Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.589/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_589/2008

Urteil vom 5. Februar 2009
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichter Frésard, Bundesrichterin Niquille,
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold.

Parteien
S.________,
Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Jörg Zurkirchen,

gegen

IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, vom 29. Mai 2008.

Sachverhalt:

A.
S.________, geboren 1964, schloss eine Lehre als Kaminfeger ab. In der Folge
war er bis 1987 im erlernten Beruf, hernach als Lastwagenchauffeur tätig. Am
24. März 1987 meldete er sich wegen Rückenbeschwerden zum Leistungsbezug bei
der Invalidenversicherung an. Nachdem er der IV-Stelle des Kantons Luzern
(nachfolgend: IV-Stelle) mitgeteilt hatte, er habe zwischenzeitlich eine
angepasste Stelle gefunden, schrieb diese sein Gesuch am 13. Mai 1988 als
erledigt ab. Ab 1991 führte er als Selbstständigerwerbender ein
Reinigungsgeschäft. Am 28. September 1995 meldete er sich erneut zum Bezug von
Leistungen bei der Invalidenversicherung an. Mit Verfügung vom 13. November
1996 sprach ihm die IV-Stelle eine ganze Invalidenrente seit 1. November 1995
bei einem Invaliditätsgrad von 89 % zu. Gestützt auf Verlaufsberichte des
Hausarztes, Dr. med. U.________, Facharzt für Allgemeine Medizin, und ohne
Veranlassung weiterer Abklärungen bestätigte die IV-Stelle am 28. Oktober 1997,
8. Oktober 2001, 19. September 2002 und 22. Oktober 2004 die zugesprochene
ganze Invalidenrente. Am 26. Januar 2006 leitete die IV-Stelle erneut ein
Revisionsverfahren ein und ordnete nach Einholung eines weiteren
Verlaufsberichts des Hausarztes eine Abklärung bei Dr. med. A.________,
Facharzt für Innere Medizin, speziell Rheumaerkrankungen, an. Nachdem
S.________ gegen die durchgeführte Abklärung und das Gutachten vom 26. Mai 2006
Einwände erhoben hatte, beauftragte die IV-Stelle das Institut für forensische
Psychiatrie und Psychotherapie (nachfolgend: IFPP) mit einer interdisziplinären
Begutachtung. Gestützt auf das Gutachten des Dr. med. A.________ vom 26. Mai
2006 und des IFPP vom 20. Februar 2007 hob die IV-Stelle mit Verfügung vom 8.
Juni 2007 die Invalidenrente infolge nicht rentenbegründendem
Invaliditätsgrades von 28 % per Ende Juli 2007 auf.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern
mit Entscheid vom 29. Mai 2008 ab.

C.
S.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag, es seien der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und ihm
weiterhin eine ganze Invalidenrente auszurichten. Zudem sei die aufschiebende
Wirkung wieder herzustellen. Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der
Beschwerde, soweit darauf eingetreten werden könne. Das Bundesamt für
Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung.

D.
Mit Eingaben vom 29. September und 22. Dezember 2008 lässt S.________ weitere
Unterlagen, namentlich die Berichte des Dr. med. U.________ vom 28. September
und 18. Dezember 2008 sowie des Dr. med. B.________, Facharzt für Psychiatrie,
Psychotherapie und Neurologie, vom 11. Dezember 2008, einreichen.

E.
Mit Verfügung vom 10. Oktober 2008 wies das Bundesgericht das Gesuch um
aufschiebende Wirkung ab.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. zur
Invaliditätsbemessung auch BGE 132 V 393).

2.
Die Vorinstanz hat die massgebenden Bestimmungen und Grundsätze über die
Revision einer Rente und die dabei zu vergleichenden Sachverhalte (Art. 17
ATSG; BGE 133 V 108 und 545, je mit Hinweisen) sowie die für die Ermittlung des
Invaliditätsgrades im Rahmen der allgemeinen Methode des Einkommensvergleichs
massgebenden Validen- und Invalideneinkommen (Art. 28 Abs. 2 IVG in der von 1.
Januar 2004 bis bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassung in Verbindung mit Art.
16 ATSG; BGE 128 V 29 E. 1 S. 30 mit Hinweisen; vgl. auch Urteil I 90/01 vom
13. Juni 2001, E. 4a mit Hinweisen), insbesondere auch bezüglich des
leidensbedingten Abzugs (BGE 126 V 75 E. 5 S. 78), zutreffend dargelegt.
Dasselbe gilt für die Anforderungen an einen ärztlichen Bericht und dessen
beweisrechtliche Würdigung (BGE 125 V 351 E. 3 S. 352 mit Hinweisen). Darauf
wird verwiesen.

3.
Streitig und zu prüfen ist der Anspruch des Versicherten auf eine
Invalidenrente.

4.
Bezüglich der mit Eingaben vom 29. September und 22. Dezember 2008
nachgereichten Unterlagen ist festzuhalten, dass es sich dabei, soweit sie sich
nicht bereits bei den vorinstanzlichen Akten befinden, um unzulässige Noven im
Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG handelt (vgl. unter anderem Urteile 8C_699/2008
vom 19. November 2008 und 9C_281/2008 vom 16. Mai 2008, E. 3.2). Dasselbe gilt
auch für den mit der Beschwerde aufgelegten Bericht des Dr. med. B.________ vom
10. Juli 2008. Diese Unterlagen können somit vom Bundesgericht nicht
berücksichtigt werden.

5.
5.1 Die Vorinstanz hat unter einlässlicher und überzeugender Begründung
gestützt auf das Gutachten des IFPP vom 20. Februar 2007 und des Dr. med.
A.________ vom 26. Mai 2006 sowie den Bericht des Instituts für Anästhesie,
Chirurgische Intensivmedizin und Schmerztherapie L.________ vom 15. Mai 2007
und des Dr. med. W.________, Facharzt für orthopädische Chirurgie, vom 30. März
2007 in für das Bundesgericht verbindlicher Weise (E. 1) festgestellt, dass
beim Versicherten nicht mehr das Cervicalsyndrom, sondern das chronische
spondylogene Syndrom die Leistungsfähigkeit einschränkt und ihm eine
wechselbelastende, leichte Tätigkeit ohne Heben, Tragen und Bewegen von
schweren Lasten sowie ohne Zwangshaltungen wie vornübergebeugt stehend, kniend,
hockend oder dauernd sitzend, voll zumutbar ist.

5.2 Daran vermögen auch die Einwände des Versicherten nichts zu ändern.
Insbesondere hat das kantonale Gericht zu Recht nicht auf die Berichte des Dr.
med. U.________ abgestellt, da gemäss einer Erfahrungstatsache Hausärzte
infolge des Vertrauensverhältnisses zwischen ihnen und dem Patienten im
Zweifelsfall eher zu dessen Gunsten aussagen (BGE 125 V 351 E. 3b/cc S. 353 mit
Hinweisen). Auch nicht zu beanstanden ist, dass sich die Vorinstanz nicht auf
die Beurteilung des Dr. med. B.________ vom 26. Juni 2007 abgestützt hat. Auch
dabei handelt es sich um eine Einschätzung eines behandelnden Arztes. Auf Grund
der unterschiedlichen Natur von Begutachtungs- und Behandlungsauftrag wird ein
Administrativgutachten jedoch nicht schon deshalb in Frage gestellt, weil der
Gutachter zu einem anderen Ergebnis als die behandelnden Ärzte gelangt (Urteil
I 844/06 vom 24. September 2007, E. 2.3.2 mit Hinweisen). Dr. med. B.________
setzt sich denn auch, wie er im Bericht vom 26. Juni 2007 selbst schreibt,
mangels Kenntnis der Vorakten nicht mit diesen auseinander, so dass er die
Schlussfolgerungen der Gutachter nicht in Zweifel zu ziehen vermag. Entgegen
der Ansicht des Versicherten sind die ihm zumutbaren Tätigkeiten in den
ärztlichen Berichten und Gutachten hinreichend konkret beschrieben und es gibt
im hier massgebenden ausgeglichenen Arbeitsmarkt sehr wohl Stellen, die diesen
Tätigkeiten entsprechen. Zu denken ist etwa an leichte Maschinenbedienung und
leichte Sortier-, Prüf- und Verpackungsarbeiten; dies gilt umso mehr, als in
Industrie und Gewerbe Arbeiten, welche physische Kraft erfordern, in
zunehmendem Mass durch Maschinen verrichtet werden, während den körperlich
weniger belastenden Bedienungs- und Überwachungsfunktionen eine stetig
wachsende Bedeutung zukommt (SVR 1999 IV Nr. 6 S. 15 E. 2b/aa; vgl. auch
Urteile I 588/05 vom 27. April 2006, E. 5.2, und I 259/00 vom 27. April 2001,
E. 3c/bb, je mit Hinweisen). Wenn auch in den verschiedenen erwähnten
Tätigkeitsfeldern Arbeitsstellen anzutreffen sind, die wenig wechselbelastend
sind, ein häufiges Heben von schweren Lasten erfordern und/oder teils in
gebückter Stellung auszuführen sind, so kann doch nicht gesagt werden, die
erforderlichen leichteren Arbeiten seien bloss theoretischer Natur und im als
ausgeglichen unterstellten Arbeitsmarkt nicht verbreitet (vgl. Urteile I 588/05
vom 27. April 2006, E. 5.2, und I 259/00 vom 27. April 2001, E. 3c/bb, je mit
Hinweisen). Da es sich dabei oft um Hilfstätigkeiten handelt, welche keine
vorgängige Ausbildung oder besondere Fähigkeiten verlangen, sind diese dem
Versicherten auch unter Berücksichtigung seiner bisher ausgeübten beruflichen
Tätigkeiten ohne Umschulung zumutbar.

5.3 Die Vorinstanz hat die Ermittlung des Valideneinkommens durch die IV-Stelle
mittels Aufrechnung des vor Eintritt der Invalidität zuletzt erzielten
Betriebsgewinns geprüft und dies unter Zugrundelegung der Tabellen der
Lohnstrukturerhebung des Bundes (LSE; selbstständige und qualifizierte Arbeiten
[Niveau 1+2], Wirtschaftszweig "Persönliche Dienstleistungen") bestätigt. Dies
ist nicht zu beanstanden. Denn das Geschäft des Versicherten wird seit Jahren
weder von ihm noch von seiner Ehefrau weitergeführt, so dass dessen
Geschäftsentwicklung eine reine Spekulation wäre. Somit hat das kantonale
Gericht zutreffenderweise die Reinigungsbranche den Wirtschaftszweig
"Persönliche Dienstleistungen" zugeordnet und angesichts der jahrelangen
Tätigkeit des Versicherten als Geschäftsführer auf die Werte des Niveaus 1+2
abgestellt (Tabelle TA1 Ziff. 93). Denkbar wäre auch die Anwendung der Tabelle
TA7 Ziff. 35 (Privater und öffentlicher Sektor [Bund] zusammen,
Dienstleistungen, Reinigung und öffentliche Hygiene) gewesen, was zu einem
unwesentlich höheren Valideneinkommen von Fr. 70'140.- geführt hätte. Ebenfalls
nicht zu beanstanden ist die Ermittlung des Invalideneinkommens anhand der
Tabelle in der LSE bezüglich sämtlicher Wirtschaftszweige des privaten Sektors,
Niveau 4 (TA1, Total), da es bei den noch zumutbaren Tätigkeiten um
Hilfsarbeiten geht, welche in den verschiedensten Wirtschaftszweigen zu finden
sind und weder eine besondere Ausbildung noch spezielle Fähigkeiten erfordern
(vgl. oben E. 5.2). Schliesslich handelt es sich bei der Frage des
leidensbedingten Abzugs um eine typische Ermessensfrage, deren Beantwortung und
Korrektur letztinstanzlich nur zulässig ist, wenn die Vorinstanz ihr Ermessen
rechtsfehlerhaft (Ermessensüberschreitung, -missbrauch oder -unterschreitung)
ausgeübt hat (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399). Dies ist angesichts der
einlässlichen vorinstanzlichen Begründung hier nicht der Fall.

5.4 Nach dem Gesagten resultiert bei den korrekt ermittelten Validen- und
Invalideneinkommen ein rentenausschliessender Invaliditätsgrad und die
vorinstanzliche Aufhebung der Invalidenrente verletzt Bundesrecht nicht.

6.
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Der unterliegende Versicherte hat die
Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern,
Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse Luzern und dem
Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 5. Februar 2009
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Ursprung Riedi Hunold