Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.91/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_91/2008

Urteil vom 16. Oktober 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Frésard,
Gerichtsschreiberin Schüpfer.

Parteien
C.________,
Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Hardy Landolt, Schweizerhofstrasse 14, 8750
Glarus,

gegen

Winterthur-Versicherungen, General Guisan-Strasse 40, 8400 Winterthur,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus vom
19. Dezember 2007.

Sachverhalt:

A.
Der 1947 geborene C.________ war als Aussendienstmitarbeiter bei der
Versicherung X.________ tätig und bei den Winterthur-Versicherungen (heute: AXA
Versicherungen AG, nachfolgend: AXA) gegen die Folgen von Berufs- und
Nichtberufsunfällen versichert. Am 12. August 2003 transportierte C.________ in
seinem Auto eine angebrochene Gasflasche, als er plötzlich Gasgeruch wahrnahm.
Beim Öffnen des Heckdeckels schlug ihm eine Stichflamme entgegen. Durch die
grosse Hitze zog er sich Verbrennungen I. und II. Grades an Händen, Armen und
am Kopf zu. Die Heilung gestaltete sich problemlos. Der Versicherte konnte das
Spital am 26. August 2003 verlassen. Am 20. Oktober 2003 nahm er seine
Tätigkeit wieder im Rahmen von 30 % auf. Die Unfallversicherung erbrachte
Leistungen in Form von Heilbehandlung und Taggeldzahlungen. Probleme ergaben
sich ab Dezember 2003 nur noch in Form einer verminderten Belastbarkeit,
insbesondere hinsichtlich der Konzentrationsfähigkeit und einer raschen
Ermüdung. Eine neuropsychologische Testung ergab den Befund einer leichten
neuropsychologischen Funktionsstörung deren Verursachung vom untersuchenden Dr.
phil. G.________ als unklar bezeichnet wurde, da keine Hinweise auf eine
massgebliche cerebrale Beteiligung beim Unfall vorliege (Bericht vom 3. Juni
2004). Mit Schreiben vom 22. November 2004 teilte die Unfallversicherung
C.________ mit, dass sie ihre Leistungen per Ende des laufenden Jahres
einzustellen gedenke, da keine Folgen des Unfalles mehr vorlägen. Auf
Intervention des Versicherten hin erliess die AXA keine entsprechende
Verfügung, sondern veranlasste eine polydisziplinäre Begutachtung an der Klinik
A.________. Die internistisch-rheumatologischen, psychiatrischen und
neuropsychologischen Untersuchungen wurden im Sommer 2006 durchgeführt
(Gutachten vom 18. September 2006). Gestützt auf die darauf beruhenden
Erkenntnisse stellte die AXA ihre Leistungen mit Verfügung vom 3. November 2006
auf den 1. Oktober 2006 ein. Auf Einsprache hin hielt sie daran fest (Entscheid
vom 18. Januar 2007).

B.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus wies die gegen den
Einspracheentscheid geführte Beschwerde mit Entscheid vom 19. Dezember 2007 ab.

C.
C.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen,
mit dem Antrag, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei die AXA zu
verpflichten, ihm auch ab 1. Oktober 2006 Versicherungsleistungen zu erbringen.

Die AXA schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit
verzichtet auf Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG
erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Das Bundesgericht prüft
grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine
erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen,
wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die
Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur
insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG). Im Beschwerdeverfahren um die
Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder
Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und
Art. 105 Abs. 3 BGG).

2.
2.1 Strittig ist die von der Beschwerdegegnerin verfügte und vorinstanzlich
bestätigte Einstellung von Versicherungsleistungen per 30. September 2006. Die
AXA und das kantonale Gericht verneinen hinsichtlich der vom Versicherten
geklagten neuropsychologischen Beschwerden die natürliche Kausalität mit dem
Unfall.

2.2 Im kantonalen Entscheid werden die nach der Rechtsprechung für den Anspruch
auf Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung (Art. 6 Abs. 1 UVG)
geltenden Voraussetzungen des natürlichen und adäquaten Kausalzusammenhangs
zwischen dem Unfallereignis und dem eingetretenen Schaden (BGE 129 V 177 E. 3.1
und 3.2 S. 181) zutreffend dargelegt. Entsprechendes gilt für die von der
Judikatur entwickelten allgemeinen Grundsätze zur freien Beweiswürdigung und
zum Beweiswert eines Arztberichtes (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352).

2.3 Der Beschwerdeführer beruft sich auf die Rechtsprechung, wonach, wenn die
Unfallkausalität einmal mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit nachgewiesen
ist, die deswegen anerkannte Leistungspflicht des Unfallversicherers erst
entfällt, wenn der Unfall nicht mehr die natürliche und adäquate Ursache des
Gesundheitsschadens darstellt, wenn also Letzterer nur noch und ausschliesslich
auf unfallfremden Ursachen beruht. Ebenso wie der leistungsbegründende
natürliche Kausalzusammenhang muss nach dieser Rechtspraxis das Dahinfallen
jeder kausalen Bedeutung von unfallbedingten Ursachen eines Gesundheitsschadens
mit dem im Sozialversicherungsrecht allgemein üblichen Beweisgrad der
überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen sein. Die blosse Möglichkeit
nunmehr gänzlich fehlender ursächlicher Auswirkungen des Unfalls genügt nicht.
Da es sich hierbei um eine anspruchsaufhebende Tatfrage handelt, liegt die
entsprechende Beweislast - anders als bei der Frage, ob ein
leistungsbegründender natürlicher Kausalzusammenhang gegeben ist - nicht beim
Versicherten, sondern beim Unfallversicherer. Der Unfallversicherer hat
indessen nicht den Beweis für unfallfremde Ursachen zu erbringen. Welche
Ursachen ein nach wie vor geklagtes Leiden hat, ist an sich unerheblich.
Entscheidend ist allein, ob die unfallbedingten Ursachen eines
Gesundheitsschadens ihre kausale Bedeutung verloren haben, also dahingefallen
sind (Urteil S. vom 7. Juni 2006 E. 2.2, U 414/05, mit Hinweisen).

3.
Beim Unfall vom 12. August 2003 hat sich der Beschwerdeführer Verbrennungen an
den Händen, Armen und am Kopf zugezogen. Die Unfallversicherung hat dafür
Heilbehandlung gewährt und Taggeld ausgerichtet. Die Parteien sind sich einig,
dass diese Verletzungen mit einer leichten Narbenbildung in sehr erfreulichem
Zustand abgeheilt sind und nur noch eine gelegentliche Pflege mit Salben sowie
einen guten Sonnenschutz benötigen. Die Brandverletzungen bilden nicht
Gegenstand der Auseinandersetzung. Umstritten ist, ob die Unfallversicherung
auch für die einige Monate nach dem Ereignis - nach Abschluss der
Akutbehandlung der Verbrennungen - festgestellten leichten neuropsychologischen
und kognitiven Störungen Leistungen zu erbringen hat.

4.
4.1 Die AXA stellte die Versicherungsleistungen per 1.Oktober 2006 ein. Der
Beschwerdeführer argumentiert, die geklagten kognitiven Beschwerden seien erst
nach dem Unfall aufgetreten und die Versicherung habe diese während knapp drei
Jahren als sekundäre Unfallfolgen anerkannt. Vor dem Hintergrund der
vorbehaltlosen Leistungsgewährung sei eine Einstellung der Leistungen nur dann
möglich, wenn eindeutig nachgewiesen werde, dass diese Beschwerden auch ohne
Unfall eingetreten wären. Die blosse Möglichkeit von alternativen Ursachen
genügten nicht für eine Leistungseinstellung.

4.2 Damit übersieht der Beschwerdeführer, dass die AXA die neuropsychologischen
Beschwerden ihres Versicherten nie ausdrücklich als Unfallfolge anerkannt hat.
Im März 2004 gelangte der Hausarzt des Beschwerdeführers mit dem Gesuch um eine
neuropsychologische Untersuchung an die Unfallversicherung. Die
Kostengutsprache wurde für eine entsprechende Begutachtung erteilt. Gemäss
Bericht des Dr. phil. G.________ vom 3. Juni 2004 fand dieser eine leichte
neuropsychologische Funktionsstörung, deren Verursachung als unklar bezeichnet
wird, da keine Hinweise für eine massgebliche cerebrale Beteiligung beim Unfall
vorlägen. Die AXA lehnte ihre Leistungspflicht für das nach der Begutachtung
eingeleitete kognitive Funktionstraining wegen mangelndem Kausalzusammenhang
dieser Beschwerden mit dem Unfall ab (Schreiben vom 22. November 2004). Auch
die Taggeldzahlungen wurden vorerst sistiert, bis sich die Unfallversicherung
entschlossen hatte, die Kausalitätsfrage mittels Gutachten an der Klinik
A.________ zu klären. Die neuropsychologische Untersuchung, welche als Teil der
psychiatrischen Begutachtung vorgenommen wurde, ergab ein leicht bis
mittelgradig beeinträchtigtes kognitives Leistungsprofil. Eine psychische
Störung im engeren Sinn wurde nicht gefunden, ebensowenig eine Ursache für die
neuropsychologischen Defizite. Ein natürlicher Kausalzusammenhang zwischen dem
Unfall mit Verbrennungen durch eine Stichflamme und den geklagten Beschwerden
besteht laut Gutachten vom 18. September 2006 nicht. Auch kein anderer Arzt
begründet einen entsprechenden Kausalzusammenhang. Nach Vorliegen des
Gutachtens erliess die AXA die Verfügung über die Leistungseinstellung. Damit
steht fest, dass sie die kognitiven Störungen nie als Unfallfolge anerkannt
hatte. Sie richtete - nach Intervention des Beschwerdeführers - lediglich
während des Abklärungsverfahrens weiterhin Leistungen aus. Das hat jedoch nicht
zur Folge, dass sie diese erst dann einstellen kann, wenn sie nachweist, dass
diese Beeinträchtigungen auch ohne Unfall eingetreten wären (vgl. E. 2.3 in
fine). Die AXA hat ihre Leistungspflicht als Unfallversicherer für diese
Beschwerden daher zu Recht verneint.

5.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 4 lit. a BGG). Dem
Prozessausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer
aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Glarus und
dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 16. Oktober 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Ursprung Schüpfer