Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.552/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_552/2008

Urteil vom 29. Januar 2009
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Frésard,
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold.

Parteien
J.________,
Beschwerdeführerin, vertreten durch
Protekta Rechtsschutz-Versicherung AG, Monbijoustrasse 68, 3007 Bern,

gegen

Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004
Luzern,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Unfallversicherung,

Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons
Zürich vom 28. Mai 2008.

Sachverhalt:

A.
J.________, geboren 1962, bezog seit 1. Juli 2005 Leistungen der
Arbeitslosenversicherung und war demzufolge bei der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (nachfolgend: SUVA) gegen die Folgen von Unfällen
versichert. Am 2. April 2007 verspürte sie nach dem Ausschütteln eines Teppichs
Schmerzen in der linken Schulter. Mit Verfügung vom 5. Dezember 2007 lehnte die
SUVA jegliche Leistungen ab, da kein Unfall im Rechtssinne vorliege und auch
keine unfallähnliche Körperschädigung gegeben sei. Daran hielt sie mit
Einspracheentscheid vom 3. März 2008 fest.

B.
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die hiegegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 28. Mai 2008 ab.

C.
J.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag, es seien der kantonale Entscheid aufzuheben und ihr die
gesetzlichen Leistungen der Unfallversicherung zuzusprechen. Eventualiter sei
die Sache zur weiteren Abklärung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die SUVA
schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet
auf eine Vernehmlassung.

D.
Mit Eingabe vom 16. September 2008 lässt J.________ an ihren Anträgen
festhalten.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen
Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht
wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich
weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die
Erwägungen der Vorinstanz gebunden. Es kann eine Beschwerde aus einem anderen
als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann die Beschwerde mit einer von
der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin
prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen
Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG) grundsätzlich nur
die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu
offensichtlich sind (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254 mit Hinweisen).
Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen
der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und
Art. 105 Abs. 3 BGG). Es kann daher auch eine unvollständige
Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz ergänzen, welche für die Anwendung des
materiellen Bundesrechts von rechtserheblicher Bedeutung ist.

2.
Die Vorinstanz hat die Bestimmungen und Grundsätze über den Unfallbegriff (Art.
4 ATSG; BGE 129 V 402 E. 2.1 S. 404 mit Hinweisen) und die unfallähnlichen
Körperschädigungen (Art. 9 Abs. 2 UVV) zutreffend dargelegt. Darauf wird
verwiesen.
Anzufügen bleibt, dass die Verwaltung als verfügende Instanz und - im
Beschwerdefall - das Gericht eine Tatsache nur dann als bewiesen annehmen
dürfen, wenn sie von ihrem Bestehen überzeugt sind (Kummer, Grundriss des
Zivilprozessrechts, 4. Aufl., Bern 1984, S. 136). Im Sozialversicherungsrecht
hat das Gericht seinen Entscheid, sofern das Gesetz nicht etwas Abweichendes
vorsieht, nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit zu fällen.
Die blosse Möglichkeit eines bestimmten Sachverhalts genügt den
Beweisanforderungen nicht. Der Richter und die Richterin haben vielmehr jener
Sachverhaltsdarstellung zu folgen, die sie von allen möglichen
Geschehensabläufen als die wahrscheinlichste würdigen (BGE 126 V 353 E. 5b S.
360 mit Hinweisen).

3.
Streitig ist, ob die Versicherte sich am 2. April 2007 eine Verletzung
zugezogen hat, für welche die SUVA leistungspflichtig ist.

4.
Die Vorinstanz ist zum Schluss gekommen, das Ereignis vom 2. April 2007 erfülle
den Unfallbegriff nicht, da es an einem ungewöhnlichen äusseren Faktor fehle.
Die Versicherte bezeichnet zwar dieses Ereignis mehrfach als Unfall, legt in
ihrer Beschwerde vor Bundesgericht jedoch nicht dar, inwiefern der
Unfallbegriff, namentlich der ungewöhnliche äussere Faktor, doch erfüllt sei.
Somit mangelt es diesbezüglich an einer genügenden Begründung (Art. 42 Abs. 2
BGG), so dass darauf nicht weiter einzutreten ist.

5.
5.1 Gemäss Unfallmeldung vom 22. Oktober 2007 und den ergänzenden Ausführungen
vom November 2007 hat die Versicherte am 2. April 2007 aus einem Fenster hinaus
einen Teppich ausgeschüttelt. Dabei habe sie im Bereich der linken Schulter ein
Knacksen wahrgenommen. In der Folge sei die Beweglichkeit des linken Armes und
im gesamten linken Schlüsselbein- und Schulterbereich während rund einer Woche
schmerzhaft eingeschränkt gewesen.

5.2 Dr. med. D.________, Facharzt für Allgemeine Medizin, hielt am 10. April
2007 subjektiv seit einer Woche bestehende Schmerzen links fest, zuerst im
linken Schulterbereich, danach vom Ohr bis zur Hand, sowie objektiv eine
leichte Schwellung des costosternalen Gelenkes links bei guter
Schulterbeweglichkeit und leicht eingeschränkter Beweglichkeit der
Halswirbelsäule lateral nach links und in Rotation. Am 15. Oktober 2007 gab die
Versicherte an, sie leide unter dauernden belastungsabhängigen Schmerzen,
aktuell im Bereich des linken Schlüsselbeins und des linken Schultergürtels.
Dr. med. D.________ stellte ein aufgetriebenes Costosternalgelenk links bei
diffuser Differenzialdiagnose M. Trapezius und weiterer Muskelgruppen sowie
eingeschränkter Beweglichkeit der Halswirbelsäule fest.

5.3 Dr. med. A.________, Facharzt für Radiologie, nahm am 17. Oktober 2007 eine
Panorama- und Zielaufnahme des Sternoklavikulargelenkes vor und kam zum
Schluss, es bestehe eine leichte Stufenbildung links im Sinne eines Status nach
Subluxation. Die Ultraschalluntersuchung ergebe eine leichte Kapselauflockerung
ohne weiteren krankhaften Befund. Zusammenfassend verneinte er eine Fraktur und
hielt den Verdacht auf Subluxation links fest.

5.4 Am 5. November 2007 überwies Dr. med. D.________ die Versicherte an Dr.
med. P.________, Leitender Arzt, Klinik für Orthopädische Chirurgie,
Kantonsspital X.________. Dieser diagnostizierte am 23. November 2007 eine
ventrale SC-Subluxation links. Bei voller Ausserotation/Abduktion des linken
Armes komme es zu einer "sanften" Reposition, beim Rückführen des Armes zu
einer ventralen Subluxation. In der Neutralstellung gelinge die Reposition
nicht. Der Schulterstatus sei unauffällig, eine Pathologie oder Instabilität
der Rotatorenmanschette könne ausgeschlossen werden. Die Versicherte zeige
klinisch eine anteriore Subluxierbarkeit des proximalen Endes der Clavicula im
SC-Gelenk links. Die initiale Schwellung sei durch die wahrscheinlich
stattgefundene Kapselzerrung zu erklären.

5.5 Dr. med. D.________ hielt am 22. November 2007 in der Krankengeschichte die
Diagnose tendomyotischer Schmerzen im linksseitigen Schultergürtelbereich bei
Status nach mutmasslicher Muskelzerrung im April 2007 und klinisch
aufgetriebenem Sternoklavikulargelenk links bei Status nach Subluxation sowie
Nikotinabusus fest.

5.6 Dr. med. L.________, Facharzt für Chirurgie, welcher die Versicherte
erstmals am 14. März 2008 untersuchte, empfahl am 9. Juni 2008 infolge der lang
andauernden Beschwerden und der Instabilität eine bandplastische Versorgung des
Sternoklavikulargelenkes. An der traumatischen Genese der
Sternoklavikulargelenksluxation bestehe seines Erachtens kein Zweifel. Im
Bericht vom 2. Juli 2008 machte Dr. med. L.________ theoretische Ausführungen
zum Begriff der Luxation. Bei der Versicherten sei es durch die
Gewalteinwirkung zunächst zu Kapseleinrissen und anschliessend zu einem Einriss
des Ligamentum sternoclaviculare anterius und des Ligamentum interclaviculare
gekommen. Wahrscheinlich sei auch der Discus interarticularis geschädigt
worden. Bis zum Unfall habe die Versicherte ein normales Sternoklavikulargelenk
ohne jegliche Beschwerden gehabt.

6.
6.1 Unbestrittenermassen hat sich die Versicherte beim Ereignis vom 2. April
2007 keine Fraktur zugezogen. Weder Dr. med. D.________, Dr. med. A.________
noch Dr. med. P.________ erwähnten eine Bandläsion. Somit ist eine
unfallähnliche Körperschädigung im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. g UVV ebenfalls
zu verneinen.
Dr. med. A.________ und Dr. med. P.________ schlossen auf eine Subluxation des
Sternoklavikulargelenkes. Auch Dr. med. D.________ hielt ein klinisch
aufgetriebenes Sternoklavikulargelenk bei Status nach Subluxation fest. Wie die
SUVA zu Recht ausführt, bedeutet eine Subluxation keine vollständige,
vollendete oder vollzogene Luxation; deshalb kann die strittige Subluxation des
Sternoklavikulargelenkes nach der Rechtsprechung nicht als unfallähnliche
Körperschädigung im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. b UVV anerkannt werden (vgl.
etwa Urteile U 110/99 vom 12. April 2000, E. 4, U 236/04 vom 10. Januar 2005,
E. 3.1, und U 71+72/07 vom 15. Juni 2007, E. 6.3.2). Es bestehen auch keine
Anhaltspunkte dafür, dass diese Ärzte statt einer Subluxation eigentlich eine
Luxation gemeint hätten.

6.2 An diesem Ergebnis ändern auch die Berichte des Dr. med. L.________ nichts.
Denn einerseits gehören Aussagen zu den rechtlichen Voraussetzungen der
Leistungspflicht, wie etwa zum Unfallbegriff, nicht zu den Aufgaben des Arztes
(AHI 2000 S. 149 E. 2c mit Hinweis; vgl. auch Urteil U 266/03 vom 28. Mai 2004,
E. 4.2). Andererseits stellt Dr. med. L.________ mit "Subluxation-Luxation"
keine klare Diagnose und vermag damit die Feststellungen der übrigen Ärzte auch
unter Berücksichtigung seiner allgemeinen Ausführungen zum Begriff der Luxation
nicht zu entkräften. Schliesslich gibt auch seine Vermutung einer Bandläsion
angesichts der überzeugenden Beurteilungen der Dres. med. D.________,
A.________ und P.________ keinen Anlass zu weiteren Abklärungen. Somit kann
offen bleiben, ob es sich bei diesen beiden Berichten überhaupt um zulässige
Noven im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG handelt.

7.
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Die Versicherte hat als unterliegende Partei
die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt.

3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons
Zürich und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 29. Januar 2009

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Ursprung Riedi Hunold