Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.852/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_852/2008

Urteil vom 25. Februar 2009
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Maillard,
Gerichtsschreiber Flückiger.

Parteien
Kanton Aargau, Beschwerdeführer,
vertreten durch das Departement Gesundheit und Soziales, Kantonaler
Sozialdienst, Obere Vorstadt 3, 5001 Aarau,

gegen

Kanton Zürich, Beschwerdegegner,
vertreten durch die Sicherheitsdirektion, Kantonales Sozialamt,
Schaffhauserstrasse 78, 8057 Zürich,

C.________, ohne festen Wohnsitz.

Gegenstand
Fürsorge,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich
vom 21. August 2008.

Sachverhalt:

A.
C.________, griechischer Staatsangehöriger, wurde am 5. Februar 2008 von der
zürcherischen Polizei an einem Bahnhof aufgegriffen und in der Folge mittels
Fürsorgerischer Freiheitsentziehung (FFE) in die Psychiatrische Klinik
Z.________ eingewiesen. Mit Schreiben vom 25. März 2008 wandte sich die
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, Kantonales Sozialamt, an den
Kantonalen Sozialdienst Aargau mit dem Ersuchen um Kostengutsprache für den
Aufenthalt in der Psychiatrischen Klinik Z.________. Der Kantonale Sozialdienst
Aargau lehnte es ab, diese Kostengutsprache zu erteilen (Brief vom 2. April
2008). Nachdem die beiden Amtsstellen mit Schreiben vom 7. und 16. April 2008
an ihrem jeweiligen Standpunkt festgehalten hatten, erstattete der Kanton
Zürich am 9. Mai 2008 eine Unterstützungsanzeige an den Kanton Aargau. Dieser
erhob Einsprache. Mit Verfügung vom 4. Juni 2008 wies die Sicherheitsdirektion
des Kantons Zürich die Einsprache ab.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich
ab (Entscheid vom 21. August 2008).

C.
Der Kanton Aargau führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
mit dem Rechtsbegehren, es sei der angefochtene Entscheid aufzuheben und
festzustellen, dass der Kanton Zürich im Zeitpunkt der Hilfeleistung
Aufenthaltskanton von C.________ gewesen sei und als solcher die Kosten der
Sozialhilfe zu tragen habe.
Der Kanton Zürich schliesst auf Abweisung der Beschwerde.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Dabei legt das
Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung
von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder wenn sie auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG
beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG).

2.
Die Zuständigkeit zur Erbringung von Sozialhilfe im interkantonalen Verhältnis
wird durch das Bundesgesetz vom 24. Juni 1977 über die Zuständigkeit für die
Unterstützung Bedürftiger (Zuständigkeitsgesetz, ZUG, SR 851.1) geregelt. Das
Gesetz unterscheidet zwischen der Unterstützung von Schweizer Bürgern (Art.
12-19 ZUG) und der Unterstützung von Ausländern (Art. 20-23 ZUG). Vorliegend
steht die Unterstützung eines ausländischen Staatsangehörigen zur Diskussion.
Hierfür ist der Wohnkanton zuständig, wenn die zu unterstützende Person in der
Schweiz Wohnsitz verzeichnet (Art. 20 Abs. 1 ZUG). Andernfalls obliegt die
Unterstützung dem Aufenthaltskanton (Art. 21 Abs. 1 ZUG).

3.
3.1 Es steht fest und ist unbestritten, dass C.________ in der Schweiz keinen
Wohnsitz verzeichnet. Für die Unterstützung ist deshalb nach dem Gesagten der
Aufenthaltskanton zuständig. Als Aufenthalt gilt in diesem Zusammenhang die
tatsächliche Anwesenheit in einem Kanton (Art. 11 Abs. 1 ZUG). Entscheidend ist
demnach, in welchem Kanton sich C.________ während der Zeit bis zum 5. Februar
2008 tatsächlich aufhielt.

3.2 Gemäss den vorinstanzlichen Erwägungen hielt sich C.________ nach seiner
Einreise in die Schweiz von Anfang Dezember 2007 bis zum 5. Februar 2008 im
Kanton Aargau auf. Zur Begründung dieser Feststellung führt das kantonale
Gericht aus, C.________ habe beabsichtigt, in der Gemeinde A.________ (AG)
Wohnsitz zu nehmen, da im Kanton Aargau sein Lebensmittelpunkt sei und seine
Ex-Frau mit den Kindern sowie seine Schwester dort wohnten. Allerdings habe ihn
die Gemeinde A.________ direkt in die Unterkunft der Heilsarmee in B.________
(AG) gewiesen, wo ein Zimmer frei gewesen sei und von wo aus keine Anmeldung
vorgenommen werde. Der Aufenthalt in B.________ habe von Anfang Dezember 2007
bis zum 31. Januar 2008 gedauert. Gemäss seinen eigenen Angaben habe sich
C.________ auch in den Folgetagen bis zum 5. Februar 2008 im Kanton Aargau
aufgehalten. Dies erscheine auch angesichts der familiären Beziehungen zu
diesem Kanton und der Lebensgeschichte (C.________ lebte von seiner Geburt im
Jahr 1964 an im Kanton Aargau, bis er im Jahr 2000 ins Ausland zog) als
plausibel. Als C.________ am 5. Februar 2008 im Bahnhof aufgegriffen worden
sei, habe er sich auf dem Weg zum griechischen Konsulat befunden.

3.3 Die erwähnten vorinstanzlichen Feststellungen sind für das Bundesgericht
grundsätzlich verbindlich (E. 1 hiervor). Die Vorbringen in der
Beschwerdeschrift sind in keiner Weise geeignet, sie als offensichtlich
unrichtig erscheinen zu lassen. Unter diesen Umständen lässt sich auch die vom
kantonalen Gericht gezogene Folgerung, Aufenthaltskanton im Sinne von Art. 21
Abs. 1 ZUG sei der Kanton Aargau, nicht beanstanden. Der einzige hiegegen
erhobene Einwand, der Betroffene sei am 5. Februar 2008 im Kanton Zürich
aufgegriffen worden, ändert daran nichts, denn gemäss den auch insoweit
verbindlichen vorinstanzlichen Feststellungen wollte C.________ das griechische
Konsulat aufsuchen. Durch diesen beabsichtigten Besuch hat sich sein
Aufenthaltskanton nicht geändert. Allgemein ist ein Wechsel des
Aufenthaltskantons, welcher zu einer Änderung der Fürsorgezuständigkeit führt,
nur mit Zurückhaltung anzunehmen (Urteil 2A.55/2000 vom 27. Oktober 2000 E.
5a). Die anschliessende Unterbringung in der Psychiatrischen Klinik Z.________
begründete ebenfalls keinen Wechsel des unterstützungsrechtlichen
Aufenthaltsortes. Der Kanton Aargau blieb weiterhin zuständig. Die Beschwerde
ist unbegründet und deshalb abzuweisen.

4.
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Der unterliegende Kanton Aargau hat die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG), da es um sein Vermögensinteresse
geht, weshalb Art. 66 Abs. 4 BGG keine Anwendung findet (BGE [8C_97/2008] E. 5
mit Hinweisen).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 2000.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 25. Februar 2009
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Flückiger