Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 178/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_178/2008

Urteil vom 15. Juli 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Borella,
Gerichtsschreiberin Dormann.

Parteien
A.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwältin
Ursula Reger-Wyttenbach,
Schaffhauserstrasse 18, 8006 Zürich,

gegen

Winterthur-Columna Sammelstiftung BVG, Paulstrasse 9, 8400 Winterthur,
Beschwerdegegnerin,

Winterthur-Columna Stiftung für die berufliche Vorsorge Winterthur, Paulstrasse
9, 8400 Winterthur,

Helvetia Sammelstiftung für Personalvorsorge, St. Alban-Anlage 26, 4052 Basel,

Pensionskasse Swiss Dairy Food SA,
Weststrasse 9, 3005 Bern,
vertreten durch Fürsprecher Dr. Bernhard Berger, Kapellenstrasse 14, 3011 Bern,

Stiftung Auffangeinrichtung BVG, Zweigstelle Deutschschweiz, Binzstrasse 15,
8045 Zürich.
Gegenstand
Berufliche Vorsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich
vom 16. Januar 2008.

Sachverhalt:

A.
Der 1950 geborene A.________ war über seine damalige Arbeitgeberin bei der
Pensionskasse Swiss Dairy Food AG im Rahmen der beruflichen Vorsorge
versichert, als bei ihm im August 1996 ein Gehirntumor diagnostiziert und
operativ teilweise entfernt wurde. Ab Juni 1997 arbeitete er wieder
vollzeitlich. Vom 1. März 2001 bis 31. Januar 2002 war A.________ bei der
X.________ AG angestellt, wobei er bei der Columna-Sammelstiftung der
Schweizerischen Volksbank für die berufliche Vorsorge (heute:
Winterthur-Columna Sammelstiftung BVG, Bern [nachfolgend: Winterthur-Columna
Sammelstiftung]) berufsvorsorgeversichert war. Infolge eines weiteren
Stellenwechsels war er ab 1. Februar 2002 bei der Patria-Stiftung zur Förderung
der Personalversicherung (heute: Helvetia Sammelstiftung für Personalvorsorge)
versichert. Die Arbeitgeberin löste das Arbeitsverhältnis während der Probezeit
auf. Ab 1. April 2002 war A.________ bei der Arbeitslosenversicherung
angemeldet und bei der Stiftung Auffangeinrichtung BVG versichert.
Nachdem sich sein Gesundheitszustand aufgrund einer Tumorprogredienz
verschlechtert hatte, sprach ihm die IV-Stelle des Kantons Zürich ab 1.
September 2003 eine halbe und ab 1. April 2004 eine ganze Rente der
Invalidenversicherung zu, was sie mit Einspracheentscheid vom 16. August 2005
bestätigte.

B.
Am 26. Mai 2006 liess A.________ beim Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich Klage gegen die Winterthur-Columna Sammelstiftung erheben und
beantragen, diese sei gestützt auf den mit der X.________ AG geschlossenen
Personalvorsorgevertrag zu verpflichten, die ihm aus BVG und Reglement
zustehenden Invalidenleistungen ab 1. März 2003 unter Verzinsung von 5 %
auszurichten; die Pensionskasse Swiss Dairy Food AG, die Helvetia
Sammelstiftung für Personalvorsorge und die Stiftung Auffangeinrichtung BVG
seien beizuladen; eventualiter sei vom Gericht die leistungspflichtige
Vorsorgeeinrichtung festzustellen. Die Winterthur-Columna Sammelstiftung liess
beantragen, die Klage auf Ausrichtung von Invalidenleistungen sei abzuweisen;
der Eventualantrag auf Feststellung der leistungspflichtigen
Vorsorgeeinrichtung sei gutzuheissen und es seien die nötigen Abklärungen durch
das zuständige Sozialversicherungsgericht vorzunehmen. Das kantonale Gericht
führte einen zweifachen Schriftenwechsel durch. Die in der Folge zum Prozess
beigeladenen Vorsorgeeinrichtungen beantragten die Abweisung der Klage, soweit
sie davon betroffen sind. Nach Abklärungen wies das Sozialversicherungsgericht
des Kantons Zürich mit Entscheid vom 16. Januar 2008 die Klage ab. Dabei
bezeichnete es die Winterthur-Columna Stiftung für die berufliche Vorsorge als
Beklagte.

C.
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
und beantragen, die Winterthur-Columna Sammelstiftung sei gestützt auf den mit
der X.________ AG abgeschlossenen Personalvorsorgevertrag zu verpflichten, die
ihm aus BVG und Reglement zustehenden Invalidenleistungen ab 1. März 2003 unter
Verzinsung von 5 % auszurichten; eventualiter sei vom Gericht die
leistungspflichtige Vorsorgeeinrichtung festzustellen.
Die Winterthur-Columna Stiftung für die berufliche Vorsorge schliesst auf
Abweisung der Beschwerde; eventualiter sei ihr eine angemessene Nachfrist zur
Vernehmlassung anzusetzen. Die Winterthur-Columna Sammelstiftung beantragt, die
Beschwerde sei abzuweisen und die unrichtige Bezeichnung der Beklagten im
vorinstanzlichen Verfahren von Amtes wegen zu berichtigen. Die Helvetia
Sammelstiftung für Personalvorsorge beantragt die Abweisung der Beschwerde,
soweit sie gegen sie gerichtet ist, während die Pensionskasse Swiss Dairy Food
AG auf Nichteintreten, eventuell Abweisung des Rechtsmittels schliessen lässt.
Die Stiftung Auffangeinrichtung BVG, das kantonale Gericht und das Bundesamt
für Sozialversicherungen verzichten auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Vorinstanz hat festgestellt, der Beschwerdeführer sei während seiner
Anstellung bei der X.________ AG bei der Winterthur-Columna Stiftung für die
berufliche Vorsorge versichert gewesen und hat diese dementsprechend im Rubrum
als Beklagte aufgeführt. Dabei handelt es sich offensichtlich um ein
redaktionelles Versehen, welches ohne weiteres berichtigt werden kann (vgl. BGE
110 V 347 E. 2 S. 349; Urteil B 15/07 vom 11. September 2007 E. 2).
Beschwerdegegnerin ist die Winterthur-Columna Sammelstiftung.

2.
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem
die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die
Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den
Sachverhalt zu Grunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).

3.
3.1 Nach Auffassung der Vorinstanz ist die massgebende Arbeitsunfähigkeit mit
dem zweiten operativen Eingriff am 2. April 2004 eingetreten. Der
Beschwerdeführer macht geltend, die Invalidenversicherung richte seit September
2003 eine Rente aus, wobei sie von einer vor September 2002 eingetretenen
Arbeitsunfähigkeit ausgegangen sei. Die Vorinstanz habe ignoriert, dass im
Januar 2003 eine Tumorprogredienz festgestellt worden sei, welche eine Erhöhung
der Arbeitsunfähigkeit bewirkt habe. Weiter habe sie die Bedeutung der Berichte
der neurologischen Klinik des Spitals Z.________ verkannt. Im Bericht vom 23.
April 2002 bilde die Situation vor dem ersten operativen Eingriff die
Vergleichsbasis. Der Bericht vom 30. Oktober 2003 sei im Hinblick auf
berufliche Massnahmen erstattet worden, weshalb die Beurteilung der Fähigkeiten
des Beschwerdeführers eine einfache Bürotätigkeit und nicht den bisherigen
Beruf als Informatiker betreffe.

3.2 Anspruch auf Invalidenleistungen haben Personen, die im Sinne der IV zu
mindestens 50 Prozent invalid sind und bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit,
deren Ursache zur Invalidität geführt hat, versichert waren (Art. 23 BVG in der
bis 31. Dezember 2004 gültigen Fassung). Der Anspruch entsteht gegenüber jener
Vorsorgeeinrichtung, welcher die Person beim Eintritt der invalidisierenden
Arbeitsunfähigkeit angehört hatte. Dabei ist ein enger sachlicher und
zeitlicher Zusammenhang zwischen Arbeitsunfähigkeit und Invalidität
erforderlich (BGE 130 V 270 E. 4.1 S. 275).
Die Arbeitsunfähigkeit ist relevant, wenn sie mindestens 20 % beträgt (Urteil
9C_772/2007 vom 26. Februar 2008 E. 3.2; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts
B 48/97 vom 7. Oktober 1998 E. 1) und sich auf das Arbeitsverhältnis sinnfällig
auswirkt oder ausgewirkt hat. Es muss arbeitsrechtlich in Erscheinung treten,
dass der Versicherte im bisherigen Beruf (BGE 134 V 20 E. 5.3 S. 27) an
Leistungsvermögen eingebüsst hat, so etwa durch einen Abfall der Leistungen mit
entsprechender Feststellung oder gar Ermahnung des Arbeitgebers oder durch
gehäufte, gesundheitlich bedingte Arbeitsausfälle. Eine erst nach Jahren
rückwirkend festgelegte medizinisch-theoretische Arbeitsunfähigkeit genügt
nicht (E. 4.2 des in SZS 2003 S. 434 zusammengefassten Urteils B 13/01 vom 5.
Februar 2003; Urteil des Eidg. Versicherungsgerichts B 86/01 vom 28. Juli 2003
E. 5.3). Vielmehr muss der Zeitpunkt des Eintritts der berufsvorsorgerechtlich
relevanten Arbeitsunfähigkeit mit dem im Sozialversicherungsrecht üblichen
Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 126 V 353 E. 5b S. 360 mit
Hinweisen) echtzeitlich nachgewiesen sein. Dieser Nachweis darf nicht durch
nachträgliche Annahmen und spekulative Überlegungen ersetzt werden (Urteile
9C_96/2008 vom 11. Juni 2008 E. 2.2 und B 157/06 vom 25. Oktober 2007 E. 2.2).

4.
4.1 Die vorinstanzliche Feststellung, wonach den beteiligten
Vorsorgeeinrichtungen der Einspracheentscheid betreffend die Rente der
Invalidenversicherung nicht zugestellt worden sei, ist unbestritten und nicht
offensichtlich unrichtig. Die Vorinstanz hat zutreffend dargelegt, dass daher
keine Bindung an die Feststellungen der Organe der Invalidenversicherung
hinsichtlich des Eintritts der invalidisierenden Arbeitsunfähigkeit besteht
(BGE 130 V 270 E. 3.1 S. 273).

4.2 In Bezug auf das vom 1. März 1989 bis 28. Februar 2001 dauernde
Arbeitsverhältnis bei der Y.________ AG hat die Vorinstanz festgestellt, dass
der Beschwerdeführer ab 1. Juni 1997 wieder vollzeitlich gearbeitet habe. Er
sei vor und nach der Erkrankung in der selben Funktion als Programmierer/
Analytiker eingesetzt worden. Während der Anstellungsdauer sei er nicht mehr in
wesentlichem Umfang arbeitsunfähig geworden. Es könne auch nicht von einem
blossen Arbeitsversuch gesprochen werden. Dass diese Feststellungen
offensichtlich unrichtig seien oder auf einer Rechtsverletzung beruhten, ist
nicht ersichtlich und wird auch nicht geltend gemacht. Damit ist die
invalidisierende Arbeitsunfähigkeit nicht vor dem 1. März 2001 eingetreten.

4.3 Vom 1. März 2001 bis 31. Januar 2002 war der Beschwerdeführer bei der
X.________ AG angestellt. Das kantonale Gericht hat diesbezüglich festgestellt,
die Arbeitgeberin habe bestätigt, ihr Mitarbeiter sei in dieser Zeit nie
längere Zeit krank gewesen, es lägen keine Arztzeugnisse vor und die Kündigung
sei einzig aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt. Eine allfällige
Leistungseinschränkung sei nicht klar und erheblich zu Tage getreten. Weiter
fehle eine echtzeitliche ärztliche Bestätigung in diesem Sinne. Inwiefern diese
Feststellungen o f f e n s i c h t l i c h unrichtig (E. 2) sein sollen, ist
nicht ersichtlich, namentlich nicht im Lichte des bei den IV-Akten liegenden
Arbeitgeberberichts vom 8. Juli 2003, welcher überhaupt keine Anhaltspunkte für
Auswirkungen des Leidens auf das Anstellungsverhältnis enthält und der deswegen
von besonderem Beweiswert ist, weil er gegenüber der IV und nicht unter dem
Eindruck der berufsvorsorgerechtlichen Streitfrage nach dem Eintritt der
Arbeitsunfähigkeit erstattet worden ist. Insbesondere genügt in diesem
Zusammenhang für die Annahme offensichtlicher Unrichtigkeit nicht, dass die
späteren ärztlichen Berichte der Frau Dr. med. O.________ vom 17. November 2004
und des Dr. med. L.________ vom 16. November 2004 und 3. Juni 2005 eine
relevante Arbeitsunfähigkeit bereits seit Juni 1997 bescheinigen (E. 3.2).
Mangels überwiegender Wahrscheinlichkeit (BGE 126 V 353 E. 5b S. 360; Urteil
des Eidg. Versicherungsgerichts B 95/01 vom 28. April 2003 E. 2) hat die
Vorinstanz Bundesrecht nicht verletzt, wenn sie den Eintritt der massgeblichen
Arbeitsunfähigkeit während der Anstellung bei der X.________ AG ausschloss. Die
Beschwerde ist im Hauptantrag unbegründet.

5.
Das Eventualbegehren zielt darauf ab, unter Vermeidung eines neuen Prozesses
die Leistungspflicht einer der von der Vorinstanz beigeladenen
Vorsorgeeinrichtungen festzustellen. Streitgegenstand des kantonalen Verfahrens
und Anfechtungsgegenstand der Beschwerde an das Bundesgericht bildet indessen
einzig der Anspruch des Beschwerdeführers auf eine Invalidenrente aus
beruflicher Vorsorge gegenüber der Winterthur-Columna Sammelstiftung. Daran
ändert nichts, dass weitere Beteiligte in den Prozess miteinbezogen worden sind
und diese als Beigeladene insoweit Stellung genommen haben, als sie selber
betroffen sind. Über das Rechtsbegehren, welches ein ausserhalb des
Anfechtungsgegenstands liegendes Rechtsverhältnis betrifft und die Feststellung
der Leistungspflicht einer vorinstanzlich nicht eingeklagten
Vorsorgeeinrichtung zum Gegenstand hat, ist nicht zu befinden (vgl. BGE 130 V
501).
Ob die vorinstanzliche Feststellung, nach der Wiederaufnahme der
Arbeitstätigkeit am 1. Juni 1997 habe sich eine Verschlechterung des
Zustandsbildes erst im Zusammenhang mit der erneuten Operation am 2. April 2004
ergeben, offensichtlich unrichtig resp. wann die invalidisierende
Arbeitsunfähigkeit eingetreten ist, hat nach dem Gesagten offenzubleiben.

6.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat der Beschwerdeführer die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 15. Juli 2008

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Meyer Dormann