Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Revision 8F.3/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8F_3/2008

Urteil vom 20. August 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Frésard,
Gerichtsschreiberin Fleischanderl.

Parteien
W.________, Gesuchsteller, vertreten durch Rechtsanwalt Roger Peter, St.
Urbangasse 2, 8001 Zürich,

gegen

Zürich Versicherungs-Gesellschaft, Postfach, 8085 Zürich, Gesuchsgegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Peter Jäger, Magnolienstrasse 3, 8008 Zürich.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Revisionsgesuch gegen den Entscheid des Bundesgerichts vom 7. Dezember 2007.

Nach Einsicht
in das Urteil des Bundesgerichts vom 7. Dezember 2007, mit welchem die gegen
den Entscheid des Obergerichts W.________ vom 28. November 2006 erhobene
Verwaltungsgerichtsbeschwerde teilweise gutgeheissen und Dispositiv-Ziffer 2
des angefochtenen Entscheids aufgehoben worden war,
in das am 28. März 2008 gestellte Revisionsgesuch,

in Erwägung,
dass die Revision eines bundesgerichtlichen Urteils verlangt werden kann, wenn
einer der vom Gesetz in Art. 121-123 BGG genannten Revisionsgründe geltend
gemacht wird,
dass im Revisionsgesuch darzulegen und zu begründen ist, inwiefern mit dem
angefochtenen Urteil ein Revisionsgrund gesetzt worden sein soll (Art. 42 Abs.
2 OG),
dass der Gesuchsteller mit Eingabe vom 28. März 2008 (Poststempel) namentlich
Art. 121 lit. a BGG (Verletzung der Vorschriften über die Besetzung des
Gerichts oder über den Ausstand) anruft, indem er vorbringt, der Umstand, dass
sowohl Frau Bundesrichterin X.________, welche sich im Spruchkörper des am 7.
Dezember 2007 gefällten Urteils U 31/07 befunden habe, wie auch der - den
Vorsitz im vor dem Bundesgericht angefochtenen Entscheid vom 28. November 2006
inne habende - Präsident des Obergerichts, Y.________, Mitglieder des
dreizehnköpfigen Stiftungsrates der Stiftung für Z.________ seien, begründe den
Anschein der Befangenheit, weshalb Frau Bundesrichterin X.________ am besagten
Urteil nicht hätte mitwirken dürfen und dieses deshalb aufzuheben sei,
dass er dabei auf einen seinem Rechtsvertreter am 17. März 2008 zugegangenen
entsprechenden Hinweis (Mail) Bezug nimmt,
dass das Revisionsgesuch damit innert dreissig Tagen nach der Entdeckung des
angeblichen Ausstandsgrundes und mithin gemäss Art. 124 Abs. 1 lit. a BGG
fristgerecht eingereicht wurde (vgl. auch Art. 38 Abs. 3 in Verbindung mit Art.
121 ff. BGG),
dass nach Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK, die in dieser Hinsicht
dieselbe Tragweite besitzen, der Einzelne Anspruch darauf hat, seine Sache von
einem durch das Gesetz geschaffenen, zuständigen, unabhängigen und
unparteiischen Gericht ohne Einwirkung sachfremder Umstände entscheiden zu
lassen,
dass die Prüfung, ob diese Garantien verletzt worden sind, durch das
Bundesgericht mit freier Kognition erfolgt,
dass rechtsprechungsgemäss Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK verletzt
sind, wenn bei einer Richterin oder bei einem Richter - objektiv betrachtet -
Gegebenheiten vorliegen, die den Anschein der Befangenheit und die Gefahr der
Voreingenommenheit zu begründen vermögen (BGE 131 I 113 E. 3.4 S. 116 mit
Hinweisen).
dass solche Umstände entweder in einem bestimmten Verhalten der betreffenden
Richterin oder des betreffenden Richters oder in gewissen äusseren
Gegebenheiten funktioneller und organisatorischer Natur begründet sein können,
dass für den Ausstand nicht verlangt wird, dass die richtende Person
tatsächlich befangen ist, sondern es genügt, wenn Umstände vorliegen, die bei
objektiver Betrachtung den Anschein der Befangenheit und Voreingenommenheit
erwecken (BGE 131 I 24 E. 1.1 S. 25 mit Hinweisen),
dass mit anderen Worten gewährleistet sein muss, dass der Prozess aus Sicht
aller Beteiligten als offen erscheint (BGE 133 I 1 E. 6.2 S. 6; zum Ganzen:
Urteil 1B_221/2007 vom 16. Januar 2008, E. 2.2),
dass Art. 34 BGG unter dem Titel "Ausstandsgründe" eine Konkretisierung von
Art. 30 BV beinhaltet und die Unabhängigkeit sowie Unparteilichkeit des
Gerichts beschlägt (vgl. Isabelle Häner, in: Niggli/Uebersax/Wiprächtiger
[Hrsg.], Basler Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008, N 1 zu Art. 34;
Seiler/von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Bern 2007, N 2 zu Art.
34),
dass die in Abs. 1 von Art. 34 BGG erwähnten Ausstandsgründe nicht
abschliessend zu verstehen sind und namentlich dessen lit. e, wonach
Richterinnen und Richter in den Ausstand treten, wenn sie aus anderen - als den
in lit. a-d der Bestimmung aufgeführten, vorliegend nicht einschlägigen -
Gründen, insbesondere wegen besonderer Freundschaft oder persönlicher
Feindschaft mit einer Partei oder ihrem Vertreter bzw. ihrer Vertreterin,
befangen sein können, als Auffangtatbestand gilt (vgl. Isabelle Häner, a.a.O.,
N 6 [mit Hinweis] und 16 zu Art. 34; Seiler/von Werdt/Güngerich, a.a.O., N 5 zu
Art. 34),
dass somit jeder Grund, welcher den Anschein der Befangenheit erweckt und
objektiv Zweifel an der Unvoreingenommenheit der Gerichtsperson erweckt, als
Ausstandsgrund genügt (vgl. BGE 114 Ia 50 E. 3b S. 54 ff. mit diversen
Hinweisen; Isabelle Häner, a.a.O., N 6 und 17 zu Art. 34; Seiler/von Werdt/
Güngerich, a.a.O., N 5 zu Art. 34 ),
dass in diesem Zusammenhang etwa ein Engagement einer Richterin oder eines
Richters in der Sache denkbar ist, beispielsweise im Rahmen einer
Mitgliedschaft in einer ideellen Vereinigung (vgl. Isabelle Häner, a.a.O., N 20
zu Art, 34; Benjamin Schindler, Die Befangenheit der Verwaltung, Der Ausstand
von Entscheidträgern der Verwaltung im Staats- und Verwaltungsrecht von Bund
und Kantonen, Diss. Zürich 2002, S. 126 f.),
dass allein der Umstand der Zugehörigkeit zur gleichen Interessengruppe, so
etwa zu einem Berufsverband oder Freizeitverein, grundsätzlich aber nicht
geeignet ist, Besorgnis der Befangenheit zu begründen (Urteil 5P_160/2001 vom
13. September 2001, E. 2a mit Hinweisen [politische Partei]; Benjamin
Schindler, a.a.O., S. 112 unten f. und 127),
dass Angehörige derselben Interessengruppe indes möglicherweise ein
Freundschaftsverhältnis verbindet, welches seinerseits zum Ausstand zu führen
vermag (vgl. Benjamin Schindler, a.a.O., S. 127),
dass diesbezüglich jedoch objektiv messbare Umstände vorliegen müssen, die auf
eine besondere Intensität der Freundschaft hinweisen (Benjamin Schindler,
a.a.O., S. 112 f.; Regina Kiener, Richterliche Unabhängigkeit,
Verfassungsrechtliche Anforderungen an Richter und Gerichte, Bern 2001, S. 99
oben),
dass, sofern der Zweck der entsprechenden Vereinigung primär in der
gegenseitigen Förderung und Unterstützung seiner Mitglieder besteht und der
Mitgliederkreis ausserdem stark eingeschränkt oder für Aussenstehende nicht
einsehbar ist, ein Freundschaftsverhältnis vermutet werden dürfte, welches den
Anschein der Befangenheit erweckt (vgl. Benjamin Sandler, a.a.O., S. 113 mit
Hinweisen [FN 584]; Regina Kiener, a.a.O., S. 99 oben mit Hinweisen [FN 171]),
dass Frau Bundesrichterin X.________ und der Präsident des Obergerichts,
Y.________, unbestrittenermassen Mitglieder des Stiftungsrates der Stiftung
Z.________ sind,
dass die besagte Stiftung eine private, von staatlichen Stellen unabhängige
Initiative darstellt, welche die Aus- und Weiterbildung von Juristinnen und
Juristen aus Wirtschaft, Justiz und Anwaltschaft fördert und zu diesem Zweck
insbesondere mehrtägige, kostengünstige Schulungen zu praxisrelevanten
Fachbereichen für Rechtspraktikantinnen und -praktikanten durchführt (vgl. dazu
www.rechtsausbildung.ch),
dass die Stiftung somit kein sich gegen aussen abgrenzender Interessenverband
ist, deren Mitglieder sich in erster Linie zur Erreichung bestimmter
persönlicher Anliegen vereinigt hat,
dass dem Stiftungsrat zudem Juristinnen und Juristen verschiedenster
beruflicher Ausrichtung angehören,
dass sich vor diesem Hintergrund kein besonderes, einen Ausstandsgrund
begründendes Freundschaftsverhältnis zwischen den genannten Personen vermuten
lässt,
dass auch keine sonstigen Anhaltspunkte ersichtlich sind - und denn auch nicht
geltend gemacht werden -, welche den Anschein einer über blosse Kollegialität
hinaus gehenden Freundschaft zwischen den Betroffenen zu erwecken vermöchten,
dass beide Personen namentlich auch nicht zum engeren Kreis der im Ausschuss
des Stiftungsrates befindlichen Mitglieder zählen, die primär mit der
operativen Umsetzung des Stiftungszweckes befasst sein und sich daher öfters
treffen dürften,
dass sich, worauf die Gesuchsgegnerin in ihrer letztinstanzlichen
Vernehmlassung vom 5. Mai 2008 zutreffend hinweist, bedingt durch die
Kleinräumigkeit der Schweiz, zahlreiche Juristinnen und Juristen auf die eine
oder andere Art direkt oder indirekt kennen und, würde der Argumentation des
Gesuchstellers ohne weiteres gefolgt, ein funktionsfähiger Justizbetrieb wohl
nicht mehr gewährleistet wäre,
dass demnach kein in objektiver Weise begründbarer Anschein der Befangenheit
von Frau Bundesrichterin X.________ im vom Gesuchsteller behaupteten Sinne
erkennbar und das rein subjektive Empfinden einer Partei diesbezüglich
unmassgeblich ist (BGE 120 V 357 E. 3a S. 365 mit Hinweis; Seiler/von Werdt/
Güngerich, a.a.O., N 6 zu Art. 34),
dass in der vom Gesuchsteller beanstandeten Konstellation sodann auch keine
Unvereinbarkeit gemäss Art. 6 BGG zu erblicken ist (dazu namentlich Isabelle
Häner, a.a.O., N 1 ff. zu Art. 6; Seiler/von Werdt/Güngerich, a.a.O., N 2 ff.
zu Art. 6),
dass der Gesuchsteller schliesslich mit dem Hinweis auf das Urteil 1B_221/2007
vom 16. Januar 2008, welches sich zur Frage des Anscheins von
Voreingenommenheit des Obergerichtspräsidenten Y.________ selber im Rahmen
eines Strafverfahrens zu äussern hatte, ebenfalls nichts zugunsten seines
Standpunktes abzuleiten vermag,
dass das Urteil U 31/07 vom 7. Dezember 2007 somit nicht in Verletzung von Art.
121 lit. a BGG zu Stande gekommen ist,
dass die Gerichtskosten (Art. 65 BGG), dem Verfahrensausgang entsprechend, vom
Gesuchsteller zu tragen sind (Art. 66 Abs. 1 BGG),

erkennt das Bundesgericht:
-
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen.
-
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden dem Gesuchsteller auferlegt.
-
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Obergericht W.________, und dem Bundesamt
für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 20. August 2008
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Ursprung Fleischanderl