Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.562/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_562/2008

Urteil vom 1. Dezember 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Lustenberger,
Gerichtsschreiber Jancar.

Parteien
V.________, Beschwerdeführer, handelnd durch seine Mutter R.________, und diese
vertreten durch Rechtsdienst Integration Handicap, Bürglistrasse 11, 8002
Zürich,

gegen

IV-Stelle Zug, Baarerstrasse 11, 6300 Zug,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 28.
Mai 2008.

Sachverhalt:

A.
Der am 4. Februar 2000 geborene V.________ leidet an frühkindlichem Autismus
(ICD-10: F84.0) und leichter Intelligenzminderung (ICD-10: F70.0). Die
IV-Stelle Zug gewährte ihm medizinische Massnahmen. Im Rahmen einer von der
IV-Stelle übernommenen Sonderschulmassnahme besucht der Versicherte seit 1.
August 2004 extern die Heilpädagogische Schule X.________. Mit Verfügung vom 6.
Juli 2004 sprach ihm die IV-Stelle ab 1. Januar 2004 bis 28. Februar 2006
(Revision) eine Hilflosenentschädigung wegen leichter Hilflosigkeit bei
Aufenthalt zu Hause zu. Die dagegen erhobene Einsprache wies sie mit Entscheid
vom 2. September 2004 ab. In teilweiser Gutheissung der hiegegen eingereichten
Beschwerde hob das Verwaltungsgericht des Kantons Zug den Einspracheentscheid
auf und wies die Sache zu ergänzender Abklärung im Sinne der Erwägungen an die
IV-Stelle zurück (Entscheid vom 27. Januar 2005). Gestützt auf die ärztlichen
Unterlagen und einen Bericht vom 21. Juni 2005 bereffend die gleichentags
durchgeführte Abklärung beim Versicherten zu Hause sprach ihm diese ab 1.
Januar 2004 bis 28. Februar 2006 (Revision) eine Hilflosenentschädigung wegen
mittlerer Hilflosigkeit bei Aufenthalt zu Hause und einen
Intensivpflegezuschlag für einen Betreuungsaufwand von vier Stunden zu
(Verfügung vom 6. Juli 2005), was unangefochten blieb. Revisionsweise führte
die IV-Stelle am 22. März 2006 erneut eine Abklärung beim Versicherten zu Hause
durch, worüber die Abklärungsperson Frau H.________ gleichentags einen Bericht
erstattete. Mit Verfügung vom 16. Mai 2006 eröffnete die IV-Stelle dem
Versicherten, ab 1. März 2006 bis 29. Februar 2008 (Revision) habe er weiterhin
Anspruch auf eine Entschädigung wegen Hilflosigkeit mittleren Grades bei
Aufenthalt zu Hause, aber keinen Anspruch mehr auf einen
Intensivpflegezuschlag. Dagegen erhob der Versicherte Einsprache, womit er
Berichte der Frau Dr. med. B.________, Leitende Ärztin, Psychiatrische Dienste
Y.________ für Kinder und Jugendliche, vom 20. Juni 2006 und der Frau
O.________, Heilpädagogin, Heilpädagogische Schule, X.________ vom 20. Juni
2006 auflegte. Weiter zog die IV-Stelle eine Stellungnahme der Abklärungsperson
Frau H.________ vom 5. Juli 2006 bei. Mit Entscheid vom 2. November 2006 wies
die IV-Stelle die Einsprache ab.

B.
Hiegegen reichte der Versicherte beim kantonalen Gericht Beschwerde ein. Er
legte neu Berichte der Frau S.________ (Übersetzerin bei der Abklärung zu Hause
vom 22. März 2006) vom 2. April 2007 und der Frau Dr. med. B.________ vom 3.
Mai 2007 auf. Mit Entscheid vom 28. Mai 2008 hiess das kantonale Gericht die
Beschwerde teilweise gut. Es hob den Einspracheentscheid - soweit er den
Anspruch auf einen Intensivpflegezuschlag verneinte - auf und stellte fest, der
Versicherte habe Anspruch auf einen Intensivpflegezuschlag bei einem
invaliditätsbedingten Betreuungsaufwand von 4 Stunden 10 Minuten pro Tag. Im
Übrigen wies es die Beschwerde ab.

C.
Mit Beschwerde beantragt der Versicherte, in Änderung des kantonalen
Entscheides sei ihm eine Entschädigung für Hilflosigkeit schweren Grades sowie
ein Intensivpflegezuschlag ausgehend von einem Betreuungsaufwand von mindestens
sechs Stunden zuzusprechen; eventuell sei die Sache zur ergänzenden Abklärung
der Hilflosigkeit im Bereich Abliegen/Aufstehen, des zeitlichen Mehraufwandes
sowie der Intensität des Überwachungsbedarfs an die IV-Stelle zurückzuweisen.
Ferner verlangt er die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das
bundesgerichtliche Verfahren. Er legt neu diverse Berichte auf.

Die IV-Stelle und das kantonale Gericht schliessen auf Beschwerdeabweisung,
während das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine Vernehmlassung
verzichtet.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde kann wegen Rechtsverletzung gemäss Art. 95 und Art. 96 BGG
erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106
Abs. 1 BGG). Es ist somit weder an die in der Beschwerde geltend gemachten
Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine
Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann
sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung
abweisen (vgl. BGE 130 III 136 E. 1.4 S. 140).
Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die
Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder
ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung
im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG) und wenn die Behebung des
Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1
BGG). Dies ist aufgrund der Vorbringen in der Beschwerde zu prüfen (nicht publ.
E. 1.2 und 2.2 des Urteils BGE 133 V 640, veröffentlicht in SVR 2008 AlV Nr. 12
S. 35). Das Bundesgericht darf nicht über die Begehren der Parteien hinausgehen
(Art. 107 Abs. 1 BGG).

2.
2.1 Der streitige Einspracheentscheid datiert vom 2. November 2006, weshalb die
am 1. Januar 2008 in Kraft getretenen Änderungen des IVG vom 6. Oktober 2006
und der IVV vom 28. September 2007 (5. IV-Revision) nicht anwendbar sind (BGE
129 V 167 E. 1 S. 169).

2.2 Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über die Hilflosigkeit
(Art. 9 ATSG; vgl. BGE 133 V 450 E. 2.2.1 S. 454 mit Hinweisen), den Anspruch
auf Hilflosenentschädigung und die für deren Höhe wesentliche Unterscheidung
dreier Hilflosigkeitsgrade (Art. 42 Abs. 1, 2 und 3 Satz 1 IVG; Art. 37 Abs. 1
bis 3 IVV), die Bemessung der Hilflosigkeit bei Minderjährigen (Art. 37 Abs. 4
IVV), die bei der Bestimmung des Hilflosigkeitsgrades massgebenden sechs
alltäglichen Lebensverrichtungen (Ankleiden, Auskleiden; Aufstehen, Absitzen,
Abliegen; Essen; Körperpflege; Verrichtung der Notdurft; Fortbewegung [im oder
ausser Haus], Kontaktaufnahme) und die Berücksichtigung ihrer Teilfunktionen
(BGE 127 V 94 E. 3c S. 97, 121 V 88 E. 3 S. 90 f., 117 V 146; SVR 2008 IV Nr.
17 S. 49 E. 2.1, I 677/05), die indirekte Dritthilfe bei den sechs alltäglichen
Lebensverrichtungen (BGE 133 V 450 E. 7.2 S. 462 f. mit Hinweisen), das
Erfordernis der dauernden persönlichen Überwachung als zusätzliche oder als
alternative Anspruchsvoraussetzung (BGE 107 V 136 E. 1b S. 139 mit Hinweisen;
ZAK 1990 S. 44 E. 2c, 1986 S. 484 E. 1a, 1984 S. 354 E. 2c, je mit Hinweisen;
vgl. auch Urteil 8C_158/2008 vom 15. Oktober 2008, E. 5.2.1 mit Hinweisen)
sowie den Intensivpflegezuschlag (Art. 42ter Abs. 3 IVG in Verbindung mit Art.
39 IVV, je in Kraft seit 1. Januar 2004) zutreffend dargelegt. Gleiches gilt
zur Revision einer laufenden Hilflosenentschädigung (Art. 17 Abs. 2 ATSG, Art.
35 Abs. 2 Satz 1 IVV; vgl. auch BGE 133 V 108), zur Bedeutung der "Aussagen der
ersten Stunde" als Entscheidungshilfe im Rahmen der freien Beweiswürdigung (BGE
121 V 45 E. 2a S. 47; RKUV 2004 Nr. U 515 S. 418 E. 1.2, U 64/02, und Nr. U 524
S. 546, U 236/03), zum Beweiswert eines Abklärungsberichts an Ort und Stelle
(Art. 69 Abs. 2 IVV; BGE 130 V 61 ff. mit Hinweisen) sowie zur antizipierten
Beweiswürdigung (BGE 131 I 153 E. 3 S. 157, 124 V 90 E. 4b S. 94). Darauf wird
verwiesen.

2.3 Bei Minderjährigen kann eine dauernde Überwachung einen Anspruch auf einen
Intensivpflegezuschlag begründen, weshalb in diesem Fall dem Aspekt der
Überwachungsbedürftigkeit nicht bloss eine untergeordnete Bedeutung zukommt.
Indessen darf die nötige Überwachung bei einzelnen Lebensverrichtungen nicht
doppelt - einmal konkret und einmal als Pauschalzuschlag gemäss Art. 39 Abs. 3
IVV - gezählt werden. Nach Art. 42ter Abs. 3 IVG wird die
Hilflosenentschädigung für Minderjährige, die sich nicht in einem Heim
aufhalten, unter bestimmten Voraussetzungen um einen Intensivpflegezuschlag
erhöht. Dafür muss ein invaliditätsbedingter Betreuungsaufwand von mindestens
vier, sechs oder acht Stunden pro Tag ausgewiesen sein. Der dreistufige
Zuschlag wird als Pauschale pro Tag vergütet. Damit wollte der Gesetzgeber eine
durch den Wegfall der bisherigen Hauspflegebeiträge eintretende
Leistungsverschlechterung abfangen (vgl. Botschaft über die 4. Revision des IVG
vom 21. Februar 2001, BBl 2001 III 3244). Bedarf die minderjährige Person
infolge Beeinträchtigung der Gesundheit zusätzlich einer dauernden Überwachung,
so kann diese gemäss Art. 39 Abs. 3 IVV als Betreuung von zwei Stunden
angerechnet werden; eine besonders intensive behinderungsbedingte Überwachung
ist als Betreuung von vier Stunden anrechenbar. Das BSV hält in den
Erläuterungen zu den Änderungen der IVV vom 21. Mai 2003 zu Art. 39 Abs. 3 IVV
fest, wenn ein Kind nicht bloss während bestimmter Stunden am Tag pflegerische
Unterstützung benötige, sondern darüber hinaus rund um die Uhr
invaliditätsbedingt überwacht werden müsse - sei es aus medizinischen Gründen
(z.B. Gefahr epileptischer Anfälle), sei es infolge spezifischer geistiger
Behinderung oder bei Autismus -, solle diese für die Eltern extrem belastende
Tatsache für den Anspruch auf einen Intensivpflegezuschlag anrechenbar sein.
Dabei sei der "gewöhnliche" Überwachungsbedarf, wie er für den Anspruch auf
eine leichte Hilflosenentschädigung definiert sei, wie zwei Stunden Pflege zu
gewichten, bei besonders grosser Überwachungsintensität wie vier Stunden
Pflege. Die Abgrenzung zwischen gewöhnlichem und besonders intensivem
Überwachungsbedarf sei auf der Ebene Kreisschreiben noch weiter zu präzisieren
(AHI 2003 S. 330; Urteil I 567/06 vom 5. März 2007, E. 5.2).

Nach Rz. 8077 des vom BSV herausgegebenen Kreisschreibens über Invalidität und
Hilflosigkeit in der Invalidenversicherung (KSIH, in der seit 1. Januar 2004
bis Ende 2007 gültig gewesenen, hier anwendbaren Fassung; zur Bedeutung von
Verwaltungsweisungen für das Gericht vgl. BGE 133 V 257 E. 3.2 S. 258) liegt
eine besonders intensive dauernde Überwachung vor, wenn von der
Betreuungsperson überdurchschnittlich hohe Aufmerksamkeit und ständige
Interventionsbereitschaft gefordert wird. Als Beispiel wird auch hier ein
autistisches Kind erwähnt. Indessen kann die autistische Störung eine grosse
Variationsbreite aufweisen, so dass selbst bei Vorliegen einer entsprechenden
Diagnose nicht automatisch von einer besonders intensiven
Überwachungsbedürftigkeit im Sinne von Art. 39 Abs. 3 IVV ausgegangen werden
kann. Gemäss den in Anhang III zum KSIH enthaltenen Richtlinien zur Bemessung
der massgebenden Hilflosigkeit bei Minderjährigen, ist das Kriterium der
dauernden persönlichen Überwachung bei Kindern vor sechs Jahren, abgesehen von
eretischen und autistischen Kindern sowie Kindern mit häufigen
Epilepsie-Anfällen oder Absenzen, in der Regel zu verneinen (Urteil I 684/05
vom 19. Dezember 2006, E. 4.4 mit Hinweis; vgl. auch erwähntes Urteil 8C_158/
2008, E. 5.2.2, und Urteil I 49/07 vom 10. Januar 2008, E. 5.2). Unter dem
Titel "Bemessung des Betreuungsaufwandes bei Minderjährigen für den
Intensivpflegezuschlag" wird in Rz. 8089 KSIH festgehalten, bei der Ermittlung
des täglichen Mehraufwandes sei von der Annahme auszugehen, dass sich die
betreute Person dauernd zu Hause aufhalte. Massgebend sei die
Betreuungsbedürftigkeit, welche eine objektive Grösse darstelle und nicht vom
Aufenthaltsort der zu betreuenden Person abhängig sei. Darauf wird unter Ziff.
4.1 auch im Formular "Abklärung für eine Hilflosigkeit für Minderjährige (inkl.
Intensivpflegezuschlag)" hingewiesen. Als Beispiel wird in Rz. 8089 KSIH ein
schwer pflegebedürftiges Kind erwähnt, das während fünf Tagen in der Woche die
Sonderschule im Externat besucht, und zu Hause betreut wird. Betrage der
durchschnittliche invaliditätsbedingte Mehraufwand für die Betreuung an
Schultagen sechs Stunden und bei ganztägigem Aufenthalt zu Hause neun Stunden,
sei von einem Betreuungsaufwand von neun Stunden pro Tag auszugehen (erwähntes
Urteil I 567/06, E. 5.3).

3.
Frei überprüfbare Rechtsfrage ist die richtige Auslegung und Anwendung des
Rechtsbegriffs der Hilflosigkeit und dabei namentlich die Frage, was unter "in
erheblicher Weise" (Art. 37 IVV) zu verstehen ist; Gleiches gilt für den
Rechtsbegriff der "dauernden persönlichen Überwachung", das heisst, welche
Tatbestandselemente erfüllt sein müssen, damit eine solche
Überwachungsbedürftigkeit zu bejahen ist. Tatfrage ist hingegen, ob sich ein
Sachverhalt verwirklicht hat, der unter diese Tatbestandselemente fällt
(erwähntes Urteil 8C_158/2008, E. 5.1; Urteile 8C_674/2007 vom 6. März 2008, E.
5, und 9C_608/2007 vom 31. Januar 2008, E. 2.2). Die Beachtung des
Untersuchungsgrundsatzes sowie der Beweiswürdigungsregeln nach Art. 43 Abs. 1
und Art. 61 lit. c ATSG ist Rechtsfrage. Die konkrete Beweiswürdigung wie auch
die antizipierte Beweiswürdigung (als Teil derselben) betreffen eine Tatfrage
(Urteil 8C_456/2007 vom 9. September 2008, E. 3 mit Hinweisen).

4.
Streitig und zu prüfen ist, ob der Versicherte ab 1. März 2006 Anspruch auf
eine Hilflosenentschädigung bei einer Hilflosigkeit schweren Grades und auf
einen Intensivpflegezuschlag bei einem Betreuungsaufwand von mindestens sechs
Stunden hat.

5.
5.1 Hinsichtlich des Anspruchs auf Hilflosenentschädigung ist unbestritten,
dass der Versicherte in den fünf alltäglichen Lebensverrichtungen An-/
Auskleiden, Essen, Körperpflege, Verrichtung der Notdurft und Fortbewegung (im
oder ausser Haus)/Kontaktaufnahme regelmässig und erheblich hilfsbedürftig ist
und zudem der dauernden persönlichen Überwachung bedarf.
Umstritten ist einzig, ob er auch in den alltäglichen Lebensverrichtungen
Aufstehen/Absitzen/Abliegen regelmässig in erheblicher Weise auf Dritthilfe
angewiesen ist, was bejahendenfalls eine schwere Hilflosigkeit begründen würde
(Art. 37 Abs. 1 IVV).

5.2 IV-Stelle und Vorinstanz stellten diesbezüglich auf den Bericht der Frau
H.________vom 22. März 2006 betreffend die gleichentags beim Versicherten zu
Hause durchgeführte Abklärung und auf ihre ergänzende Stellungnahme vom 5. Juli
2006 ab. Das Abklärungsgespräch wurde mit der Mutter des Versicherten geführt,
wobei die bei ihr zufällig zu Besuch weilende Frau S.________ bei sprachlichen
Problemen weiterhalf und als Übersetzerin fungierte. Bei den alltäglichen
Lebensverrichtungen Aufstehen/Absitzen/Abliegen verneinte die Abklärungsperson
Frau H.________ ohne weitere Ausführungen eine Hilfsbedürftigkeit des
Versicherten. An anderer Stelle des Berichts gab sie an, nachts schlafe der
Versicherte durch, ausser wenn er krank sei. Er gehe sogar allein aufs WC und
wieder ins Bett zurück; dies aber auch nicht jede Nacht, oft könne er
durchschlafen.

5.3 Einspracheweise machte der Versicherte geltend, er könne abends nicht
allein einschlafen. Er brauche die körperliche Anwesenheit der Mutter, damit er
Schlaf finde. Sie lege sich jeden Abend in sein Bett, bis er eingeschlafen sei.
Erst dann könne sie das Bett und das Zimmer verlassen. Dieses
Einschlafverhalten sei nicht altersgemäss und auf seine Behinderung
zurückzuführen.

In der Stellungnahme vom 5. Juli 2006 zur Einsprache legte die Abklärungsperson
Frau H.________ dar, wenn der Versicherte beim Einschlafen die Anwesenheit
einer Person brauche, so sei dies eventuell bei der Überwachung zu
berücksichtigen, da er in der Lage sei, selber ins Bett zu liegen und
aufzustehen. Er stehe nachts und morgens selbstständig auf. In diesem Punkt
bestehe somit kein Mehraufwand.

6.
6.1 Der Versicherte leidet an frühkindlichem Autismus (ICD-10: F84.0) und
leichter Intelligenzminderung (ICD-10: F70.0). Frau Dr. med. B.________,
Leitende Ärztin Psychiatrische Dienste Y.________, die den Versicherten seit
30. Januar 2006 behandelt, führte im Bericht vom 20. Juni 2006 unter anderem
aus, der frühkindliche Autismus sei beim Versicherten ausserordentlich stark
ausgeprägt. Er könne nicht verbal kommunizieren, sein Sprachverständnis sei
ebenfalls stark eingeschränkt. Die gesamte, vor allem auch soziale Entwicklung
und Autonomieentwicklung sei im Vergleich zu anderen Kindern in diesem Alter
massiv eingeschränkt. Der Versicherte brauche wegen seines hyperkinetischen
Verhaltens und ebenso dadurch, dass er Gefahren nicht erkennen könne, dauernde
"1:1-Betreuung". Hinsichtlich des Schlafverhaltens führte Frau Dr. med.
B.________ aus, er habe seit geraumer Zeit Durchschlafstörungen, indem er von
01.00 bis 03.00 Uhr nachts wach sei und dann auf die Aufsicht seiner Mutter
angewiesen sei. Morgens sei er dann manchmal so müde, dass er kaum geweckt
werden könne und ein Schulbesuch unmöglich scheine. Durch diesen gestörten
Schlafrhythmus sei es in der Vergangenheit zu verschiedenen Schulabsenzen
gekommen. Es bestehe auch grosse Müdigkeit in der Schule, die den Versicherten
wiederum hindere, Lerninhalte aufzunehmen. Trotz wiederholten Bemühungen der
Mutter oder auch in der Schule könne er kaum Anweisungen direkt befolgen.
Fraglich sei auch, inwieweit er die Aufforderung überhaupt verstehe. Im Bericht
vom 3. Mai 2007 führte Frau Dr. med. B.________ unter anderem aus, der
betreuerische Aufwand für den Versicherten sei immer noch sehr hoch.

6.2 Die Heilpädagogin Frau O.________, Heilpädagogische Schule, X.________
legte im Bericht vom 20. Juni 2006 unter anderem dar, der Versicherte sei ein
Kind mit stark autistischen Zügen. Er lebe meist in seiner eigenen Welt und sei
nur schwer ansprechbar. Auf Aufforderungen reagiere er kaum. Seine
Sprachentwicklung sei stark verzögert, er spreche nur die Vokale eines Wortes.
Er brauche mehr oder weniger eine "1:1-Betreuung". Da er sehr passiv sei und
kaum etwas selber von sich aus tue, brauche es eine Bezugsperson, die ihn immer
wieder zum Tun auffordere und Hilfestellung geben müsse. Sehr oft sei er auf
etwas fixiert und nur schwer davon abzubringen.

7.
Die Vorinstanz hat erwogen, die bis zum Zeitpunkt des Einspracheentscheides vom
2. November 2006 vorliegenden Akten gäben keine konkrete Auskunft zur
nachträglichen Behauptung des Versicherten hinsichtlich seines
Schlafverhaltens. Auch zum beschwerdeweise erhobenen Einwand, dass er erst auf
mehrmaliges Ermahnen aufstehe und zu Bett gehe, ergebe sich aus den Akten
nichts Konkretes. Zwar hätten die Heilpädagogin und die Psychiatrischen Dienste
Y.________ für Kinder und Jugendliche ausgeführt, der Versicherte könne
Anweisungen kaum oder nur schwer befolgen; von einer konkreten Hilfe beim
Aufstehen und zu Bett gehen sei hingegen nirgends die Rede. Wäre eine solche
dauernde und mehrmalige Ermahnung tatsächlich notwendig, wäre dieser Aspekt
überdies bei der Überwachung zu berücksichtigen. Es sei demnach auf den Bericht
betreffend die Abklärung beim Versicherten zu Hause vom 22. März 2006 und die
dortigen Aussagen der ersten Stunde abzustellen (vgl. E. 6.2.1 hievor).

8.
8.1 Der Versicherte war im massgebenden Zeitpunkt des Erlasses des
Einspracheentscheides (2. November 2006) rund 6 ¾ Jahre alt. Unbestritten ist,
dass er in körperlicher Hinsicht keine Probleme hat aufzustehen, sich zu setzen
oder sich hinzulegen.

Er beruft sich auf das Urteil I 227/06 vom 15. Oktober 1996, E. 3b, worin
bezüglich eines 18-jährigen, an Autismus leidenden Versicherten entschieden
wurde, dass er - ungeachtet des Angewiesenseins auf persönliche Überwachung -
in der Lebensverrichtung Aufstehen auf erhebliche Dritthilfe angewiesen sei,
weil er am Morgen "erst nach mehrmaligem Auffordern" aufstehe. Dieses Urteil
kann nicht unbesehen auf den Versicherten angewandt werden, da nur der
Mehrbedarf an Hilfeleistung und persönlicher Überwachung im Vergleich zu nicht
behinderten Minderjährigen gleichen Alters zu berücksichtigen ist (Art. 37 Abs.
4 IVV; nicht publ. E. 6.3.2 des Urteils BGE 130 V 61 ff., veröffentlicht in SVR
2004 IV Nr. 25 S. 75; erwähntes Urteil 8C_158/2008, E. 5.2.2).

8.2 Im Urteil I 67/05 vom 6. Oktober 2005, E. 3.1 Ingress und 3.1.2, wurde
betreffend ein im relevanten Zeitraum 5 bis 5 ½ Jahre altes Kind erwogen, der
Mehraufwand beim "Aufstehen, Absitzen und Abliegen", der darin bestehe, dass
das Kind von seinen Eltern wiederholt aufgefordert werden müsse, aufzustehen
oder sich ins Bett zu legen, könnte gemäss der genannten Richtlinie (Anhang III
zum KSIH) nur angerechnet werden, wenn er nachts angebunden werden müsste, was
nicht der Fall sei. Im Urteil I 72/05 vom 6. Oktober 2005, E. 3.1, wurde
bezüglich eines rund 7 Jahre 10 Monate alten Kindes Folgendes ausgeführt: "Es
besteht Einigkeit, dass der Beschwerdeführer in körperlicher Hinsicht keinerlei
Probleme hat aufzustehen, sich zu setzen oder sich hinzulegen. Anlässlich der
letzten Abklärung vom 26. September 2002 wurde dieser Aspekt noch
mitberücksichtigt, da er damals noch zu Bett geführt werden musste und nur
neben einem Elternteil eingeschlafen ist. Wollte sich dieser entfernen, sei der
Versicherte in Panik geraten und habe begonnen zu schreien. Man versuchte
mittels schweren Kissen die Anwesenheit eines andern Menschen zu suggerieren.
Beim Abklärungsbesuch vom 18. Februar 2004 wird von einem gewissen Erfolg
dieser Massnahme berichtet. Die Hilfe besteht nun noch darin, dass der
Beschwerdeführer nach Erwachen in der Nacht aufgefordert werden muss, sich
wieder hinzulegen und weiterzuschlafen. Etwas anderes ist auch den
verschiedenen Berichten des Schulheims für körperbehinderte Kinder und der
Autismusberatung nicht zu entnehmen. Diese elterliche Unterstützung wird von
der IV-Stelle richtigerweise nicht mehr als Hilflosigkeit im genannten
Lebensbereich anerkannt. Wenn in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde insbesondere
vorgebracht wird, die Hilfe liege in der wiederholten Intervention und
Aufforderung der Eltern, ist dies unter dem - anerkannten - Aspekt der
persönlichen Überwachung zu würdigen".

8.3 Nach dem Gesagten fällt beim Versicherten als relevante Hilfsbedürftigkeit
insbesondere der von ihm vorgebrachte Umstand in Betracht, er brauche die
körperliche Anwesenheit der Mutter, damit er Schlaf finde. Sie lege sich jeden
Abend in sein Bett, bis er eingeschlafen sei. Erst dann könne sie das Bett und
das Zimmer verlassen (E. 6.2.2 f. hievor). Gemäss Bericht der Frau Dr. med.
B.________ vom 20. Juni 2006 ist er nach dem Aufwachen in der Nacht wiederum
auf die Aufsicht seiner Mutter angewiesen (E. 6.1 hievor; vgl. erwähntes Urteil
I 72/05, E. 3.1 zur Problematik des Einschlafenkönnens nur neben einem
Elternteil). Indessen ist dieser Punkt im Rahmen der erforderlichen
zusätzlichen Abklärung erneut zu prüfen (E. 9 hienach).

9.
Im vorinstanzlichen Entscheid fehlen rechtsgenügliche Feststellungen zur
Hilfsbedürftigkeit des Versicherten beim Aufstehen/Absitzen/Abliegen (E. 8.3
hievor) sowie zur masslichen Festsetzung des Anspruchs auf einen
Intensivpflegezuschlag, denen mit Blick auf Art. 105 Abs. 1 BGG Verbindlichkeit
beigemessen werden kann. Insbesondere mangelt es an einer direkten
Zusammenarbeit zwischen Arzt und IV-Stelle, welche sich als notwendig erweist,
wenn - wie im vorliegenden Fall - Unklarheiten über die Auswirkungen der
Behinderung auf die Hilfs- und Überwachungsbedürftigkeit bestehen (erwähntes
Urteil I 567/06, E. 6.4). Es wurde auch kein aktueller Bericht des den
Versicherten behandelnden Kinderarztes Dr. med. A.________ beigezogen; sein
letzter bei den Akten befindlicher Bericht datiert vom 3. April 2002.

Bei der Bemessung des Mehraufwandes für den Intensivpflegezuschlag
Minderjähriger sind in erster Linie die Verhältnisse zu Hause massgebend,
insbesondere was die persönliche Überwachung betrifft. Indessen hätte die
IV-Stelle zwecks rechtsgenüglicher Bemessung des Mehraufwandes für den
Intensivpflegezuschlag ergänzend zur Abklärung beim Versicherten zu Hause auch
einen entsprechenden Bericht der von ihm seit August 2004 besuchten
Heilpädagogischen Schule einholen und im Zusammenwirken mit ihr Unklarheiten
bereinigen müssen (vgl. E. 2.3 hievor; erwähntes Urteil I 567/06, E. 5.3 und
6.2 f.).

Die vom Beschwerdeführer nachträglich im Einspracheverfahren aufgelegten
Berichte der ihn ebenfalls behandelnden Frau Dr. med. B.________ vom 20. Juni
2006 und der ihn in der Schule betreuenden Heilpädagogin Frau O.________ vom
20. Juni 2006 vermögen die streitigen Punkte nicht hinreichend zu klären.
Gleiches gilt für den vorinstanzlich aufgelegten Bericht der Frau Dr. med.
B.________ vom 3. Mai 2007 (vgl. E. 6.1 f. hievor).

10.
Die unterliegende IV-Stelle hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1
BGG; BGE 132 V 215 E. 6.1 S. 235) und dem Versicherten eine Parteientschädigung
zu entrichten (Art. 68 Abs. 2 BGG; Art. 9 des Reglements über die
Parteientschädigung und die Entschädigung für die amtliche Vertretung im
Verfahren vor dem Bundesgericht vom 31. März 2006; vgl. BGE 122 V 278;
erwähntes Urteil 8C_158/2008, E. 8). Das Gesuch des Beschwerdeführers um
unentgeltliche Rechtspflege ist damit gegenstandslos.

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Zug vom 28. Mai 2008 und der Einspracheentscheid der IV-Stelle Zug vom
2. November 2006 werden aufgehoben. Die Sache wird an die IV-Stelle Zug
zurückgewiesen, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen,
über den Anspruch auf Hilflosenentschädigung und Intensivpflegezuschlag neu
verfüge.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 1500.- zu entschädigen.

4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des
vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Zug
zurückgewiesen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug, der
Ausgleichskasse Zug und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich
mitgeteilt.

Luzern, 1. Dezember 2008

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber:

Ursprung Jancar