Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.708/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_708/2008

Urteil vom 5. März 2009
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiberin Polla.

Parteien
H.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt
Dr. Harry Nötzli,

gegen

Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich, Brunngasse 6, 8400 Winterthur,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Arbeitslosenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 10. Juni 2008.

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 15. September 2006 und Einspracheentscheid vom 16. April 2007
verneinte die Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich den Anspruch des 1942
geborenen H.________ auf die ab 1. Oktober 2006 beantragte
Arbeitslosenentschädigung mangels Nachweises einer beitragspflichtigen
Beschäftigung innerhalb der Rahmenfrist für die Beitragszeit vom 1. Oktober
2004 bis 30. September 2006.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des
Kantons Zürich mit Entscheid vom 10. Juni 2008 ab.

C.
H.________ lässt Beschwerde erheben und beantragen, unter Aufhebung des
vorinstanzlichen Entscheids sei ihm ab 1. Oktober 2006
Arbeitslosenentschädigung zuzusprechen.

Staatssekretariat für Wirtschaft und Arbeitslosenkasse haben auf eine
Stellungnahme verzichtet.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG erhoben werden, wobei das
Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde legt, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.
Im angefochtenen Entscheid sind die massgebenden Bestimmungen und Grundsätze
über die Beitragszeit vorzeitig Pensionierter (namentlich Art. 13 AVIG und Art.
12 AVIV; vgl. auch BGE 126 V 393; 129 V 327) richtig dargestellt. Darauf wird
verwiesen.

3.
Streitig ist der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung und in diesem
Zusammenhang die Frage, ob der Beschwerdeführer als vorzeitig pensioniert im
Sinne des Art. 12 Abs. 1 AVIV zu gelten hat und demzufolge nur Beitragszeiten
nach der auf den 1. Oktober 2006 erfolgten Beendigung des Arbeitsverhältnisses
berücksichtigt werden können, was Vorinstanz und Verwaltung bejahen, der
Versicherte hingegen verneint.

3.1 In tatsächlicher Hinsicht ist unbestritten, dass das Arbeitsverhältnis
durch die am 20. Februar 2006 abgeschlossene Aufhebungsvereinbarung (in
gegenseitigem Einvernehmen) beendet wurde. Da der bei Austritt 64-jährige
Beschwerdeführer die reglementarischen Voraussetzungen für den Anspruch auf
(vorzeitige) Altersleistungen erfüllte, bezieht er gemäss dem massgebenden
Reglement der Vorsorgeeinrichtung seit dem 1. Oktober 2006 eine Alters- sowie
Überbrückungsrente (Schreiben der Pensionskasse des Bundes [Publica] vom 8.
September 2006).

3.2 Gestützt auf diese Aktenlage bejahte die Vorinstanz die Unterstellung unter
Art. 12 Abs. 1 AVIV, da der Beschwerdeführer weder aus wirtschaftlichen Gründen
noch aufgrund zwingender Regelungen im Rahmen der beruflichen Vorsorge
frühzeitig pensioniert worden sei, weshalb keiner der in Art. 12 Abs. 2 lit. a
AVIV geregelten Ausnahmetatbestände gegeben sei. Damit werde nur jene
beitragspflichtige Beschäftigung als Beitragszeit angerechnet, die der
Versicherte ab 1. Oktober 2006 ausgeübt habe.

3.3 Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers fällt der vorliegende
Sachverhalt nicht unter den Anwendungsbereich der Ausnahmebestimmung von Art.
12 Abs. 2 lit. a zweiter Halbsatz AVIV. Der Umstand, dass gemäss
Vorsorgereglement bei Austritt nach dem 60. Altersjahr nur noch Anspruch auf
Altersleistungen besteht und die im Verhältnis zu den Altersleistungen
subsidiäre Austrittsleistung nicht mehr beansprucht werden kann (vgl. BGE 120 V
306; 129 V 381), stellt keine zwingende Regelung im Rahmen der beruflichen
Vorsorge im Sinne von Art. 12 Abs. 2 lit. a AVIV dar. Eine solche läge
beispielsweise dann vor, wenn das Erreichen des statutarischen ordentlichen
Rentenalters zur vorzeitgen Pensionierung führen würde (Nussbaumer,
Arbeitslosenversicherung, in: Schweizerisches Bundesverwaltungsrecht [SBVR],
Bd. Soziale Sicherheit, 2. Aufl., Basel/Genf/München 2007, S. 2246 Fussnote 462
zu Rz. 227), was vorliegend klarerweise nicht der Fall ist. Der Bezug von
Altersleistungen basiert hier vielmehr auf dem vorzeitigen Altersrücktritt
aufgrund der unterzeichneten Vereinbarung vom 20. Februar 2006. Damit waren
nicht die reglementarischen Bestimmungen Ursache der vorzeitigen Pensionierung,
sondern die mit seinem Arbeitgeber abgeschlossene Vereinbarung, weshalb kein
Ausnahmetatbestand nach Art. 12 Abs. 2 AVIV vorliegt. Mit Blick auf die
Ausnahmetatbestände beschränkte sich der Verordnungsgeber nach dem klaren
Wortlaut der Bestimmung von Art. 12 Abs. 2 lit. a AVIV auf wirtschaftliche
Kündigungsgründe sowie auf zwingende statutarische Regelungen der beruflichen
Vorsorge. Durch diese ausdrückliche Beschränkung führt nicht jede Kündigung,
die - ohne Wahlmöglichkeit der versicherten Person - die vorzeitige
Pensionierung auslöst, zur Anwendung von Art. 12 Abs. 2 AVIV. Personen, deren
Arbeitsverhältnis seitens der Arbeitgeberschaft weder aus wirtschaftlichen
Gründen noch auf Grund von zwingenden Regelungen im Rahmen der beruflichen
Vorsorge gekündigt wird, fallen nicht unter Art. 12 Abs. 2 AVIV (BGE 126 V 396
E. 3b/bb S. 397f.). Demzufolge ist es unerheblich, ob arbeitnehmer- oder
arbeitgeberseitig die Kündigung ausgesprochen wird. Damit spielt hier auch
keine Rolle, ob der Versicherte die Vereinbarung aufgrund der angedrohten
Kündigung auf einen gewissen Druck hin unterzeichnet hat und ob das Verhalten
des Versicherten bei Nichtunterzeichnung der Vereinbarung zur Kündigung durch
den Arbeitgeber geführt hätte, da der vorliegende Sachverhalt in jedem Fall
nicht unter die Ausnahmebestimmung von Art. 12 Abs. 2 AVIV fällt.
Nach dem Gesagten hat der Beschwerdeführer zur Verhinderung eines
ungerechtfertigten gleichzeitigen Bezugs von Altersleistungen der beruflichen
Vorsorge und von Arbeitslosenentschädigung die für vorzeitig Pensionierte
strengeren Anforderungen an die Erfüllung der Beitragszeit gemäss Art. 12 Abs.
1 AVIV zu erfüllen, was zur Bestätigung des vorinstanzlichen Entscheids führt.

4.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 62 BGG). Die Gerichtskosten sind dem
Beschwerdeführer als der unterliegenden Partei aufzuerlegen (Art. 66 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich, dem Staatssekretariat für Wirtschaft und dem Amt für Wirtschaft und
Arbeit des Kantons Zürich schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 5. März 2009
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Ursprung Polla