Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.928/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_928/2008

Urteil vom 20. April 2009
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Niquille, Bundesrichter Maillard,
Gerichtsschreiberin Polla.

Parteien
H.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Fürsprecher Alfred Haldimann,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung
Sozialversicherungsrecht, vom 20. August 2008.

Sachverhalt:

A.
Der 1973 geborene H.________ war als Schreinermeister bei der Firma X.________
tätig und bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die
Folgen von Unfällen versichert, als er am 8. September 2005 in den USA als
Lenker eines Personenwagens einen Heckauffahrunfall erlitt. Die SUVA anerkannte
ihre Leistungspflicht für die Folgen des Ereignisses und erbrachte die
gesetzlichen Leistungen, stellte diese aber mit Verfügung vom 26. Juni 2007 und
Einspracheentscheid vom 3. Oktober 2007 per 31. Juli 2007 ein, da die über
dieses Datum hinaus geklagten Beschwerden nicht adäquat kausal durch das
Ereignis verursacht worden seien.

B.
Die von H.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Kantonsgericht
Basel-Landschaft mit Entscheid vom 20. August 2008 ab.

C.
H.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Entscheids und des
Einspracheentscheids seien ihm auch über den 31. Juli 2007 hinaus die
gesetzlichen Leistungen, namentlich in Form von Heilbehandlung und Taggeld,
zuzusprechen. Zu gegebener Zeit sei der Anspruch auf Rente und
Integritätsentschädigung zu prüfen.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von
der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132
II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das
Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der
Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten
Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist
jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich
stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht
nicht mehr vorgetragen werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).

1.2 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2.
Das kantonale Gericht hat die gesetzlichen Bestimmungen über den Anspruch auf
Leistungen der Unfallversicherung im Allgemeinen (Art. 6 Abs. 1 UVG [in
Verbindung mit Art. 4 ATSG]) und die einzelnen Leistungsarten im Besonderen
(Art. 10 Abs. 1 UVG [zweckmässige Heilbehandlung], Art. 16 Abs. 1 UVG
[Taggeld]) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt für die Rechtsprechung zu dem
für die Leistungspflicht der Unfallversicherung vorausgesetzten natürlichen
Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem eingetretenen Schaden
(Krankheit, Invalidität, Tod; BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181 mit Hinweisen) sowie
zur im Weiteren erforderlichen Adäquanz des Kausalzusammenhangs im Allgemeinen
(BGE 129 V 177 E. 3.2 S. 181 mit Hinweisen) sowie bei psychischen
Fehlentwicklungen nach Unfall (BGE 115 V 133) und nach der für nicht mit
organisch objektiv ausgewiesenen Unfallfolgen verbundenen Schleudertraumen (BGE
117 V 359), äquivalenten Verletzungen der HWS (SVR 1995 UV Nr. 23 S. 67 E. 2)
und Schädel-Hirntraumen (BGE 117 V 369) geltenden sog. Schleudertrauma-Praxis
im Besonderen (BGE 134 V 109). Richtig sind schliesslich die Ausführungen zu
dem im Sozialversicherungsrecht geltenden Beweisgrad der überwiegenden
Wahrscheinlichkeit (BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181 mit Hinweisen) sowie zum
Beweiswert und zur Beweiswürdigung medizinischer Berichte und Gutachten (BGE
125 V 351 E. 3a S. 352 mit Hinweis). Darauf wird verwiesen.

3.
Streitig und zu prüfen ist, ob die über den 31. Juli 2007 hinaus geklagten
Beschwerden in einem rechtsgenüglichen Kausalzusammenhang zum Unfallereignis
vom 8. September 2005 stehen, der eine fortdauernde Leistungspflicht der
Beschwerdegegnerin begründet.

3.1 Im Lichte der fachärztlichen Beurteilungen ist unter den
Verfahrensbeteiligten zu Recht unbestritten, dass der Auffahrunfall weder zu
organischen Schädigungen im Sinne von strukturellen, bildgebend nachweisbaren
Verletzungen geführt, noch neurologisch objektivierbare Ausfallerscheinungen
bewirkt hat. Streitig bleibt, ob die geklagten, organisch nicht nachweisbaren
Restbeschwerden (insbesondere belastungsabhängige Beschwerden im Nackenbereich
mit Ausstrahlung in den rechten Arm und die Schulter) auf das Unfallereignis
zurückzuführen sind. Für die Annahme eines Schleudertraumas oder einer
schleudertraumaähnlichen Verletzung ohne organisch nachweisbare
Funktionsausfälle ist nicht erforderlich, dass die meisten der dem bunten
Beschwerdebild zugerechneten Symptome bereits innert einer Latenzzeit von 24
bis höchstens 72 Stunden auftreten. Es genügt, wenn sich in diesem Zeitraum
Beschwerden in der Halsregion oder an der Halswirbelsäule (HWS) manifestieren
(RKUV 2000 Nr. U 359 S. 29), während weitere für ein Schleudertrauma typische
Beschwerden im Sinne von BGE 117 V 359 E. 4b S. 360 durchaus erst zeitverzögert
auftreten können, um noch als unfallkausal in Betracht zu kommen (SVR 2007 UV
Nr. 23 S. 75, U 215/05; Urteil U 186/06 vom 29. Oktober 2007, E. 6.1).

3.2 Den medizinischen Unterlagen ist zu entnehmen, dass sich der Versicherte
zwar innerhalb der massgeblichen Latenz von 24 bis 72 Stunden nach dem Unfall
über Nacken- und Kopfschmerzen beklagt hat, weitere Symptome, welche nach einem
Schleudertrauma der HWS oder einem äquivalenten Verletzungsmechanismus
auftreten (wie Schwindel, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, Übelkeit,
rasche Ermüdbarkeit, Visusstörung, Reizbarkeit, Affektlabilität, Depression,
Wesensveränderung usw; BGE 117 V 359 E. 4b S. 360; 119 V 335 E. 1 S. 338 oben)
sind aber auch zu einem späteren Zeitpunkt medizinisch nicht dokumentiert,
weshalb es zumindest fraglich ist, ob eine Schleudertraumaverletzung vorliegt
und ob die gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit dem Unfallereignis erklärbar
sind.

3.3 Während die Beschwerdegegnerin ein HWS-Schleudertrauma mangels vorliegendem
buntem Beschwerdebild als natürlich kausale Unfallursache ausschloss, hat die
Vorinstanz diese Frage letztlich offen gelassen und von weiteren Abklärungen
zur natürlichen Kausalität abgesehen, da die Adäquanz des Kausalzusammenhangs -
auch nach der Rechtsprechung gemäss BGE 134 V 109 - ohnehin zu verneinen sei
(SVR 1995 UV Nr. 23 S. 67 E. 3c; Urteil 8C_42/2007 vom 14. April 2008 E. 2.).
Dies ist, wie die nachfolgenden Erwägungen zeigen, nicht zu beanstanden.

4.
4.1 Zum Hergang des Unfalls vom 8. September 2005 geht aus den Akten hervor,
dass ein Lastwagen auf den vor einem Lichtsignal stehenden Personenwagen des
Versicherten auffuhr. Aufgrund des augenfälligen Geschehensablaufs mit den sich
dabei entwickelnden Kräften (SVR 2008 UV Nr. 8 S. 26, U 2/07 E. 5.3.1) ist
davon auszugehen, dass die Wucht des Aufpralls nicht sehr stark war. Diese
Annahme wird bestätigt durch das Ergebnis der von der Beschwerdegegnerin in
Auftrag gegebenen "Biomechanischen Kurzbeurteilung (Triage)" des Prof. Dr. med.
A.________, Facharzt FMH für Rechtsmedizin, speziell Forensische Biomechanik,
und des Dr. sc. techn. B.________, dipl. Ing. ETH, Arbeitsgruppe für
Unfallmechanik, vom 22. Februar 2006, welche eine kollisionsbedingte
Geschwindigkeitsänderung (Delta-v) in Vorwärtsrichtung unterhalb oder knapp
innerhalb eines Bereiches von 10 - 15 km/h ergab.

4.2 Das Ereignis vom 8. September 2005 ist demnach entsprechend der
Rechtsprechung zu den Auffahrkollisionen auf ein haltendes Fahrzeug den
mittelschweren Ereignissen im Grenzbereich zu den leichten Unfällen zuzuordnen
(vgl. RKUV 2005 Nr. U 549 S. 236 E. 5.1.2, U 380/04). Es sind keine Faktoren
ersichtlich, welche zu einer anderen Beurteilung veranlassen würden. Die
Adäquanz des Kausalzusammenhanges wäre somit nur dann zu bejahen, wenn eines
der unfallbezogenen Kriterien in besonders ausgeprägter oder mehrere dieser
Kriterien in gehäufter Weise erfüllt wären (BGE 134 V 109 E. 10.1 S. 126 f. mit
Hinweis auf BGE 117 V 359 E. 6 S. 366 ff., 369 E. 4b S. 382 f. und E. 4c S.
384).

4.3 Der Auffahrunfall hat sich unbestrittenermassen weder unter besonders
dramatischen Begleitumständen zugetragen, noch war er von besonderer
Eindrücklichkeit. Ebensowenig ist das Kriterium der Schwere oder besonderen Art
der erlittenen Verletzungen erfüllt (vgl. BGE 134 V 109 E. 10.2.2 S. 127), was
auch nicht behauptet wird. Es bestehen sodann auch keinerlei Anzeichen für eine
ärztliche Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen verschlimmert hätte.

4.4 Entgegen der Vorbringen in der Beschwerde liegen kein schwieriger
Heilungsverlauf oder erhebliche Komplikationen vor. Es müssten hiefür besondere
Gründe gegeben sein, die die Heilung beeinträchtigt haben (vgl. SVR 2007 UV Nr.
25 S. 81 E. 8.5, U 479/05; Urteil 8C_624/2008 vom 12. Dezember 2008 E. 4.3.6).
Solche Gründe sind aus den ärztlichen Unterlagen nicht ersichtlich,
insbesondere kann aus dem Umstand, dass trotz verschiedener Therapien keine
nachhaltige Besserung des Gesundheitszustandes erreicht werden konnte, noch
nicht auf einen schwierigen Heilungsverlauf geschlossen werden. Überdies leidet
der Beschwerdeführer gemäss Dr. med. C.________, Spezialarzt für Neurologie
FMH, seit Ende Februar 2006 an einer zusätzlichen rezidivierenden
Wurzelirritation C8 rechts bei bildgebend nachgewiesener deutlicher
Osteochondrose C7/Th1 mit Diskusprotrusion (Berichte vom 9. November 2006 und
11. April 2007). Diese unfallfremden, das gesundheitliche Geschehen (mit-)
beeinflussenden Beschwerden im Sinne degenerativer Veränderungen (vgl.
Einschätzung des SUVA-Kreisarztes Dr. med. D.________ vom 21. Dezember 2006),
sind ausser Acht zu lassen.

4.5 Weiter fehlt es an einer fortgesetzt spezifischen, belastenden ärztlichen
Behandlung. Die erfolgten Behandlungen, die vor allem in der Verabreichung
schmerzstillender Medikamente, Physiotherapie, sowie Akupunkturbehandlungen
bestanden, können nicht als belastend im Sinne der Rechtsprechung bezeichnet
werden (vgl. dazu auch RKUV 2005 Nr. U 549 S. 236, U 380/04 E. 5.2.4 mit
Hinweisen), wobei bereits am 9. November 2006 der behandelnde Neurologe ausser
einer gewissen Schonung keine weiteren Massnahmen als indiziert erachtete und
anschliessend den Beschwerdeführer lediglich zu neurologischen Kontrollen
aufbot. Blosse ärztliche Kontrollen stellen indessen praxisgemäss keine
Behandlung dar.

4.6 Was das Kriterium der erheblichen Arbeitsunfähigkeit trotz ausgewiesener
Anstrengungen betrifft, gilt dieses als erfüllt, wenn die versicherte Person in
erheblichem Ausmass arbeitsunfähig ist, obwohl sie alles daran setzt, sich
durch optimale Mitwirkung rasch möglichst wieder in den Arbeitsprozess
einzugliedern (BGE 134 V 109 E. 10.2.7 S. 129 f.; Urteil 8C_590/2007 vom 6.
Oktober 2008 E. 7.7.1). Der Versicherte war zu keinem Zeitpunkt in der Lage,
ein volles Pensum wie vor dem Unfall zu erbringen, obwohl er zweifelsohne
persönlich grosse Anstrengungen unternommen hat, seine Arbeitsfähigkeit zu
erhalten und zu verwerten. Bei einer ärztlicherseits ab 25. Oktober 2006
attestierten 30 %igen Arbeitsunfähigkeit (Berichte des Dr. med. C.________ vom
10. Januar und 11. April 2007) kann dieses Kriterium als erfüllt angesehen
werden, dies aber nicht in auffallender oder besonders ausgeprägter Form.

4.7 Adäquanzrechtlich bedeutsam sind schliesslich in der Zeit zwischen dem
Unfall und dem Fallabschluss nach Art. 19 Abs. 1 UVG ohne wesentlichen
Unterbruch bestehende erhebliche Beschwerden. Die Erheblichkeit beurteilt sich
nach Massgabe der glaubhaften Schmerzen und der Beeinträchtigung, welche die
verunfallte Person durch die Beschwerden im Lebensalltag erfährt (BGE 134 V 109
E. 10.2.4 S. 128). Durch die bestehenden Zervikalgien und Wurzel-irritationen
C8 ist der Beschwerdeführer insoweit in seinem Lebensalltag eingeschränkt, als
er seine Tätigkeit als Schreinermeister nur noch im Umfang von 70% ausüben
kann, da die belastungsabhängigen Schmerzen keine Steigerung der
Arbeitsleistung zulassen (Bericht des Dr. C.________ vom 11. April 2007), wobei
dahingestellt bleiben kann, inwieweit es sich dabei um unfallfremde Beschwerden
handelt (vgl. E. 4.4 hievor). Denn selbst wenn man gestützt hierauf die beiden
Kriterien der erheblichen Beschwerden und der erheblichen Arbeitsunfähigkeit
trotz ausgewiesener Anstrengungen bejaht, so vermögen diese beiden Kriterien,
da sie nicht besonders ausgeprägt gegeben sind, für sich alleine keinen
allfälligen adäquaten Kausalzusammenhang zu begründen. Damit ist die von der
SUVA in Zusammenhang mit dem Unfall vom 8. September 2005 vorgenommene
Leistungseinstellung auf den 31. Juli 2007 rechtens.

5.
Die Gerichtskosten sind vom Beschwerdeführer als unterliegender Partei zu
tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung
Sozialversicherungsrecht, und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich
mitgeteilt.

Luzern, 20. April 2009

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Ursprung Polla