Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.836/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_836/2008

Urteil vom 29. Januar 2009
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiber Krähenbühl.

Parteien
C.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dirk Wimmer, Kirchplatz 14, 4800 Zofingen,

gegen

Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Aargau, Bahnhofstrasse 78, 5000
Aarau,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Arbeitslosenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 26. August 2008.

Sachverhalt:

A.
C.________ (Jg. 1974) war gemäss Arbeitsvertrag vom 16. Dezember 2002 ab
Dezember 2002 teilzeitlich auf Abruf für die H.________ AG tätig. Mit Schreiben
vom 19. Juni 2007 kündigte ihm die Arbeitgeberfirma auf den 31. August 2007,
weil sie über keine Einsatzmöglichkeiten mehr verfüge. Bis zum Ablauf der
Kündigungsfrist wurde er nicht mehr aufgeboten.
Am 25. Juni 2007 meldete sich C.________ bei der Wohngemeinde und tags darauf
beim Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) zur Arbeitsvermittlung. Die
Gewährung der ab diesem Datum beantragten Taggelder der
Arbeitslosenversicherung lehnte die Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons
Aargau mit Verfügung vom 6. Dezember 2007 mangels Erfüllung einer
Mindestbeitragszeit von zwölf Monaten innerhalb der dafür vorgesehenen
Rahmenfrist ab. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid vom 27. Februar 2008
fest.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Aargau mit Entscheid vom 26. August 2008 ab.

C.
C.________ lässt Beschwerde erheben und die Rückweisung der Sache an die
Vorinstanz zur Neubeurteilung beantragen; eventuell seien ihm mit Wirkung ab
26. Juni 2007 die gesetzlichen Leistungen der Arbeitslosenversicherung
zuzusprechen.
Die Arbeitslosenkasse schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das
Staatssekretariat für Wirtschaft (seco) verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung
von Amtes wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
(Art. 105 Abs. 2 BGG). Es prüft indessen grundsätzlich nur die geltend
gemachten Rügen und ist nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle
sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen, wenn diese vor Bundesgericht
nicht mehr vorgetragen werden.

2.
2.1 Wie das kantonale Gericht richtig dargelegt hat, setzt der Anspruch auf
Arbeitslosenentschädigung gemäss Art. 8 Abs. 1 lit. e AVIG unter anderem
voraus, dass die versicherte Person die Beitragszeit erfüllt hat. Die
Betragszeit hat laut Art. 13 Abs. 1 AVIG erfüllt, wer innerhalb der dafür
vorgesehenen zweijährigen Rahmenfrist (Art. 9 Abs. 1, 2 und 3 AVIG) während
mindestens zwölf Monaten eine beitragspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat.
Bei der Ermittlung der Beitragszeit ist nach Art. 11 Abs. 1 AVIV als
Beitragsmonat jeder volle Kalendermonat zu zählen, in welchem der Versicherte
beitragspflichtig ist. Abs. 2 derselben Bestimmung sieht vor, dass
Beitragszeiten, die nicht einen vollen Kalendermonat umfassen, zusammengezählt
werden (Satz 1), wobei je dreissig Kalendertage als ein Beitragsmonat gelten
(Satz 2). Da für die Ermittlung der Beitragszeit somit nicht die Beitragstage -
also die Tage, an welchen die versicherte Person tatsächlich einer
beitragspflichtigen Beschäftigung nachgegangen ist -, sondern die Kalendertage
massgebend sind, müssen Erstere in Kalendertage umgerechnet werden, wozu
praxisgemäss ein Umrechnungsfaktor 1,4 verwendet wird (BGE 122 V 256 E. 2a S.
258 f. mit Hinweisen). Die Beitragszeit von Teilzeitbeschäftigten wird laut
Art. 11 Abs. 4 AVIV nach den gleichen Regeln ermittelt wie bei Arbeitnehmern
mit Vollzeitbeschäftigung (Satz 1).

2.2 Nach der Rechtsprechung ist für die Bestimmung der Beitragsmonate die
formale Dauer des Arbeitsverhältnisses entscheidend. Erbringt die versicherte
Person im Rahmen eines sich über mehrere Monate erstreckenden
Arbeitsverhältnisses regelmässig oder unregelmässig eine Arbeitsleistung, so
gilt jeder Kalendermonat, in dem Arbeit geleistet wird, als Beitragsmonat,
während jene Kalendermonate innerhalb dieses Arbeitsverhältnisses ausser
Betracht fallen, in denen die versicherte Person an gar keinem Tag gearbeitet
hat (BGE 121 V 165 E. 2c/bb S. 170 mit Hinweis). Entscheidend für die
Ermittlung der Anzahl Beitragsmonate ist somit, ob eine Arbeitsleistung, welche
sich auf mehrere in zeitlichem Abstand voneinander erbrachte Einsätze verteilt,
im Rahmen eines einzigen (Teilzeit-)Arbeitsverhältnisses oder von
Einzeleinsätzen mit je neuem Arbeitsvertrag erbracht wurde (Urteil 8C_20/2008
vom 26. August 2008 E. 4.1 mit Hinweisen). Nicht entscheidend ist, ob die
jeweils geleisteten Arbeitsstunden tatsächlich einen vollen Arbeitstag ergeben
(BGE 122 V 256 E. 4c/bb S. 263, 121 V 165 E. 2c/bb S. 170).

3.
3.1 Der Arbeitsvertrag vom 16. Dezember 2002 wurde am 19. Juni 2007 seitens der
Arbeitgeberfirma auf den 31. August 2007 schriftlich gekündigt. Seinen letzten
Arbeitseinsatz hatte der Beschwerdeführer am 31. Mai 2007. Bereits im
Kündigungsschreiben vom 19. Juni 2007 hatte die Arbeitgeberfirma ausdrücklich
festgehalten, dass sie keine weiteren Einsatzmöglichkeiten mehr sehe, was sie
auf Anfrage der Arbeitslosenkasse hin am 20. August 2007 bestätigte. Auf Grund
dieses Sachverhalts und des Umstandes, dass der Beschwerdeführer bis zum Ablauf
der Kündigungsfrist am 31. August 2007 tatsächlich nicht mehr eingesetzt wurde,
ging das kantonale Gericht davon aus, dass das Arbeitsverhältnis mit der
Kündigung vom 19. Juni 2007 faktisch beendet worden war. Da sich der
Beschwerdeführer am 26. Juni 2007 beim RAV meldete und damit sämtliche übrigen
Voraussetzungen für einen Leistungsanspruch gegenüber der
Arbeitslosenversicherung erfüllt waren, setzte sie die zweijährige Rahmenfrist
für die Beitragszeit auf die Periode ab 26. Juni 2005 bis 25. Juni 2007 fest.
Diese Betrachtungsweise ist auch von der Arbeitslosenkasse nicht beanstandet
worden, obschon sie selbst noch den ersten Werktag nach Ablauf der
Kündigungsfrist, mithin den 3. September 2007 als Stichtag für die Festsetzung
der Rahmenfristen für den Leistungsbezug und die Beitragszeit betrachtet hatte.
Mangels entsprechender Rüge ist die von der Vorinstanz angenommene Ausgangslage
nicht weiter zu prüfen.

3.2 Auf Grund der Aktenlage steht unbestrittenermassen fest, dass sich die
Arbeitseinsätze des Beschwerdeführers innerhalb der ab 26. Juni 2005 bis 25.
Juni 2007 dauernden Rahmenfrist für die Beitragszeit auf drei Perioden
verteilten, nämlich auf die Zeit ab 12. Oktober bis 4. November 2005, ab 15.
März bis 19. Mai 2006 und ab 18. September 2006 bis 31. Mai 2007. Ebenso ist
unbestritten, dass der Beschwerdeführer in dieser Zeit in insgesamt vierzehn
Monaten einer beitragspflichtigen Beschäftigung - von unterschiedlicher Dauer -
nachging. Die Arbeitslosenkasse wollte diese vierzehn Monate nicht voll als
Beitragsmonate anerkennen, weil der Beschwerdeführer nicht in jedem Monat zum
Einsatz gelangte und daher nicht von einer durchgehenden Beitragszeit
ausgegangen werden könne; die Beitragszeit sei somit "aufgrund der jeweiligen
Einsatzperioden (Anfangs- sowie Enddatum)" festzulegen. In der Folge rechnete
sie offenbar die effektiven Beschäftigungstage in den jeweils zu Beginn und am
Ende der drei Beschäftigungsphasen angebrochenen Monaten (Oktober und November
2005, März und Mai 2006 sowie September 2006) in Kalendertage um (E. 2.1
hievor), womit sich zusammengezählt eine Beitragszeit von insgesamt 11.614
ergab. Entgegen der Darstellung im kantonalen Entscheid hat sie nicht nur die
Monate unberücksichtigt gelassen, in welchen der Beschwerdeführer überhaupt
keine Arbeitseinsätze zu verzeichnen hatte.

3.3 Der geschilderten Vorgehensweise liegt die Annahme zugrunde, die
Arbeitseinsätze des Beschwerdeführers in den drei in die Rahmenfrist für die
Beitragszeit fallenden Beschäftigungsphasen beruhten auf je neuen
Arbeitsverhältnissen. Dies trifft jedoch nicht zu. Sämtliche Einsätze des
Beschwerdeführers erfolgten im Rahmen des durch den Vertrag vom 16. Dezember
2002 begründeten Teilzeitarbeitsverhältnisses auf Abruf. Somit ist aber auch
jeder Monat, in welchem der Beschwerdeführer einen Einsatz hatte, als ganzer
Beitragsmonat zu berücksichtigen. Art. 11 Abs. 2 AVIV findet keine Anwendung,
weil kein Arbeitsverhältnis vorlag, welches innerhalb der Rahmenfrist für die
Beitragszeit im Laufe eines Monats begonnen oder geendet hätte. Daran ändert
nichts, dass zwischen den verschiedenen Arbeitseinsätzen Beschäftigungslücken
von teils mehreren Kalendermonaten lagen. Wie in der Beschwerdeschrift zu Recht
geltend gemacht wird, sind daher die vierzehn Monate, in welchen der
Beschwerdeführer einer beitragspflichtigen Beschäftigung nachging, als volle
Beitragsmonate anzurechnen, womit die zwölfmonatige Mindestbeitragszeit erfüllt
ist. Die Arbeitslosenkasse, an welche die Sache zu diesem Zweck zurückzuweisen
ist, wird nach Prüfung der übrigen Anspruchsvoraussetzungen über die dem
Beschwerdeführer zustehenden Leistungen neu verfügen.

4.
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten von der Arbeitslosenkasse
als unterliegender Partei zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG), welche dem
Beschwerdeführer überdies für das kantonale wie auch für das bundesgerichtliche
Verfahren eine Parteientschädigung schuldet (Art. 68 Abs. 1, 2 und 5 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des
Kantons Aargau vom 26. August 2008 und der Einspracheentscheid der Öffentlichen
Arbeitslosenkasse des Kantons Aargau vom 27. Februar 2008 werden aufgehoben.
Die Sache wird an die Öffentliche Arbeitslosenkasse des Kantons Aargau
zurückgewiesen, damit diese, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen,
über die dem Beschwerdeführer zustehenden Leistungen neu verfüge.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.

4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Parteientschädigung des vorangegangenen
Verfahrens an das Versicherungsgericht des Kantons Aargau zurückgewiesen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau,
dem Amt für Wirtschaft und Arbeit (AWA) des Kantons Aargau und dem
Staatssekretariat für Wirtschaft schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 29. Januar 2009
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Krähenbühl