Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 289/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_289/2008

Urteil vom 19. August 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Seiler,
Gerichtsschreiber Ettlin.

Parteien
O.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Advokatin Ariane Ursprung Röösli,
Advokatur und Notariat Stadthof, Hauptstrasse 47, 4153 Reinach,

gegen

IV-Stelle Basel-Landschaft, Hauptstrasse 109, 4102 Binningen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft vom 23.
November 2007.

Sachverhalt:
-
Der 1968 geborene O.________ meldete sich am 27. September 2002 wegen
psychischer Beschwerden zum Bezug von Leistungen bei der Invalidenversicherung
an. Gestützt auf die beruflichen und medizinischen Abklärungen, insbesondere
das Gutachten des Dr. med. A.________, Facharzt für Psychiatrie und
Psychotherapie, vom 24. März 2003 sprach die IV-Stelle Basel-Landschaft mit
Verfügung vom 18. Juni 2003 ab dem 1. Oktober 2002 eine ganze Invalidenrente
zu.

Im März 2005 leitete die IV-Stelle ein Rentenrevisionsverfahren ein. Die von
Dr. med. W.________, Spezialarzt für Psychiatrie und Psychotherapie, erstellte
Expertise datiert vom 2. Oktober 2005. Gestützt darauf verfügte die IV-Stelle
am 25. November 2005 ab dem 1. Januar 2006 die Reduktion der ganzen auf eine
halbe Invalidenrente (Invaliditätsgrad von 55%). Daran hielt sie auf erhobene
Einsprache hin fest (Entscheid vom 3. April 2007).
-
Die von O.________ gegen den Einspracheentscheid vom 3. April 2007 eingereichte
Beschwerde wies das Kantonsgericht Basel-Landschaft mit Entscheid vom 23.
November 2007 ab.
-
O.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, es sei unter Aufhebung des angefochtenen Entscheides
rückwirkend ab 1. Oktober 2005 bis auf weiteres eine ganze Rente der
Invalidenversicherung zuzusprechen; eventualiter sei die Sache zu weiterer
Sachverhaltsabklärung an die IV-Stelle zurückzuweisen. Ihm sei zudem die
unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren.

Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichten auf eine
Stellungnahme.

Erwägungen:
-
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG)
kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG).
Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von
Artikel 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des
Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt
seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es
kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen
oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).
-
Das kantonale Gericht hat den Begriff der Invalidität erwerbstätiger
Versicherter (Art. 8 Abs. 1 ATSG) richtig wiedergegeben und zutreffend die
gesetzlichen Bestimmungen zum Umfang des Rentenanspruches (Art. 28 Abs. 1 IVG)
und zur Bemessung des Invaliditätsgrades nach der Einkommensvergleichsmethode
(Art. 16 ATSG) dargelegt. Der angefochtene Entscheid erwähnt überdies korrekt
Art. 17 Abs. 1 ATSG, woraus sich die Voraussetzungen für eine Rentenrevision
ergeben, und es kann ihm entnommen werden, dass zeitlicher Ausgangspunkt für
die Beurteilung einer anspruchserheblichen Änderung des Invaliditätsgrades die
letzte rechtskräftige Verfügung ist, welche auf einer materiellen Prüfung des
Rentenanspruchs beruht (BGE 133 V 108 E. 5.4 S. 114). Darauf und auf die
angeführten Anforderungen an den Beweiswert von Arztberichten (BGE 125 V 351 E.
3a S. 352, 122 V 157 E. 1c S. 160) kann verwiesen werden. Zu ergänzen ist, dass
gemäss Art. 88a Abs. 1 IVV eine anspruchsbeeinflussende Änderung für die
Herabsetzung oder Aufhebung der Leistung von dem Zeitpunkt an zu
berücksichtigen ist, in dem angenommen werden kann, dass sie voraussichtlich
längere Zeit dauern wird. Sie ist in jedem Fall zu berücksichtigen, nachdem sie
ohne wesentliche Unterbrechung drei Monate angedauert hat und voraussichtlich
weiterhin andauern wird.
-
- Streitig und zu prüfen ist, ob die Verwaltung unter dem Titel der
Rentenrevision die bis anhin ausgerichtete ganze zu Recht auf eine halbe
Invalidenrente reduziert hat.
- Die Vorinstanz hat dem psychiatrischen Gutachten des Dr. med. W.________ vom
2. Oktober 2005 vollen Beweiswert zuerkannt und dafür gehalten, die Expertise
sei für die streitigen Belange umfassend, beruhe auf allseitigen Untersuchungen
und berücksichtige die geklagten Beschwerden. In der Darlegung der
medizinischen Zusammenhänge und in der Beurteilung der medizinischen Situation
leuchte sie ein und zeichne ein verlässliches Gesamtbild des
Gesundheitszustandes. Sodann habe Dr. med. W.________ das Gutachten in Kenntnis
der Vorakten abgegeben. Indizien, welche gegen die Zuverlässigkeit der
Expertise sprächen, bestünden keine. So verweise Dr. med. F.________,
Spezialarzt für Psychiatrie und Psychotherapie, in seinem Bericht vom 29. April
2005 lediglich auf das Gutachten des Dr. med. A.________ vom 24. März 2003,
ohne selbst eine Diagnose zu stellen und die von ihm abgegebene Schätzung einer
vollständigen Arbeitsunfähigkeit begründe er nicht. Gleiches gelte für die
Berichterstattung der Frau Dr. med. K.________, Allgemeine Medizin, vom 12.
April 2005, welcher mangels einer gestellten Diagnose keine eigenständige
Bedeutung zukomme.
- Die vom Beschwerdeführer zur Begründung einer bundesrechtswidrigen
Beweiswürdigung (Art. 95 lit. a BGG) vorgebrachten Einwände dringen nicht
durch. Überzeugend und nachvollziehbar kann dem angefochtenen Entscheid vom 23.
November 2007 entnommen werden, weshalb den Berichten der Dres. med. F.________
und K.________ beweismässig kein ausschlaggebendes Gewicht beizumessen ist,
woraus folgt, dass es keinen Mangel darstellt, wenn sich Dr. med. W.________
hiemit nicht in weitergehender Weise befasst hat. Keine rechtsfehlerhafte
Beweiswürdigung kann aus der Rüge hergeleitet werden, das vorinstanzliche
Gericht habe die Ausführungen der Sozialen Dienste der Stadt X.________
ignoriert. Der als Einsprache gegen die Verfügung vom 25. November 2005
abgegebenen Darstellung der Behörde kommt mit Blick auf den medizinischen
Charakter des zu beweisenden Sachverhaltes keine erhebliche Bedeutung zu. Mit
Bezug auf die Berichterstattung des Dr. med. F.________ vom 30. April 2007 und
das Schreiben der Sozialen Dienste der Stadt X.________ vom 4. April 2008 gilt,
dass für die Beurteilung in zeitlicher Hinsicht der Sachverhalt von Belang ist,
wie er sich bis zum Einspracheentscheid vom 3. April 2007 entwickelt hat (BGE
129 V 1 E. 1.2 S. 4); für die hier zu beurteilende Sache ist aus den später
ergangenen Stellungnahmen somit nichts abzuleiten.

Die vorinstanzliche Beweiswürdigung ist inhaltsbezogen, sorgfältig, umfassend
und objektiv erfolgt, weshalb sie vor Bundesrecht ohne weiteres stand hält
(Art. 95 lit. a BGG; BGE 125 V 351 E. 3 S. 352 ff., 122 V 157 E. 1c S. 160 ff.,
je mit Hinweisen; Urteil U 571/06 vom 29. Mai 2007 E. 4.2).
-
Die auf der Basis des Gutachtens vom 2. Oktober 2005 getroffene Feststellung
der Vorinstanz, der Gesundheitszustand habe sich seit Juni 2003 in der Weise
geändert, dass nunmehr eine Leistungsfähigkeit von 50% in einer dem Leiden
angepassten Tätigkeit bestehe, ist nicht offensichtlich unrichtig, weshalb sie
das Bundesgericht bindet (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 1 BGG). Da der
rechtserhebliche Sachverhalt rechtsgenüglich abgeklärt worden ist, durfte die
Vorinstanz ohne Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes auf die Anordnung
weiterer Beweismassnahmen in antizipierter Beweiswürdigung verzichten (vgl. BGE
124 V 90 E. 4b S. 94, 122 V 157 E. 1d S. 162). Dem Antrag, es sei die Sache zur
Vornahme ergänzender Abklärungen zurückzuweisen, ist daher nicht zu
entsprechen. Keine Beanstandung erfährt der von der Vorinstanz mit 50%
festgestellte Invaliditätsgrad, weshalb sich Weiterungen erübrigen.
-
Dem Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist stattzugeben, da der Prozess
nicht aussichtslos erscheint, die Partei bedürftig und die anwaltliche
Verbeiständung geboten ist (Art. 64 BGG; vgl. BGE 125 V 201 E. 4a S. 202 und
371 E. 5b S. 372). Es wird ausdrücklich auf Art. 64 Abs. 4 BGG hingewiesen,
wonach die Partei der Gerichtskasse Ersatz zu leisten hat, wenn sie später dazu
in der Lage ist.

Demnach erkennt das Bundesgericht:
-
Die Beschwerde wird abgewiesen.
-
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt.
-
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes
vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.
-
Advokatin Ariane Ursprung Röösli, Reinach, wird als unentgeltliche Anwältin des
Beschwerdeführers bestellt, und es wird ihr für das bundesgerichtliche
Verfahren aus der Gerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2'685.45
ausgerichtet.
-
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung
Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 19. August 2008
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Ettlin