Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.652/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_652/2008

Urteil vom 8. Mai 2009
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Pfiffner
Rauber, Bundesrichter Maillard,
Gerichtsschreiber Hochuli.

Parteien
Bundesamt für Sozialversicherungen,
3003 Bern, Beschwerdeführer,

gegen

J.________, Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Josef Jacober,

IV-Stelle des Kantons Appenzell Innerrhoden, Poststrasse 9, 9050 Appenzell.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des
Kantonsgerichts Appenzell Innerrhoden
vom 15. April 2008.

Sachverhalt:

A.
J.________, geboren 1971, ist geschieden und Mutter von zwei Kindern (mit
Jahrgängen 1993 und 1997). Sie reiste 1991 als Staatsangehörige von Bosnien und
Herzegowina in die Schweiz ein und arbeitete von Juli 1994 bis Juli 2001
vollzeitlich als Textilmitarbeiterin für die Firma W.________ AG. Seither blieb
sie arbeitsunfähig. Am 4. September 2002 meldete sie sich wegen einem
Rückenleiden und Schlafstörungen bei der Invalidenversicherung zum Rentenbezug
an. Nach erwerblichen und medizinischen Abklärungen, der Gewährung von
Berufsberatung und der Durchführung einer beruflichen Abklärung verneinte die
IV-Stelle des Kantons Appenzell Innerrhoden den Anspruch auf eine
Invalidenrente bei einem ermittelten Invaliditätsgrad von 36 % (Verfügung vom
28. Januar 2005). Gestützt auf die Ergebnisse der polydisziplinären
Begutachtung in der Medizinischen Abklärungsstelle X.________ (das Gutachten
der Medizinischen Abklärungsstelle X.________ datiert vom 12. April 2007) sowie
unter Berücksichtigung der Unterdurchschnittlichkeit des ohne
Gesundheitsschaden erzielten Einkommens im Vergleich zu einem branchenüblichen
Lohn gemäss statistischen Angaben ermittelte die IV-Stelle einen
Invaliditätsgrad von 45 % und sprach der Versicherten mit Wirkung ab 1. Februar
2003 eine Viertelsrente zu (Einspracheentscheid vom 18. Oktober 2007).

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde der J.________ hiess das Kantonsgericht
Appenzell Innerrhoden gut, soweit es darauf eintrat. Es hob den
Einspracheentscheid vom 18. Oktober 2007 auf und sprach der Versicherten mit
Wirkung ab 1. Februar 2003 eine halbe Invalidenrente zu, weil zusätzlich ein
leidensbedingter Abzug von dem nach den Tabellenlöhnen bestimmten
Invalideneinkommen in der Grössenordnung von 10 bis 25 % zu berücksichtigen
sei, so dass in jedem Fall ein Invaliditätsgrad resultiere, welcher der
Beschwerdeführerin einen Anspruch auf eine halbe Invalidenrente einräume
(Entscheid vom 15. April 2008).

C.
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt das
Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) die Aufhebung des Gerichts- und des
Einspracheentscheides mit der Begründung, das kantonale Gericht habe bei der
konkreten Berücksichtigung eines Parallelisierungsabzuges und eines
zusätzlichen leidensbedingten Abzuges von dem tabellarisch bestimmten
Invalideneinkommen Bundesrecht verletzt. Bei korrekter Ermittlung resultiere
ein rentenanspruchausschliessender Invaliditätsgrad.

Die Vorinstanz und J.________ schliessen auf Abweisung der Beschwerde. Letztere
ersucht gleichzeitig um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt
hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes
wegen nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder
auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2
BGG) und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens
entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 2 BGG). Es wendet das Recht von Amtes
wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG) und ist somit weder an die in der Beschwerde
geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Es
kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und
es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden
Begründung abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Das Bundesgericht
prüft grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen und ist nicht gehalten, wie
eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu
untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE
133 II 249 E. 1.4.1 S. 254).

2.
Strittig ist, ob die Versicherte Anspruch auf eine Invalidenrente hat. Allein
diese Frage bildete bereits Gegenstand der Verwaltungsverfügung, des
Einspracheentscheids und des angefochtenen Gerichtsentscheids (vgl. zum
Anfechtungs- und Streitgegenstand: BGE 131 V 164 E. 2.1 S. 164 mit Hinweis).
Teilaspekte eines Rechtsverhältnisses - wie z.B. der bei der Festsetzung der
Invalidenrente massgebende Faktor des Invaliditätsgrades - sind grundsätzlich
nicht selbstständig anfechtbar (BGE 125 V 413 E. 2b S. 416) und folglich der
richterlichen Überprüfung erst entzogen, wenn über den Streitgegenstand
insgesamt rechtskräftig entschieden worden ist (SZS 2008 S. 575, 9C_115/2008 E.
6.2 mit Hinweis). Soweit das Beschwerde führende BSV letztinstanzlich die
Aufhebung des kantonalen Gerichts- und des Einspracheentscheides beantragt,
weil Verwaltung und Vorinstanz rechtsfehlerhaft einen anspruchsbegründenden
Invaliditätsgrad festgestellt hätten, ist dieses Rechtsbegehren - entgegen der
Vorinstanz - weder unzulässig noch steht diesem die Rechtskraftwirkung
entgegen.

3.
3.1 Die IV-Stelle hat gemäss Einspracheentscheid vom 18. Oktober 2007 durch
Einkommensvergleich (Art. 28 Abs. 2 IVG in der bis 31. Dezember 2007 gültig
gewesenen Fassung in Verbindung mit Art. 16 ATSG) für das Jahr 2004 bei einem
Valideneinkommen von Fr. 38'626.- und einem Invalideneinkommen von Fr.
21'205.43 einen Invaliditätsgrad von 45,10 % ermittelt und gestützt darauf den
Anspruch auf eine Viertelsrente im Sinne von Art. 28 Abs. 1 IVG (in der bis 31.
Dezember 2007 gültig gewesenen Fassung) bejaht. Dabei stellte die Verwaltung
aus dem Vergleich des Valideneinkommens mit dem schweizerischen
Durchschnittseinkommen von Arbeitnehmerinnen im Textilgewerbe auf dem
Anforderungsniveau 4 laut der vom Bundesamt für Statistik (BFS) alle zwei Jahre
herausgegebenen Lohnstrukturerhebung (LSE) für das Jahr 2004 eine
Unterdurchschnittlichkeit (vgl. BGE 134 V 322) im Ausmass von minus 12,55 %
fest. Um diesen Prozentsatz setzte die IV-Stelle das Invalideneinkommen herab
und berücksichtigte sodann die invaliditätsbedingte Einschränkung der
Leistungsfähigkeit um 50 % (in der angestammten und jeder leidensangepassten,
körperlich mittelschweren bis selten schweren Tätigkeit).

3.2 Während die Verwaltung stillschweigend keinen Abzug von dem nach den
Tabellenlöhnen bestimmten Invalideneinkommen im Sinne von BGE 126 V 75 vornahm,
hat dies das kantonale Gericht beanstandet und erwogen, dass die Verweigerung
eines Leidensabzuges als Rechtsverletzung zu qualifizieren sei. Zwar
rechtfertigten weder das junge Lebensalter der Versicherten noch die körperlich
bedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit einen Leidensabzug.
Demgegenüber seien die psychisch bedingte 50%ige Arbeitsunfähigkeit, das Fehlen
einer abgeschlossenen Berufslehre und die mangelhaften Deutschkenntnisse als
erschwerende Faktoren auf dem Arbeitsmarkt zu berücksichtigen. Mit Blick auf
die von der Vorinstanz beurteilten letzten sieben Anwendungsfälle von
Leidensabzügen sei hier - in Abweichung vom Einspracheentscheid der IV-Stelle -
zusätzlich einzig ein leidensbedingter Abzug von 10 bis 25 % angezeigt, so dass
ein Invaliditätsgrad von 51 bis 59 % resultiere, welcher in jedem Falle einen
Anspruch auf eine halbe Invalidenrente begründe.

4.
Auf der nicht medizinischen beruflich-erwerblichen Stufe der
Invaliditätsbemessung charakterisieren sich als Rechtsfragen die gesetzlichen
und rechtsprechungsgemässen Regeln über die Durchführung des
Einkommensvergleichs (BGE 130 V 343 E. 3.4 S. 348, 128 V 29 E. 1 S. 30, 104 V
135 E. 2a und b S. 136 f.). In dieser Sicht stellt sich die Feststellung der
beiden hypothetischen Vergleichseinkommen als Tatfrage dar, soweit sie auf
konkreter Beweiswürdigung beruht, hingegen als Rechtsfrage, soweit sich der
Entscheid nach der allgemeinen Lebenserfahrung richtet. Letzteres betrifft etwa
die Fragen, ob Tabellenlöhne anwendbar sind und welches die massgebliche
Tabelle ist (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399; Urteil 8C_255/2007 vom 12. Juni 2008
E. 1.2, nicht publ. in: BGE 134 V 322) sowie die Wahl der zutreffenden Stufe
(Anforderungsniveau 1, 2, 3 oder 4; Urteile I 860/06 vom 7. November 2007 E.
3.2 und I 732/06 vom 2. Mai 2007 E. 4.2.2) und des zu berücksichtigenden
Wirtschaftszweigs oder Totalwertes (Urteil 9C_678/2008 vom 29. Januar 2009 E.
3.2 mit Hinweis). Demgegenüber beschlägt der Umgang mit den Zahlen in der
massgeblichen LSE-Tabelle eine Tatfrage. Schliesslich ist die Frage, ob ein
(behinderungsbedingt oder anderweitig begründeter) Leidensabzug vorzunehmen
sei, eine Rechtsfrage, während jene nach der Höhe des Abzuges eine typische
Ermessensfrage darstellt, deren Beantwortung letztinstanzlicher Korrektur nur
mehr dort zugänglich ist, wo das kantonale Gericht das Ermessen
rechtsfehlerhaft ausgeübt hat, also Ermessensüberschreitung, -missbrauch oder
-unterschreitung vorliegt (vgl. BGE 132 V 393 E. 3.3 in fine S. 399; Urteil
9C_973/2008 vom 19. Januar 2009 E. 3). Ermessensmissbrauch ist gegeben, wenn
eine Behörde zwar im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens bleibt, sich aber
von unsachlichen, dem Zweck der massgebenden Vorschriften fremden Erwägungen
leiten lässt oder allgemeine Rechtsprinzipien, wie das Verbot von Willkür oder
rechtsungleicher Behandlung, das Gebot von Treu und Glauben sowie den Grundsatz
der Verhältnismässigkeit verletzt (BGE 123 V 150 E. 2 S. 152 mit Hinweisen).

5.
Das BSV beanstandet, das kantonale Gericht habe in zweifacher Hinsicht
Bundesrecht verletzt. Zum einen habe die Vorinstanz bei dem von der Verwaltung
infolge eines unterdurchschnittlichen Valideneinkommens berücksichtigten
Parallelisierungsabzug von 12,55 % nicht geprüft, ob die von der Rechtsprechung
hiefür statuierten Voraussetzungen erfüllt seien. Nur eine - aus
invaliditätsfremden Gründen hinzunehmende und nicht aus freien Stücken
tolerierte - deutliche Abweichung des tatsächlich erzielten Verdienstes vom
branchenüblichen LSE-Durchschnittslohn vermöge gegebenenfalls eine
Parallelisierung der Vergleichseinkommen zu rechtfertigen. Als deutlich könne
nur eine Abweichung bezeichnet werden, welche über eine Schwelle von 10 %
hinausgehe. Hier sei deshalb - bei Erfüllung der übrigen, bisher nicht
geprüften Voraussetzungen - höchstens eine Parallelisierung im Ausmass von 2,55
% zulässig. Zum anderen habe das kantonale Gericht zu Unrecht zusätzlich zum
Parallelisierungsabzug einen leidensbedingten Abzug von 10 bis 25 %
vorgenommen. Mit der IV-Stelle sei davon auszugehen, dass weder die beruflichen
noch die persönlichen Umstände des konkreten Einzelfalles für die Vornahme
eines solchen Abzuges sprächen. Schliesslich könne ein Abzug keinesfalls in der
von der Vorinstanz praktizierten Weise schematisch nach Massgabe der letzten
sieben, vor dem kantonalen Sozialversicherungsgericht entschiedenen Fälle
quantifiziert werden.

5.1 In BGE 134 V 322 E. 4.1 S. 325 hat das Bundesgericht unlängst erkannt:
Was zunächst die Ermittlung des Valideneinkommens anbelangt, ist entscheidend,
was die versicherte Person im Zeitpunkt des frühest möglichen Rentenbeginns
nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit als Gesunde
tatsächlich verdient hätte. Dabei wird in der Regel am zuletzt erzielten,
nötigenfalls der Teuerung und der realen Einkommensentwicklung angepassten
Verdienst angeknüpft, da es empirischer Erfahrung entspricht, dass die
bisherige Tätigkeit ohne Gesundheitsschaden fortgesetzt worden wäre. Ausnahmen
müssen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt sein (BGE 129 V 222 E.
4.3.1 S. 224 mit Hinweisen). Bezog eine versicherte Person aus
invaliditätsfremden Gründen (z.B. geringe Schulbildung, fehlende berufliche
Ausbildung, mangelnde Deutschkenntnisse, beschränkte Anstellungsmöglichkeiten
wegen Saisonnierstatus) ein deutlich unterdurchschnittliches Einkommen, ist
diesem Umstand bei der Invaliditätsbemessung nach Art. 16 ATSG Rechnung zu
tragen, sofern keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie sich aus freien
Stücken mit einem bescheideneren Einkommensniveau begnügen wollte (BGE 125 V
146 E. 5c/bb S. 157 mit Hinweisen). Nur dadurch ist der Grundsatz gewahrt, dass
die auf invaliditätsfremde Gesichtspunkte zurückzuführenden Lohneinbussen
entweder überhaupt nicht oder aber bei beiden Vergleichseinkommen gleichmässig
zu berücksichtigen sind (BGE 129 V 222 E. 4.4 S. 225). Diese Parallelisierung
der Einkommen kann praxisgemäss entweder auf Seiten des Valideneinkommens durch
eine entsprechende Heraufsetzung des effektiv erzielten Einkommens oder durch
Abstellen auf die statistischen Werte (vgl. SVR 2008 IV Nr. 2 S. 3, I 697/05
und Urteil I 750/04 vom 5. April 2006 E. 5.5) oder aber auf Seiten des
Invalideneinkommens durch eine entsprechende Herabsetzung des statistischen
Wertes (vgl. Urteil U 454/05 vom 6. September 2006 E. 6.3.3 mit Hinweisen)
erfolgen.
Die Grundüberlegung dieser Rechtsprechung ist die folgende: Wenn eine
versicherte Person in derjenigen Tätigkeit, die sie als Gesunde ausgeführt hat,
einen deutlich unterdurchschnittlichen Lohn erzielt, weil ihre persönlichen
Eigenschaften (namentlich fehlende Ausbildung oder Sprachkenntnisse,
ausländerrechtlicher Status) die Erzielung eines Durchschnittslohnes
verunmöglichen, dann ist nicht anzunehmen, dass sie mit einer gesundheitlichen
Beeinträchtigung behaftet einen (anteilmässig) durchschnittlichen Lohn erzielen
könnte (BGE 135 V 58 E. 3.4.3 S. 61).

5.2 Für die Festsetzung des Invalideneinkommens ist nach der Rechtsprechung
primär von der beruflich-erwerblichen Situation auszugehen, in welcher die
versicherte Person konkret steht. Übt sie nach Eintritt der Invalidität eine
Erwerbstätigkeit aus, bei der - kumulativ - besonders stabile
Arbeitsverhältnisse gegeben sind und anzunehmen ist, dass sie die ihr
verbleibende Arbeitsfähigkeit in zumutbarer Weise voll ausschöpft, und
erscheint zudem das Einkommen aus der Arbeitsleistung als angemessen und nicht
als Soziallohn, gilt grundsätzlich der tatsächlich erzielte Verdienst als
Invalidenlohn. Ist kein solches tatsächlich erzieltes Erwerbseinkommen gegeben,
namentlich weil die versicherte Person nach Eintritt des Gesundheitsschadens
keine oder jedenfalls keine ihr an sich zumutbare neue Erwerbstätigkeit
aufgenommen hat, so können nach der Rechtsprechung entweder die
LSE-Tabellenlöhne oder die sogenannten DAP-Zahlen herangezogen werden (BGE 129
V 472 E. 4.2.1 S. 475, SVR 2005 UV Nr. 16 S. 52 [U 192/03 E. 3.1], je mit
Hinweisen). Praxisgemäss können persönliche und berufliche Merkmale der
versicherten Person wie Alter, Dauer der Betriebszugehörigkeit, Nationalität
oder Aufenthaltskategorie sowie Beschäftigungsgrad einen auf höchstens 25 %
begrenzten Leidensabzug von dem nach den LSE-Tabellenlöhnen zu ermittelnden
Invalideneinkommen rechtfertigen, soweit anzunehmen ist, dass die trotz des
Gesundheitsschadens verbleibende Leistungsfähigkeit infolge eines oder mehrerer
dieser Merkmale auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur mit
unterdurchschnittlichem Einkommen verwertet werden kann (BGE 134 V 322 E. 5.2
S. 327 mit Hinweis auf BGE 126 V 75).

5.3 Ist bestimmten einkommensbeeinflussenden Merkmalen im Sinne von BGE 126 V
75 E. 5b/aa S. 79 bereits bei der Parallelisierung (E. 5.1 hievor) der
Vergleichseinkommen Rechnung getragen worden, dürfen dieselben
invaliditätsfremden Faktoren nicht nochmals im Rahmen des sogenannten
Leidensabzuges (E. 5.2 i.f. hievor) berücksichtigt werden (BGE 134 V 322 E. 5.2
in fine S. 328). Der Abzug wird sich daher in der Regel auf leidensbedingte
Faktoren beschränken und nicht mehr die maximal zulässigen 25 % für sämtliche
invaliditätsfremden und invaliditätsbedingten Merkmale ausschöpfen (BGE 134 V
322 E. 6.2 in fine S. 330). Kann tatsächlich oder zumutbarerweise ein
durchschnittliches Invalideneinkommen erzielt werden, dann besteht kein Grund,
ein aus wirtschaftlichen Gründen unterdurchschnittliches Valideneinkommen im
Rahmen der Einkommensparallelisierung auf ein durchschnittliches hochzurechnen
(BGE 135 V 58 E. 3.4.3 S. 61). Dieses Vorgehen ist weder verfassungswidrig noch
diskriminierend und stellt keine methodische Ungleichbehandlung
Schlechterverdienender dar (BGE 135 V 58 E. 3.4.4 S. 63). Schliesslich hat die
Invalidenversicherung weder für ungünstige konjunkturelle Verhältnisse
einzustehen noch regionale Lohnunterschiede auszugleichen (Urteil I 405/06 vom
29. Mai 2007 E. 4.2 mit Hinweisen).

6.
6.1 Das Beschwerde führende BSV rügt, dass Verwaltung und Vorinstanz die
praxisgemäss statuierten Voraussetzungen der Einkommensparallelisierung (im
Sinne von E. 5.1 hievor) nicht geprüft haben.
6.1.1 Ein Abweichen vom Regelfall, wonach das Valideneinkommen grundsätzlich
anhand des zuletzt verdienten Lohnes zu bestimmen ist, kommt erst dann in
Frage, wenn - unter anderem - der tatsächlich erzielte Verdienst deutlich unter
dem branchenüblichen LSE-Tabellenlohn liegt (BGE 134 V 322 E. 4.1 S. 325; vgl.
Urteil 9C_488/2008 vom 5. September 2008 E. 6.3 mit Hinweisen). Ob die von
IV-Stelle und kantonalem Gericht im Rahmen der Einkommensparallelisierung
berücksichtigte Abweichung vom branchenüblichen Durchschnittseinkommen die von
der Rechtsprechung geforderte Deutlichkeitsschwelle erreicht, ist vom
Bundesgericht als Rechtsfrage frei zu prüfen (vgl. E. 4 hievor).
6.1.2 In der Praxis wurde das Überschreiten des Erheblichkeitsgrenzwertes bei
einer Abweichung des tatsächlich erzielten Verdienstes vom branchenspezifischen
Tabellenlohn um zehn und mehr Prozentpunkte bejaht (vgl. z.B. die Urteile des
Eidgenössischen Versicherungsgerichts U 454/05 vom 6. September 2006 E. 6.3.2,
I 601/03 vom 27. Februar 2004 E. 5.2, I 411/02 vom 5. Februar 2003 E. 4.1 und
4.3, I 97/00 vom 29. August 2002 E. 4, AHI 1999 S. 237 [I 377/98 E. 3], I 164/
96 vom 15. Oktober 1996 E. 2 und des Bundesgerichts 9C_395/2008 vom 9. Oktober
2008 E. 5.3.2 und SVR 2008 IV Nr. 2 S. 3 [I 697/05 E. 5.4]), bei einer
Abweichung um weniger als fünf Prozentpunkte jedoch verneint (vgl. z.B. die
Urteile des Eidgenössischen Versicherungsgerichts I 314/00 vom 7. Mai 2001 E.
2c/aa i.f. und des Bundesgerichts 9C_782/2008 vom 4. März 2009 E. 4.2.3, 9C_69/
2009 vom 13. Februar 2009 E. 3.3, SVR 2008 IV Nr. 49 S. 163 [9C_404/2007 E.
2.3] und 8C_367/2007 vom 7. April 2008 E. 5.3). Zuletzt liess das Bundesgericht
offen, wo der konkrete prozentuale Erheblichkeitsgrenzwert anzusetzen sei
(Urteile 9C_891/2007 vom 30. Dezember 2008 E. 2.2 i.f. und SVR 2009 IV Nr. 7 S.
13 [9C_488/2008 E. 6.6]). Obwohl vereinzelt auch bei einer Abweichung um knapp
mehr als 5 % das Erreichen der Deutlichkeitsschwelle verneint wurde (vgl. z.B.
Urteile des Eidgenössischen Versicherungsgerichts I 27/06 vom 24. August 2006
E. 6.3.2 und des Bundesgerichts 9C_796/2008 vom 6. November 2008 E. 2.3), ist
auch mit Blick auf den soweit ersichtlich ersten Parallelisierungsfall (ZAK
1989 S. 456, I 362/88 E. 3b i.f.) die in SVR 2009 IV Nr. 7 S. 13, 9C_488/2008
E. 6.6, offengelassene Rechtsfrage in dem Sinne zu beantworten, dass der
Erheblichkeitsgrenzwert der Abweichung des tatsächlich erzielten Verdienstes
vom branchenüblichen LSE-Tabellenlohn, ab welchem sich eine Parallelisierung
der Vergleichseinkommen im Sinne von BGE 134 V 322 E. 4.1 S. 325 f.
rechtfertigen kann, auf 5 % festzusetzen ist. Der nach Massgabe der
Tabellenlöhne bestimmte Referenzwert des branchenüblichen Einkommens basiert
auf den Ergebnissen einer statistischen Durchschnittswertermittlung im Rahmen
der vom Bundesamt für Statistik alle zwei Jahre durchgeführten
Lohnstrukturerhebung mit einer entsprechenden Streuweite der einzelnen
erfassten Löhne. Auch vor diesem Hintergrund genügt der auf - nur, aber
immerhin - 5 % zu beziffernde Erheblichkeitsgrenzwert als Voraussetzung der
Einkommensparallelisierung dem Bedürfnis nach Ausgleichung eines aus
invaliditätsfremden Gründen unfreiwillig deutlich unterdurchschnittlich
realisierten Einkommens in der angestammten Tätigkeit.
6.1.3 Setzt die Einkommensparallelisierung im Sinne von BGE 134 V 322 unter
anderem das Erreichen des Erheblichkeitsgrenzwertes von 5 % voraus (E. 6.1.2
hievor), stellt sich die Frage, wie die Parallelisierung vorzunehmen ist. Wird
ab Erreichen des Erheblichkeitsgrenzwertes um die volle prozentuale Abweichung
parallelisiert, so kommt es zwischen einem ohne Parallelisierung
durchzuführenden Einkommensvergleich (bei einer Abweichung des tatsächlich
erzielten Verdienstes vom branchenüblichen LSE-Tabellenlohn von 4 %) und einem
mit Parallelisierung durchzuführenden Einkommensvergleich bei einer Abweichung
von 5 % zu einem willkürlich erscheinenden, erheblichen sprunghaften Anstieg
des Invaliditätsgrades um mehrere Prozentpunkte. Mit Blick auf eine dem
Grundsatz der Rechtsgleichheit genügende Invaliditätsgradermittlung ist zu
vermeiden, dass die - bei einer kontinuierlich ansteigenden Differenz zwischen
tatsächlich erzieltem Lohn und branchenüblichem Durchschnittseinkommen - ab
Erreichen des Erheblichkeitsgrenzwertes von mindestens 5 % gegebenenfalls
durchzuführende Einkommensparallelisierung eine sprunghafte Erhöhung des
Invaliditätsgrades zur Folge hat. Es ist daher nur in dem Umfang zu
parallelisieren, in welchem die prozentuale Abweichung den
Erheblichkeitsgrenzwert von 5 % übersteigt, bezweckt doch die Parallelisierung
praxisgemäss nur die Ausgleichung einer deutlichen - also nicht jeder kleinsten
- Abweichung des tatsächlich erzielten Verdienstes vom tabellarisch bestimmten
branchenüblichen Referenzeinkommen. Insofern ist an der bisherigen Praxis,
welche bei gegebenen Voraussetzungen - insbesondere einer ausreichend
deutlichen Abweichung des Valideneinkommens vom branchenüblichen
LSE-Tabellenlohn - jeweils die Parallelisierung im vollen Ausmass der ganzen
prozentualen Unterdurchschnittlichkeit vornahm, nicht länger festzuhalten.
6.1.4 Soweit Verwaltung und Vorinstanz im Rahmen des Einkommensvergleiches ohne
Prüfung der praxisgemäss im Weiteren vorausgesetzten Bedingungen die
Parallelisierung durch Herabsetzung des Invalideneinkommens im vollen Umfang
des Minderverdienstes von 12,55 % vorgenommen haben, verletzt der angefochtene
Entscheid nach dem Gesagten Bundesrecht. Die IV-Stelle, an welche die Sache
zwecks Durchführung ergänzender Abklärungen und Neuverfügung über einen
allfälligen Rentenanspruch zurückzuweisen ist, wird untersuchen, ob die
weiteren Voraussetzungen (E. 5.1 und 5.3 hievor) einer
Einkommensparallelisierung erfüllt sind, welche gegebenenfalls anschliessend in
der hier dargelegten Weise (E. 6.1.3) durchzuführen ist.

6.2 Wie das BSV im Übrigen zu Recht beanstandet, wird sich die Verwaltung im
Rahmen der Rückweisung zur Neuverfügung über einen allfälligen Rentenanspruch
auch zur Frage des Leidensabzuges (BGE 126 V 75) zu äussern haben, welcher
praxisgemäss insofern in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis zu den
Voraussetzungen der Einkommensparallelisierung (BGE 134 V 322) steht (vgl. dazu
E. 5.3 hievor), als dieselben einkommensbeeinflussenden Faktoren nicht sowohl
einen Parallelisierungs- als auch einen Leidensabzug zu begründen vermögen.
Sollte sich herausstellen, dass die Beschwerdegegnerin - aus
invaliditätsfremden Gründen - infolge fehlender Berufsausbildung und
mangelhafter Sprachkenntnisse ein unterdurchschnittliches Valideneinkommen
erzielt hatte, welches um mindestens 5 % unter dem branchenüblichen
LSE-Tabellenlohn liegt, so dass die Vergleichseinkommen nach Massgabe der
Erwägungen 5.1 und 6.1.3 hievor zu parallelisieren sind, vermögen dieselben
Faktoren praxisgemäss (E. 5.3 hievor) nicht zusätzlich auch noch einen
Leidensabzug zu begründen, was das kantonale Gericht offensichtlich ausser Acht
liess. Schliesslich erfordert die rechtsfehlerfreie Festsetzung eines
Leidensabzuges - im Gegensatz zu der mit angefochtenem Entscheid zum Ausdruck
gebrachten Auffassung - nicht ein schematisches Abstellen auf praktische
Anwendungsfälle des kantonalen Sozialversicherungsgerichts, sondern eine
gesamthafte Schätzung aller das Invalideneinkommen gemäss BGE 126 V 75
beeinflussenden Merkmale auf Grund einer nach pflichtgemässem Ermessen
durchzuführenden Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles (BGE 126 V
75 E. 5b/bb i.f. S. 80 mit Hinweisen).

7.
Die Beschwerdegegnerin hat im bundesgerichtlichen Verfahren - wie schon vor dem
Kantonsgericht Appenzell Innerrhoden als Beschwerde führende Partei - um
unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung ersucht.

7.1 Das Verfahren vor Bundesgericht ist kostenpflichtig (Art. 65 Abs. 1 und
Abs. 4 lit. a BGG). Die Gerichtskosten werden der unterliegenden
Beschwerdegegnerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). Dem Gesuch um unentgeltliche
Rechtspflege kann in Bezug auf die vorläufige Befreiung von der Bezahlung der
Gerichtskosten entsprochen werden, da die Bedürftigkeit ausgewiesen und die
Aussichtslosigkeit in dieser Verfahrenslage nicht zu prüfen ist (Art. 64 Abs. 1
BGG; Urteil 9C_422/2007 vom 4. April 2008 E. 3). Es wird indessen auf Art. 64
Abs. 4 BGG aufmerksam gemacht, wonach die begünstigte Partei der Gerichtskasse
Ersatz zu leisten haben wird, wenn sie später dazu in der Lage ist.

7.2 Das Gesuch um unentgeltliche Verbeiständung ist abzuweisen, da die
Beschwerdegegnerin über eine Rechtsschutzversicherung verfügt, welche die
Deckung der Anwaltskosten gewährt.

7.3 Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Vorinstanz noch über das bei ihr
gestellte Gesuch um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und
Verbeiständung zu befinden haben.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des
Kantonsgerichts Appenzell Innerrhoden vom 15. April 2008 und der
Einspracheentscheid der IV-Stelle des Kantons Appenzell Innerrhoden vom 18.
Oktober 2007 aufgehoben werden und die Sache an die IV-Stelle zurückgewiesen
wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über einen
allfälligen Rentenanspruch neu verfüge.

2.
Der Beschwerdegegnerin wird die unentgeltliche Rechtspflege in Bezug auf die
vorläufige Befreiung von der Bezahlung der Gerichtskosten gewährt. Im Übrigen
wird dieses Gesuch für das letztinstanzliche Verfahren abgewiesen.

3.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt, indes
vorläufig auf die Gerichtskasse genommen.

4.
Die Akten werden dem Kantonsgericht Appenzell Innerrhoden zugestellt, damit es
über das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das
kantonale Verfahren entscheide.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Appenzell Innerrhoden
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 8. Mai 2009
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Hochuli