Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.724/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_724/2008

Urteil vom 18. Dezember 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterinnen Widmer, Leuzinger,
Gerichtsschreiberin Weber Peter.

Parteien
S.________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch Rechtsanwalt Patrick Thomann,
Dornacherstrasse 10, 4603 Olten,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn
vom 28. Juli 2008.

Sachverhalt:

A.
Die 1971 geborene S.________ war als Office Assistant der Firma X.________ bei
der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von
Unfällen versichert, als sie am 20. Januar 2001 einen Verkehrsunfall erlitt und
sich dabei eine Distorsion der Halswirbelsäule (HWS) zuzog. Am 8. März 2001
konnte sie ihre bisherige Tätigkeit wieder vollumfänglich aufnehmen.

S.________ war weiterhin über ihre Arbeitgeberin gegen die Folgen von Unfällen
versichert, als sie am 5. Februar 2002 Opfer eines Auffahrunfalles wurde. Der
erstbehandelnde Arzt, Dr. med. A.________, Allgemeine Medizin FMH,
diagnostizierte ein leichtes Distorsionstrauma der HWS. Die SUVA anerkannte
ihre Leistungspflicht für die Folgen dieses Ereignisses und erbrachte die
gesetzlichen Leistungen. Mit Verfügung vom 19. April 2006, bestätigt mit
Einspracheentscheid vom 8. Februar 2007, stellte sie diese jedoch per 30. April
2006 ein, da die über dieses Datum hinaus geklagten Beschwerden weder natürlich
noch adäquat kausal zum Unfallereignis vom 5. Februar 2002 seien.

B.
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn mit Entscheid vom 28. Juli 2008 ab.

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt die Versicherte
beantragen, in Aufhebung des Einsprache- und des kantonalen Gerichtsentscheides
sei die SUVA zu verpflichten, weiterhin die gesetzlichen Leistungen zu
erbringen; eventuell sei die Sache zu ergänzenden Abklärungen an die
Versicherung zurückzuweisen.

Während die SUVA auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das
Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von
der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132
II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das
Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der
Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten
Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist
jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich
stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht
nicht mehr vorgetragen werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).

1.2 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2.
2.1 Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerde in gedrängter Form
darzulegen, inwiefern der angefochtene Akt Recht verletzt. Insoweit sich das
kantonale Gericht mit den erstinstanzlichen Vorbringen befasst hat, die
oberinstanzliche Beschwerde indessen keine Auseinandersetzung mit dem
vorinstanzlichen Entscheid enthält, sondern wortwörtlich mit der vor dem
kantonalen Gericht erhobenen Beschwerde übereinstimmt, ist auf sie nicht
einzutreten (BGE 134 II 244 E. 2.3 S. 246 f.; Urteile 8C_337/2007 vom 19.
Februar 2008, E. 2.2 und 9C_270/2008 vom 12. August 2008, E. 3.1).

2.2 Einzutreten ist auf die Beschwerde, soweit in Auseinandersetzung mit dem
vorinstanzlichen Entscheid vorgebracht wird, das kantonale Gericht habe
schweizerisches Recht im Sinne von Art. 95 BGG verletzt oder den
rechtserheblichen Sachverhalt unrichtig oder unvollständig festgestellt.

3.
Streitig und zu prüfen ist, ob die Beschwerdeführerin weiterhin Anspruch auf
Leistungen der obligatorischen Unfallversicherung hat. Dabei ist umstritten, ob
die besagten Unfälle in einem rechtserheblichen Zusammenhang zu den noch
vorhandenen gesundheitlichen Beschwerden stehen.

3.1 Die massgeblichen Rechtsgrundlagen sind in den bisher in dieser Sache
ergangenen Entscheiden zutreffend dargelegt. Zu betonen bleibt, dass die
Leistungspflicht des Unfallversicherers nebst anderem einen natürlichen und
adäquaten Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem eingetretenen Schaden
voraussetzt. Liegt eine Gesundheitsschädigung mit einem klaren organischen
Substrat vor, kann der adäquate Kausalzusammenhang in der Regel ohne weiteres
zusammen mit dem natürlichen Kausalzusammenhang bejaht werden. Anders verhält
es sich bei natürlich unfallkausalen, aber organisch nicht objektiv
ausgewiesenen Beschwerden. Hier lässt sich die Adäquanzfrage nicht ohne eine
besondere Prüfung beantworten. Dabei ist vom augenfälligen Geschehensablauf
auszugehen, und es sind je nachdem weitere unfallbezogene Kriterien
einzubeziehen. Bei psychischen Fehlentwicklungen nach Unfall werden diese
Adäquanzkriterien unter Ausschluss psychischer Aspekte geprüft, während nach
der sog. Schleudertrauma-Praxis, welche bei Schleudertraumen und äquivalenten
Verletzungen der HWS sowie Schädel-Hirntraumen zur Anwendung gelangt, auf eine
Differenzierung zwischen physischen und psychischen Komponenten verzichtet wird
(zum Ganzen: BGE 134 V 109 E. 2.1 S. 112 mit Hinweisen).

3.2 Anzufügen ist, dass das Bundesgericht jüngst die Schleudertrauma-Praxis in
zweierlei Hinsicht präzisiert hat: Zum einen wurden die Anforderungen an den
Nachweis einer natürlich unfallkausalen Verletzung, welche die Anwendung dieser
Praxis bei der Prüfung des adäquaten Kausalzusammenhangs rechtfertigt, erhöht.
Zum anderen wurden die Kriterien, welche abhängig von der Unfallschwere
gegebenenfalls in die Adäquanzbeurteilung einzubeziehen sind, teilweise
modifiziert (BGE 134 V 109 E. 9 und 10 S. 121 ff.). Die bei psychischen
Fehlentwicklungen nach Unfall geltenden Grundsätze (BGE 115 V 133) liess das
Bundesgericht hingegen unverändert bestehen (BGE 134 V 109 E. 6.1 S. 116).

4.
4.1 Nach Würdigung der medizinischen Aktenlage ist die Vorinstanz zu Recht
davon ausgegangen, dass aus den beiden Unfallereignissen
(HWS-Distorsionstraumen vom 20. Januar 2001 und 5. Februar 2002) keine
objektivierbaren strukturellen Befunde resultieren und mithin keine organisch
hinreichend nachgewiesenen Unfallfolgen vorliegen, welche die über den 30.
April 2006 hinaus geklagten Beschwerden zu erklären vermöchten. Was die
Beschwerdeführerin dagegen einwendet, vermag nicht zu einem anderen Ergebnis zu
führen. Wie das kantonale Gericht zutreffend erwogen hat, stellen
Untersuchungen mittels der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT)
jedenfalls nach dem heutigen Stand der medizinischen Wissenschaft kein
geeignetes Beweismittel zur Beurteilung der Unfallkausalität von Beschwerden
nach HWS-Traumen dar (BGE 134 V 231). Dem von Dr. med. N.________, Facharzt FMH
für Medizinische Radiologie, FMRI Zentrum, am 15. Juni 2007 mittels dieser
Methode erhobenen Befund kann folglich für die Beurteilung der Unfallkausalität
der geklagten Beschwerden nicht entscheidende Bedeutung beigemessen werden.
Dasselbe gilt für das sich ausdrücklich auf diese Befunde stützende
neurologisch/ neuropsychologische Gutachten des Dr. med. M.________,
Spezialarzt für Neurologie FMH, vom 21. Juni 2007. Von weiteren medizinischen
Abklärungen, wie beantragt, sind keine neuen Erkenntnisse zu erwarten, weshalb
darauf verzichtet wird (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 124 V 90 E. 4b S.
94).

4.2 Was schliesslich die strittige Frage betrifft, ob die Vorinstanz im
angefochtenen Entscheid zu Recht davon ausgegangen ist, dass das für ein
Schleudertrauma der HWS typische Beschwerdebild mit einer Häufung von
spezifischen Beschwerden aktenmässig nicht ausgewiesen ist, braucht diese
vorliegend nicht abschliessend beurteilt zu werden, da der adäquate
Kausalzusammenhang, wie die nachfolgenden Erwägungen zeigen, auch bei Anwendung
der Schleudertrauma-Praxis (BGE 134 V 109) zu verneinen ist.
4.2.1 Für die Adäquanzbeurteilung ist an das (objektiv erfassbare)
Unfallereignis anzuknüpfen, wobei zwischen banalen bzw. leichten Unfällen
einerseits, schweren Unfällen anderseits und schliesslich dem dazwischen
liegenden mittleren Bereich unterschieden wird (BGE 134 V 109 E. 10.1 S. 126).
Massgebend für die Beurteilung der Unfallschwere ist der augenfällige
Geschehensablauf mit den sich dabei entwickelnden Kräften (Urteil 8C_536/2007
vom 11. Juni 2008 E.6.1).
Im Lichte der Rechtsprechung zur Unfallschwere bei einfachen Auffahrunfällen
(SVR 2007 UV Nr. 26 S. 86, U 339/06 E. 5.2; RKUV 2005 Nr. U 549 S. 236, U 380/
04 E. 5.1.2 mit Hinweisen) und aufgrund des augenfälligen Geschehensablaufes
ist der Unfall vom 5. Februar 2002 (wie auch derjenige vom 20. Januar 2001) als
mittelschweres Ereignis im Grenzbereich zu den leichten Unfällen einzustufen.
Von den weiteren in die Beurteilung einzubeziehenden Kriterien müssten demnach
für die Bejahung des adäquaten Kausalzusammenhangs entweder ein einzelnes in
besonders ausgeprägter Weise oder aber mehrere in gehäufter oder auffälliger
Weise erfüllt sein (BGE 134 V 109 E. 10.1 S. 126 f., 117 V 359 E. 6a S. 367).
Es handelt sich dabei um folgende modifizierten Kriterien: besonders
dramatische Begleitumstände oder besondere Eindrücklichkeit des Unfalls,
Schwere oder besondere Art der erlittenen Verletzungen, fortgesetzte
spezifische und belastende ärztliche Behandlung, erhebliche Beschwerden, eine
ärztliche Fehlbehandlung, welche die Unfallfolgen erheblich verschlimmert, ein
schwieriger Heilungsverlauf und erhebliche Komplikationen sowie eine erhebliche
Arbeitsunfähigkeit trotz nachgewiesener Anstrengungen (BGE 134 V 109 E. 10.2
und 10.3 S. 127).
4.2.2 Aufgrund der Akten haben sich die Unfälle weder unter besonders
dramatischen Begleitumständen abgespielt noch waren sie von besonderer
Eindrücklichkeit. Die Versicherte zog sich dabei auch keine schweren
Verletzungen oder solche besonderer Art zu, zumal die Diagnose eines
Schleudertraumas und die damit verbundenen Beschwerden entgegen der
Beschwerdeführerin für sich allein dieses Kriterium nicht zu erfüllen vermögen
(BGE 134 V 109 E. 10.2.2 S. 127 mit Hinweisen). Auch der Einwand, dass es sich
um eine durch einen früheren Unfall vorgeschädigte HWS handle, vermag nichts zu
ändern, wird doch gemäss Rechtsprechung des Bundesgerichts eine erhebliche
Vorschädigung vorausgesetzt (SVR 2007 UV Nr. 1 S. 1, U 39/04 E. 3.3.2); die
Erheblichkeit ist vorliegend nicht ausgewiesen. Ebenfalls zu verneinen ist das
modifizierte Kriterium der fortgesetzten spezifischen und belastenden
ärztlichen Behandlung. Bei den von der Beschwerdeführerin geltend gemachten
seit Unfallereignis anhaltenden Therapieformen handelt es sich vornehmlich um
manualtherapeutische Behandlungen (Physiotherapie, Fussreflexzonenmassage)
sowie um Selbstmedikation mit Contraschmerz. Diese stellen keine spezifische
und die Versicherte speziell belastende ärztliche Behandlung im Sinne dieses
Kriteriums dar (vgl. dazu auch RKUV 2005 Nr. U 549 S. 236, U 380/04 E. 5.2.4
mit Hinweisen). Eine ärztliche Fehlbehandlung wie auch ein schwieriger
Heilungsverlauf mit erheblichen Komplikationen sind ebenfalls nicht gegeben.
Was schliesslich das neu umschriebene Kriterium der Arbeitsunfähigkeit
(erhebliche Arbeitsunfähigkeit trotz ausgewiesener Anstrengungen) betrifft,
kann dieses auch nicht bejaht werden, hat doch die Beschwerdeführerin wenige
Zeit nach den Unfällen jeweils wieder voll gearbeitet. Die geltend gemachte
selbst getragene Reduktion des Arbeitspensums von 20 % ab 1. März 2004, sowie
die angeführten sporadischen Arbeitsunfähigkeiten vermögen nichts zu ändern. Ob
das verbleibende Kriterium der erheblichen Beschwerden (bisher
Dauerbeschwerden) angesichts der praktisch täglich bestehenden Nacken- und
Kopfschmerzen ausgewiesen ist, muss nicht abschliessend geprüft werden. Es
liegt jedenfalls nicht in besonders ausgeprägter Weise vor.
4.2.3 Zusammenfassend gilt festzustellen, dass weder mehrere der massgebenden
Kriterien in gehäufter oder auffälliger Weise erfüllt sind noch eines in
besonders ausgeprägter Weise gegeben ist, womit der adäquate Kausalzusammenhang
zwischen den besagten Unfallereignissen und den geklagten Beschwerden zu
verneinen ist. Die Leistungseinstellung der SUVA per 30. April 2006 ist mithin
rechtens.

5.
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend sind die Gerichtskosten der
Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 18. Dezember 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Ursprung Weber Peter