aussichtslose
Streitsachen zur gerichtlichen Entscheidung bringen und sich dabei im Prozess,
sofern es sachlich geboten ist, durch einen Anwalt vertreten lassen kann; der
verfassungsmässige Anspruch soll der bedürftigen Partei die Mittel zur
Prozessführung in die Hand geben und nicht etwa allgemein ihre finanzielle
Situation verbessern helfen (BGE 122 I 203 E. 2e S. 207 f.).

7.2 Die Vorinstanz hat die Gewährung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung
mit der Begründung abgelehnt, die Beschwerdeführerin werde durch die Berner
Rechtsberatungsstelle für Menschen in Not unentgeltlich vertreten, weshalb sie
auf die Beiordnung von Fürsprecherin Katerina Baumann im Rahmen der
unentgeltlichen Rechtspflege nicht angewiesen sei. Die Beschwerdeführerin
entgegnet dem, bei der Beratungsstelle handle es sich um ein
Non-Profit-Projekt, das Menschen, die von Armut betroffen seien, ein
kostenfreies Beratungsangebot u.a. auf den Gebieten des Sozialversicherungs-
und Sozialhilferechts anbiete. Die Einnahmen aus Parteientschädigungen und
amtlichen Honoraren seien hingegen Bestandteil des Jahresbudgets, da die Stelle
einen Teil der Leistungen kostenlos oder à fonds perdu erbringe.

7.3 Die Frage der Bedürftigkeit der Beschwerdeführerin stellt sich bei der hier
gegebenen Sachlage insofern unter einem besonderen Gesichtswinkel, als die
Organisation Berner Rechtsberatungsstelle für Menschen in Not - anders als etwa
Gewerkschaften oder Rechtsschutzversicherungen - weitgehend kostenlos
Rechtsbeistand gewährt, ohne vorgängig Mitgliederbeiträge verlangt oder Prämien
erhoben zu haben. Allerdings sind die Einnahmen aus Prozessentschädigungen und
amtlichen Honoraren Teil ihrer Finanzierung. Damit befinden sich die für die
Organisation tätigen Rechtsvertreter in einer mit freischaffenden Anwältinnen
und Anwälten vergleichbaren Lage. Sind die Rechtsuchenden bedürftig und können
sie nicht für die Anwaltskosten aufkommen, so sind die Aufwände der Anwältinnen
und Anwälte der Rechtsberatungsstelle nicht gedeckt, falls die unentgeltliche
Verbeiständung vorenthalten wird, es sei denn, sie könnten auf freiwillige
Zuwendungen Dritter zurückgreifen. Es kommt hinzu, dass eine gemeinnützige
Organisation, welche einer bedürftigen Person im Rahmen einer gerichtlichen
Auseinandersetzung Rechtsbeistand leistet, ohne hiefür Beiträge, Prämien oder
sonst eine Entschädigung zu verlangen, die verfassungsrechtliche Aufgabe des
Staates übernimmt, den Mittellosen den Zugang zum gerichtlichen Rechtsschutz zu
ermöglichen. Die Organisation steht anstelle des Staates gleichsam für die
Bedürftigkeit ein. Dies vermag nichts daran zu ändern, dass es sich bei der
Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung von Verfassungs wegen primär um
eine staatliche Aufgabe handelt. Soweit die Organisation im Anwendungsbereich
von Art. 29 Abs. 3 BV tätig wird, sind ihre Leistungen zum Rechtsanspruch auf
unentgeltlichen Rechtsbeistand folglich subsidiär. Der Anspruch der
rechtsuchenden Person gegen den Staat wird nicht durch den (mitunter
zufälligen) Beizug einer gemeinnützigen Rechtsberatungsstelle konsumiert (vgl.
BGE 122 V 278 E. 3e/aa S. 280). Die unentgeltliche Rechtsverbeiständung gemäss
Art. 29 Abs. 3 BV soll nicht schon deshalb entfallen, weil die von der
Beschwerdeführerin beigezogene Anwältin für eine gemeinnützige Einrichtung
arbeitet, die kostenfrei tätig ist.
7.4
7.4.1 Die Subsidiarität des von einer Organisation gewährten Rechtsbeistandes
kann hingegen im Verhältnis zum verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf
unentgeltliche Rechtsverbeiständung nur nach Massgabe folgender Bedingungen
angenommen werden: Die Organisation, in deren Dienst die patentierte Anwältin
oder der patentierte Anwalt prozessiert, muss einen gemeinnützigen Zweck
verfolgen; sie muss ihr Angebot ohne erheblichen Kostenersatz zur Verfügung
stellen und schliesslich die spezifische Interessenwahrung im sozialrechtlichen
Bereich bezwecken (Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge [1. und 2.
Säule]; Sozialhilfe; Invaliden-, Kranken- und Unfallversicherung sowie
Arbeitslosenversicherungsrecht usw.; vgl. Art. 34 f. BGerR). Ist sie hingegen
allgemein in der Beratung und Interessenwahrung tätig, sei es beruflicher, sei
es privater Richtung, fällt eine sozialrechtlich motivierte unentgeltliche
Verbeiständung ausser Betracht. Hiebei bestimmt sich der Begriff der
Gemeinnützigkeit nach Art. 56 lit. g DBG bzw. Art. 8 Abs. 2 BGFA (vgl. Hansjörg
Seiler, in: Bundesgerichtsgesetz [BGG], 2007, N. 33 zu Art. 64 BGG; FELLMANN/
ZINDEL, Kommentar zum Anwaltsgesetz, 2005, N. 57 zu Art. 8 BGFA). Die
verfolgten Zwecke müssen aus gesellschaftlicher Gesamtsicht als fördernswert
erscheinen, was auf sozialrechtliche Unterstützungsorganisationen regelmässig
zutrifft (MARCO GRETER, in: Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht I/2a,
2008, 2. Aufl., N. 29 zu Art. 56 DBG). Darüber hinaus können nur patentierte
Anwälte von spezifisch sozialrechtlich tätigen Organisationen als
unentgeltliche Rechtsbeistände bestellt werden, wobei sie die Bedingungen
erfüllen müssen, um sich in das Anwaltsregister eintragen zu lassen (Art. 8
Abs. 2 BGFA; Hansjörg Seiler, a.a.O., N. 32 f. zu Art. 64 BGG).
7.4.2 Keine Subsidiarität ist gegeben, wenn die Organisation zwar im konkreten
Einzelfall Rechtsbeistand anbietet, ohne eine Entschädigung zu verlangen,
hingegen ihre Aufwände planmässig mittels zuvor erbrachter Beiträge oder
Prämien derjenigen Personen deckt, die als Gegenleistung die Rechtsvertretung
in Anspruch nehmen können, wie das etwa bei Rechtsschutzversicherungen,
Berufsverbänden oder Gewerkschaften der Fall ist (Urteile U 66/04 vom 14.
Oktober 2004 E. 8.3 und I 644/03 vom 24. Juni 2004 E. 4.2); denn diesfalls sind
die Auslagen gedeckt und ein Eintreten für eine allenfalls bestehende
Bedürftigkeit anstelle des Staates findet nicht statt. Zudem mangelt es am
Erfordernis der Gemeinnützigkeit (MARCO GRETER, a.a.O., N. 31 zu Art. 56 DBG;
RICHNER/FREI/KAUFMANN, Handkommentar zum DBG, 2003, N. 60 zu Art. 56 DBG). Am
gemeinnützigen Charakter ändert hingegen nichts, wenn die vertretene Person den
Antrag auf unentgeltliche Verbeiständung stellt und das Tätigwerden der
Organisation von Seiten des Staates unter diesem Titel nachträglich entschädigt
wird. Es gilt namentlich zu beachten, dass die Beratungsstelle die
Rechtsverbeiständung unabhängig davon anbietet, ob jeweils die Voraussetzungen
gemäss Art. 29 Abs. 3 BV erfüllt sind. Allerdings ist nicht schon auf
Gemeinnützigkeit zu schliessen, wenn eine Einrichtung die Gewährleistung des
unentgeltlichen Zugangs zum Gericht im Sinne von Art. 29 Abs. 3 BV bezweckt. Es
kommt zusätzlich darauf an, ob die gerichtliche Auseinandersetzung
Rechtsgebiete beschlägt, die aus Sicht der Beratungsstelle gemeinnütziger
Zweckverfolgung zugeordnet werden können, was bei sozialrechtlichen Verfahren
der Fall ist (E. 7.4.1 hievor; MARCO GRETER, a.a.O., N. 29 zu Art. 56 DBG).

8.
Die Berner Rechtsberatungsstelle für Menschen in Not erfüllt sämtliche der
angeführten Erfordernisse. Sie bietet in gemeinnütziger Weise rechtliche
Beratung und Unterstützung in den Bereichen u.a. des Sozialversicherungsrechts
und des Sozialhilferechts an. Sie verlangt weder Beiträge, noch erhebt sie
Prämien. Sodann ist die für die Beratungsstelle tätige Fürsprecherin Katerina
Baumann im kantonalen Anwaltsregister eingetragen (Art. 8 Abs. 2 BGFA). Das
kantonale Gericht hat die Bedürftigkeit der Beschwerdeführerin festgestellt und
das angehobene Verfahren für nicht aussichtslos erklärt. Die vorinstanzliche
Rechtsauffassung, wonach die durch die Beratungsstelle kostenlos erbrachte
Rechtsvertretung der Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung
entgegenstehe, hält nach dem Gesagten der Überprüfung nicht stand. Die
Voraussetzungen zur Bewilligung der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung im
kantonalen Verfahren sind mit Blick auf Art. 29 Abs. 3 BV und Art. 61 lit. f
ATSG erfüllt.

9.
Gestützt auf Art. 64 Abs. 1 BGG ist die unentgeltliche Rechtspflege (Befreiung
von Gerichtskosten und Bezeichnung der Fürsprecherin Frau Katerina Baumann als
amtliche Rechtsvertreterin) im Verfahren vor Bundesgericht zu gewähren. Es wird
indessen ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach die
Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten hat, wenn sie später dazu in der
Lage ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird, soweit darauf einzutreten ist, teilweise gutgeheissen.
Ziffer 3 des Entscheids des Verwaltungsgerichtes des Kantons Bern vom 3. März
2008 wird bezüglich der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung aufgehoben. Im
Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen.

2.
Die Sache wird zur Ernennung der unentgeltlichen Rechtsbeiständin und zur
Festsetzung ihrer Entschädigung an die Vorinstanz zurückgewiesen.

3.
Der Beschwerdeführerin wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.

4.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt,
indes vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

5.
Fürsprecherin Katerina Baumann, Bern, wird als unentgeltliche Anwältin der
Beschwerdeführerin bestellt, und es wird ihr für das bundesgerichtliche
Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'500.--
ausgerichtet.

6.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des Kantons Bern
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 20. November 2008
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Ettlin