Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.653/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_653/2008

Urteil vom 12. Januar 2009
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiber Krähenbühl.

Parteien
G.________, Beschwerdeführerin, vertreten durch Fürsprecher Luigi R. Rossi,
Oberer Graben 3, 9000 St. Gallen,

gegen

IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen
vom 5. Juni 2008.

Sachverhalt:

A.
G.________ (Jg. 1977) bezog wegen belastungsabhängiger radialbetonter Hand-,
Handgelenks- und Unterarmschmerzen sowie Fingerparästhesien rechts mit Verdacht
auf Tendovaginitiden für die Zeit ab 1. August 2001 bei einem Invaliditätsgrad
von 70 % eine ganze Rente der Invalidenversicherung. Mit Verfügung vom 4. Mai
2006 hob die IV-Stelle des Kantons St. Gallen diese auf den 30. Juni 2006 hin
revisionsweise auf, weil sich der Gesundheitszustand seit der Rentenzusprache
am 17. Oktober 2002 verbessert habe und keine Erwerbsunfähigkeit mehr vorliege.
Dies bestätigte sie mit Einspracheentscheid vom 6. November 2006.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen mit Entscheid vom 5. Juni 2008 ab.

C.
G.________ lässt Beschwerde erheben und die Rückweisung der Sache an die
IV-Stelle zur Neubeurteilung beantragen.

Während die IV-Stelle auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das
Bundesamt für Sozialversicherungen auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG)
kann wegen Rechtsverletzung gemäss den Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung
der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie
offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art.
95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG) und wenn die Behebung des Mangels für den
Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG).

1.2 Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1
BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente
noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Es kann eine Beschwerde aus
einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde
mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen
(BGE 134 V 250 E. 1.2 S. 252 mit Hinweisen). Im Rahmen der Rechtsanwendung von
Amtes wegen prüft das Bundesgericht frei, ob der vorinstanzliche Entscheid von
einem richtigen Verständnis der Rechtsbegriffe ausgeht und auf der korrekten
Subsumtion des Sachverhalts unter die einschlägigen Rechtsnormen beruht (Urteil
8C_480/2007 vom 20. März 2008 E. 1; ULRICH MEYER, Basler Kommentar zum
Bundesgerichtsgesetz, Basel 2008, N 4 zu Art. 97).

2.
2.1 Wie das kantonale Gericht richtig festgehalten hat, gelangen die im Rahmen
der 5. IV-Revision geänderten und auf den 1. Januar 2008 in Kraft getretenen
Bestimmungen des IVG noch nicht zur Anwendung, weil in zeitlicher Hinsicht
grundsätzlich diejenigen Rechtssätze massgebend sind, die bei Erfüllung des zu
Rechtsfolgen führenden Tatbestandes galten (BGE 131 V 107 E. 1 S. 108 f., 133
E. 1 S. 136 und 242 E. 2.1 S. 243 f., je mit Hinweisen), und weil ferner auf
den bis zum Zeitpunkt des Erlasses des angefochtenen Einspracheentscheids vom
6. November 2006 eingetretenen Sachverhalt abzustellen ist (BGE 134 V 392 E. 6
S. 397 mit Hinweis).

2.2 Richtig wiedergegeben hat das kantonale Gericht die Voraussetzungen für
einen Rentenanspruch und dessen Umfang (Art. 28 Abs. 1 IVG in der ab 1. Januar
2004 bis 31. Dezember 2007 gültig gewesenen Fassung) sowie die Grundlagen für
eine zufolge einer Verbesserung oder Verschlechterung des Gesundheitszustandes
allenfalls erforderliche Rentenrevision (Art. 17 Abs. 1 ATSG; BGE 134 V 131 E.
3 S. 132 f. mit Hinweisen; vgl. auch BGE 125 V 368 E. 2 S. 369 und 112 V 371 E.
2 S. 372, je mit Hinweisen) und den Zeitpunkt, ab welchem eine solche wirksam
wird (Art. 88a IVV). Beizupflichten ist auch den vorinstanzlichen Ausführungen
zur Bedeutung ärztlicher Arbeitsfähigkeitsschätzungen für die
Invaliditätsbemessung (BGE 125 V 256 E. 4 S. 261 mit Hinweisen).

3.
Im Rahmen des auf den 1. September 2004 vorgesehenen Rentenrevisionsverfahrens
holte die IV-Stelle Auskünfte der heutigen Beschwerdeführerin vom 15. September
2004 und des von dieser als behandelnder Arzt angegebenen Dr. med. R.________
vom 4. Januar 2005 ein. Zudem veranlasste sie eine interdisziplinäre
Begutachtung im Institut X.________, welches seine Expertise am 27. März 2006
erstattete.

3.1 Das kantonale Gericht stellte fest, aus dem Gutachten des Instituts
X.________ vom 27. März 2008 - auf welches die IV-Stelle ihre
Revisionsverfügung stützt - ergebe sich nicht schlüssig, "dass für die
Beschwerdeführerin in keinerlei Erwerbstätigkeit eine Arbeitsunfähigkeit
bestehe". Gleichwohl schützte die Vorinstanz die im Revisionsverfahren erfolgte
und beschwerdeweise angefochtene Rentenaufhebung. Dies begründete sie damit,
dass Prof. Dr. med. Y.________ vom Spital Z.________ am 30. Mai 2002 zwar noch
eine 40%ige Arbeitsfähigkeit bescheinigt, gleichzeitig aber darauf hingewiesen
habe, dass diese sicherlich noch zu steigern sei. Sie erwog, die
Arbeitsfähigkeitsschätzung des Prof. Dr. med. Y.________ sei im Anschluss an
die am 10. April 2002 vorgenommene operative Karpaldachspaltung und Neurolyse
des Nervus medianus erfolgt; wie Prof. Dr. med. Y.________ rund drei Monate
nach der Rentenzusprache vom 17. Oktober 2002 in seinem Bericht vom 13. Januar
2003 berichtet habe, hätten sich die Beschwerden nach der Operation vom 10.
April 2002 deutlich zurückgebildet und seien vorübergehend sogar komplett
verschwunden gewesen; trotz einer durch das langfristige Benutzen einer
Computermaus hervorgerufenen Irritation des Nervus ulnaris sollte sich die
Beschwerdesymptomatik an der rechten Hand nach Ansicht des Prof. Dr. med.
Y.________ durch Vermeidung und Vorbeugung unter Verwendung entsprechender
Hilfsmittel deutlich bessern und keiner operativen Therapie bedürfen. Gestützt
auf die Stellungnahme des Prof. Dr. med. Y.________ vom 13. Januar 2003 und den
Umstand, dass die Beschwerdeführerin gemäss eigenen Angaben seither keine
ärztliche Behandlung mehr beansprucht habe, gelangte das kantonale Gericht zum
Schluss, dass von einer erheblichen Besserung des Gesundheitszustandes seit der
Rentenzusprache vom 17. Oktober 2002 auszugehen sei, welche im Zeitpunkt der
Renteneinstellung auf den 30. Juni 2006 hin bereits seit langem angedauert
habe.

3.2 Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden. Aus einer zur Zeit der
Rentenzusprache und kurz danach ärztlicherseits prognostisch in Aussicht
gestellten Verbesserung des Leidensbildes kann in einem Jahre später
durchgeführten Revisionsverfahren nicht ohne weitere Abklärungen geschlossen
werden, eine solche sei in der Zwischenzeit auch tatsächlich eingetreten. Dazu
bedarf es doch einer ausdrücklichen ärztlichen Bestätigung auf Grund einer
aktuellen neuen Untersuchung. Wenn die Vorinstanz in der Expertise des
Instituts X.________ vom 27. März 2006 keine solche erblicken will, kann sie
ohne weitere Abklärungen keine zuverlässigen Aussagen über die gesundheitliche
Entwicklung bis zum Zeitpunkt der beabsichtigten Rentenrevision machen. Indem
sie lediglich auf frühere ärztliche Vorhersagen, deren Verwirklichung
keineswegs gesichert ist, abstellt, stützt sie ihre Beurteilung auf Grundlagen,
die von vornherein nicht geeignet sind, Aufschlüsse über den Gesundheitszustand
im interessierenden Revisionszeitpunkt zu vermitteln. Dieses in der
Beschwerdeschrift mit Recht beanstandete Vorgehen muss als rechtswidrig
bezeichnet werden. Daran ändert der Umstand nichts, dass die Beschwerdeführerin
offenbar seit dem 13. Januar 2003 nicht mehr in ärztlicher Behandlung stand,
sind doch auch bei einem stabilen, mehr oder weniger gleich bleibenden
Gesundheitszustand plausible Gründe für einen Verzicht auf weitere
Arztkonsultationen denkbar.

4.
Als Ergebnis einer zur Sachverhaltsabklärung gehörenden Würdigung eines
medizinischen Berichts betrachtet, wäre die vorinstanzliche Feststellung,
wonach sich aus dem Gutachten des Instituts X.________ vom 27. März 2006 nicht
schlüssig ergebe, "dass für die Beschwerdeführerin in keinerlei
Erwerbstätigkeit eine Arbeitsunfähigkeit bestehe", einer bundesgerichtlichen
Prüfung grundsätzlich nicht zugänglich. Deren Berichtigung oder Ergänzung fiele
nur in Betracht, wenn sie offensichtlich unrichtig wäre oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen würde und die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein könnte (E. 1.1
hievor).

4.1 Ob eine dieser Voraussetzungen für eine Korrektur oder Ergänzung der
fraglichen vorinstanzlichen Feststellung gegeben wäre, kann dahingestellt
bleiben. Jedenfalls ergibt sich aus dem Gutachten des Instituts X.________ vom
27. März 2006 mit aller erdenklichen Klarheit, dass die Beschwerdeführerin nach
einhelliger Ansicht der Experten weder in somatischer noch in psychischer
Hinsicht eine Gesundheitsschädigung aufweist, welche sie in der Ausübung einer
Erwerbstätigkeit ernsthaft beeinträchtigen würde. Inhaltlich wird das Gutachten
des Instituts X.________ von der Vorinstanz insoweit nicht ausdrücklich in
Frage gestellt. Der Begründung ihres Entscheids ist vielmehr zu entnehmen, dass
sie der Expertise des Instituts X.________ auf Grund mehrerer
Unzulänglichkeiten die Beweistauglichkeit absprechen und deshalb nicht darauf
abstellen will. Die Frage nach der Beweiskraft eines medizinischen Berichts
aber stellt sich als Rechtsfrage dar, welche vom Bundesgericht überprüft werden
kann.

4.2 Wie die IV-Stelle in ihrem Einspracheentscheid vom 6. November 2006 richtig
festgestellt hat, erfüllt das Gutachten des Instituts X.________ vom 27. März
2006 grundsätzlich sämtliche Anforderungen, die nach der Rechtsprechung (BGE
125 V 351 E. 3a S. 352 mit Hinweis) an eine beweiskräftige medizinische
Entscheidungsgrundlage zu stellen sind. So beruht es auf eingehenden eigenen
Untersuchungen, würdigt die geklagten Beschwerden unter Mitberücksichtigung der
Vorakten (Anamnese), begründet die gezogenen Schlussfolgerungen überzeugend und
leuchtet auch in der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge ein. Die vom
kantonalen Gericht angebrachten Vorbehalte vermögen die Beweistauglichkeit
dieses Gutachtens nicht zu erschüttern. Für die Gesamtbeurteilung ist es
belanglos, ob - wie im handchirurgischen Teilgutachten des Dr. med.
O.________von der Klinik Q.________ vom 27. Februar 2006 bemerkt - bereits der
Neurologe Dr. med. A.________ in einem Bericht vom 29. Juni 1998 an Dr. med.
R.________ von möglicherweise durch Selbstmutilation bewirkten Beschwerden
berichtet hat oder ob ein solcher Verdacht erst in einer Stellungnahme des
Spitals Z.________ vom 8. November 2001 geäussert worden ist. Gewisse Bedenken
hinsichtlich der Unvoreingenommenheit der Gutachter des Instituts X.________
mag allenfalls der Umstand erwecken, dass der fallführende internistische
Experte Dr. med. L.________ am 5. Dezember 2005 in einem so genannten
"Laufblatt" die Bemerkung "hier liegt gar nichts vor!! (Münchhausen lässt
grüssen)" anbrachte. Die Zuverlässigkeit der erst später erstellten und
eingehend begründeten Expertise des Instituts X.________ wird dadurch aber
nicht grundlegend in Frage gestellt. Es kann insoweit auf die zutreffenden
Bemerkungen der Beschwerdegegnerin in ihrer Vernehmlassung vom 24. Oktober 2008
verwiesen werden. Dasselbe gilt hinsichtlich des vom Internisten Dr. med.
L.________ hervorgehobenen, vom dafür an sich zuständigen Psychiater hingegen
nicht einmal erwähnten Münchhausen-Syndroms. Nicht auf eine unvollständige
Abklärung der aktuellen medizinischen Situation schliessen lässt der Umstand,
dass die von Prof. Dr. med. Y.________ am 30. Mai 2002 noch prognostizierte
langfristige Einschränkung der Handgelenksbelastbarkeit in der Expertise des
Instituts X.________ keine Erwähnung gefunden hat. Dass das Gutachten des
Instituts X.________ vom 27. März 2006 nicht rechtsgenüglich unterzeichnet
worden ist, stellt zwar einen formellen Mangel dar, der aber durch die
Einreichung eines nunmehr unterzeichneten Exemplars mit der Vernehmlassung der
Beschwerdegegnerin als geheilt gelten kann.

5.
Besteht damit - entgegen der vorinstanzlichen Auffassung - kein hinreichender
Anlass, die Beweistauglichkeit des Gutachtens des Instituts X.________ vom 27.
März 2006 in Frage zu stellen, ist angesichts der darin unmissverständlich
attestierten uneingeschränkten Arbeitsfähigkeit von einer gegenüber der
Situation im Zeitpunkt der Rentenzusprache eingetretenen wesentlichen
Verbesserung des Gesundheitszustandes auszugehen, welche eine Aufhebung des
Rentenanspruches im Revisionsverfahren rechtfertigt. Im Ergebnis ist der
kantonale Entscheid demnach zu bestätigen.

6.
Entsprechend dem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten von der
Beschwerdeführerin als unterliegender Partei zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St.
Gallen, der Ausgleichskasse des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für
Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 12. Januar 2009

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Krähenbühl