Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.62/2008
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Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_62/2008

Urteil vom 25. Juni 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Frésard,
Gerichtsschreiber Holzer.

Parteien
F.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Bruno Häfliger, Schwanenplatz 7, 6004 Luzern,

gegen

Alba Versicherung, St. Alban-Anlage 56,
4052 Basel, Beschwerdegegnerin,
vertreten durch Rechtsanwalt Pius Kreiliger, Alpenstrasse 1, Schweizerhofquai,
6004 Luzern.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau
vom 19. Dezember 2007.

Sachverhalt:

A.
Der 1948 geborene F.________ war als Speditions-Arbeiter der X.________ AG bei
der Alba Versicherung gegen die Folgen von Unfällen versichert, als er sich am
26. August 2002 beim Palettenverschieben verletzte. Mit Schreiben vom 11.
Oktober 2002 informierte ihn die Alba Versicherung, sie sei aufgrund ihrer
Abklärungen zum Schluss gelangt, dass es sich bei seinem Leiden nicht um
Unfall-, sondern um Krankheitsfolgen handle und sie daher die Kostenübernahme
für Heilbehandlung ablehne. Die Alba Versicherung erbrachte in der Folge
Krankentaggeld-Leistungen. Nachdem der Versicherte am 4. Januar 2005 geltend
gemacht hatte, das Ereignis vom 26. August 2002 erfülle den Unfallbegriff,
lehnte die Alba Versicherung eine Leistungspflicht aus UVG mit Verfügung vom
11. Januar 2005 ab. Daran hielt sie - nachdem das Versicherungsgericht des
Kantons Aargau mit Entscheid vom 21. Oktober 2005 eine
Rechtsverzögerungsbeschwerde des Versicherten abgewiesen hatte - mit
Einspracheentscheid vom 22. November 2005 fest.

B.
Die von F.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht
des Kantons Aargau mit Entscheid vom 19. Dezember 2007 ab.

C.
Mit Beschwerde beantragt F.________, die Alba Versicherung sei unter Aufhebung
des Einsprache- und des kantonalen Gerichtsentscheides zu verpflichten, für die
Folgen des Ereignisses vom 26. August 2002 die gesetzlichen Leistungen nach UVG
zu erbringen.
Während die Alba Versicherung auf Abweisung der Beschwerde schliesst,
verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
1.1 Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG
erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Das Bundesgericht prüft
grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen; es ist nicht gehalten, wie eine
erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu prüfen,
wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen wurden. Es kann die
Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht nur
insofern prüfen, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und
begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).

1.2 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von
Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden
(Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG).

2.
Streitig ist die Leistungspflicht der Unfallversicherung für die Folgen des
Ereignisses vom 26. August 2002. Zu prüfen ist vorab, ob das Schreiben der
Unfallversicherung vom 11. Oktober 2002 als nunmehr rechtsbeständige Ablehnung
einer solchen Leistungspflicht zu betrachten ist.

3.
3.1 Über Leistungen, Forderungen und Anordnungen, die erheblich sind oder mit
denen die betroffene Person nicht einverstanden ist, hat der
Versicherungsträger gemäss Art. 49 Abs. 1 ATSG schriftlich Verfügungen zu
erlassen. Im gleichen Sinn bestimmte Art. 99 Abs. 1 UVG in der bis Ende 2002
gültig gewesenen Fassung, der Versicherer habe über erhebliche Leistungen und
Forderungen und über solche, mit denen der Betroffene nicht einverstanden ist,
schriftliche Verfügungen zu erlassen. Gestützt auf diese Bestimmungen hat eine
Unfallversicherung, welche ihre Leistungspflicht ablehnt, diese Ablehnung
grundsätzlich in die Form einer Verfügung zu kleiden. Unterlässt sie dies und
verneint sie ihre Leistungspflicht in einem formlosen Schreiben, so ist eine
versicherte Person, welche sich mit diesem Entscheid nicht abfinden will, nach
Treu und Glauben gehalten, innert angemessener Frist bei der Unfallversicherung
zu intervenieren. Unterbleibt eine fristgerechte Intervention, entfaltet der im
formlosen Verfahren ergangene Entscheid in gleicher Weise Rechtswirkungen, wie
eine formell einwandfreie Verfügung (BGE 8C_23/2007, E. 5.2). Das Bundesgericht
hat in BGE 8C_23/2007 E. 5.3.2 erwogen, dass von einer versicherten Person nach
einer unzulässigen formlosen Leistungseinstellung in der Regel eine Reaktion
innerhalb eines Jahres erwartet werden kann. Es rechtfertigt sich, auch im
Falle einer unzulässigerweise im formlosen Verfahren erfolgten Ablehnung einer
Leistungspflicht von der gleichen Frist auszugehen.

3.2 Mit Schreiben vom 11. Oktober 2002 retournierte die Beschwerdegegnerin eine
Rechnung des Röntgeninstitutes an den Versicherten mit der Aufforderung, diese
bei seiner Krankenversicherung einzureichen. Die Abklärungen hätten ergeben,
dass es sich bei seinem Leiden nicht um Unfall-, sondern um Krankheitsfolgen
handle.
3.2.1 Entgegen der Darstellung des Beschwerdeführers geht aus diesem Schreiben
deutlich hervor, dass es sich auf das Ereignis vom 26. August 2002 bezieht. Der
Text des Schreibens kann zudem nicht anders interpretiert werden, als dass die
Versicherung eine Leistungspflicht nach UVG ablehnte und folglich die
Krankenversicherung für die Heilbehandlung als zuständig erachtete.
3.2.2 Der Versicherte bestreitet, dieses Schreiben erhalten zu haben. Aus den
Akten ist jedoch ersichtlich, dass er die vom Röntgeninstitut nunmehr nach
KVG-Tarif erstellte Rechnung im Dezember 2002 seiner Krankenversicherung
eingereicht hat. In der Folge leitete er auch zahlreiche weitere Rechnungen von
Leistungserbringern an seine Krankenversicherung weiter. Aus diesem Verhalten
ist zu schliessen, dass er spätestens im Dezember 2002 von der ablehnenden
Haltung der Unfallversicherung wusste.
3.2.3 Mit Schreiben vom 4. Januar 2005 machte der Beschwerdeführer geltend, das
Ereignis vom 26. August 2002 sei als Unfall zu qualifizieren. Zu diesem
Zeitpunkt wusste er indessen schon seit über zwei Jahren von der ablehnenden
Haltung der Unfallversicherung. Seine Eingabe ist nach der zitierten
Rechtsprechung als verspätet anzusehen, da der formlose Entscheid vom 11.
Oktober 2002 in der Zwischenzeit rechtsbeständig wurde und nunmehr die gleichen
Rechtswirkungen wie eine formell einwandfreie Verfügung entfaltet.

3.3 Da die Versicherung auch in der Folge der Eingabe vom 4. Januar 2005 ihre
Leistungspflicht stets verneinte, vermag an der Rechtsbeständigkeit des
ursprünglichen, formlosen Entscheides auch der Umstand nichts zu ändern, dass
die Beschwerdegegnerin anfänglich inhaltlich zur Argumentation des Versicherten
Stellung genommen hat.

4.
Wie das kantonale Gericht zutreffend ausgeführt hat, sind vorliegend die
Voraussetzungen von Art. 53 Abs. 1 ATSG für eine Revision des ursprünglichen
Entscheides nicht erfüllt. Da die Verwaltung zudem vom Gericht nicht zu einer
Wiedererwägung im Sinne von Art. 53 Abs. 2 ATSG verhalten werden kann (BGE 133
V 50 E. 4.1 S. 52; BGE 117 V 8 E. 2a S. 12 f.), ist vorliegend nicht zu prüfen,
ob die diesbezüglichen Voraussetzungen gegeben wären.

5.
Da die Beschwerde abzuweisen ist, sind die Gerichtskosten dem unterliegenden
Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 25. Juni 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts

Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Holzer