Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.857/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_857/2008

Urteil vom 17. Dezember 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Lustenberger,
Gerichtsschreiber Jancar.

Parteien
AXA Versicherungen AG, General Guisan-Strasse 40, 8400 Winterthur,
Beschwerdeführerin,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin,

G.________.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Schwyz vom
16. September 2008.

Sachverhalt:

A.
Der 1984 geborene G.________ war seit 1. August 2004 bei der Firma A.________
angestellt, und damit bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA)
obligatorisch unfallversichert. Am 9. August 2004 erlitt er bei einem Unfall
unter anderem eine vordere Schulterluxation rechts. Die SUVA erbrachte die
gesetzlichen Leistungen (Heilbehandlung und Taggeld). Ab 1. November 2004
arbeitete der Versicherte als kaufmännischer Angestellter beim Betrieb
B.________, worauf die SUVA den Fall abschloss. Im Rahmen dieser Anstellung war
der Versicherte bei den Winterthur Versicherungen, heute AXA Versicherungen AG
(nachfolgend AXA), obligatorisch unfallversichert. Am 11. März 2006 zog er sich
beim Snowboarden durch eine Bewegung (ohne Sturz) eine Schulterluxation rechts
zu. Mit Verfügung vom 18. September 2006 verneinte die AXA ihre
Leistungspflicht für dieses Ereignis. Auf die dagegen einzig von der SUVA
erhobene Einsprache trat sie nicht ein (Entscheid vom 12. September 2007).

B.
In Gutheissung der hiegegen von der SUVA eingereichten Beschwerde hob das
Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz den Entscheid auf und wies die Sache an
die AXA zurück, welche auf die Einsprache der SUVA materiell einzutreten und
einen materiellen Einspracheentscheid zu treffen habe (Entscheid vom 16.
September 2008).

C.
Mit Beschwerde beantragt die AXA, in Aufhebung des kantonalen Entscheides sei
zu erkennen, dass sie zu Recht auf die Einsprache der SUVA nicht eingetreten
sei. Ferner sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen.

Die SUVA schliesst auf Beschwerdeabweisung. Der Versicherte und das Bundesamt
für Gesundheit verzichten auf eine Vernehmlassung.

Mit Verfügung vom 2. Dezember 2008 erteilte das Bundesgericht der Beschwerde
aufschiebende Wirkung.
Erwägungen:

1.
Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG
erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Im Beschwerdeverfahren um die
Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Unfallversicherung ist das
Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen
Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2.
Der angefochtene Rückweisungsentscheid ist im Ergebnis ein prozessualer
Endentscheid (Art. 90 BGG; Felix Uhlmann, in: Basler Kommentar,
Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008, N 9 zu Art. 90), da die Rückweisung einzig
der Umsetzung der vorinstanzlichen Anordnung dient, die AXA habe auf die
Einsprache der SUVA gegen die Verfügung vom 18. September 2006 einzutreten und
einen materiellen Einspracheentscheid zu erlassen. Diesbezüglich hat die AXA
keinen Entscheidungsspielraum mehr (vgl. nicht publ. E. 1.1 des Urteils BGE 134
V 392; SVR 2008 IV Nr. 39 S. 131, E. 1.1, 9C_684/2007). Auf die Beschwerde ist
daher einzutreten.

3.
3.1 Der Versicherte erlitt am 9. August 2004 unter anderem eine
Schulterluxation rechts, wofür die SUVA die gesetzlichen Leistungen
(Heilbehandlung und Taggeld) erbrachte. Ab 1. November 2004 arbeitete er
wieder, worauf die SUVA den Fall abschloss. Dies blieb unbeanstandet. Seit 1.
November 2004 war der Versicherte bei der AXA obligatorisch unfallversichert.
Am 11. März 2006 zog er sich beim Snowboarden durch eine Bewegung (ohne Sturz)
eine Schulterluxation rechts zu. Mit Verfügung vom 18. September 2006 stellte
die AXA fest, dieses Ereignis sei weder ein Unfall noch eine unfallähnliche
Körperschädigung, weshalb sie nicht leistungspflichtig sei. Sie empfahl dem
Versicherten, sich diesbezüglich an seine Krankenkasse oder den Vorversicherer
zu wenden. Hiegegen erhob einzig die SUVA Einsprache mit dem Antrag, die AXA
habe ihre Leistungspflicht anzuerkennen. Diese trat darauf nicht ein, da die
SUVA als möglicherweise konkurrierender Unfallversicherer nicht
einsprachelegitimiert sei (Entscheid vom 12. September 2007).

3.2 Die Vorinstanz hat die mit bundesgerichtlichem Urteil 8C_606/2007 vom 27.
August 2008, E. 9.1 f., ergangene Rechtsprechung (zitiert in SZS 2008 S. 566)
zutreffend dargelegt. Gestützt hierauf hat sie richtig erwogen, dass der
vorliegende Fall der in jenem Urteil beurteilten Konstellation entspricht.
Bleibt es nämlich bezüglich der vom Versicherten am 11. März 2006 erlittenen
Schulterluxation rechts bei der Verneinung der Leistungspflicht durch die AXA,
hat die SUVA damit zu rechnen, vom Versicherten hinsichtlich dieser
Schulterbeschwerden unter Berufung auf den Unfall vom 9. August 2004 für die
Ausrichtung von Versicherungsleistungen in Anspruch genommen zu werden. Demnach
hat die Vorinstanz richtig entschieden, dass die SUVA zur Einspracheerhebung
"pro Adressat" gegen die Verfügung der AXA vom 18. September 2006 befugt war,
weshalb diese darauf einzutreten hat.

4.
4.1 Die AXA wendet im Wesentlichen ein, weil am 11. März 2006 gar kein
versichertes Ereignis vorgelegen habe, könne und müsse keine innersystemische
materielle Koordination zwischen verschiedenen möglicherweise (im Rahmen von
Teilkausalitäten bzw. zeitlich begrenzten Kausalitäten) beteiligten
Unfallversicherern Platz greifen. Eine solche Koordination drängte sich nur
auf, wenn die AXA für dieses Ereignis grundsätzlich leistungspflichtig wäre und
ihre Leistungen trotz andauernder Symptomatik wegen Wegfalls der natürlichen
Kausalität einstellen würde bzw. wenn nach Abschluss des Schadenfalls erneut
Beschwerden aufträten und zu beurteilen wäre, welcher Unfallversicherer für
einen (erneuten) Rückfall aufzukommen habe. Der SUVA stehe es nach wie vor
frei, medizinische Abklärungen zur Unfallkausalität der Schulterbeschwerden zu
veranlassen und ihre Leistungspflicht unter allen Gesichtspunkten zu prüfen. Es
sei ihr einzig verwehrt, die Schulterproblematik und die damit zwangsläufig
verbundene latente Rückfallproblematik der AXA aufzubürden. Die Verneinung der
Leistungspflicht durch die AXA falle in keine der im erwähnten Urteil 8C_606/
2007, E. 6.1-6.4, aufgeführten Kategorien. Ihr Hinweis in der Verfügung vom 18.
September 2006, der Versicherte solle sich an den Kranken- oder Vorversicherer
wenden, nehme keine konkrete Leistungspflicht vorweg. Die Auswirkungen auf die
Rechtsstellung der SUVA seien damit höchstens mittelbar, indem die Möglichkeit
wegfalle, dass die Schulterproblematik anlässlich eines späteren Ereignisses
von einem anderen Versicherer übernommen werde. Die Anspruchsbeurteilung durch
die AXA entfalte keine Bindungswirkung für die SUVA. Diese sei durch die
streitige Verfügung nicht direkt berührt, weshalb sie kein schutzwürdiges
Anfechtungsinteresse habe.

4.2 Dieser Argumentation ist Folgendes entgegenzuhalten: Würde der SUVA gegen
die leistungsablehnende Verfügung der AXA vom 18. September 2006 kein
Einsprache- und Beschwerderecht zuerkannt, hätte sie lediglich das Recht, ihre
Leistungspflicht ebenfalls zu verneinen, wenn sie in der Folge von der
versicherten Person in Anspruch genommen würde. Lässt die versicherte Person
mithin - wie vorliegend - die AXA-Verfügung in Rechtskraft erwachsen und wendet
sie sich an die SUVA, kann es zu widersprechenden Verfügungen kommen. Die
Gefahr, dass die versicherte Person von einem Versicherer zum anderen gewiesen
wird, soll gemäss erwähntem Urteil 8C_606/2007, E. 9.1 (SZS 2008 S. 566),
verhindert werden. In jener Sache wurde der SUVA das Einspracherecht "pro
Adressat" gegen die Verfügung eines Unfallversicherers zuerkannt, der seine
Leistungen mit der Begründung eingestellt hatte, es lägen keine Folgen des in
seine Leistungszuständigkeit fallenden Unfalls mehr vor (Erreichen des Status
quo sine). Es sind keine Gründe ersichtlich, den vorliegenden Fall, in dem die
AXA ihre Leistungspflicht mangels Vorliegens eines Unfalls und einer
unfallähnlichen Körperschädigung negierte, anders zu behandeln.

Weil die SUVA nicht Leistungen im eigenen Namen, sondern zu Gunsten des
Versicherten geltend macht, kommt Art. 78a UVG nicht zur Anwendung (BGE 127 V
176 E. 4d S. 181 f.; erwähntes Urteil 8C_606/2007, E. 10).

5.
Die unterliegende, nicht unter den Ausnahmetatbestand von Art. 66 Abs. 4 BGG
fallende AXA hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG; BGE 133 V
642). Als Organisation mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben hat die in ihrem
amtlichen Wirkungskreis obsiegende SUVA keinen Anspruch auf Parteientschädigung
(Art. 68 Abs. 3 BGG; erwähntes Urteil 8C_606/2007, E. 11 mit Hinweisen).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 3000.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Schwyz und
dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 17. Dezember 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Jancar