Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.810/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

8C_810/2008
{T 0/2}

Urteil vom 26. Februar 2009
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Maillard,
Gerichtsschreiberin Polla.

Parteien
R.________, Beschwerdeführer,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern, Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn
vom 20. August 2008.

Sachverhalt:

A.
Der 1961 geborene R.________ war seit 2001 als angelernter Giesser bei der
Firma S.________ AG angestellt und bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Unfällen versichert. Am
25. März 2003 wurde er bei Reinigungsarbeiten der Giessanlage von einem
Schienenstück aus Stahl am Kopf getroffen und stürzte anschliessend auf die
Giessanlage. Er erlitt eine Collumfraktur beidseits, eine Thoraxkontusion, eine
Weichteilverletzung Meatus acusticus externus beidseits, eine Rissquetschwunde
an Kinn und Unterlippe sowie eine komplizierte Zahnlängsfraktur 11 und 21
(Austrittsbericht des Spitals E.________ vom 23. April 2003). Mit Verfügung vom
16. Februar 2007 stellte die SUVA die bis anhin erbrachten Leistungen
(Heilbehandlung, Taggeld) auf den 28. Februar 2007 ein, da die über dieses
Datum hinaus anhaltenden Beschwerden nicht mehr in einem rechtsgenüglichen
Kausalzusammenhang zum Unfall stünden. Daran hielt sie mit Einspracheentscheid
vom 1. Juni 2007 fest.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn mit Entscheid vom 20. August 2008 ab.

C.
R.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und
beantragt, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids seien ihm die
gesetzlichen Leistungen weiterhin zuzusprechen. Ferner wird um unentgeltliche
Rechtspflege ersucht.
Mit Verfügung vom 30. Oktober 2008 wies das Bundesgericht das Gesuch um
unentgeltliche Rechtspflege zufolge Aussichtslosigkeit ab.
Erwägungen:

1.
Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG
erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Im Beschwerdeverfahren um die
Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder
Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und
Art. 105 Abs. 3 BGG).

2.
Die Vorinstanz hat die Grundsätze über den für die Leistungspflicht des
Unfallversicherers vorausgesetzten natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem
Unfall und dem eingetretenen Schaden (Krankheit, Invalidität, Tod; BGE 134 V
109 E. 9.5 S. 125; 129 V 177 E. 3.1 S. 181 mit Hinweisen), die erforderliche
Adäquanz des Kausalzusammenhangs im Allgemeinen (BGE 129 V 177 E. 3.2 S. 181;
127 V 102 E. 5b/bb S. 103, je mit Hinweisen) und bei psychischen Unfallfolgen
(BGE 129 V 177 E. 4.1 S. 183; 115 V 133) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt
für den im Sozialversicherungsrecht geltenden Untersuchungsgrundsatz (Art. 43
Abs. 1, Art. 61 lit. c ATSG; BGE 130 V 64 E. 5.2.5 S. 68 f.), den Beweisgrad
der übewiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 129 V 177 E. 3.1 S. 181 mit Hinweisen)
sowie den Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232; 125 V
351). Darauf wird verwiesen.

3.
3.1 Das kantonale Gericht hat die Frage der natürlichen Kausalität des Unfalles
vom 25. März 2003 für die noch vorhandenen Beschwerden nicht ausdrücklich, aber
stillschweigend bejaht. Es ging zu Recht davon aus, dass die erlittenen
somatischen Verletzungen im Zeitpunkt des Einspracheentscheids (1. Juni 2007)
im Wesentlichen als ausgeheilt betrachtet werden können, was auch nicht
bestritten wird. Weiter stellte es, namentlich gestützt auf die neurologische
Beurteilung der Frau Dr. med. B.________, Neurologie FMH, vom 13. Oktober 2006
und den Bericht des Dr. med. H.________, Spezialarzt für Neurologie FMH, vom
13. September 2005, fest, der Versicherte habe sich eine leichte traumatische
Hirnverletzung (MTBI) ohne organisch objektiv ausgewiesene Beschwerden
zugezogen.

3.2 Mangels hinreichend objektivierbarer organischer Befunde hat eine
spezifische Adäquanzprüfung zu erfolgen (BGE 123 V 98 E. 3b 102 f. mit
Hinweisen). Da aufgrund der medizinischen Aktenlage eine psychische Störung
zweifellos im Vordergrund steht (Bericht der Frau Dr. med. B.________ vom 13.
Oktober 2006, Austrittsbericht der Rehaklinik K.________ vom 8. Juli 2004) ist
die Adäquanzfrage nicht nach der in BGE 134 V 109 modifizierten Praxis zur
Kausalitätsprüfung bei Unfall mit Schleudertrauma, äquivalenter Verletzung der
HWS oder Schädel-Hirntrauma ohne organisch objektiv ausgewiesene Beschwerden
(sog. Schleudertrauma-Praxis) zu beurteilen. Die Adäquanzbeurteilung hat
vielmehr nach Massgabe der in BGE 115 V 133 festgelegten, unverändert
bestehenden Kriterien (BGE 134 V 109 E. 6.1 S. 116), - unter Ausklammerung der
durch psychische Komponenten bedingten Beeinträchtigungen - zu erfolgen.

4.
4.1 Ausgehend vom augenfälligen Geschehensablauf (zur diesbezüglichen Relevanz
bei der Prüfung der Unfallschwere: SVR 2008 UV Nr. 8 S. 26, U 2/07; Urteil U
503/05 vom 17. August 2006, zusammengefasst wiedergegeben in SZS 2008 S. 183)
ist der am 25. März 2003 erlittene Arbeitsunfall, bei dem der Versicherte mit
einiger Wucht vom Schienenstück am Kopf getroffen wurde und er anschliessend
auf die Giessanlage fiel, im Rahmen der für die Adäquanzbeurteilung
vorzunehmenden Einteilung (BGE 115 V 133 E. 6 S. 138) entgegen der Ansicht des
Beschwerdeführers den Unfällen im mittleren Bereich zuzuordnen (vgl. zur
Abgrenzung zu den schwereren Unfällen im mittleren Bereich die Übersicht in
RKUV 1999 Nr. U 330 S. 122 ff. E. 4b/bb und RKUV 2005 Nr. U 555 S. 322). Bei
seiner Argumentation übersieht der Versicherte, dass die Verletzungen, die sich
eine Person zuzieht, nicht dem eigentlichen Unfallgeschehen zuzuordnen sind,
sondern diesen bei den Adäquanzkriterien Rechnung zu tragen ist (SVR 2008 UV
Nr. 8 S. 26). Die Adäquanz des Kausalzusammenhangs wäre daher praxisgemäss dann
zu bejahen, wenn ein einzelnes der in die Beurteilung einzubeziehenden
Kriterien in besonders ausgeprägter Weise erfüllt wäre oder die zu
berücksichtigenden Kriterien in gehäufter Weise gegeben wären (BGE 115 V 133 E.
6c/bb S. 141).

4.2 Der Unfall ereignete sich - objektiv betrachtet und nicht auf Grund des
subjektiven Empfindens bzw. Angstgefühls der versicherten Person (RKUV 1999 Nr.
U 335 S. 207 E. 3b/cc, U 287/97; Urteil 8C_623/2007 vom 22. August 2008, E.
8.1) - weder unter dramatischen Begleitumständen, noch war er im Rahmen der
Rechtsprechung, auch wenn der Unfallhergang subjektiv als lebensbedrohend
empfunden wurde, besonders eindrücklich. Überdies erlitt der Versicherte beim
Unfall keine besonders schweren Verletzungen, die erfahrungsgemäss geeignet
wären, eine psychische Fehlentwicklung auszulösen (vgl. Urteile U 339/05 vom
27. März 2007 und U 134/03 vom 12. Januar 2004 E. 2.2; psychiatrische
Beurteilung des Dr. med. P.________, Facharzt für Psychiatrie und
Psychotherapie, SUVA Versicherungsmedizin, vom 29. Januar 2007). Was die Dauer
der ärztlichen Behandlung betrifft, war diese hinsichtlich der somatischen
Beschwerden nicht ungewöhnlich lang. Am 17. Juli 2003 stellte der
SUVA-Kreisarzt Dr. med. L.________, Spezialarzt für Chirurgie FMH, fest, dass
noch eine geringfügige muskuläre Druckschmerzhaftigkeit im Bereich des
Deltoideus und des Pectoralis major, gering auch des Trapezius linksseitig,
ohne jegliche Einschränkung der Schulterbeweglichkeit, bestünde. Auch wurde
eine leichte Druckschmerzhaftigkeit, vermutlich kontusionsbedingt, des
AC-Gelenkes festgestellt. Nennenswerte Verspannungen des Schultergürtels oder
Einschränkungen der Kopf- und Nackenbeweglichkeit fand er nicht. Ebensowenig
lagen neurologische Ausfälle der oberen und unteren Extremitäten sowie des
Stammes vor. Die Hirnnerven seien grobklinisch weitgehend unauffällig.
Hinsichtlich der Thoraxkontusion sei der Versicherte beschwerdefrei. Allerdings
klage er über Kopfscherzen, vorwiegend linksseitig und über Missempfindungen
des linken Ohres. Einzig hinsichtlich der Kieferproblematik war anfangs
September 2003 eine chirurgische Nachbehandlung vorgesehen. Der diesbezügliche
Heilungsverlauf war objektiv betrachtet komplikationslos, es wurde - nach
intensiver Physiotherapie - eine weitgehend normale Mundöffnung erreicht
(Bericht des Dr. med. Z.________, Spezialarzt FMH ORL, Gesichts- und
Halschirurgie, Kieferchirurgie vom 16. Januar 2004). Weitere diesbezügliche
Behandlungen sind nicht dokumentiert. Dr. med. L.________ führte am 17. Juli
2003 weiter aus, durch die psychische Befindlichkeitsstörung sei der
Beschwerdeführer weitaus am meisten eingeschränkt, wobei er (seit 2. Juli 2003)
bei der Psychiaterin Frau Dr. med. U.________ in Behandlung stehe. Damit ist
die ärztliche Behandlung insgesamt nicht als überlang zu werten, da die
verschiedenen Abklärungen, namentlich in neurologischer und
neuropsychologischer Hinsicht, nicht der Behandlung, sondern vielmehr der
Beurteilung der Frage der Leistungspflicht der SUVA dienten und nach dem
Austritt aus der Rehaklinik K.________ am 8. Juli 2004 keine weiteren
medizinischen Massnahmen mehr vorgesehen waren.
Die hauptsächlich geklagten Kopfschmerzen wirken sich zweifellos erschwerend
auf eine Arbeitstätigkeit aus. Ob jedoch Dauerschmerzen im Sinne über den
gesamten Zeitraum andauernder Beschwerden (vgl. RKUV 2005 Nr. U 549 S. 236 E.
5.2.6; Urteile U 11/07 vom 27. Februar 2008 E. 5.4 und U 503/06 vom 7. November
2007 E. 7.4) vorliegen, ist fraglich. Selbst wenn diese Kriterium zu bejahen
wäre, läge es nicht besonders stark ausgeprägt oder auffallend vor. Eine
ärztliche Fehlbehandlung kann insoweit bejaht werden, als mit Blick auf die
beidseitige Kiefergelenksfraktur eine ungenügende Erstversorgung stattfand.
Denn obwohl die Ärzte eine eindeutige Luxation der distalen Fragmente aus der
Fossa feststellten, wurde diese nicht operiert, woraus eine Fragmentverheilung
in Fehlstellung und dadurch ein erheblicher Trismus resultierte (Schreiben des
Dr. med. Z.________ vom 11. Juni 2003). Nach der kieferchirurgischen
Nachversorgung im Sinne einer Arthroplastik der beiden Kiefergelenke am 11.
September 2003 mit anschliessender intensiver Physiotherapie, wurde eine
funktionell genügende und annähernd symmetrische Mundöffnung erreicht (Bericht
des Dr. med. Z.________ vom 16. Januar 2004). Im Rahmen der Behandlung der
somatischen Beschwerden sind weder ein schwieriger Heilungsverlauf noch
erhebliche Komplikationen festzustellen. 15 Monate nach dem Unfall war der
Beschwerdeführer gemäss den Ärzten der Rehaklinik K.________ aus organischer
und psychiatrischer Sicht für leichte wechselbelastende, leidensadaptierte
Tätigkeiten im Umfang von 50 % arbeitsfähig (Austrittsbericht vom 8. Juli
2004), wobei eine Anpassungsstörung mit depressiven Symptomen und Ängsten sowie
posttraumatischen Symptomen (ICD-10 F43.2), jedoch kein Vollbild einer
posttraumatischen Belastungsstörung, diagnostiziert wurde, Aufgrund der
medizinischen Aktenlage ist davon auszugehen, dass anschliessend die
Arbeitsunfähigkeit weitestgehend in der psychischen Problematik begründet war
(vgl. Bericht des Dr. med. H.________ vom 13. September 2005 und
Abklärungsbericht der Befas vom 30. September 2005), weshalb das Kriterium des
Grades und der Dauer der physisch bedingten Arbeitsunfähigkeit nicht erfüllt
ist.
Nachdem die Kriterien weder gehäuft noch ein einzelnes davon in besonders
ausgeprägter Weise gegeben sind, ist der adäquate Kausalzusammenhang zwischen
dem Unfall und den noch vorhanden Beschwerden zu verneinen. Das kantonale
Gericht hat somit die Leistungseinstellung auf den 28. Februar 2007 zu Recht
bestätigt.

5.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a BGG). Als
unterliegende Partei hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen
(Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 26. Februar 2009
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Ursprung Polla