Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.955/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_955/2008

Urteil vom 29. April 2009
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterinnen Leuzinger, Niquille,
Gerichtsschreiber Jancar.

Parteien
Y.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprech Jürg Walker,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom
24. September 2008.

Sachverhalt:

A.
Die 1980 geborene Y.________ war seit 27. Juni 2005 bei der Firma M.________ SA
angestellt und damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA)
obligatorisch unfallversichert. Am 12. Juli 2005 zog sie sich während der
Arbeit eine dislozierte, offene Basisfraktur Endphalanx Mittelfinger links zu,
weswegen sie gleichentags im Spital X.________ operiert wurde. Die SUVA
erbrachte die gesetzlichen Leistungen (Heilbehandlung und Taggeld). Mit
Verfügung vom 10. August 2006 sprach sie der Versicherten für die verbliebene
körperliche Beeinträchtigung (Beeinträchtigung der Funktionalität des
Mittelfingers links) eine Integritätsentschädigung bei einer
Integritätseinbusse von 5 % zu. Im Übrigen stellte sie die Leistungen auf den
10. August 2006 ein. Dagegen erhob die Versicherte Einsprache. Nach weiteren
Abklärungen eröffnete ihr die SUVA mit Verfügung vom 25. Juni 2007, sie ziehe
die Verfügung vom 10. August 2006 zurück. Die Feststellung in jener Verfügung,
es lägen keine behandlungsbedürftigen Unfallfolgen mehr vor, habe weiter
Gültigkeit. Die geklagten Beschwerden seien organisch als Unfallfolge nicht
mehr erklärbar; es seien psychische Gründe dafür verantwortlich. Die adäquate
Kausalität sei zu verneinen, weshalb am Fallabschluss auf den 10. August 2006
festgehalten werde. Für die verbliebene körperliche Beeinträchtigung aus dem
Unfall richte sie bei einer Integritätseinbusse von 5 % eine
Integritätsentschädigung von Fr. 5430.- aus. Da eine Erwerbseinbusse von 2 %
vorliege, könne keine Invalidenrente gewährt werden. Dagegen erhob die
Versicherte Einsprache. Die SUVA zog das zu Handen der Invalidenversicherung
erstellte Gutachten der Medizinischen Abklärungsstation (MEDAS), Spital
E.________, vom 20. Dezember 2007 bei. Die Versicherte legte einen Bericht der
Psychiaterin Frau Dr. med. O.________ vom 31. Januar 2008 auf. Mit Entscheid
vom 11. März 2008 wies die SUVA die Einsprache ab.

B.
Hiegegen reichte die Versicherte beim Versicherungsgericht des Kantons Aargau
Beschwerde ein. Die SUVA legte eine MEDAS-Stellungnahme vom 4. Juni 2008 auf.
Mit Entscheid vom 24. September 2008 wies das kantonale Gericht die Beschwerde
ab.

C.
Mit Beschwerde beantragt die Versicherte die Aufhebung des kantonalen
Entscheides; die SUVA sei zu verpflichten, den Fall erst per Ende Februar 2008
abzuschliessen und ihre Versicherungsleistungen (Behandlungskosten und
Taggelder) bis zu diesem Zeitpunkt auszurichten; es sei ihr eine Invalidenrente
auf der Basis eines Invaliditätsgrades von mindestens 44 % zuzusprechen. Sie
verlangt die unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren.

Die SUVA schliesst auf Abweisung der Beschwerde, während das Bundesamt für
Gesundheit auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG
erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Es prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die
rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (Art. 42 Abs. 1 und 2
BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254; Urteil 8C_806/2008 vom 5. Januar 2009, E.
1.1). Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die
vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art.
97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2.
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über die Invalidität (Art. 8
Abs. 1 ATSG), die Invaliditätsbemessung bei Erwerbstätigen nach der
Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG), den Anspruch auf Leistungen der
obligatorischen Unfallversicherung im Allgemeinen (Art. 6 Abs. 1 UVG), auf
Heilbehandlung, Taggeld und Invalidenrente (Art. 10, Art. 16, Art. 18 Abs. 1,
Art. 19 Abs. 1 und Art. 21 Abs. 1 UVG; BGE 134 V 109 E. 4 f. S. 113 ff.) sowie
die Revision und Anpassung von Leistungen (Art. 17 ATSG; BGE 133 V 57)
zutreffend dargelegt. Gleiches gilt betreffend den für die Leistungspflicht des
Unfallversicherers vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem
Unfall und dem eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod; BGE 134 V
109 E. 2.1 S. 111 f. mit Hinweisen), die vorausgesetzte Adäquanz des
Kausalzusammenhangs im Allgemeinen und bei psychischen Unfallfolgen (BGE 134 V
109 E. 6.1 S. 116, 115 V 133), den im Sozialversicherungsrecht üblichen
Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 134 V 109 E. 9.5 S. 125
mit Hinweis) sowie den Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S.
232, 125 V 351 ff.). Darauf wird verwiesen.

Zu ergänzen ist, dass im Sozialversicherungsrecht die Adäquanz als rechtliche
Eingrenzung der sich aus dem natürlichen Kausalzusammenhang ergebenden Haftung
des Unfallversicherers im Bereich organisch objektiv ausgewiesener Unfallfolgen
praktisch keine Rolle spielt, da sich hier die adäquate weitgehend mit der
natürlichen Kausalität deckt (BGE 134 V 109 E. 2.1 S. 112 mit Hinweisen).

3.
Die Versicherte reicht letztinstanzlich neu eine Einladung des Spitals
X.________ vom 29. Oktober 2008 zur angiologischen Abklärung vom 16. Dezember
2008 ein und macht geltend, der entsprechende Spitalbericht werde nachgereicht.
Da sie hieraus wegen der Notwendigkeit weiterer Abklärungen nichts zu ihren
Gunsten ableiten kann, kann offen bleiben, ob die Voraussetzungen erfüllt sind,
unter denen neue Beweismittel aufgelegt werden können (Art. 99 Abs. 1 BGG).

4.
4.1 Im interdisziplinären MEDAS-Gutachten vom 20. Dezember 2007, das vom
Klinikdirektor und Chefarzt Prof. Dr. med. B.________ sowie von den Dres. med.
N.________ (Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie), G.________ (Facharzt
für Neurologie) und L.________ (Facharzt für Orthopädie) erstattet wurde,
wurden folgende Diagnosen mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit gestellt: 1.
Mittelgradige depressive Episode (ICD-10: F32.1). 2. Posttraumatische
Hyperpathie des linken Mittelfingers nach Endgliedverletzung, Verdacht auf CRPS
("Complex Regional Pain Syndrome") I/II (lokale Sudeck-Dystrophie). Seit dem
Unfall vom 12. Juli 2005 sei es zu einem anhaltenden chronischen Schmerzsyndrom
mit Hyperpathie des linken Mittelfingers gekommen. Dort finde sich eine
Dystrophie von Nagel und Endglied. Aus gutachterlicher Sicht bestehe ein
posttraumatischer hyperpathetischer Zustand nach Endgliedverletzung des linken
Mittelfingers. Aus orthopädischer Sicht heisse es dazu, es läge das Bild eines
posttraumatischen Sudeck-Syndroms vor. Die Beschwerden hätten sich ausgedehnt
und würden inzwischen die gesamte linke obere Extremität einschliesslich der
linken Hals- und Nackenregion ergreifen. Neurologischerseits werde beschrieben,
dass eine organ-neurologische Ursache für die beschriebenen Schmerzen nicht
vorläge. Die klinisch-neurologische Untersuchung ergebe keinen zuverlässigen
Anhalt für eine Läsion peripherer Nerven oder des zentralen Nervensystems. Aus
rein neurologischer Optik sei die Arbeitsfähigkeit der Versicherten nicht
eingeschränkt. Dabei beschränke sich die neurologische Begutachtung allerdings
auf den klinisch-neurologischen Status. Geprägt werde das klinische Bild jedoch
durch eine depressive Symptomatik. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als
Maschinenarbeiterin in einer Fabrik sei der Versicherten seit dem Unfall vom
12. Juli 2005 nicht mehr möglich. Sie könne sämtliche leichten und
mittelschweren körperlichen Arbeiten ohne besonderen Zeitdruck, ohne Akkord-
und Nachtarbeitsbedingungen während 8 ½ Stunden täglich regelmässig ausüben.
Dabei seien Tätigkeiten mit besonderer Beanspruchung der linken Hand
auszuschliessen; diese könne nur als Beihand genutzt werden. Wegen der
depressiven Symptomatik sei auf ein konfliktfreies Umfeld Wert zu legen.
Allerdings bestehe dabei eine Leistungsminderung um 30 % im Rahmen der
depressiven Erkrankung und des im orthopädischen Zusatzgutachten beschriebenen
CRPS; folglich sei eine Leistungsfähigkeit in adaptierten Tätigkeiten von 70 %
anzunehmen. Rehabilitationsmassnahmen erfolgten derzeit nicht. Eine stufenweise
Wiedereingliederung über einen Zeitraum von drei Monaten sei sicher angemessen.
In diesem Rahmen könnten auch vorhandene Ressourcen geweckt und die sozialen
Grundfertigkeiten im interaktionellen Bereich gebessert werden. Medizinisch
sinnvoll erscheine eine Berufsfindungsmassnahme mit dem klar formulierten Ziel
einer vollständigen Reintegration in den Arbeitsprozess.

4.2 In der Stellungnahme zu Handen der SUVA vom 4. Juni 2008 führten die
MEDAS-Gutachter Prof. Dr. med. B.________ und Dr. med. L.________ aus, ohne
Berücksichtigung der psychischen Beschwerden resultiere aus somatischer Sicht,
vorliegend aus orthopädischer Sicht, ganztägige Arbeitsfähigkeit für leichte,
angepasste Arbeiten, die sozusagen einarmig, nur mit der rechten oberen
Extremität zu verrichten seien. Sie verwiesen unter anderem auf die Angabe im
orthopädischen MEDAS-Teillgutachten vom 29. Oktober 2007, wonach die linke Hand
vorerst nur als Beihand eingesetzt werden könne.

5.
5.1 Die Vorinstanz hat im Wesentlichen erwogen, organisch nachweisbare
Folgeschäden des Unfalls vom 12. Juli 2005 lägen bei der Versicherten nicht
vor. Auf körperlicher Ebene bestehe keine Minderbelastbarkeit der linken Hand;
die Versicherte könne sämtliche leichten und mittelschweren körperlichen
Arbeiten (ohne besonderen Zeitdruck, ohne Akkord- und Nachtarbeitsbedingungen
und ohne besondere Beanspruchung der linken Hand) ausüben. Das Abklingen der
akuten Verletzungsfolgen sei gestützt auf den Bericht der Klinik Z.________ vom
24. April 2005 (recte 2006) bereits per April/Mai 2006 anzunehmen. Eine
namhafte Besserung des Gesundheitszustandes sei nicht mehr zu erwarten, weshalb
die SUVA die Leistungen zu Recht rückwirkend per 10. August 2006 eingestellt
habe. Bezüglich der psychischen Beschwerden sei die adäquate Unfallkausalität
zu verneinen.

5.2 Die Versicherte bringt vor, sie fechte die Integritätsentschädigung nicht
an und behaupte nicht, die psychische Überlagerung sei unfallkausal. In diesen
Punkten hat es mithin sein Bewenden.
5.3
5.3.1 Die Versicherte macht geltend, die SUVA hätte mit dem Fallabschluss bis
zum Vorliegen des MEDAS-Gutachten vom 20. Dezember 2007 zuwarten müssen. Dieses
sei der Versicherten zur Stellungnahme bis 11. Februar 2008 zugestellt worden.
Die vollständigen Beurteilungsgrundlagen hätten somit erst in der zweiten
Hälfte des Monats Februar 2008 vorgelegen, weshalb der Fallabschluss frühestens
per Ende Februar 2008 zulässig gewesen wäre.
5.3.2 Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Der Versicherer hat -
sofern allfällige Eingliederungsmassnahmen der Invalidenversicherung
abgeschlossen sind - die Heilbehandlung (und das Taggeld) nur solange zu
gewähren hat, als von der Fortsetzung der ärztlichen Behandlung noch eine
namhafte Besserung des Gesundheitszustandes erwartet werden kann. Trifft dies
nicht mehr zu, ist der Fall unter Einstellung der vorübergehenden Leistungen
mit gleichzeitiger Prüfung des Anspruchs auf eine Invalidenrente und auf eine
Integritätsentschädigung abzuschliessen, wobei dies rückwirkend zulässig ist
(BGE 134 V 109 E. 4.1 S. 114, 133 V 57). In diesem Rahmen beurteilt sich mithin
der zulässige Zeitpunkt des Fallabschlusses, wobei unbestritten ist, dass keine
IV-Eingliederungsmassnahmen laufen oder geplant sind.

6.
Beim komplexen regionalen Schmerzsyndrom (CRPS; ICD-10: M89.0) handelt es sich
um eine zusammenfassende Bezeichnung für Krankheitsbilder, welche die
Extremitäten betreffen, sich nach einem schädigenden Ereignis entwickeln und
durch anhaltenden Schmerz mit Störungen des vegetativen Nervensystems, der
Sensibilität und der Motorik gekennzeichnet sind. Das CRPS I (sympathische
Algodystrophie, Sudeck-Syndrom; früher sympathische Reflexdystrophie [SRD])
stellt eine Erkrankung der Extremität dar, die ohne definierte Nervenläsion
nach relativ geringfügigem Trauma ohne Bezug zum Innervationsgebiet eines Nervs
auftritt. Es kommt am häufigsten nach distaler Radiusfraktur bei wiederholten
Repositionsmanövern, einengenden Gipsverbänden oder ohne nachvollziehbare
Ursache vor. Eingeteilt wird es in drei Stadien: I: Entzündungsstadium; II:
Dystrophie; III: Atrophie (irreversibel). Das CRPS II (früher Kausalgie)
bezeichnet brennende Schmerzen und Störungen des sympathetischen Nervensystems
als Folge einer definierten peripheren Nervenläsion (häufig Hyperkompression).
Klinische Zeichen bzw. Symptome des CRPS sind schwer lokalisierbare brennende
Schmerzen (z.B. Allodynie, Hyperalgesie) zusammen mit autonomen (Ödeme,
Temperatur- und Schweisssekretionsstörung, eventuell trophische Störung der
Haut, Nagelveränderungen, lokal vermehrtes Haarwachstum), sensiblen und
motorischen Störungen. Im weiteren Verlauf kann es zu Knochenabbau
(Demineralisation), Ankylose und Funktionsverlust kommen (Pschyrembel,
Klinisches Wörterbuch, 261. Aufl., Berlin 2007, S. 1723; vgl. auch Alfred M.
Debrunner, Orthopädie/Orthopädische Chirurgie, 4. Aufl., Bern 2002, S. 481 und
695 f.; Mumenthaler/Mattle, Neurologie, 11. Aufl., Stuttgart 2002, S. 850;
Heierli/Meyer/Radziwill, Nosologischer Rahmen und Terminologie, in: Bär/Felder/
Kiener [Hrsg.], Algodystrophie, Luzern 1998, S. 7 f.). Das CRPS gehört zu den
neurologisch-orthopädisch-traumatologischen Erkrankungen (Wikipedia, Die freie
Enzyklopädie, http://de.wikipedia.org/wiki/Autoscooter, Komplexes regionales
Schmerzsyndrom) und stellt mithin einen organischen bzw. körperlichen
Gesundheitsschaden dar (vgl. Urteile I 568/06 vom 22. November 2006 E. 5.2 und
U 194/03 vom 14. Juni 2004 E. 3.4).

7.
7.1 Im orthopädischen MEDAS-Teilgutachten vom 29. Oktober 2007 wurde ohne
Vorbehalt ein posttraumatisches Sudeck-Syndrom des III. Fingers der linken Hand
synonym CRPS I/II diagnostiziert. Im von sämtlichen Gutachtern unterzeichneten
MEDAS-Hauptgutachten vom 20. Dezember 2007 wurde hingegen nur noch der Verdacht
auf CRPS I/II (lokale Sudeck-Dystrophie) diagnostiziert, was eine Relativierung
darstellt. Indessen wurde an anderer Stelle des Hauptgutachtens ausgeführt, es
bestehe eine Leistungsminderung um 30 % im Rahmen der depressiven Erkrankung
und des im orthopädischen Zusatzgutachten beschriebenen CRPS (vgl. E. 4.1
hievor); in diesem Kontext wurde das CRPS demnach wiederum vorbehaltlos bejaht,
wobei jedoch nicht angegeben wurde, welchen Anteil das CRPS an der 30%igen
Arbeitsunfähigkeit habe. Diesbezüglich ist das MEDAS-Gutachten mithin unklar
und widersprüchlich, wie die Versicherte zu Recht einwendet.
Weiter ist diagnostisch ungeklärt, ob ein CRPS I (ohne Nervenverletzung) oder
II (mit Nervenverletzung) vorliegt (hiezu siehe E. 6 hievor). Im neurologischen
MEDAS-Teilgutachten vom 8. November 2007 wurde eine organ-neurologische Ursache
für die beschriebenen Schmerzen verneint; die Untersuchung ergebe keinen
zuverlässigen Anhalt für eine Läsion peripherer Nerven oder des zentralen
Nervensystems. Diagnosen (nach ICD-10) mit Relevanz für die Arbeits- und
Leistungsfähigkeit wurden darin keine gestellt. Im MEDAS-Hauptgutachten vom 20.
Dezember 2007 wurde jedoch ausdrücklich eingeräumt, die neurologische Abklärung
habe sich allerdings auf den klinisch-neurologischen Status beschränkt (siehe
E. 4.1 hievor). Im Rahmen der Diagnose und Abklärung des CRPS sind jedoch
apparative Abklärungen angezeigt, wie Röntgen, Szintigraphie, Ninhydrintest,
Thermographie (Psychrembel, a.a.O., S. 1723; Debrunner, a.a.O., S. 696;
Wikipedia, a.a.O., Ziff. 4.2.4 [Veränderungen im Röntgenbild]). Solche
Untersuchungen wurden auch im Rahmen des orthopädischen MEDAS-Teilgutachtens
vom 29. Oktober 2007 nicht vorgenommen.

Röntgenuntersuchungen fanden auf Grund der Akten zuletzt am 13. November sowie
30. März 2006 statt. Hinsichtlich der Ersteren, deren Herkunft unbekannt ist,
gab der Kreisarzt Dr. med. W.________ im Bericht vom 1. Juni 2007 Folgendes an:
Fraktur nicht mehr erkennbar; Stellungsverhältnisse gut; in diesem Bild
Eindruck einer leichten Gelenkspaltverschmälerung im DIP; Spur Verminderung des
Kalksalzgehaltes im Endglied und im Mittelgliedbereich. Die Röntgenuntersuchung
vom 30. März 2006, die in der Klinik Z.________ stattfand, ergab eine leichte
Osteopenie der linken Hand ab dem Radiokarpalgelenk, eine sekundäre Arthrose im
DIP-Gelenk des Dig. III mit kleinen Osteophyten an der Basis der Endphalanx
lateral sowie auch medial und eine unscharfe Begrenzung der Gelenkfläche in der
seitlichen Projektion. Es drängen sich jedoch weitere apparative Abklärungen
auf, da nicht auszuschliessen ist, dass sich der Gesundheitsschaden der
Versicherten seit 13. November bzw. 30. März 2006 verschlechtert hat, zumal die
MEDAS im Hauptgutachten vom 20. Dezember 2007 - trotz ungenügender Abklärungen
- immerhin vom Verdacht einer Sudeck-Dystrophie ausging (siehe E. 4.1 hievor),
was dem Stadium II des CRPS I entspricht (vgl. E. 6 hievor).

Zudem fehlen im MEDAS-Gutachten hinreichende Angaben zur
Behandlungsbedürftigkeit und Arbeits(un)fähigkeit der Versicherten in
leidensangepasster Tätigkeit ab 10. August 2006 (Leistungseinstellung) bis zum
Zeitpunkt der MEDAS-Begutachtung.
Aus der MEDAS-Stellungnahme vom 4. Juni 2008 (E. 4.2 hievor), der keine
weiteren Abklärungen zu Grunde lagen, kann die SUVA nichts zu ihren Gunsten
ableiten.

7.2 Bei dieser insgesamt widersprüchlichen und unvollständigen Aktenlage lässt
sich der Gesundheitsschaden und die Schmerzproblematik in somatischer Hinsicht
sowie die dadurch bedingte allfällige Behandlungsbedürftigkeit und
Arbeitsunfähigkeit der Versicherten ab 10. August 2006 (Leistungseinstellung)
nicht rechtsgenüglich beurteilen. Unter den gegebenen Umständen kann nicht ohne
Weiteres auf die MEDAS-Einschätzung abgestellt werden, die Versicherte sei in
leidensangepasster Tätigkeit ganztägig arbeitsfähig, wobei die linke Hand als
Beihand eingesetzt werden könne (vgl. E. 4 hievor). Die Sache ist demnach in
Nachachtung des Untersuchungsgrundsatzes als wesentlicher Verfahrensvorschrift
(Urteil 8C_912/2008 vom 5. März 2009 E. 12.2 mit Hinweisen) an die SUVA
zurückzuweisen, damit sie eine erneute interdisziplinäre medizinische
Begutachtung durchführe und hernach über den Leistungsanspruch der Versicherten
neu verfüge.

8.
Die Versicherte beanstandet den von der SUVA vorgenommenen Einkommensvergleich
und in diesem Rahmen die Festlegung sowohl des Validen- als auch des
Invalideneinkommens. Die Vorinstanz hat sich hiermit nicht befasst (vgl. E. 6
hievor). Dieser Punkt ist letztinstanzlich nicht in die Beurteilung
einzubeziehen, zumal damit der Anspruch auf den doppelten Instanzenzug verletzt
würde (vgl. BGE 125 V 413 E. 2c S. 417; Urteil 8C_457/2007 vom 9. September
2008, E. 4.3 in fine). Zudem kann über das zu veranschlagende
Invalideneinkommen erst nach rechtsgenüglicher Ermittlung der Arbeits(un)
fähigkeit der Versicherten befunden werden.

9.
Die Rückweisung der Sache an die SUVA zu neuer Abklärung (mit noch offenem
Ausgang) gilt als volles Obsiegen der Versicherten nach Art. 66 Abs. 1 sowie
Art. 68 Abs. 2 BGG (BGE 132 V 215 E. 6.1 S. 235; Urteil 8C_374/2008 vom 30.
Januar 2009 E. 7). Ihr Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege ist
damit gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des
Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 24. September 2008 und der
Einspracheentscheid der SUVA vom 11. März 2008 aufgehoben werden und die Sache
an die SUVA zurückgewiesen wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne
der Erwägungen, über den Leistungsanspruch neu verfüge.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden der SUVA auferlegt.

3.
Die SUVA hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit
Fr. 2800.- zu entschädigen.

4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen
Verfahrens an das Versicherungsgericht des Kantons Aargau zurückgewiesen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 29. April 2009

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Jancar