Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.581/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_581/2008

Urteil vom 25. September 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterinnen Widmer Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiberin Fleischanderl.

Parteien
1. B.________,
2. M.________, Beschwerdeführerinnen,
beide vertreten durch die Beratungsstelle für Ausländer, Schützengasse 7, 8001
Zürich,

gegen

Amt für Zusatzleistungen zur AHV/IV der Stadt Zürich, Amtshaus Helvetiaplatz,
8004 Zürich, Beschwerdegegner.

Gegenstand
Ergänzungsleistung zur AHV/IV,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 28. Mai 2008.

Sachverhalt:

A.
Mit Verfügung vom 9. Januar 2008 und Einspracheentscheid vom 20. Februar 2008
lehnte das Amt für Zusatzleistungen zur AHV/IV der Stadt Zürich (AZL) ein
Gesuch der beiden Töchter und gesetzlichen Erbinnen des im Juli 2002
verstorbenen V.________ B.________, geb. 1954, und M.________, geb. 1949, um
Erlass der Rückforderung von durch ihren Vater im Zeitraum vom 1. August 1999
bis 28. Februar 2002 zu Unrecht bezogenen Zusatzleistungen zur AHV in Höhe von
insgesamt Fr. 41'339.-, zusammengesetzt aus bundesrechtlichen
Ergänzungsleistungen von Fr. 29'121.- und auf kantonalem Recht beruhenden
Zuwendungen (Beihilfen, Gemeindezuschüsse, Einmalzulagen) von Fr. 12'218.-, ab.
Zur Begründung wurde ausgeführt, es fehle sowohl an der Erlassvoraussetzung der
grossen Härte wie auch an derjenigen des guten Glaubens.

B.
Die dagegen von beiden Töchtern erhobene Beschwerde wies das
Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich ab (Entscheid vom 28. Mai 2008).

C.
B.________ und M.________ lassen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen
Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen
Entscheids sei dem Gesuch um Erlass der Rückerstattungsforderung im Betrag von
Fr. 41'339.- stattzugeben.

Die kantonalen Akten wurden eingeholt. Auf die Durchführung eines
Schriftenwechsels wurde verzichtet.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Die
Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich
unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht
und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend
sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den
Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1
BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).

2.
2.1 Das Bundesgericht hat mit Urteil P 25/06 vom 23. August 2007 bestätigt,
dass die Beschwerdeführerinnen grundsätzlich verpflichtet sind, die ihrem
verstorbenen Vater von August 1999 bis Februar 2002 ausgerichteten
bundesrechtlichen Ergänzungsleistungsbetreffnisse von insgesamt Fr. 29'121.-
zurückzuerstatten. Zu prüfen ist im vorliegenden Verfahren, ob die
Voraussetzungen für einen Erlass dieser sowie der betraglich unbestritten
gebliebenen Rückforderung von im gleichen Zeitraum erstatteten kantonalen und
kommunalen Zuwendungen in Höhe von Fr. 12'218.- erfüllt sind.

2.2 Im angefochtenen Entscheid wurden die diesbezüglich einschlägigen
Bestimmungen und Grundsätze (Art. 1 Abs. 1 ELG in Verbindung mit Art. 25 Abs. 1
Satz 2 ATSG und Art. 4 f. ATSV; BGE 102 V 245), namentlich für den Fall, dass
die Rückerstattungsschuld nach dem Tod der rückerstattungspflichtigen Person
auf deren Erben übergeht (BGE 96 V 72), zutreffend dargelegt. Darauf wird
verwiesen. Zu ergänzen ist, dass die Ergänzungsleistungen zur Alters-,
Hinterlassenen- und Invalidenversicherung durch das am 1. Januar 2008 in Kraft
getretene Bundesgesetz vom 6. Oktober 2006 über die Schaffung von Erlassen zur
Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und
Kantonen (AS 2007 5779) eine umfassende Neuregelung erfahren haben, mit welcher
u.a. auch eine Angleichung des Art. 5 ATSV einherging (Verordnung über
Anpassungen des Verordnungsrechts an die Neugestaltung des Finanzausgleichs und
der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen vom 7. November 2007 [AS 2007
5844 f.]). Insbesondere für die Prüfung der Erlassvoraussetzung der grossen
Härte ist indessen, wie die Vorinstanz richtig erkannt hat, grundsätzlich der
Zeitpunkt massgebend, in welchem über die Rückforderung rechtskräftig
entschieden wurde (Art. 4 Abs. 2 ATSV). Dies ist in casu mit Urteil des
Bundesgerichts vom 23. August 2007 (P 25/06) geschehen, sodass auf die
damaligen finanziellen Verhältnisse der Beschwerdeführerinnen abzustellen ist.
Von der Möglichkeit, eine sich nachträglich allfällig veränderte finanzielle
Lage miteinzubeziehen, hat das kantonale Gericht keinen Gebrauch gemacht (BGE
116 V 290 E. 2c S. 293 f.; Kieser, ATSG-Kommentar, N 25 in fine zu Art. 25).
Die Beurteilung der Erlassfrage hat somit nach der bis Ende 2007 gültig
gewesenen Rechtslage zu erfolgen (nachstehend mit altArt. gekennzeichnet).

3.
3.1 Der Erlass setzt einerseits den gutgläubigen Leistungsbezug und
andererseits das Vorliegen einer grossen Härte voraus. Vorab ist die
Erlassvoraussetzung der grossen Härte zu prüfen. Diese liegt gemäss Art. 25
Abs. 1 Satz 2 ATSG in Verbindung mit altArt. 5 Abs. 1 ATSV vor, wenn die vom
ELG anerkannten Ausgaben nebst weiteren Ausgaben die nach ELG anrechenbaren
Einnahmen übersteigen. Dabei gilt es, worauf bereits Vorinstanz und
Beschwerdegegner hingewiesen haben, zu beachten, dass die Einkommens- und
Vermögensverhältnisse beider Ehegatten zu berücksichtigen sind, ungeachtet der
jeweils bestehenden eigentums- und ehegüterrechtlichen Situation (altArt. 3a
Abs. 4 ELG; BGE 116 V 290 E. 3 S. 294 f. [für die bis 31. Dezember 1997
geltende Rechtslage], bestätigt für die ab 1. Januar 1998 herrschende
rechtliche Situation mit Urteil P 85/01 vom 28. August 2002, E. 2; vgl. auch
AHI 2003 S. 220, E. 2b, P 82/01, und Urteil P 30/06 vom 5. Februar 2007, E.
3.5, zusammengefasst wiedergegeben in SZS 2007 S. 474).
3.2
3.2.1 Gemäss den vorinstanzlichen - auf Grund ihrer tatsächlichen Natur für das
Bundesgericht grundsätzlich verbindlichen (vgl. E. 1 hievor) - Feststellungen
sind die Beschwerdeführerinnen verheiratet und leben in ungetrennter Ehe mit
ihren Ehepartnern zusammen. Für die Beurteilung der Erlassvoraussetzung der
grossen Härte sind daher auch die Einkommens- und Vermögensverhältnisse beider
Ehegatten beachtlich. Unbestrittenermassen haben die Beschwerdeführerinnen
jedoch - entgegen Art. 4 Abs. 4 Satz 2 ATSV - weder anlässlich der Einreichung
ihres Erlassgesuchs vom 17. Oktober 2007 noch auf Aufforderung des
Beschwerdegegners vom 24. Oktober 2007 hin, das gesamte eheliche Einkommen und
Vermögen offenzulegen und die entsprechenden Unterlagen innert angesetzter
Frist einzureichen, andernfalls auf Grund der Akten entschieden werde, Angaben
zur finanziellen Situation ihrer Ehemänner beigebracht. Diesbezüglich
aufschlussreiche Informationen wurden alsdann auch innert der durch den
Beschwerdegegner mehrmals erstreckten Frist und während des
Beschwerdeverfahrens nicht nachgereicht. Dem Beschwerdegegner war eine
zuverlässige Prüfung der Frage, ob die Bezahlung des zurückgeforderten Betrages
eine grosse Härte für die Beschwerdeführerinnen darstellt, vor diesem
Hintergrund - allein auf Grund der bezüglich der Beschwerdeführerinnen selber
eingereichten Unterlagen ("Gehaltsabrechnung" von B.________ vom 27. August
2007 und "Detail-Postauszug" von M.________ vom 13. September 2007) - nicht
möglich, sodass der entsprechende Nachweis richtigerweise als nicht erbracht
beurteilt wurde.
3.2.2 Die letztinstanzlich seitens der Beschwerdeführerinnen erhobenen, die
bereits im Einsprache- und kantonalen Beschwerdeverfahren geltend gemachten
Rügen wiederholenden Einwendungen, wonach es ihnen aus persönlichen Gründen
nicht zumutbar sei, die finanziellen Verhältnisse ihrer Ehegatten offenzulegen,
wurden bereits durch die Vorinstanz entkräftet - auf die entsprechenden
Erwägungen kann vollumfänglich verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 BGG) - und
vermögen an diesem Ergebnis nichts zu ändern. Namentlich hält das
schweizerische Eherecht ausdrücklich fest, dass jeder Ehegatte vom anderen
Auskunft über dessen Einkommen, Vermögen und Schulden verlangen kann (Art. 170
Abs. 1 ZGB). Ebenfalls nichts zu ihren Gunsten ableiten können die
Beschwerdeführerinnen schliesslich aus der Tatsache, dass gegenüber der
weiteren gesetzlichen Erbin, R.________, Witwe des Verstorbenen, offenbar keine
Rückerstattung der unrechtmässig bezogenen Leistungen verlangt wurde (vgl. dazu
auch Urteil P 25/06 vom 23. August 2007), beschlägt dieser Punkt doch zum einen
die Rückforderung an sich und nicht deren Erlass. Zum anderen übersehen die
Beschwerdeführerinnen bei ihrer Argumentation, dass sie, da eine rechtsgültige
Ausschlagung der Erbschaft nicht erfolgt ist (auch dazu: Urteil P 25/06 vom 23.
August 2007), persönlich und solidarisch für die Rückerstattungsschuld haften
(Art. 560 Abs. 2 ZGB und Art. 143 Abs. 2 OR in Verbindung mit Art. 603 Abs. 1
ZGB) und daher nach Art. 144 OR von Gläubigern einzeln für einen Teil oder auch
für das Ganze der Schuld belangt werden können (BGE 129 V 70 E. 3.2 und 3.3 S.
71 f. mit Hinweisen; Urteil P 63/04 vom 2. Februar 2006, E. 1.2).

Ist die Voraussetzung der grossen Härte nach dem Gesagten nicht erfüllt, ist
ein Erlass der Rückerstattungsforderung bereits aus diesem Grunde
ausgeschlossen. Der Frage, wie es um die im weiteren erforderliche
Erlassvoraussetzung des guten Glaubens steht, braucht demzufolge ebenso wenig
nachgegangen zu werden wie dem Umstand, dass das Erlassgesuch erst am 17.
Oktober 2007 und damit über dreissig Tage nach Erhalt (5. September 2007) des
die Rechtmässigkeit der Rückforderung bestätigenden Urteils des Bundesgerichts
P 25/06 vom 23. August 2007 eingereicht wurde (vgl. Art. 4 Abs. 4 Satz 2 ATSV;
siehe auch Schreiben des Beschwerdegegners vom 24. Oktober 2007).

4.
4.1 Die Beschwerde wird als offensichtlich unbegründet im Verfahren nach Art.
109 Abs. 2 lit. a BGG ohne Durchführung eines Schriftenwechsels, mit
summarischer Begründung und unter Verweis auf die Ausführungen des kantonalen
Gerichts (Art. 102 Abs. 1 und Art. 109 Abs. 3 BGG) erledigt.

4.2 Das Verfahren ist kostenpflichtig (Art. 65 BGG). Der Erlass der
Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen gilt nicht als Streitigkeit über
Sozialversicherungsleistungen nach Art. 65 Abs. 4 lit. a BGG (Urteil 8C_391/
2008 vom 14. Juli 2008, E. 5 mit diversen Hinweisen auf Rechtsprechung und
Literatur). Deshalb gelangt der allgemeine, streitwertabhängige Tarif (Art. 65
Abs. 3 lit. b BGG; Ziff. 1 des Tarifs über die Gerichtsgebühren im Verfahren
vor Bundesgericht [SR 173.110.210.1]) zur Anwendung. Mit Blick auf den
Streitwert und die relativ geringe Komplexität des Sachverhalts sind die
Gerichtskosten auf Fr. 1'750.- festzusetzen. Dementsprechend ist den
Beschwerdeführerinnen die Hälfte des in Höhe von Fr. 3'500.- geleisteten
Kostenvorschusses zurückzuerstatten.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 1'750.- werden den Beschwerdeführerinnen auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 25. September 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Ursprung Fleischanderl