Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.559/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_559/2008

Urteil vom 15. Dezember 2008
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Widmer, Bundesrichter Lustenberger,
Gerichtsschreiberin Polla.

Parteien
D.________, Beschwerdeführer,
vertreten durch Fürsprecher Herbert Bracher, Bielstrasse 9, 4500 Solothurn,

gegen

IV-Stelle Basel-Stadt, Lange Gasse 7, 4052 Basel,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts Basel-Stadt
vom 17. April 2008.

Sachverhalt:

A.
Der 1955 geborene, bis April 2005 als Oberflächenmaler tätig gewesene
D.________ erlitt am 7. Juli 2004 einen Verkehrsunfall, bei welchem er sich ein
leichtes Schädelhirntrauma und ein Distorsionstrauma der Halswirbelsäule zuzog.
Am 13. Juni 2005 meldete er sich unter Hinweis auf die Unfallfolgen und eine
Depression bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle
Basel-Stadt sprach D.________ mit Verfügung vom 8. August 2005 ab 1. Juli 2005
eine Dreiviertelsrente der Invalidenversicherung zu.

B.
Die hiegegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht
Basel-Stadt mit Entscheid vom 17. April 2008 ab.

C.
D.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Rechtsbegehren, es sei ihm unter Aufhebung des vorinstanzlichen
Entscheides und der Verfügung vom 8. August 2005 eine ganze Rente der
Invalidenversicherung zuzusprechen.
Während die IV-Stelle auf Abweisung der Beschwerde schliesst, hat das Bundesamt
für Sozialversicherungen auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Erwägungen:

1.
1.1 Der Beurteilung von Beschwerden in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten
(Art. 82 ff. BGG) liegt der Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Diesen kann das Bundesgericht von Amtes
wegen berichtigen oder ergänzen, wenn er offensichtlich unrichtig ist oder auf
einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG;
vgl. auch Art. 97 Abs. 1 BGG; ohne Beschwerden gemäss Art. 97 Abs. 2 BGG und
Art. 105 Abs. 3 BGG).

1.2 Mit Blick auf diese Kognitionsregelung ist zu prüfen, ob der angefochtene
Gerichtsentscheid in der Anwendung der massgeblichen materiell- und
beweisrechtlichen Grundlagen (unter anderem) Bundesrecht verletzt (Art. 95 lit.
a BGG), einschliesslich einer allfälligen rechtsfehlerhaften
Tatsachenfeststellung (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). Zu den
Rechtsverletzungen im Sinne von Art. 95 lit. a BGG gehört auch die
unvollständige Feststellung der rechtserheblichen Tatsachen (Urteil 9C_40/2007
vom 31. Juli 2007 E. 1; Ulrich Meyer, in: Basler Kommentar zum
Bundesgerichtsgesetz, 2008, N. 25, 36 und 59 zu Art. 105; Hansjörg Seiler, in:
Kommentar zum Bundesgerichtsgesetz, 2007, N. 24 zu Art. 97) und die Verletzung
des Untersuchungsgrundsatzes als einer wesentlichen Verfahrensvorschrift
(Meyer, a.a.O., N. 60 zu Art. 105; Urteil 8C_364/2007 vom 19. November 2007 E.
3.3). Hingegen unterbleibt eine freie Überprüfung des vorinstanzlichen
Entscheides in tatsächlicher Hinsicht.

2.
Die IV-Stelle hat in ihrem Entscheid die gesetzlichen Vorschriften über den
Umfang eines allfälligen Rentenanspruchs (Art. 28 Abs. 1 IVG) und die
Invaliditätsbemessung bei Erwerbstätigen nach der Einkommensvergleichsmethode
(Art. 28 Abs. 2 IVG in Verbindung mit Art. 16 ATSG) zutreffend dargelegt,
worauf verwiesen wird.

3.
Streitig ist, ob der Beschwerdeführer Anspruch auf eine ganze Rente der
Invalidenversicherung hat, wobei es einzig noch zu klären gilt, ob ein
leidensbedingter Abzug vom hypothetischen Invalideneinkommen (BGE 129 V 472 E.
4.2.3 S. 481; 126 V 75) zu gewähren ist.

3.1 Die Frage, ob die Vorinstanz einen sogenannten Leidensabzug vom
Invalideneinkommen hätte vornehmen müssen, ist eine vom Bundesgericht frei
überprüfbare Rechtsfrage (BGE 132 V 393 E. 3.3 S. 399). Ob und in welchem
Ausmass Tabellenlöhne herabzusetzen sind, hängt nach der Rechtsprechung von
sämtlichen persönlichen und beruflichen Umständen des konkreten Einzelfalles ab
(leidensbedingte Einschränkung, Alter, Dienstjahre, Nationalität/
Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad), welche nach pflichtgemässen
Ermessen gesamthaft zu schätzen sind. Dabei erlaubt ein Abzug vom statistischen
Lohn von insgesamt höchstens 25 %, den verschiedenen Merkmalen, die das
Erwerbseinkommen zu beeinflussen vermögen, Rechnung zu tragen (BGE 126 V 75 E.
5a S. 78 f.).

3.2 Das kantonale Gericht hat nach Würdigung der medizinischen Unterlagen
festgehalten, die nach dem Unfall bestehenden Beschwerden seien abgeklungen,
womit einzig ein psychisches Leiden im Vordergrund stehe. Gestützt auf das
Gutachten des Dr. med. F.________, FMH Psychiatrie und Psychotherapie, vom 7.
März 2007, der die Diagnosen einer rezidivierenden depressiven Störung,
gegenwärtig mittelgradige Episode (ICD-10 F33.1), sowie einer anhaltenden
somatoformen Schmerzstörung (ICD-10 F45.4) stellte, sei der Versicherte in der
Lage, einer leichten bis mittelschweren, einfach strukturierten Tätigkeit,
vorzugsweise mit der Möglichkeit von Positionswechseln, im Umfang von 50 %
nachzugehen. Diese Feststellung über die (körperlich und psychisch) zumutbare
Restarbeitsfähigkeit ist unter den Parteien nicht umstritten.

4.
Die vom kantonalen Gericht gestützt hierauf aufgrund eines Einkommensvergleichs
und unter Beizug der Durchschnittslöhne der vom Bundesamt für Statistik
herausgegebenen Lohnstrukturerhebungen (LSE) vorgenommene Invaliditätsbemessung
gibt zu keinen Beanstandungen tatsächlicher (Art. 105 Abs. 2 BGG) oder
rechtlicher (Art. 95 BGG) Natur Anlass. Entgegen den Vorbringen des
Beschwerdeführers hält auch Stand, dass die Vorinstanz bei der Ermittlung des
trotz Gesundheitsschadens zumutbarerweise erzielbaren Einkommens
(Invalideneinkommen) keinen leidensbedingten Abzug (BGE 129 V 472 E. 4 S. 481
mit Hinweisen) gewährte. Unbegründet ist namentlich der Einwand, das kantonale
Gericht habe sein Ermessen zur Herabsetzung des statistischen
Invalideneinkommens nicht pflichtgemäss angewandt und durch
Ermessensunterschreitung und Ermessensmissbrauch Bundesrecht verletzt. Das
kantonale Gericht hat ausführlich dargetan, weshalb es in den
beschwerdeführerischen Vorbringen keine sachlichen Gründe erblickt, um einen
Abzug zu rechtfertigen, worauf verwiesen wird. Die erhobene Rüge zielt auch
deshalb daneben, weil nach der dargelegten Rechtsprechung der Abzug nicht
automatisch, sondern dann zu erfolgen hat, wenn im Einzelfall Anhaltspunkte
dafür bestehen, dass die versicherte Person wegen eines oder mehrerer der dafür
relevanten Merkmale ihre gesundheitlich bedingte (Rest-)Arbeitsfähigkeit auf
dem allgemeinen Arbeitsmarkt nur mit unterdurchschnittlichem erwerblichem
Erfolg verwerten kann. Wenn die Vorinstanz zum Schluss gelangte, solche
Anhaltspunkte seien beim Beschwerdeführer nicht gegeben, ist dies
bundesrechtskonform. Dass der lediglich aus psychischen Gründen (E. 3.2) in
seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkte Versicherte auf dem ausgeglichenen
Arbeitsmarkt nur noch in einer geschützten Werkstatt Arbeit finden würde, wie
eingewendet wird, entbehrt jeglicher Grundlage in den Akten. Der Psychiater Dr.
med. F.________ führte in seinem Gutachten vom 7. März 2007 zur
Arbeitsfähigkeit unter anderem aus, der Versicherte sei durch die depressive
Störung vermindert belastbar und dadurch kaum in der Lage, sich ganztags
genügend auf eine Aufgabe zu konzentrieren. Es sei mit einer Verlangsamung zu
rechnen und er benötige vermehrt Erholungsphasen. Aufgrund der Schmerzstörung
sei ihm überdies körperliche Schwerarbeit nicht mehr zumutbar, was zur Annahme
einer Restarbeitsfähigkeit von 50 % führte. Dass der Beschwerdeführer in seiner
Leistung innerhalb der 50 % weiter eingeschränkt wäre, wie geltend gemacht
wird, ergibt sich aus den medizinischen Akten nicht. Es kann demnach mit
Verwaltung und Vorinstanz davon ausgegangen werden, dass mit der Beschränkung
auf leichte bis mittelschwere Arbeiten sowie mit der Reduktion auf ein halbes
Pensum diesen gesundheitlichen Einschränkungen und den dadurch bedingten
erwerblichen Einbussen auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Art. 16 ATSG)
ausreichend Rechnung getragen wird. Ebenso wenig kommt dem Merkmal "Alter" beim
im Zeitpunkt des Rentenbeginns (1. Juli 2005) 50jährigen Versicherten eine
wesentliche Bedeutung zu, da Hilfsarbeiten auf dem hier massgebenden
hypothetischen ausgeglichenen Arbeitsmarkt (Art. 16 ATSG) grundsätzlich
altersunabhängig nachgefragt werden und sich das Alter in diesen Tätigkeiten
auch nicht lohnsenkend auswirkt (AHI 1999 S. 242 E. 4c). Da es sich im Weiteren
nicht rechtfertigt, für jedes zur Anwendung gelangende Merkmal separat
quantifizierte Abzüge vorzunehmen und diese zusammenzuzählen, da damit
Wechselwirkungen ausgeblendet werden, verletzt das kantonale Gericht auch
dadurch Bundesrecht nicht, wenn es unter den gegebenen Umständen im Rahmen der
gesamthaft vorzunehmenden Schätzung allein gestützt auf den Aspekt des
Beschäftigungsgrades keinen Abzug gewährte. Damit hat es beim vorinstanzlichen
Entscheid sein Bewenden.

5.
Die Gerichtskosten werden dem Beschwerdeführer als unterliegender Partei
auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht Basel-Stadt,
der GastroSocial Ausgleichskasse und dem Bundesamt für Sozialversicherungen
schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 15. Dezember 2008
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Ursprung Polla