Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 339/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_339/2008

Urteil vom 27. Mai 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiber Nussbaumer.

Parteien
G.________, Neuseeland,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle für Versicherte im Ausland,
Avenue Edmond-Vaucher 18, 1203 Genf,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid
des Bundesverwaltungsgerichts
vom 28. Februar 2008.

Sachverhalt:
Mit Verfügung vom 28. Dezember 2007 lehnte die IV-Stelle für Versicherte im
Ausland das Gesuch der G.________, wohnhaft in Neuseeland, mangels
rentenbegründender Invalidität ab.
Auf die hiegegen erhobene Beschwerde trat das Bundesverwaltungsgericht mit
Entscheid vom 28. Februar 2008 wegen Verspätung nicht ein.
G.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit dem
Antrag, es sei auf die vorinstanzliche Beschwerde einzutreten.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht - hier Art. 21 Abs. 1 und 50 VwVG - von Amtes wegen an (Art.
106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend
gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann
eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es
kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das Bundesgericht,
unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art.
42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die
rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1
S. 254).

1.2 Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG) und kann deren
Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn
sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine unvollständige
Sachverhaltsfeststellung stellt eine vom Bundesgericht ebenfalls zu
korrigierende Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 lit. a BGG dar (Seiler/von
Werdt/Güngerich, Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Bern 2007 N 24 zu Art.
97).

2.
2.1 Nach Art. 69 Abs. 1 lit. b IVG sind Verfügungen der IV-Stelle für
Versicherte im Ausland in Abweichung von den Art. 52 und 58 ATSG direkt beim
Bundesverwaltungsgericht anfechtbar. Die Beschwerde ist innerhalb von 30 Tagen
nach der Eröffnung der Verfügung einzureichen (Art. 60 Abs. 1 ATSG).
Schriftliche Eingaben müssen spätestens am letzten Tag der Frist der Behörde
eingereicht oder zu desen Handen der Schweizerischen Post oder einer
schweizerischen diplomatischen oder konsularischen Vertretung übergeben werden
(Art. 39 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 60 Abs. 2 ATSG; Art. 21 Abs. 1 VwVG).

2.2 Nach der Rechtsprechung genügt die Aufgabe der Sendung bei einer
ausländischen Poststelle - anderslautende staatsvertragliche Bestimmungen
vorbehalten - für die Wahrung der Rechtsmittelfrist nicht. Um sich gegenüber
einer im Ausland wohnhaften Person auf die in Art. 21 Abs. 1 VwVG (resp. Art.
39 Abs. 1 ATSG) enthaltene Regel berufen zu können, wonach eine
Beschwerdeschrift der Schweizerischen Post zu übergeben ist, muss die
Verwaltung jedoch diese Gesetzesbestimmung in der Rechtsmittelbelehrung
wörtlich wiedergeben, andernfalls auf die Beschwerde als Folge unrichtiger
Rechtsmittelbelehrung einzutreten ist, wenn sie innert Frist bei der
ausländischen Post aufgegeben wurde (BGE 125 V 65 E. 4 S. 67 f.; SVR 2004 AHV
Nr. 8 S. 27; Urteil C. vom 28. Juli 2005, H 35/04; Kathrin Amstutz/Peter
Arnold, Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, N 12 zu Art. 49 BGG, S.
425).

3.
3.1 Nach der Feststellung der Vorinstanz wurde die angefochtene Verfügung der
Beschwerdeführerin am 16. Januar 2008 eröffnet. Die Beschwerdeführerin hat die
Beschwerde vom 11. Februar 2008 wie auch die gleichlautende Eingabe an die
IV-Stelle am 12. Februar 2008 der neuseeländischen Post übergeben. Nach der
Feststellung der Vorinstanz sind die beiden Sendungen erst am 16. Februar 2008
von der Schweizerischen Post zur Weiterleitung empfangen worden.

3.2 Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Verfügung vom 28. Dezember 2007
enthalte lediglich eine Orientierung über die Beschwerdefrist und die Adresse
der Vorinstanz. Hingegen fehle ein Hinweis darauf, dass die Beschwerde auch an
die Schweizerische Botschaft in Wellington hätte gesendet werden können.

3.3 Die rentenablehnende Verfügung vom 28. Dezember 2007 enthält folgende
Rechtsmittelbelehrung:
"Eine allfällige Beschwerde gegen diese Verfügung kann beim unten erwähnten,
zuständigen Gericht innert 30 Tagen seit der Eröffnung eingereicht werden:

Bundesverwaltungsgericht
Postfach
CH-3000 Bern 14"
samt dem Hinweis, dass die Frist nicht verlängert werden könne und mit dem
Hinweis auf Inhalt und Form der Beschwerde sowie die Kostenpflicht des
Beschwerdeverfahrens. Diese Rechtsmittelbelehrung ist nach der Rechtsprechung
bei im Ausland wohnhaften Personen ungenügend, da der Inhalt von Art. 39 Abs. 1
ATSG (vgl. auch Art. 21 Abs. 1 VwVG) darauf nicht wiedergegeben worden ist. Die
Beschwerdefrist von 30 Tagen endete am 15. Februar 2008, 24.00 Uhr. Die am 12.
Februar 2008 der neuseeländischen Post übergebene vorinstanzliche Beschwerde
ist daher nach der erwähnten Rechtsprechung (E. 2.2) als rechtzeitig zu
betrachten. Es kann daher offenbleiben, ob die erstmals am 16. Februar 2008,
00.00 Uhr, durch das Briefzentrum International Zürich (Bestätigung der Post
vom 25. Februar 2008) elektronisch erfasste Beschwerde nicht schon am 15.
Februar 2008 in den Herrschaftsbereich der Schweizerischen Post gelangt ist.

4.
Umständehalber wird auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet (Art. 66
Abs. 1 in fine BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
In Gutheissung der Beschwerde wird der vorinstanzliche Entscheid vom 28.
Februar 2008 aufgehoben und die Sache an das Bundesverwaltungsgericht
zurückgewiesen, damit dieses auf die Beschwerde vom 11. Februar 2008 bei
Vorliegen der weiteren Prozessvoraussetzungen eintrete und sie materiell
behandle.

2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesverwaltungsgericht und dem Bundesamt
für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 27. Mai 2008

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Nussbaumer