Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 117/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_117/2008

Urteil vom 4. April 2008
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Borella, Seiler,
Gerichtsschreiber Fessler.

Parteien
B.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch X.________ AG,

gegen

IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern
vom 3. Januar 2008.

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 9. Juni 2005 lehnte die IV-Stelle Luzern das Gesuch des 1947
geborenen B.________ um eine Rente ab, was sie - nach einer am 6. November 2006
beim Versicherten durchgeführten Knieoperation rechts - mit Einspracheentscheid
vom 21. November 2006 bestätigte.

B.
Die Beschwerde des B.________ wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, mit Entscheid vom 3. Januar 2008 ab.

C.
B.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Rechtsbegehren, Gerichtsentscheid und Einspracheentscheid seien
aufzuheben und die Sache sei zur ergänzenden Sachverhaltsabklärung und zu neuer
Verfügung über die Leistungsansprüche, namentlich eine Rente, an die IV-Stelle
zurückzuweisen.
Die IV-Stelle beantragt Nichteintreten auf die Beschwerde. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Mit der Beschwerde kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art.
95 lit. a BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde,
den die Vorinstanz festgestellt hat. Es kann die Sachverhaltsfeststellung der
Vorinstanzen von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht
(Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG).
Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es
ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an
die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Es kann eine Beschwerde aus einem
anderen als dem angerufenen Grund gutheissen oder mit einer von der
Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (Urteil 9C_294/
2007 vom 10. Oktober 2007 E. 2 mit Hinweis; vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S.
140).

2.
Das kantonale Gericht hat einen Einkommensvergleich durchgeführt (vgl. dazu
Art. 16 ATSG und BGE 128 V 29 E. 1 S. 30 in Verbindung mit BGE 130 V 343),
welcher keinen Invaliditätsgrad ergab. In tatsächlicher Hinsicht hat es
festgestellt, dem Versicherten seien zumindest bis zum Erlass des
Einspracheentscheides vom 21. November 2006 körperlich leichte bis
mittelschwere Tätigkeiten, die keine Zwangshaltung erforderten, zu 100 %
zumutbar gewesen. Die Arbeitsfähigkeit nach der Operation am Knie rechts vom 6.
November 2006 könne nicht beurteilt werden. Dies sei indessen unerheblich, denn
ein verschlechterter Gesundheitszustand könne ohnehin erst berücksichtigt
werden, wenn die dadurch verminderte Erwerbsfähigkeit ohne wesentliche
Unterbrechung drei Monate angedauert habe (vgl. Art. 88a Abs. 2 IVV). Bei
Erlass des Einspracheentscheides vom 21. November 2006 seien seit der Operation
vom 6. November 2006 drei Monate noch nicht verstrichen. Es sei dem
Versicherten unbenommen, eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes
allenfalls im Rahmen einer Neuanmeldung (Art. 87 Abs. 3 und 4 IVV) geltend zu
machen. Im Weitern hat das kantonale Gericht die Aufgabe der noch zu 50 %
ausgeübten selbständigen Tätigkeit als Bauspengler zugunsten einer
unselbständigen Tätigkeit mit vollem Pensum, beispielsweise im
Industriebereich, bejaht.

3.
In der Beschwerde wird u.a. gerügt, das kantonale Gericht habe zu Unrecht die
Auswirkungen und den Verlauf der am 6. November 2006 erfolgten Knieoperation
nicht berücksichtigt. Aus dem von der Vorinstanz in diesem Zusammenhang
zitierten Art. 88a Abs. 2 IVV könne nichts Gegenteiliges herausgelesen oder
abgeleitet werden. Dass der Beschwerdeführer aufgrund des Knieleidens rechts
seit der Operation vom 6. November 2006 wahrscheinlich zusätzlich
beeinträchtigt sei, ergebe sich aus dem Protokolleintrag des Regionalen
Ärztlichen Dienstes der IV-Stelle vom 20. September 2006.

4.
Art. 88a Abs. 2 IVV legt fest, dass bei einer Verschlechterung der
Erwerbsfähigkeit die anspruchsbeeinflussende Änderung zu berücksichtigen ist,
sobald sie ohne wesentliche Unterbrechung drei Monate angedauert hat. Es kann
offen bleiben, ob Art. 88a Abs. 2 IVV in Konstellationen wie der vorliegenden
sinngemäss anwendbar ist: Der Beschwerdeführer hatte im Schreiben vom 25.
Oktober 2006 auf die bevorstehende Operation vom 6. November 2006 hingewiesen,
gleichzeitig aber eine Rechtsverzögerungsbeschwerde angedroht, wenn der
Einspracheentscheid nicht bis zum 30. November 2006 ergehe. Unter diesen
Umständen ist nicht zu beanstanden, wenn die Beschwerdegegnerin den verlangten
Einspracheentscheid erliess, welcher notgedrungen die (damals noch nicht
absehbaren) Folgen der Operation ausklammerte. Es ist ein venire contra factum
proprium im Prozess, wenn der Beschwerdeführer unter diesen Umständen der
IV-Stelle vorwirft, sie habe diese Folgen nicht berücksichtigt. Der
Beschwerdeführer ist auf den Weg der Neuanmeldung (Art. 87 Abs. 3 und 4 IVV) zu
verweisen.

5.
Die vorinstanzliche Invaliditätsbemessung ist weder in tatsächlicher noch in
rechtlicher Hinsicht zu beanstanden. Daran ändern die teilweise
appellatorischen oder in Bezug auf die Zumutbarkeit eines Berufswechsels nicht
hinreichend substanziierten Vorbringen in der Beschwerde nichts. Die
diesbezüglichen vorinstanzlichen Feststellungen sind nicht offensichtlich
unrichtig und die darauf gestützten rechtlichen Schlüsse nicht
bundesrechtswidrig. Der angefochtene Entscheid ist somit im Ergebnis rechtens.

6.
Der Beschwerdeführer hat als unterliegende Partei die Gerichtskosten zu tragen
(Art. 66 Abs. 1 IVG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse Luzern und dem
Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 4. April 2008

Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Fessler