Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 331/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_331/2008

Urteil vom 4. September 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Seiler,
Gerichtsschreiberin Dormann.

Parteien
G.________, Rechtsanwalt, Beschwerdeführer,

gegen

Versicherungsgericht des Kantons Solothurn, Amthaus 1, 4500 Solothurn,
Beschwerdegegner.

Gegenstand
Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn
vom 18. März 2008.

Sachverhalt:

A.
Der 1954 geborene M.________ war über seine damalige Arbeitgeberin bei der
Winterthur-Columna Sammelstiftung BVG Bern (nachfolgend: Winterthur-Columna)
berufsvorsorgerechtlich versichert, als er am 24. Juni 2001 bei einen
Motorradunfall u.a. eine Thoraxkontusion und Rippenbrüche erlitt. In der Folge
blieb er im Umfang von 100 resp. 50 Prozent arbeitsunfähig. Die Arbeitgeberin
löste das Arbeitsverhältnis auf den 28. Februar 2002 auf.

Nach erfolgter Anmeldung zum Leistungsbezug und Abklärungen sprach die
IV-Stelle des Kantons Solothurn M.________ bei einem Invaliditätsgrad von 63 %
ab 1. Juni 2002 eine halbe Invalidenrente und ab 1. Januar 2004 eine
Dreiviertelsrente zu. Die Winterthur-Columna verneinte mit Schreiben vom 6.
September 2006 eine Leistungspflicht mit der Begründung, die Arbeitsfähigkeit
aus Sicht der Unfallfolgen sei als 100 % taxiert worden und aus der
Rentenverfügung der IV-Stelle sei ersichtlich, dass seit 24. Juni 2002 zudem
unfallfremde Leiden vorlägen.

B.
Am 6. November 2006 erhob Rechtsanwalt G.________ für M.________ beim
Versicherungsgericht des Kantons Solothurn Klage und beantragte, die
Winterthur-Columna sei zur Leistung einer halben Invaliditätsrente ab 24. Juni
2001 und einer Dreiviertelsrente ab 1. Januar 2004 zu verpflichten,
vorbehältlich allfälliger Koordinationsbestimmungen gemäss Gesetz und
einschlägigem Reglement. Auf Gesuch hin wurde er ab Prozessbeginn als
unentgeltlicher Rechtsbeistand bestellt. Das Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn wies die Klage des M.________ nach Abklärungen und Durchführung eines
zweifachen Schriftenwechsels mit Entscheid vom 18. März 2008 ab und
verpflichtete den Staat Solothurn, vertreten durch die Gerichtskasse,
Rechtsanwalt G.________ eine Entschädigung von pauschal Fr. 2'000.- (inkl.
Auslagen und Mehrwertsteuer) zu bezahlen.

C.
G.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
beantragt, es sei in Aufhebung von Ziffer 2 des Entscheides vom 18. März 2008
die Kostennote in der Höhe von Fr. 2'000.- zu erhöhen sowie die geltend
gemachte Kostennote von Fr. 5'093.90 zu genehmigen und durch den Staat
Solothurn zu vergüten.

Erwägungen:

1.
Nach Art. 89 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen
hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat, durch den angefochtenen
Entscheid oder Erlass besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an
dessen Aufhebung oder Änderung hat. Im Streit um die Höhe seines Honorars ist
der unentgeltliche Rechtsbeistand zur Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten berechtigt (Urteil 8C_90/2007 vom 12. März 2008 E. 4.1 mit
Hinweisen; vgl. BGE 131 V 153 E. 1 S. 155).

Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die
Verletzung von Bundesrecht (Art. 95 lit. a BGG) und von kantonalen
verfassungsmässigen Rechten (Art. 95 lit. c BGG) gerügt werden.

2.
Der Beschwerdeführer rügt vorab die Verletzung des rechtlichen Gehörs durch die
Vorinstanz, indem diese die Höhe der Entschädigung festgesetzt habe, ohne ihm
Gelegenheit zur Einreichung seiner Kostennote einzuräumen.

2.1 Aus Art. 29 Abs. 2 BV ergibt sich kein Anspruch auf eine separate Anhörung
zu der vom Gericht ins Auge gefassten Kosten- und Entschädigungsregelung; die
betroffene Person hat im Rahmen ihrer Ausführungen zur Sache ohne weiteres
Gelegenheit, sich hierzu vorgängig zu äussern (BGE 115 Ia 101 E. 2 S. 102 f.;
Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts B 15/05 vom 29. März 2006 E. 10.1 [SVR
2006 BVG Nr. 26 S. 98 ff.]; Urteil C 33/07 vom 5. November 2007 E. 5.5).
Inwiefern sich insbesondere gestützt auf eine kantonale Bestimmung bezüglich
der Entschädigungsfrage ein über die bundesverfassungsrechtliche
Minimalgarantie hinausgehender Anspruch auf Stellungnahme ergäbe, ist nicht
ersichtlich und legt der Beschwerdeführer auch nicht dar.

2.2 Nach § 180 Abs. 1 des vorliegend anwendbaren Kantonsratsbeschlusses vom 24.
Oktober 1979 über den Gebührentarif (Bereinigte Gesetzessammlung Kanton
Solothurn [BGS] 615.11; nachfolgend: Gebührentarif) hat die zur Kostenforderung
berechtigte Partei die Kostennote bei der Erledigung der Hauptsache
unentgeltlich zu den Akten zu geben. Wird die Kostennote nicht eingereicht, so
legt der Richter die Parteientschädigung in einer Pauschalsumme nach § 181 fest
(§ 180 Abs. 2 Gebührentarif; vgl. E. 4.2). Es ist somit nicht Sache der
kantonalen Gerichtsinstanz, von Amtes wegen eine Kostennote einzuholen (Urteil
des Eidg. Versicherungsgerichts B 15/05 vom 29. März 2006 E. 10.2.1 [SVR 2006
BVG Nr. 26 S. 98 ff.] mit Hinweisen).

2.3 Es steht fest und ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer keiner seiner
Eingaben (Klage vom 6. November 2006, Replik vom 27. April 2007, Stellungnahme
vom 11. Januar 2008) eine Kostennote beigelegt oder auch nur deren Einreichung
vorbehalten hat. Es wäre an ihm gewesen, seinen Aufwand rechtzeitig zu
substantiieren; tat er dies nicht, durfte das Versicherungsgericht die
Entschädigung ohne Verfassungsverletzung gestützt auf die vorhandenen
Unterlagen festlegen.

3.
Der Beschwerdeführer bemängelt ferner die Höhe der auf Fr. 2'000.-
veranschlagten Entschädigung als willkürlich tief.

3.1 Gemäss Art. 9 BV hat jede Person Anspruch darauf, von den staatlichen
Organen ohne Willkür behandelt zu werden. Eine Entscheidung ist willkürlich,
wenn sie eine Norm oder einen klaren und unumstrittenen Rechtsgrundsatz
offensichtlich schwer verletzt, sich mit sachlichen Gründen schlechthin nicht
vertreten lässt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken
zuwiderläuft. Willkürliche Rechtsanwendung liegt nicht schon vor, wenn eine
andere Lösung in Betracht zu ziehen oder sogar vorzuziehen wäre (BGE 131 I 57
E. 2 S. 61 und 129 I 8 E. 2.1 S. 9). Willkür kann namentlich als klare und
schwere Verletzung kantonalen Rechts über die Bemessung der Entschädigung oder
als schlechthin unhaltbare Betätigung in dem vom Bundes- und kantonalen Recht
eröffneten Ermessensbereich auftreten (Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts I
580/97 vom 26. Februar 1999 E. 3a [AHI 1999 S. 182 ff.]). Im letzteren Fall
kann die Festsetzung eines Anwaltshonorars wegen Verletzung von Art. 9 BV nur
aufgehoben werden, wenn sie ausserhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu den
mit Blick auf den konkreten Fall notwendigen anwaltlichen Bemühungen steht und
in krasser Weise gegen das Gerechtigkeitsgefühl verstösst (Urteil 1P.201/2000
vom 22. Juni 2000 E. 2b in fine und Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts B 15
/05 vom 29. März 2006 E. 11.1.2 [SVR 2006 BVG Nr. 26 S. 98 ff.] mit Hinweisen).

3.2 Nach § 181 Gebührentarif setzt der Richter die Parteientschädigung nach dem
Umfang der Bemühungen, der Wichtigkeit und Schwierigkeit der Sache und den
Vermögensverhältnissen der Parteien in einer Pauschalsumme fest.

Dem erstinstanzlichen Gericht ist bei der Bemessung der Entschädigung ein
weiter Ermessensspielraum einzuräumen (BGE 114 V 83 E. 4b S. 87; ZAK 1989 S.
254 E. 4b, je mit Hinweisen). Im Rahmen seines Ermessens hat das
erstinstanzliche Gericht für die Bestimmung der Höhe des Anwaltshonorars die
Wichtigkeit und Schwierigkeit der Streitsache, den Umfang der Arbeitsleistung
und den Zeitaufwand des Anwaltes zu berücksichtigen (BGE 114 V 83 E. 4b S. 87).
Als Grundsatz gilt, dass die Parteientschädigung nur den objektiv
erforderlichen Vertretungsaufwand umfassen soll (Urteil des Eidg.
Versicherungsgerichts B 15/05 vom 29. März 2006 E. 11.3.1 [SVR 2006 BVG Nr. 26
S. 98 ff.] mit Hinweisen).

3.3 Die Vorinstanz hat dem Beschwerdeführer eine Entschädigung in Höhe von Fr.
2'000.- zugesprochen. Der Beschwerdeführer macht einen Zeitaufwand von
insgesamt 22,75 Stunden geltend. Die entsprechende detaillierte und erst im
letztinstanzlichen Verfahren eingereichte Kostennote kann als unzulässiges
Novum jedoch nicht berücksichtigt werden (Art. 99 Abs. 1 BGG).

Die Streitsache - Anspruch auf eine Invalidenrente aus beruflicher Vorsorge -
ist für den Versicherten von grosser Bedeutung. Die Schwierigkeit des Falles
ist jedoch eher als gering zu werten: Einerseits ist das Verfahren vom
Untersuchungsgrundsatz beherrscht (vgl. Art. 73 Abs. 2 BVG); andererseits
drehte sich der Streit bereits vorprozessual wie im vorinstanzlichen Verfahren
hauptsächlich nur um die Frage, ob zwischen Arbeitsunfähigkeit und Invalidität
ein enger sachlicher Zusammenhang besteht, d.h. der Gesundheitsschaden, wie er
der Invalidität zugrunde liegt, im Wesentlichen bereits Ursache der
Arbeitsunfähigkeit während des Vorsorgeverhältnisses war. Bei der Bemessung der
Entschädigung aus unentgeltlicher Verbeiständung war weiter zu berücksichtigen,
dass der Anwalt seinen Klienten bereits seit dem 3. Oktober 2001 in
sozialversicherungsrechtlichen Angelegenheiten, insbesondere in den auf den
gleichen tatsächlichen Verhältnissen beruhenden Verfahren betreffend Unfall-
und Invalidenversicherung, vertreten hatte. Insofern konnte er bei der
Bearbeitung der Klage und der weiteren Rechtsschriften von seinen Vorarbeiten
profitieren (vgl. Urteil C 33/07 vom 5. November 2007 E. 5.4 und Urteil des
Eidg. Versicherungsgerichts B 15/05 vom 29. März 2006 E. 11.4.2 [SVR 2006 BVG
Nr. 26 S. 98 ff.]). Bei einem verfassungsrechtlich zulässigen
Mindeststundenansatz von Fr. 180.- (BGE 132 I 201 E. 8.7 S. 217 f.) resultiert
ein Zeitaufwand von rund 11 Stunden. Mit Blick auf die erwähnten Umstände liegt
die im angefochtenen Entscheid festgesetzte Entschädigung für das
vorinstanzliche Verfahren zwar an der unteren Grenze des dem kantonalen Gericht
zustehenden Ermessensspielraums. Von einer rechtsfehlerhaften Ermessensausübung
im Sinne einer willkürlichen Umsetzung der kantonalen Normen kann jedoch nicht
gesprochen werden.

4.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten dem
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesamt für Sozialversicherungen und der
Winterthur-Columna Sammelstiftung BVG Bern schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 4. September 2008

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Meyer Dormann