Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.592/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_592/2008

Urteil vom 26. November 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Lustenberger, Bundesrichterin Leuzinger,
Gerichtsschreiber Grunder.

Parteien
B.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Rechtsanwalt Benvenuto Savoldelli, Hauptgasse 20, 4600 Olten,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Solothurn
vom 16. Juni 2008.

Sachverhalt:

A.
Der 1949 geborene B.________ war seit Oktober 1973 bei der R.________ AG als
Bauschreiner angestellt und dadurch bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) obligatorisch gegen die Folgen von Unfällen
versichert. Bei einem Sturz aus einer Höhe von ungefähr 1,5 Metern von einem
Baugerüst zog er sich am 10. Juli 2002 einen Bruch am linken Handgelenk
(distale intraartikuläre Trümmerfraktur des Radius mit Abriss des Processus
styloideus ulnae) zu, welche gleichentags im Spital X.________ chirurgisch
versorgt wurde (Bericht vom 16. Juli 2002). Nach anfänglich günstigem Verlauf
(vgl. Berichte des Spitals X.________ vom 15. Oktober, 11. November und 17.
Dezember 2002, sowie 2. und 17. März 2003) mit hälftiger (ab 21. Oktober 2002)
und vollständiger Arbeitstätigkeit (ab 18. November 2002) im angestammten Beruf
stellten sich zunehmend Schmerzen an der linken Hand mit Parästhesien der
Finger Dig. IV und V ein, weshalb am 26. März 2003 das implantierte Material
entfernt, das abgebrochene Styloidfragment exzisiert und der Ulnakopf
denerviert wurden (Operationsbericht des Spitals X.________ vom 26. März 2003).
Trotz komplikationslosem postoperativem Verlauf traten in der Folge
radiologisch feststellbar deutliche posttraumatische Arthrosezeichen auf (vgl.
Berichte des Spitals X.________ vom 31. März und 24. April 2003). Der
Versicherte arbeitete ab 28. April 2003 bei einer ganztägigen Präsenzzeit
leistungsmässig zu 50 % an der bisherigen Arbeitsstelle weiter, bis die
Arbeitgeberin den Arbeitsvertrag auf den 31. März 2004 hin mangels
Einsatzmöglichkeiten auflöste (Kündigungsschreiben vom 12. Dezember 2003). Nach
teilweise in Absprache mit der Invalidenversicherung durchgeführten weiteren,
umfangreichen medizinischen und beruflichen Abkärungen (worunter Berichte des
Spitals X.________ vom 22. Mai sowie 2. und 30. Juni 2003; Bericht des Dr. med.
E.________, Spezialarzt FMH für Neurologie, vom 26. Juni 2003; Berichte der
kreisärztlichen Untersuchungen vom 19. August und 15. Oktober 2003 sowie 8.
Januar 2004; Auskünfte der Eingliederungsstätte V.________ vom 20. September
2004 [wo der Versicherte vom 26. Mai bis 12. September 2004 arbeitete];
Abschlussbericht der IV-Stelle des Kantons Solothurn vom 8. Oktober 2004)
sprach die SUVA dem Versicherten gestützt auf eine weitere kreisärztliche
Untersuchung vom 4. Februar 2005 mit Verfügung vom 21. März 2005 eine
Invalidenrente bei einer Erwerbsunfähigkeit von 28 % ab 1. November 2004 sowie
eine Integritätsentschädigung aufgrund einer Integritätseinbusse von 15 % zu.
Eine Einsprache lehnte sie ab (Einspracheentscheid vom 26. Oktober 2006).

B.
Die hiegegen eingereichte Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons
Solothurn, soweit es darauf eintrat, ab (Entscheid vom 16. Juni 2008).

C.
Mit Beschwerde lässt B.________ beantragen, unter Aufhebung des
vorinstanzlichen Entscheids sei ihm eine Rente "nach Massgabe einer
Erwerbsunfähigkeit von mehr als 28 % zuzusprechen; eventualiter sei die Sache
an die SUVA zurückzuweisen, damit diese nach weiteren Abklärungen über den
Leistungsanspruch neu entscheidet".
Die SUVA schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit
verzichtet auf eine Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Gemäss Art. 97 Abs. 1 BGG kann die Feststellung des Sachverhalts nur gerügt
werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang
des Verfahrens entscheidend sein kann. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung kann jede
unrichtige oder unvollständige Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts
gerügt werden, wenn sich die Beschwerde gegen einen Entscheid über die
Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder
Unfallversicherung richtet. Das Bundesgericht ist dabei nicht an die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz gebunden (Art. 105 Abs. 3 BGG).

2.
Die im letztinstanzlichen Verfahren erneut vorgebrachte Rüge, die SUVA habe den
Anspruch auf rechtliches Gehör (vgl. Art. 29 Abs. 2 BV) verletzt, indem sie die
der Beurteilung des Invalideneinkommens zu Grunde gelegten Unterlagen
(DAP-Löhne) nicht offengelegt habe, dringt nicht durch. Der Versicherte hätte
nach Eröffnung der Verfügung vom 21. März 2005 während der 30tägigen
Einsprachefrist in die Akten Einsicht nehmen und sich dazu äussern können. Dass
ihm diese Möglichkeit verweigert worden wäre, wird nicht vorgebracht. Wenn er
sich trotz der Anzeige in der Verfügung vom 21. März 2005, dass die SUVA das
Invalideneinkommen gestützt auf die DAP-Löhne festgelegt hat, nicht um
Akteneinsicht bemühte, ist die nachträgliche Berufung auf das rechtliche Gehör
unbegründet; Einwendungen zu den DAP-Blättern waren grundsätzlich im
Einspracheverfahren zu erheben (BGE 129 V 472 E. 4.2.2 S. 480). Der kantonale
Entscheid ist daher in diesem Punkt nicht zu beanstanden.

3.
Streitig ist, ob der Beschwerdeführer ab 1. November 2004 Anspruch auf eine
Invalidenrente der obligatorischen Unfallversicherung aufgrund eines über 28 %
liegenden Invaliditätsgrades hat.

4.
4.1 Die Vorinstanz erwog, dass zur Beurteilung des Gesundheitsschadens und der
Arbeitsfähigkeit auf die kreisärztlichen Untersuchungsberichte vom 8. Januar
2004 sowie 4. Februar 2005 abzustellen ist. Danach bestand ein deutliches
Bewegungsdefizit im linken Hand- und Radioulnargelenk. Nicht zum klinischen
Befund mit der gut entwickelten Unterarmmuskulatur links und dem vollständig
möglichen Faustschluss der linken Hand passend war die nicht mehr
registrierbare Faustschlusskraft links. Ebenfalls nicht zu erklären war die
teilweise starke Schmerzreaktion schon bei oberflächlicher Palpation der Haut
und die relativ starke Schmerzreaktion bei vorsichtiger Bewegung der Hand.
Insgesamt waren körperlich leichte Tätigkeiten, welche weder stressrepetitive
Einwirkungen noch hohe Beweglichkeit des linken Handgelenks erforderten,
uneingeschränkt ganztägig zumutbar, wobei die linke Hand mindestens hilfsweise
einsetzbar war.

4.2 Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, das kantonale Gericht
habe die Berichte des Spitals X.________ zwar erwähnt, dessen anderslautenden
Schlussfolgerungen aber nicht in die Beweiswürdigung einbezogen. Dieses
Vorbringen dringt nicht durch. Die von den Ärzten des Spitals X.________
erhobenen Befunde (vgl. Bericht vom 30. Juni 2003) stimmten weitgehend mit
denjenigen des SUVA-Kreisarztes überein. In den Oberarm und die Schulter links
ausstrahlende Schmerzen lagen gemäss Bericht des Spitals X.________ vom 17.
Dezember 2002 nicht mehr vor und wurden später auch nicht mehr erwähnt.
Entgegen den Einwänden des Beschwerdeführers wurde schon kurze Zeit nach dem
(zweiten) operativen Eingriff vom 26. März 2003 (Entfernung des
Osteosynthesematerials) radiologisch eine vollständig konsolidierte Fraktur
festgestellt (vgl. Berichte des Spitals X.________ vom 22. Mai und 2. Juni
2003). Unbestritten ist, dass eine stark verminderte Kraftentwicklung beim
Faustschluss der linken Hand gegenüber rechts besteht; jedoch macht auch der
Beschwerdeführer nicht geltend, diese sei vollständig aufgehoben, wie er dies
gegenüber dem SUVA-Kreisarzt präsentierte. Die Sensibilitätsstörungen im
Bereich der linken Hand und Finger konnten weder klinisch (vgl. Bericht des
Spitals X.________ vom 2. und 17. März 2003) noch elektrophysiologisch
objektiviert werden (vgl. Bericht des Dr. med. E.________ vom 26. Juni 2003).
Nicht ersichtlich ist, was der Beschwerdeführer aus dem Umstand, dass am 27.
Mai 2003 eine Infiltration in das Handgelenk erfolgte, welche offenbar
therapeutischen (Schmerzlinderung) wie auch diagnostischen Zielen diente,
ableiten will. Sodann überliessen die Ärzte des Spitals X.________ explizit die
Festlegung der Arbeitsfähigkeit der kreisärztlichen Einschätzung (vgl. Bericht
vom 30. Juni 2003), wobei von keiner Seite in Frage gestellt wird, dass der
Versicherte den angestammten Beruf als Bauschreiner nicht mehr auszüben vermag.
Schliesslich hat die Eingliederungsstätte V.________ (vgl. Bericht vom 20.
September 2004), wie die SUVA in der Vernehmlassung zur kantonalen Beschwerde
zutreffend festgehalten hat, bei Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit von ca. 50
% auch Arbeiten berücksichtigt, welche dem Versicherten unstreitig nicht mehr
zumutbar sind.

4.3 Insgesamt ist nicht ersichtlich, inwiefern der Vorinstanz eine fehlerhafte
Beweiswürdigung oder eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (vgl. Art. 61
lit. c ATSG) vorzuwerfen ist. Auf weitere Abkärungen zum Gesundheitszustand und
zur verbliebenen Arbeitsfähigkeit ist zu verzichten. Die medizinischen
Unterlagen erlauben eine hinreichend schlüssige Beurteilung der dem
Versicherten aus gesundheitlicher Sicht zumutbaren Arbeitsleistungen. Von
zusätzlichen Beweisvorkehren sind keine neuen Erkenntnisse zu erwarten, die in
Bezug auf diese Frage zu einem abweichenden Ergebnis zu führen vermöchten
(antizipierte Beweiswürdigung; BGE 124 V 90 E. 4b S. 94). Der Eventualantrag
ist daher abzuweisen.

5.
Zu prüfen sind abschliessend die für die Bestimmung des Invaliditätsgrades
massgebenden hypothetischen Vergleichseinkommen (vgl. Art. 16 ATSG).

5.1 Die SUVA hat das Invalideneinkommen gestützt auf fünf der von ihr
erstellten Dokumentation von Arbeitsplätzen (DAP), unter Auszug von
dreiunddreissig weiteren lohnmässig vergleichbaren und allenfalls auch den
gesundheitlichen Beeinträchtigungen angepassten Arbeitsstellen ermittelt (vgl.
den Auszug aus dem verwaltungsinternen Intranet am 18. März 2005), worauf sie
in der Verfügung vom 21. März 2005 hinwies. Aus den Vorbringen in der
letztinstanzlichen Beschwerde ergeben sich weder Anhaltspunkte, dass die von
der SUVA aufgezeigten fünf verfügbaren Arbeitsplätze wegen der unfallbedingten
Beeinträchtigungen unzumutbar sind, noch substantielle Einwendungen gegen die
angegebenen Höchst- und Tiefstlöhne oder den ermittelten Durchschnittslohn der
angegebenen DAP-Blätter. Eine Verletzung der bundesrechtlichen Grundlagen
hinsichtlich der Ermittlung des hypothetischen Invalideneinkommens gestützt auf
die DAP (vgl. dazu BGE 129 V 472, insbesondere E. 4.2.2 S. 480 unten) ist nicht
ersichtlich. Unter diesen Umständen ist zur Bestimmung des Invaliditätsgrades
vom vorinstanzlich bestätigten hypothetischen Invalideneinkommen der SUVA von
Fr. 47'896.- auszugehen.

5.2 Der gestützt auf die Angaben der R.________ AG festgelegte Validenlohn (Fr.
66'300.-) wird letztinstanzlich nicht beanstandet. Dem Invalideneinkommen
gegenübergestellt ergibt sich ein Invaliditätsgrad von 27.76 %, welcher
aufgrund der in BGE 130 V 121 festgelegten Regel auf 28 % zu runden ist.

6.
Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 62 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Art.
65 Abs. 1 und Abs. 4 lit. a BGG). Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer
als unterliegender Partei aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Solothurn
und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 26. November 2008
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Grunder