Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.964/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_964/2008

Urteil vom 1. September 2009
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterinnen Leuzinger, Niquille,
Gerichtsschreiber Grunder.

Parteien
M.________,
vertreten durch Rechsanwalt lic.iur. Arthur Zeller,
Beschwerdeführerin,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 10. September 2008.

Sachverhalt:

A.
Die 1972 geborene M.________ arbeitete seit Juni 2001 teilzeitlich bei der
Firma B.________ AG als Verkäuferin in einem Tankstellen-Shop und war dadurch
bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen
die Folgen von Unfällen versichert. Am 19. Juni 2002 prallte der Lenker eines
nachfolgenden Kleinlasters in einen Personenwagen, der in das Motorrad der vor
einer Strassenverkehrskreuzung wartenden Versicherten katapultiert wurde. Der
erstbehandelnde Arzt stellte am 20. Juni 2002 Verspannungen der Halswirbelsäule
(HWS) ohne neurologische Ausfälle und ohne radiologisch nachweisbare Frakturen
fest und diagnostizierte ein HWS-Schleudertrauma (Bericht des Dr. med.
Z.________, Allg. Medizin FMH, vom 4. August 2002). Eine Untersuchung im
Zentrum X.________ (Bericht vom 16. August 2002) ergab eine aktuell
alarmierende Situation bei progredienter Symptomatik trotz durchgeführter
Physiotherapie und Einnahme von Analgetika, weshalb eine stationäre
Rehabilitation dringend indiziert war. Laut Austrittsbericht der Klinik
U.________ vom 3. Oktober 2002, wo sich die Versicherte vom 27. August bis 24.
September 2002 aufhielt, konnte das HWS-Distorsionstrauma mit chronisch
progredienter Zervikozephalgie, neuropsychologischen Störungen
(Konzentrationsschwäche, Vergesslichkeit, Leseschwierigkeiten), Tinnitus
(Ohrenpfeifen) und Schwankschwindel subjektiv nicht erheblich verbessert
werden. Nach weiteren ambulanten medizinischen Massnahmen kam die Klinik
K.________ (Dr. med. G.________, Chefarzt, Rheumatologie FMH, European board
certificate) zum Schluss, die Patientin sei konservativ weitgehend
austherapiert (Bericht vom 12. Dezember 2002). Nachdem die von Dr. med.
G.________ angeordneten interventionellen Massnahmen im Bereich der HWS nicht
den gewünschten Erfolg brachten, fielen nur noch alternative oder
psychotherapeutische Verfahren in Betracht (Berichte der Klinik K.________ vom
11. und 28. Februar 2003 und des Zentrums X.________ vom 14. März 2003). Mit
der danach durchgeführten Behandlung des Zentrums R.________ (Berichte vom 2.
Juni und 8. Juli 2003) den stützenden psychiatrischen Gesprächen beim Dienst
P.________ (Berichte der Frau Dr. med. T.________, Oberärztin, vom 15. Oktober
2003 sowie 1. März und 13. Juli 2004) und der von pract. med. H.________
(Aerztegemeinschaft mit Dr. med. Z.________) angewandten Neuraltherapie
(Berichte vom 29. März, 11. Mai und 7. Juli 2004) konnte keine Verbesserung des
Gesundheitszustandes erreicht werden. Ein vom 29. September bis 26. Oktober
2004 dauernder Aufenthalt in der Klinik E.________ ergab gemäss
Austrittsbericht vom 8. November 2004 ein chronisches zerviko-okzipitales,
intermittierend linksbetontes zerviko-brachiales Schmerzsyndrom, lage- und
bewegungsabhängige Schwankschwindelsensationen, Lichtüberempfindlichkeit und
Tinnitus beidseits sowie eine mittelgradig depressive Episode mit somatischen
Symptomen mit vollständiger Arbeitsunfähigkeit im erlernten Beruf als
Coiffeuse. Der Empfehlung der Klinik E.________ folgend übernahm die SUVA für
die nächsten sechs Monate (vgl. Berichte des Dr. med. W.________, Kreisarzt,
SUVA, vom 23. und 24. November 2004) weitere ambulante Physio- und
Psychotherapie sowie ergänzend eine Maltherapie. Am 9. August 2005 meldete der
Dienst P.________ schwere Rückfälle mit Exacerbation der Schmerzen bei
unveränderter Symptomatik (depressives Zustandsbild und neuropsychologische
Störungen) und nach wie vor bestehender vollständiger Arbeitsunfähigkeit.
Gemäss dem davor von der SUVA in Absprache mit der Versicherten und der
Motorfahrzeughaftpflichtversicherung des Unfallverursachers bestellten
neurologischen Fachgutachten des Spitals V.________,
Neurologisch-Neurochirurgische Poliklinik, vom 11. August 2005 zeigten sich bei
bildgebend auszuschliessender struktureller Ursache klinisch-neurologisch keine
sensomotorischen radikulären Ausfälle; es imponierte eine deutliche
Schmerzhaftigkeit und Einschränkung der Beweglichkeit im HWS-Bereich; die
einseitigen Kopfschmerzen mit Übelkeit und Erbrechen entsprachen einer Migräne
mit Aura; weitere medizinische Untersuchungen und Massnahmen waren nicht
indiziert, jedoch war eine zusätzliche neuropsychologische und psychiatrische
Abklärung notwendig, bei aktuell bestehender Arbeitsfähigkeit von 70 % als
Tankstellenwartin oder in vergleichbaren Beschäftigungen. Mit Verfügung vom 8.
November 2005 stellte die SUVA die bislang erbrachten Leistungen
(Heilbehandlung; Taggeld) auf den 30. November 2005 ein und verneinte mangels
adäquaten Kausalzusammenhangs der geltend gemachten Beschwerden mit dem Unfall
vom 19. Juni 2002 einen Anspruch auf Invalidenrente und
Integritätsentschädigung, woran sie auch nach Eingabe einer Einsprache und
eines Berichts des Dr. med. A.________, Spezialarzt FMH für
Otorhyinolaryngologie, Hals- und Gesichtschirurgie, vom 9. Dezember 2006
festhielt (Einspracheentscheid vom 17. Januar 2007).

B.
Hiegegen liess M.________ Beschwerde einreichen und beantragen, die SUVA sei
zur Erbringung der gesetzlich geschuldeten Leistungen, insbesondere
Heilbehandlung und Taggeld, Rente, Integritätsentschädigung und weiteren
Abklärungen ab Unfalldatum bzw. ab 1. Dezember 2005 zu verpflichten. Im Laufe
des kantonalen Gerichtsverfahrens wurden Berichte des Zentrums S.________ vom
27. Februar, 4. März, 8. Mai und 12. Juni 2008 aufgelegt. Mit Entscheid vom 10.
September 2008 wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau das eingelegte
Rechtsmittel ab.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt M.________ die
vorinstanzlich gestellten Rechtsbegehren wiederholen. Ferner ersucht sie um
unentgeltliche Rechtspflege.

Die SUVA schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit
verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG
erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (vgl. BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Im
Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der
Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die
vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art.
97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdeführerin aus dem Unfall vom 19.
Juni 2002 über den 30. November 2005 hinaus Anspruch auf Leistungen der
obligatorischen Unfallversicherung hat.

2.1 Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen über den Leistungsanspruch bei
Unfällen (Art. 6 Abs. 1 UVG) und den Unfallbegriff (Art. 4 ATSG) zutreffend
dargelegt. Gleiches gilt für die Grundsätze über den für einen
Leistungsanspruch nebst anderem erforderlichen natürlichen und adäquaten
Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem eingetretenen Schaden
(Krankheit, Invalidität, Tod) im Allgemeinen (vgl. BGE 129 V 177 E. 3.1 und 3.2
S. 181) sowie nach der mit BGE 117 V 359 begründeten sog.
Schleudertrauma-Praxis im Besonderen, welche bei organisch nicht
objektivierbaren Beschwerden in Verbindung mit einer Distorsion der HWS, einer
äquivalenten Verletzungen der HWS (SVR 1995 UV Nr. 23 S. 67, U 183/93 E. 2)
oder mit einem Schädel-Hirntrauma (BGE 117 V 369) zur Anwendung gelangt.
Richtig ist schliesslich, dass das Bundesgericht die Schleudertrauma-Praxis mit
BGE 134 V 109 präzisiert hat.

2.2 Zu ergänzen ist, dass die Adäquanz als rechtliche Eingrenzung der sich aus
dem natürlichen Kausalzusammenhang ergebenden Haftung des Unfallversicherers im
Bereich organisch objektiv ausgewiesener Unfallfolgen praktisch keine Rolle
spielt, da sich hier die adäquate weitgehend mit der natürlichen Kausalität
deckt (BGE 134 V 109 E. 2 S. 111 f., 127 V 102 E. 5b/bb S. 103).

3.
3.1 Die Beschwerdeführerin bringt zunächst zu Recht vor, im angefochtenen
Entscheid werde der natürliche Kausalzusammenhang nicht schlüssig beurteilt.
Die Vorinstanz erwog in Bestätigung des Einspracheentscheids der SUVA vom 17.
Januar 2007, dass ärztlich ausgewiesen das für ein Schleudertrauma der HWS
typische Beschwerdebild zumindest teilweise unmittelbar im Anschluss an den
Unfall vom 19. Juni 2002 aufgetreten ist und danach fortbestanden hat. Daher
ist nicht ersichtlich, weshalb sie unter Hinweis auf BGE 134 V 109 die Frage
der natürlichen Kausalität offen liess. Diesem Urteil gemäss bedarf es nicht
zwingend eines umfassenden medizinischen (inter- oder polydisziplinären)
Gutachtens (vgl. BGE 134 V 109 E. 9.4 S. 124 f.), wenn - wie hier - unstreitig
Berichte und Stellungnahmen von Ärzten verschiedener Fachrichtungen eine
schlüssige Gesamtbeurteilung zulassen (vgl. BGE 8C_527/2008 vom 27. November
2008 E. 3.2.2). Mit den Parteien ist daher der natürliche Kausalzusammenhang
der geklagten gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit dem Unfall vom 19. Juni
2002 zu bejahen.

3.2 Die weitere Feststellung des kantonalen Gerichts, radiologisch habe kein
organisches Korrelat für die klinisch fassbaren Beschwerden gefunden werden
können, beanstandet die Beschwerdeführerin nicht. Sie macht aber geltend, laut
Angaben des Dr. med. A.________ existierten weitere Verfahrensmethoden, mit
welchen die Symptomatik objektiviert werden könne. Die Vorinstanz erwog dazu,
auch wenn nicht auszuschliessen sei, dass sich bei Anwendung zusätzlicher
bildgebender Verfahren allenfalls ein somatischer Befund ergebe, bestehe kein
ergänzender Abklärungsbedarf. Der Untersuchungsgrundsatz verlange nicht, dass
jede technisch mögliche Abklärung durchgeführt werde.
3.2.1 Der vorinstanzlichen Auffassung kann nicht ohne weiteres beigepflichtet
werden. Der Untersuchungsgrundsatz schliesst die Beweislast im Sinne einer
Beweisführungslast begriffsnotwendig aus. Daher tragen die Parteien im
Sozialversicherungsprozess in der Regel nur insofern eine Beweislast, als im
Falle der Beweislosigkeit der Entscheid zu Ungunsten jener Partei ausfällt, die
aus dem unbewiesen gebliebenen Sachverhalt Rechte ableiten wollte. Diese
Beweisregel greift allerdings erst Platz, wenn es sich als unmöglich erweist,
im Rahmen des Untersuchungsgrundsatzes auf Grund einer Beweiswürdigung einen
Sachverhalt zu ermitteln, der zumindest die Wahrscheinlichkeit für sich hat,
der Wirklichkeit zu entsprechen ( BGE 117 V 261 E. 3b S. 264 mit Hinweisen).
Erst wenn die von Amtes wegen vorzunehmenden Abklärungen die Verwaltung oder
das Gericht bei pflichtgemässer Beweiswürdigung zur Überzeugung, ein bestimmter
Sachverhalt sei als überwiegend wahrscheinlich zu betrachten und es könnten
weitere Beweismassnahmen an diesem feststehenden Ergebnis nichts mehr ändern,
führen, ist auf die Abnahme weiterer Beweise zu verzichten (antizipierte
Beweiswürdigung). In einem solchen Vorgehen liegt kein Verstoss gegen das
rechtliche Gehör gemäss Art. 29 Abs. 2 BV (SVR 2001 IV Nr. 10 S. 27, I 362/99
E. 4b; zu Art. 4 Abs. 1 aBV ergangene, weiterhin geltende Rechtsprechung: BGE
124 V 90 E. 4b S. 94, 122 V 157 E. 1d S. 162 mit Hinweis; vgl. auch BGE 131 I
153 E. 3 S. 157, 130 II 425 E. 2.1 S. 428, 124 I 208 E. 4a S. 211, je mit
Hinweisen).
3.2.2 Dr. med. A.________ diagnostizierte im Bericht vom 9. Dezember 2006 ein
posttraumatisches zerviko-enzephales und -brachiales Syndrom linksbetont mit
Funktionsstörung des posturalen Kontrollsystems bei Verdacht auf
multisegmentale Läsionen der zervikalen Facettengelenke. Es sei nicht
überraschend, dass konventionell radiologisch und kernspintomographisch, ausser
der Streckhaltung der HWS auf Höhe der Halswirbelkörper C2 bis C6, keine
Hinweise für ligamentäre und/ oder kapsuläre Läsionen gefunden worden seien.
Aus zahlreichen Studien sei bekannt, dass mit diesen zwei bildgebenden
Testverfahren keine Mikroverletzungen der zervikalen Facettengelenke zu
verifizieren seien. Bis dato seien hinsichtlich der Objektivierung der
Beschwerden im Sinne eines organischen Nachweises keine adäquaten
Untersuchungen, weder die modifizierten elektronystagmographischen Verfahren,
noch die computerisierte dynamische Posturographie, noch die kontrollierten
komparativen Blockaden der Facettengelenke nach N. Bogduk durchgeführt worden.
3.2.3 Das Bundesgericht setzte sich mit den von Dr. med. A.________ angewandten
diagnostisch-therapeutischen Untersuchungen in den Urteilen U 254/04 vom 29.
März 2006 E. 2.3.2 und U 197/04 vom 29. März 2006 E. 3.2 einlässlich
auseinander. Gestützt auf ein Gutachten des Prof. Dr. med. N.________, Direktor
der Klinik O.________ der Medizinischen Hochschule F.________, vom 10. November
2003 war festzuhalten, dass es sich bei der dynamischen Posturographie um eine
wissenschaftlich anerkannte Untersuchungsmethode handelt, welche zusätzliche
Informationen über sonst nicht fassbare Gleichgewichtsstörungen zu geben
vermag. Es folgen daraus normalerweise jedoch keine direkten Hinweise auf eine
spezifische Krankheitsätiologie. Die erhebbaren Befunde sind aus
wissenschaftlicher Sicht nicht beweisend, sondern vermögen lediglich zwischen
verschiedenen Typen einer Gleichgewichtsfehlfunktion zu unterscheiden. Rein
aufgrund pathologischer neurootologischer Befunde ist es nicht möglich und wird
es wahrscheinlich auch nie möglich sein, eine überwiegend wahrscheinliche
Kausalitätsbeurteilung zervikozephaler Traumafolgen vorzunehmen. Gestützt auf
diese Auskünfte gelangte das Bundesgericht zum Ergebnis, dass sich
Gleichgewichtsstörungen mit der Untersuchungsmethode der dynamischen
Posturographie objektivieren, sich daraus aber keine Informationen zur
Ätiologie oder zu einer allfälligen Unfallkausalität entnehmen lassen
(zitiertes Urteil U 197/04 E. 3.2 in fine). Angesichts dieser Schlussfolgerung
ist nicht zu beanstanden, dass das kantonale Gericht in antizipierter
Beweiswürdigung auf die von Dr. med. A.________ vorgeschlagenen
diagnostisch-therapeutischen Untersuchungen zur Objektivierbarkeit des
Beschwerdebildes verzichtet hat.

3.3 Sodann geht in Bezug auf die von der Beschwerdeführerin weiter aufgeworfene
Frage, ob von der Fortsetzung ärztlicher Behandlung im Zeitpunkt der
Leistungseinstellung (30. November 2005) noch eine namhafte Besserung des
Gesundheitszustandes und der Arbeitsfähigkeit erwartet werden konnte, aus den
von der Vorinstanz einlässlich gewürdigten Akten klar hervor, dass mit den
konventionellen als auch komplementär- oder alternativmedizinischen Therapien
kein Erfolg mehr zu erzielen war. Die Ergebnisse der auf Empfehlung des Dr.
med. A.________ im Zentrum S.________ vorgenommenen invasiven Interventionen
(vgl. vorinstanzlich eingereichte Berichte vom 27. Februar, 4. März, 8. Mai und
12. Juni 2008) belegen keine namhafte Verbesserung des Gesundheitszustandes,
wie das kantonale Gericht, auf dessen Erwägungen verwiesen wird, zutreffend
festgehalten hat.
3.4
3.4.1 Die Vorinstanz hat die Unfalladäquanz nach der Schleudertrauma-Praxis
(vgl. E. 2.1 hievor) geprüft. Unbestritten ist, dass die Heck-Auffahrkollision
vom 19. Juni 2002 aufgrund des augenfälligen Geschehensablaufs als mittelschwer
im Grenzbereich zu den leichten Unfällen zu qualifizieren ist und die daher
weiter erforderlichen unfallbezogenen Kriterien jedenfalls hinsichtlich der
besonders dramatischen Begleitumstände oder besonderen Eindrücklichkeit des
Unfalles, der Schwere oder besonderen Art der erlittenen Verletzung sowie der
ärztlichen Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen erheblich verschlimmerte,
nicht gegeben sind.
3.4.2
3.4.2.1 Die Versicherte absolvierte seit dem Unfall vom 19. Juni 2002
regelmässig Physiotherapie und nahm schmerzlindernde Analgetika ein. Sie
unterzog sich im Januar und Februar 2003 in der Klinik K.________ mehreren
Infiltrationen im Bereich der HWS. Ab April bis Juli 2003 nahm sie Behandlungen
in Traditioneller Chinesischer Medizin (Akupunktur, Schröpfen, Tui-Na Massage,
Wärmetherapie, unterstützt mit chinesischen Heilkräutern) sowie eine von pract.
med. H.________ ab Februar 2004 durchgeführte Neuraltherapie in Anspruch. Ab
August 2003 fanden regelmässig alle zwei Wochen psychotherapeutische Gespräche
beim Dienst P.________ statt. Zudem weilte die Versicherte vom 28. August bis
24. September 2002 in der Klinik U.________ sowie vom 29. September bis 26.
Oktober 2004 in der Klinik E.________ und setzte danach auf Empfehlung dieser
Klinik die Physio- und Psychotherapie sowie die begonnene Maltherapie fort.

In Anbetracht dieser Aktenlage ist festzuhalten, dass nach dem Unfall vom 19.
Juni 2002 bis zum Fallabschluss am 30. November 2005 eine fortgesetzt
spezifische, die Versicherte belastende ärztliche Behandlung notwendig gewesen
war. Wohl sind die neben den wissenschaftlich anerkannten Behandlungen
beanspruchten alternativ- oder komplementärmedizinischen Massnahmen bezüglich
ihrer Wirksamkeit umstritten (vgl. Urteile U 479/05 vom 6. Februar 2007 E.
8.3.3 mit Hinweisen [publ. in: SVR 2007 Nr. UV 25 S. 81] und 8C_726/2007 vom
16. Mai 2008 E. 4.3.2.4); nachdem die SUVA einen möglichen Nutzen im
vorliegenden Fall zumindest implizit bejahte (vgl. Schreiben der SUVA vom 27.
März 2003 und Berichte des Dr. med. W.________ vom 23. und 24. November 2004),
sind sie in die Gesamtbeurteilung der Adäquanz einzubeziehen. Als belastend
wirkt hier neben der Vielzahl therapeutischer Massnahmen die Tatsache, dass der
Erfolg trotz intensivem Einsatz der Versicherten, die sich nicht nur passiv
behandeln liess, sondern stets auch aktiv mitarbeitete, weitgehend ausblieb. Zu
berücksichtigen ist weiter, dass die Durchführung der verschiedenen Therapien
über all die Jahre stets im voraus ärztlich indiziert war, die Versicherte also
nicht einfach von sich aus wahllos immer Neues ausprobierte. Eine gewisse
Belastung ergab sich auch aus dem Umstand, dass sie während der zwei jeweils
vier Wochen dauernden stationären Rehabilitationsaufenthalte von ihren kleinen
Kindern und dem Ehemann getrennt war. Daraus ist aber nicht auf eine besondere
Ausprägung des in Frage stehenden unfallbezogenen Adäquanzkriteriums zu
schliessen.
3.4.2.2 Das kantonale Gericht sah das Kriterium der erheblichen Beschwerden
grundsätzlich als erfüllt an, verneinte aber eine besondere Ausprägung, da es
der Versicherten immer noch möglich gewesen ist, gewisse Aktivitäten (teilweise
Haushaltführung und Kinderbetreuung; Ferienreisen; sicheres Autofahren über
kurze Strecken) auszuüben (vgl. auch Gutachten des Spitals V.________ vom 11.
August 2005 zur Arbeitsunfähigkeit im Haushalt). Entgegen den Vorbringen der
Beschwerdeführerin hat die Vorinstanz damit keine überhöhten Anforderungen an
die besondere Ausprägung dieses Kriteriums gestellt; ihre Beurteilung steht
vielmehr in Einklang mit vergleichbaren Fällen (vgl. z.B. Urteil 8C_57/2008 vom
16. Mai 2008 E. 9.4).
3.4.2.3 Die beiden Teilaspekte des Kriteriums des schwierigen Heilverlaufs und
der erheblichen Komplikationen müssen nicht kumulativ erfüllt sein (BGE 117 V
359 E. 7b S. 369). Unbestritten ist, dass ein schwieriger Heilverlauf nicht
vorliegt. Auf der anderen Seite ist nicht ersichtlich, inwiefern mit dem von
der Klinik K.________ nach Applikation der Infiltrationen (welche weitgehend
wirkungslos blieben) geäusserten Verdacht auf Opioidresistenz (vgl. Bericht vom
11. Februar 2003) eine erhebliche Komplikation begründet ist. Die
Beschwerdeführerin macht selber geltend, die im Zentrum S.________
vorgenommenen Infiltrationen hätten die Schmerzen im HWS-Bereich gemildert.
Weiter ist auch im Umstand, dass gemäss psychiatrischen Auskünften die
anhaltende Schmerzsymptomatik zu einem mittelgradigen depressiven Zustand
führte, kein besonderer Grund zu erblicken, der die Heilung beeinträchtigte
(vgl. Urteil U 56/07 vom 25. Januar 2008 E. 6.6). Depressive Symptome gehören
gleichsam zum typischen Beschwerdebild nach HWS-Schleudertrauma (BGE 117 V 359
E. 4b S. 360).
3.4.2.4 Nach der Rechtsprechung ist bei der Bestimmung des unfallbezogenen
Kriteriums der erheblichen Arbeitsunfähigkeit trotz ausgewiesener Anstrengungen
grundsätzlich vom Teilzeitpensum auszugehen, das die versicherte Person vor dem
Unfall ausübte (SVR 2007 UV Nr. 25 S. 81, U 479/05 E. 8.6.1). Die Versicherte
arbeitete als Verkäuferin in einem Tankstellen-Shop teilzeitlich im Umfang von
ungefähr 40 % (16 von 42 Wochenstunden oder 3.2 Stunden täglich; vgl.
Unfallmeldung UVG vom 24. Juni 2002). Aus dem Gutachten des Spitals V.________
vom 11. August 2005 ist zu schliessen, dass aus neurologischer Sicht der
zuletzt ausgeübte Beruf im Umfang von 70 % einer Vollzeitbeschäftigung zumutbar
war; nicht mehr auszuüben vermochte die Explorandin hiegegen den erlernten
Beruf als Coiffeuse oder andere Tätigkeiten, die mit repetitiven Bewegungen
oder Zwangshaltungen verbunden waren (vgl. auch Berichte der Klinik E.________
vom 8. November 2004 und der Klinik U.________ vom 3. Oktober 2002). Allerdings
hat die Klinik V.________ ihre Einschätzung der Arbeitsfähigkeit unter dem
expliziten Vorbehalt einer weiteren psychiatrischen und neuropsychologischen
Abklärung und Beurteilung abgegeben. Dieser Empfehlung ist die SUVA nicht
gefolgt, obwohl laut Bericht des Dienstes P.________ vom 9. August 2005 aus
psychiatrischer Sicht eine vollständige Arbeitsunfähigkeit bestanden hat.
Dennoch kann in Bezug auf das zu beurteilende unfallbezogene Kriterium von
weiteren Abklärungen abgesehen werden, nachdem laut Austrittsbericht der Klinik
U.________ vom 3. Oktober 2002 ab 22. Oktober 2002 einer Wiedereingliederung in
den Arbeitsprozess für körperlich leichte Tätigkeiten im Rahmen von zwei bis
drei Stunden vorderhand noch keine psychische Behinderung entgegen stand, der
Beschwerdeführerin somit ernsthafte Anstrengungen zur beruflichen
Wiedereingliederung jedenfalls zunächst zumutbar waren. Das zu beurteilende
Kriterium ist jedenfalls nicht besonders ausgeprägt erfüllt.
3.4.3 Gesamthaft betrachtet liegen höchstens drei der massgebenden
unfallbezogenen Adäquanzkriterien vor, was praxisgemäss zur Bejahung des
adäquaten Kausalzusammenhangs des mittelschweren, an der Grenze zu den leichten
Unfällen liegenden Vorfalles vom 19. Juni 2002 mit den über den 30. November
2005 hinaus geltend gemachten gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht genügt.
Der vorinstanzliche Entscheid ist daher im Ergebnis zu bestätigen.

3.5 Hinsichtlich der Unfallkausalität des Tinnitus ist vollumfänglich auf die
nicht zu beanstandenden Erwägungen im angefochtenen Entscheid zu verweisen,
welchen das Bundesgericht nichts beizufügen hat.

4.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 62 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art.
65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a BGG). Die Gerichtskosten sind der
Beschwerdeführerin als unterliegender Partei aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz
1 BGG).

5.
Die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege setzt unter anderem voraus, dass
die gesuchstellende Partei nicht über die erforderlichen Mittel verfügt, die
Gerichtskosten zu bezahlen (Art. 64 Abs. 1 BGG; BGE 125 V 371 E. 5b S. 372 mit
Hinweisen). Laut Erhebungsbogen für die unentgeltliche Rechtspflege vom 27.
Juli 2009 stehen den Einnahmen von Fr. 6183.30 Auslagen in Höhe von Fr. 3090.75
gegenüber, welchen ein Grundbetrag (inklusive prozessualer Zuschlag von 25 %)
für die Familie von Fr. 3000.- hinzu zu rechnen ist. Die Beschwerdeführerin
macht ausgabenseitig die Kosten für ein geleastes Automobil geltend (Fr.
423.10), das der Ehemann für die nebenberufliche Erwerbstätigkeit als
Versicherungsvermittler benötige. Kompetenzcharakter kommt einem Automobil nur
zu, wenn es für die Zurücklegung des Arbeitsweges oder die Berufsausübung
unabdingbar ist (ALFRED BÜHLER, Die Prozessarmut, in: Gerichtskosten,
Parteikosten, Prozesskaution, unentgeltliche Prozessführung, Christian Schöbi
[Hrsg.], Bern 2001, S. 167). Diese Voraussetzung trifft hier schon angesichts
der einnahmenseitig eingesetzten Fr. 50.- aus Versicherungsvermittlung
offensichtlich nicht zu. Inwieweit die weiteren im Erhebungsbogen für die
unentgeltliche Rechtspflege unter der Rubrik "sonstige Auslagen" geltend
gemachten Positionen in die Notbedarfsrechnung einzubeziehen sind, kann offen
bleiben, da bereits ein Vergleich der Einnahmen (Fr. 6183.10) mit den um die
Leasingkosten verminderten Auslagen (Fr. 5672.65) einen die Bedürftigkeit
ausschliessenden Überschuss (Fr. 510.65) ergibt.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

4.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 1. September 2009
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Grunder