Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

II. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 9C 1058/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
9C_1058/2008

Urteil vom 19. Februar 2009
II. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter U. Meyer, Präsident,
Bundesrichter Seiler, Bundesrichterin Pfiffner Rauber,
Gerichtsschreiber Schmutz.

Parteien
B.________, Beschwerdeführerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Reto Leiser,

gegen

IV-Stelle des Kantons Aargau, Kyburgerstrasse 15, 5000 Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 15. Oktober 2008.

Sachverhalt:

A.
B.________, geboren 1963, arbeitete als selbstständige Hundebetreuerin und als
Raumpflegerin. Bei einem Verkehrsunfall Ende August 2004 erlitt sie ein
HWS-Distorsionstrauma. Am 4. April 2005 meldete sie sich bei der
Invalidenversicherung zum Rentenbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Aargau
holte medizinische Berichte ein (u.a. Dr. med. K.________, Arzt und Psychiater
FMH, vom 10. Februar 2006; Psychosomatische Abteilung der Klinik X.________,
vom 3. Februar 2006; Hausarzt Dr. med. L.________, Arzt für Allgemeine Medizin
FMH, vom 28. März und 11. November 2006). Vom 20. November bis 16. Dezember
2006 hielt sich B.________ in der Rehaklinik Y.________ auf (Bericht vom 19.
Januar 2007). In dem am 20. September 2007 erstatteten interdisziplinären
Gutachten des medizinischen Zentrums E.________ wurden als Leiden mit Einfluss
auf die Arbeitsfähigkeit eine leichte depressive Episode mit somatischen
Symptomen (ICD-10 F32.01) und eine dissoziative Störung (Konversionsstörung,
ICD-10 F44.9) diagnostiziert; in der angestammten Tätigkeit als selbstständig
erwerbende Hundebetreuerin wurde die Arbeitsfähigkeit auf 70 % festgelegt und
in einer behinderungsangepassten Beschäftigung (z.B. in einem Tierheim) auf 100
%; aus rheumatologischer Sicht sei das Belastungsprofil nicht eingeschränkt.
Mit Vorbescheid vom 19. Dezember 2007 stellte die IV-Stelle B.________ die
Ablehnung des Leistungsbegehrens in Aussicht; diese erhob Einwände und reichte
zusätzliche Unterlagen ein (Bericht Prof. Dr. med. A.________, Facharzt FMH für
orthopädische Chirurgie, Spital C.________, vom 25. Oktober 2005;
Austrittsbericht Klinik Z.________, vom 2. November 2007; Attest Dr. med.
L.________, vom 14. März 2008). Nach Einholung des Arztberichtes der Klinik
Z.________ (Eingang bei der IV-Stelle am 22. April 2008), der Beurteilung des
Regionalen Ärztlichen Dienstes (Dr. med. T.________, vom 6. Mai 2008) und einer
Stellungnahme der Versicherten (vom 4. Juni 2008) entschied die IV-Stelle im
Sinne des Vorbescheides und verneinte mit Verfügung vom 16. Juni 2008 bei einem
Invaliditätsgrad von 30 % den Anspruch auf eine Invalidenrente.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Aargau mit Entscheid vom 15. Oktober 2008 ab.

C.
B.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
beantragt Aufhebung des kantonalen Entscheides und Feststellung eines
Invaliditätsgrades von 100 %; eventualiter sei die Sache zur vollständigen
medizinischen Neubegutachtung und zum Neuentscheid an die IV-Stelle
zurückzuweisen; ferner beantragt sie die unentgeltliche Rechtspflege.
Mit Verfügung vom 15. Januar 2009 weist das Bundesgericht das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege ab.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig
ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105
Abs. 2 BGG; vgl. BGE 132 V 393 zur auch unter der Herrschaft des BGG gültigen
Abgrenzung von Tat- und Rechtsfragen im Bereich der Invaliditätsbemessung [Art.
16 ATSG] für die Ermittlung des Invaliditätsgrades nach Art. 28 Abs. 1 IVG).

2.
Streitig ist, ob die Beschwerdeführerin Anspruch auf eine Rente der
Invalidenversicherung hat. Das kantonale Gericht hat die zur Beurteilung
einschlägigen Rechtsgrundlagen zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen.

3.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz habe den medizinischen
Sachverhalt offensichtlich unrichtig und unvollständig festgestellt, indem sie
bei der Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit alleine auf das Gutachten des
medizinischen Zentrums E.________ abgestellt habe, und nicht ebenfalls auf den
Bericht der Klinik Z.________; zudem sei offensichtlich, dass ausser den
Experten des medizinischen Zentrums E.________ alle Ärzte und Ärztinnen immer
wieder festgehalten hätten, dass für sämtliche Tätigkeiten eine
Arbeitsunfähigkeit von 100 % gegeben sei.

4.
4.1 Wie die Vorinstanz im Zuge einer bundesrechtskonformen Beweiswürdigung
(Art. 61 lit. c in fine ATSG) eingehend dargelegt hat, ist das Gutachten des
medizinischen Zentrums E.________ vom 20. September 2007 das Ergebnis einer
umfassenden und sorgfältigen Untersuchung, welche sämtliche von der
Rechtsprechung gestellten Anforderungen erfüllt (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352 mit
Hinweisen) und beweiskräftig ist. Die Experten sind zusammenfassend zum Schluss
gekommen (Gutachten S. 36), dass mit Blick auf die erhobenen Befunde aus
somatischer Sicht zwar von einer uneingeschränkten Arbeitsfähigkeit in der
bisherigen oder einer behinderungsangepassten Beschäftigung auszugehen ist;
infolge einer leichtgradigen depressiven Störung und einer leichten bis
mittelgradigen Konversionsstörung, beide deutlich überlagert durch ein
chronisches Krankheitsverhalten, sei aus versicherungspsychiatrischer Sicht die
Arbeitsfähigkeit in der angestammten Tätigkeit als selbstständig erwerbende
Hundebetreuerin trotz massiver Tendenz zur Aggravation auf 70 % begrenzt; in
einer behinderungsangepassten Arbeit sei sie jedoch nicht eingeschränkt.

4.2 Die Einwände der Beschwerdeführerin sind rein appellatorisch und bereits
von der Vorinstanz (s. angefochtener Entscheid E. 4.2.2.-4.2.4) widerlegt
worden. Dies betrifft vorab die Mitwirkung des Konsiliarexperten Dr. med.
S.________, Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, der im Bericht vom
7. Mai 2007 zunächst auf eine Stellungnahme zur Arbeitsunfähigkeit verzichtete
und dies vorab mit der Gefahr einer allenfalls stigmatisierenden Bewertung nach
nur einmaliger ambulanter Untersuchung begründete. Er hielt jedoch fest, die
Widersprüche und Inkonsistenzen bei der Darstellung der Beschwerden und
objektive Beobachtung führten zum Verdacht auf Aggravation; es bestehe bei der
Untersuchten ein klares Rentenbegehren. Am 2./13. Juli 2007 klärte Dr. med.
H.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, die Beschwerdeführerin
im Rahmen der Begutachtung des medizinischen Zentrums E.________
arbeitspsychiatrisch-psychosomatisch ab (inkl. psychometrische
Symptomvalidierungsdiagnostik; Gesamtdauer 8 Stunden); zudem nahm er
Rücksprache mit dem ehemals behandelnden Psychiater Dr. med. K.________, der
bei der Beschwerdeführerin Aggravations- und Simulationstendenzen bestätigte.
Dr. med. H.________ schilderte im Teilgutachten vom 14. September 2007 nicht
nur ein wesentlich gleiches Bild wie zuvor bereits Dr. med. S.________; er wies
auch nach, dass die Explorandin bei der Testung willentlich schlechte
Leistungen erbrachte, so z.B. wenn sie auf eine Wiedererkennungsrate von 58 %
bei einem Test kam, bei dem geistig behinderte 8-Jährige eine durchschnittliche
Leistung von 95-100 % erreichen. Im Gesamtgutachten ist festgehalten, dass die
Schlussfolgerungen gemeinsam mit den beteiligten Spezialärzten erarbeitet
wurden und sich diese ausdrücklich damit einverstanden erklärten. Der Vorwurf,
der Teilgutachter Dr. med. S.________ habe die im Bericht vom 7. Mai 2007
dokumentierte Meinung zu Ungunsten der Beschwerdeführerin geändert, als er die
Schlussfolgerungen der anderen Experten übernahm, ist schon deshalb verfehlt,
weil die im Gesamtgutachten genannten Diagnosen und die von Dr. med. S.________
angegebenen Verdachts- und Differenzialdiagnosen sich keineswegs ausschliessen.
Die Frage der Arbeitsfähigkeit wurde mit der Untersuchung und Testung durch Dr.
med. H.________ ausreichend geklärt.

5.
5.1 Bei den vorinstanzlichen Feststellungen zur Arbeitsunfähigkeit geht es um
den Entscheid über eine Tatfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 S. 397 f.). Sie können
entgegen der beschwerdeführerischen Argumentation keinesfalls als
offensichtlich unrichtig und unvollständig beurteilt werden, denn das
Erforderliche zur Abwägung und Würdigung divergierender Aussagen zur
Arbeitsfähigkeit ist korrekt festgestellt und gewürdigt worden (s.
angefochtener Entscheid E. 4.2.4). Aus dem IV-Arztbericht der Klinik Z.________
kann im Übrigen nicht herausgelesen werden, die medizinischen Vorakten seien
den behandelnden Klinikärzten "bestens bekannt gewesen", als sie zu den vom
Gutachten des medizinischen Zentrums E.________ abweichenden Schlüssen
gelangten. Vielmehr ist bei der gewählten Formulierung ("soweit wir aufgrund
der kurzen Aufenthaltsdauer in unserer Klinik unter bekannter Vorgeschichte
abschätzen können") gerade vom Gegenteil auszugehen. Wie durch die Vorinstanz
dargelegt, stellten sie bei Fehlen von objektiven Befunden weitgehend auf die
Angaben der Patientin ab. Die Zumutbarkeit einer Beschäftigung ist jedoch nicht
aus der subjektiven Sicht einer gesundheitlich Eingeschränkten zu beurteilen,
sondern hat auf objektiver ärztlicher Einschätzung der Arbeitsfähigkeit in
einer Verweisungstätigkeit zu beruhen, wie dies im Rahmen der Begutachtung des
medizinischen Zentrums E.________ erfolgt ist.

5.2 Schliesslich trifft es auch nicht zu, dass ausser den Gutachtern alle
Medizinalpersonen festgehalten hätten, die Versicherte sei zu 100 %
arbeitsunfähig. In den zur Stützung dieser Argumentation eingereichten
Verlautbarungen wird dazu entweder nicht Stellung genommen (Dr. med.
I.________, Facharzt FMH für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 10. September
2008; Spital D.________, vom 11. September 2008) oder die eingenommene Position
ist in sich widersprüchlich, so wenn Dr. med. L.________ ihr eine "unter
idealen Umständen höchstens 30-prozentige Arbeitsfähigkeit für ausserhäusliche
Tätigkeiten" attestiert, ihr aber paradoxerweise zugleich die Fähigkeit
abspricht, "die häuslichen Arbeiten" zu machen (Zeugnis vom 2. Dezember 2008).

5.3 Die Beschwerdeführerin verkennt zudem, dass es sich bei diesen
Stellungnahmen um Meinungsäusserungen behandelnder Ärzte handelt, denen nach
der Rechtsprechung auf Grund der Verschiedenheit von Expertise- und
Therapieauftrag (statt vieler Urteil 9C_705/2007 vom 18. August 2008 E. 4.1.1
mit Hinweisen) die Aufgabe der medizinischen Begutachtung als eines speziellen
Wissenszweiges nicht zufallen kann.

6.
Die Beschwerde hatte keine Aussicht auf Erfolg, weshalb sie im vereinfachten
Verfahren nach Art. 109 BGG als offensichtlich unbegründet (Abs. 2 lit. a) ohne
Durchführung des Schriftenwechsels und unter Auferlegung der Gerichtskosten auf
die unterlegene Beschwerdeführerin (Art. 66 Abs. 1 BGG) erledigt wird.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 19. Februar 2009
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Meyer Schmutz