Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

I. Sozialrechtliche Abteilung, Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten 8C.437/2008
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Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal

{T 0/2}
8C_437/2008

Urteil vom 30. Juli 2009
I. sozialrechtliche Abteilung

Besetzung
Bundesrichter Ursprung, Präsident,
Bundesrichterin Leuzinger, Bundesrichter Maillard,
Gerichtsschreiberin Riedi Hunold.

Parteien
F.________, vertreten durch Rechtsanwalt Marco Unternährer,
Beschwerdeführerin,

gegen

IV-Stelle Nidwalden, Stansstaderstrasse 54, 6371 Stans,
Beschwerdegegnerin.

Gegenstand
Invalidenversicherung (Arbeitsfähigkeit),

Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Nidwalden,
Abteilung Versicherungsgericht, vom 30. April 2008.

Sachverhalt:

A.
F.________, geboren 1956, arbeitete seit August 2001 zu einem 70 % Pensum bei
der Firma X.________ als Sachbearbeiterin in der Buchhaltung. Daneben war sie
zu 30 % als Buchhalterin selbstständig erwerbstätig. Am 8. Februar 2003 stürzte
sie von einem Velogemmel (veloähnlicher Holzschlitten). Am 15. Dezember 2004
meldete sie sich bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Mit
Verfügung vom 15. Dezember 2005, bestätigt mit Einspracheentscheid vom 27. März
2006, lehnte die IV-Stelle Nidwalden den Anspruch auf eine Invalidenrente ab.

B.
Das Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden wies die hiegegen erhobene
Beschwerde mit Entscheid vom 30. April 2007 (versandt am 30. April 2008) ab.

C.
F.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen
mit dem Antrag, es seien der kantonale Entscheid aufzuheben und ihr mindestens
eine Viertelsrente zuzusprechen. Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der
Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine
Vernehmlassung.

Erwägungen:

1.
Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann
wegen Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 f. BGG erhoben werden. Das
Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz
festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung
berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer
Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG; vgl. zur
Invaliditätsbemessung auch BGE 132 V 393).

2.
Die Vorinstanz hat die Grundsätze und Bestimmungen über den Anspruch auf eine
Invalidenrente (Art. 28 Abs. 1 IVG in der ab 1. Januar 2004 resp. Art. 28 Abs.
2 IVG in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung), den Begriff der Invalidität
(Art. 4 Abs. 1 IVG in Verbindung mit Art. 8 ATSG) und der Erwerbsunfähigkeit
(Art. 7 ATSG in der bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassung), die Aufgabe des
Arztes (BGE 132 V 93 E. 4 S. 99 mit Hinweisen) und des Regionalen Ärztlichen
Dienstes (RAD) bei der Ermittlung des Invaliditätsgrades (Art. 49 IVV in der
bis 31. Dezember 2007 geltenden Fassung; vgl. auch Urteil I 143/07 vom 14.
September 2007, E. 3.3) sowie den allgemeinen Grundsatz der
Schadenminderungspflicht (BGE 129 V 460 E. 4.2 S. 463 mit Hinweisen) zutreffend
dargelegt. Dasselbe gilt für die Ablehnungsgründe im Rahmen medizinischer
Gutachten (Art. 44 ATSG; BGE 132 V 93 E. 7 S. 109 mit Hinweisen). Darauf wird
verwiesen.

3.
Vorweg ist der formelle Einwand, die Vorinstanz habe ihren Entscheid ungenügend
begründet und damit das rechtliche Gehör der Versicherten verletzt, zu prüfen.

3.1 Das rechtliche Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV verlangt, dass die Behörde die
Vorbringen des vom Entscheid in seiner Rechtsstellung Betroffenen auch
tatsächlich hört, prüft und in der Entscheidfindung berücksichtigt. Daraus
folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei ist es
nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich
auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr
kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die
Begründung muss so abgefasst sein, dass sich der Betroffene über die Tragweite
des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die
höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die
Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und
auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 134 I 83 E. 4.1 S. 88 mit Hinweisen).

3.2 Der kantonale Entscheid ist hinreichend begründet. Dass sich die Vorinstanz
einlässlich oder gar seitenlang zu jeder einzelnen Diagnose und jedem Befund in
jedem Arztbericht äussert, ist - entgegen der Ansicht der Versicherten - nicht
nötig. Es reicht nach der Rechtsprechung, dass sich dem Entscheid insgesamt
entnehmen lässt, aus welchen Gründen sie dem einen und nicht dem andern
Gutachten gefolgt ist. Die Versicherte war denn auch in der Lage, diesen
Entscheid sachgerecht anzufechten. Ihr rechtliches Gehör wurde nicht verletzt.

4.
Die Vorinstanz hat in ihrem Entscheid im Wesentlichen auf das polydisziplinäre
Gutachten des Zentrums Y.________ vom 15. September 2005 abgestellt und eine
relevante Einschränkung der Arbeitsfähigkeit verneint; abschliessend hielt sie
fest, auch aus dem Gutachten des Schweizerischen Instituts für
Versicherungsmedizin (nachfolgend: SIVM) vom 21. Dezember 2006 gehe ohne
Weiteres hervor, dass aus neurologischer, neuropsychologischer und
psychiatrischer Sicht keine objektiven Befunde mit Einfluss auf die
Arbeitsfähigkeit bestünden und die Beschwerden vielmehr auf einer somatoformen
Störung beruhen würden, woraus jedoch keine Arbeitsunfähigkeit resultiere.
Diese Feststellung ist offensichtlich unrichtig. Denn im psychiatrischen
Konsilium wie auch im Gutachten des SIVM wird ausführlich dargelegt, weshalb
die Gutachter zu einem vom Zentrum Y.________ abweichenden Ergebnis gelangen
und das Vorliegen einer somatoformen Schmerzstörung verneinen. Folglich ist das
Bundesgericht an die vorinstanzlichen tatsächlichen Feststellungen nicht
gebunden (vgl. E. 1).

5.
5.1 Dr. med. A.________, Facharzt für Innere Medizin, diagnostizierte am 14.
Februar 2003 eine Rückenkontusion und attestierte volle Arbeitsunfähigkeit bis
Ende der Woche. Der Behandlungsabschluss erfolge voraussichtlich in zwei
Wochen. Am 3. Juli 2003 hielt er eine Rückenkontusion mit Distorsion der HWS
fest. Es sei eine Verschlechterung der Beschwerden (Konzentrationsstörungen,
Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit) nach Intensivierung der Arbeit
eingetreten. Wegen deutlicher Verbesserung nach kurzer Erholungsphase werde auf
eine neurologische Abklärung verzichtet. Die Arbeitsaufnahme sei am 23. Juni
2003 zu 50 % erfolgt.

5.2 Dr. med. B.________, Facharzt für Neurologie, hielt am 26. September 2003
Restbeschwerden/Cervikalsyndrom nach Contusio capitis/HWS-Abknickverletzung am
8. Februar 2003 fest. Es bestehe eine untertrainierte Halsmuskulatur, zum Teil
leicht myogelotisch verhärtet, aber keine relevante
Beweglichkeitseinschränkung; der Restneurostatus sei detailliert durchgeführt
worden und unauffällig. Ein Teil der Beschwerden sei auf Dekonditionierung der
Schulter- und Nackenmuskulatur zurückzuführen. Zudem habe eine psychische
Traumatisierung stattgefunden, die noch nicht aufgearbeitet sei.

5.3 Dr. med. C.________, Facharzt für Neurologie, diagnostizierte am 12. Januar
2004 den Status nach Sturz beim Schlittenfahren mit Hinterkopf- und
Nackenkontusion und möglicherweise Distorsionstrauma der HWS mit chronischen
Nacken- und Spannungskopfschmerzen, posttraumatischer Belastungsstörung und
Verdacht auf neuropsychologische Funktionsstörung. Es gebe keine signifikanten
degenerativen Veränderungen, keine erkennbare posttraumatische Veränderung,
eine leichtgradig eingeschränkte Rotation der HWS beidseits und eine
Fehlhaltung mit Überhang der HWS nach rechts, eventuell im Rahmen einer
linkskonvexen Skoliose der BWS. Die bildgebenden Untersuchungen zeigten keine
wesentliche Einschränkung der Beweglichkeit der HWS.

5.4 Dr. med. D.________, Facharzt für orthopädische Chirurgie, hielt am 2. Juni
2004 fest, er könne sich zu den Befunden der "psychischen Traumatisierung",
"neurologischen Funktionsstörung" resp. "posttraumatischen Belastungsstörung"
nicht äussern. Das chronifizierte Schmerzsyndrom mit Nacken- und
Spannungskopfschmerzen sei einer schulmedizinischen Behandlung nicht mehr
zugänglich und als eigenes Krankheitsbild, nicht aber als Unfallfolge zu sehen.
Die angegebenen Schmerzen beruhten auf subjektiven, nicht messbaren und somit
nicht nachweisbaren Symptomen. Es habe eine deutliche Symptomausweitung
stattgefunden, was am ehesten auf eine Fehlverarbeitung der Schmerzen und eine
inadäquate psychische Reaktion auf ein banales Ereignis zurückzuführen sei.
Weitere somatisch orientierte Abklärungen und Behandlungen seien bei einer
Chronifizierung grundsätzlich kontraindiziert. Die Versicherte sei durch einen
Psychiater zu begutachten. Sie habe mehrere Ärzte konsultiert, die nur
subjektive Symptome feststellten und Medikamente verschrieben. Bisher habe aus
unerklärlichen Gründen keine Therapie angeschlagen.

5.5 Die Klinik E.________, wo die Versicherte vom 27. Juli bis 24. August 2004
stationär behandelt worden war, hielt am 30. September 2004 den Status nach
Schlittelunfall mit Contusio capitis und HWS-Distorsion bei persistierendem
zervikozephalem Symptomenkomplex, vegetativer Dysregulation und
Anpassungsstörung mit depressiven Anteilen fest. Aktuell gebe die Versicherte
persistierende Kopf-, Nacken- und Kieferschmerzen, ein Schmerzdreieck im
Bereich der Schultern bis zum Übergang der BWS/LWS, Ameisenlaufen in den
Händen, phasenweise Sehstörungen, Lärmempfindlichkeit, rezidiv Schwindel und
Gleichgewichtsstörungen, trockenen Mund, vermehrtes Schwitzen nachts, vermehrte
Müdigkeit mit Durchschlafstörungen und Konzentrationsstörungen an. Sie erhalte
Craniosacral- und Physiotherapie sowie Fango. Im Rahmen des Aufenthaltes wurde
eine multimodale Therapie durchgeführt. Der neuropsychologische Test ergab
keine Minderfunktionen. Der betreuende Psychologe hielt eine Anpassungsstörung
(ICD-10: F43.22) fest und empfahl die Weiterführung der Psychotherapie. Die
Medikation war um ein Antidepressivum ergänzt worden, was sich positiv auf
Schmerz- und Schlafmodalität auswirkte. Beruflich sei von einer Tätigkeit von
50 % auszugehen, die schrittweise um 10 % erhöht werden sollte. Die Schmerzen
hätten sich im Rahmen des Aufenthaltes halbiert.

5.6 Am 3. November 2004 diagnostizierte Dr. med. G.________, Facharzt für
Ophtalmologie, Sehstörungen bei Status nach Distorsionstrauma der HWS, eine
Myopia parva mit Astigmatismus inversus und eine Presbyopie. Biomikroskopisch
fänden sich keine Hinweise, die die geklagten Beschwerden (Sehschwäche von bis
zu einer Stunde, ohne Flimmern, Blitze oder Doppelbilder) erklären könnten.

5.7 Am 11. November 2004 meldete Dr. med. H.________, Facharzt für Allgemeine
Medizin, die Versicherte bei Dr. med. dent. I.________, Kieferorthopäde, wegen
einer posttraumatischen rechtsbetonten temporomandibulären Dysfunktion mit
Bruxismus an. Am 16. November 2004 berichtete er, die Versicherte habe sich
nach dem stationären Aufenthalt überfordert und dies mit vermehrten Beschwerden
gebüsst. Sie habe ihr Arbeitspensum wiederum auf 50 % reduzieren müssen. Er
diagnostizierte am 22. Dezember 2004 den Status nach Schlittelunfall mit
Contusio capitis und HWS-Distorsion mit/bei persistierendem cervicocephalem
Symptomenkomplex, vegetativer Dysregulation und Anpassungsstörung mit
depressiven Anteilen. Im Rahmen ihres 70 % Pensums habe sie in der Woche nach
dem Unfall nicht gearbeitet, danach zu 50 %, vom 27. Juli bis 24. August 2004
war sie zu 100 % arbeitsunfähig, danach wieder zu 50 %; daneben arbeite sie zu
15 % eines vollen Pensums im Geschäft ihres Lebenspartners. Die Trauma-,
Craniosacral- und medikamentöse Therapie würden unverändert durchgeführt.

5.8 Das Zentrum Y.________ hielt im Gutachten vom 15. September 2005 gestützt
auf ein rheumatologisches und ein psychiatrisches Konsilium eine reversible
Funktionsstörung C0 bis C3 rechts, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung
(ICD-10: F45.4), vegetative Dystonie, temporomandibuläre Dysfunktion rechts
sowie den Status nach Contusio von Kopf- und Halswirbelsäule am 8. Februar 2003
fest. Diese seien ohne Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit. Aus rheumatologischer
Sicht sei eine Kräftigung der Halsmuskulatur nötig; passive Massnahmen seien
nicht nützlich. Aus psychiatrischer Sicht sei eine psychotherapeutische
Behandlung sinnvoll. Die noch vorhandenen Befunde stünden nur noch
möglicherweise in einem Zusammenhang mit dem Unfall vom 8. Februar 2003.
Anfänglich seien die Beschwerden zweifellos auf den Unfall zurückzuführen
gewesen. Mit grösserer zeitlicher Distanz seien andere, für die Persistenz der
Beschwerden verantwortliche Faktoren in den Vordergrund getreten, etwa die
Bereitschaft der Versicherten zur Chronifizierung, wobei diese einerseits in
der Persönlichkeit und andererseits in der Biographie zu suchen sei. Es liege
eine psychische Fehlverarbeitung des Unfalles vor. Die Faktoren dafür seien
unfallfremd. Mangels bleibender Beeinträchtigung sei keine Invalidität und kein
Integritätsschaden erkennbar. Der Endzustand sei nicht erreicht, da eine
Psychotherapie sinnvoll sei.

5.9 Gemäss Stellungnahme des RAD vom 11. November 2005 sei gestützt auf das
umfassende Gutachten des Zentrums Y.________ von einer vollen Arbeitsfähigkeit
für Bürotätigkeiten auszugehen.

5.10 Prof. Dr. med. K.________ diagnostizierte am 30. Januar 2006 im
Wesentlichen einen cervicogen rechtsbetonten Dauerkopfschmerz, einen ligamentär
betonten Irritationszustand der Weichteilgewebe des Occiputs, des Nackens und
des Schultergürtels, eine Engpasssymptomatik der oberen Thoraxapertur rechts
mit Betonung C7 (TOS; thoracic outlet Syndrom), mässiggradige, von Ermüdungs-
und Schmerzzuständen abhängige neuropsychologische Störungen allgemeiner Art
sowie einen ausgesprochenen nächtlichen Bruxismus. Seine Therapievorschläge
haben gemeinsam, dass die Versicherte sich unter psychologischer Begleitung
einen Tagesablauf mit entspannenden und die Muskulatur aufbauenden, in
Eigenverantwortung durchzuführenden Massnahmen schafft. Zudem empfahl er eine
weitere medikamentöse und physiotherapeutische Behandlung. Die Kopfschmerzen,
der Schmerz im rechten Arm und die weichteilrheumatischen Beschwerden seien
organischen Ursprungs und könnten durch spezifische Strukturbelastungen
ausgelöst werden. Deshalb müsse die somatoforme Schmerzstörung hinterfragt
werden. Es gebe keine Hinweise für eine leichte Hirnläsion oder eine
psychosoziale Überlastung. Die Biographie der Versicherten könne die
Therapieresistenz nicht erklären. Die psychischen Störungen würden das
Krankheitsbild nicht dominieren. Aktuell bestehe eine Arbeitsfähigkeit von
maximal 40 %. Der Integritätsschaden betrage 10 bis 20 %.

5.11 Am 14. Februar 2006 nahm der RAD Stellung zum Gutachten des Prof. Dr. med.
K.________ sowie zum undatierten Bericht der Praxis L.________. Bei letzterem
handle es sich um medizinische Laien. Bei Prof. Dr. med. K.________ würden
leichte Fehlhaltungen beschrieben, die bei fast jeder gesunden Person auch
festgestellt werden könnten. Die Beweglichkeit sei gleichmässig und
neurologische Ausfälle bestünden nicht. Bei den Diagnosen würden subjektive
Befunde und Weichteilveränderungen sowie vegetative Symptome erwähnt. Auch die
neuropsychologischen Störungen würden auf subjektiven Angaben beruhen. Ein
Vergleich mit dem Gutachten des Zentrums Y.________ ergebe keine neuen Aspekte.

5.12 Am 18. April 2006 nahm das Zentrum Y.________ Stellung zum Gutachten des
Prof. Dr. med. K.________. Es stellte die Kopfschmerzen nicht in Abrede, war
aber der Ansicht, diese seien nicht mehr unfallbedingt. In der Folge setzte
sich das Zentrum Y.________ mit den Feststellungen des Prof. Dr. med.
K.________ auseinander, die nach Ansicht des Zentrums Y.________ nicht
nachvollziehbar seien und stellte die Diagnose eines TOS in Frage. Insgesamt
zähle Prof. Dr. med. K.________ zahllose, eigentlich harmlose Befunde auf, die
in jeder ärztlichen Sprechstunde häufig auftreten und hier zu übertriebenen
Schlussfolgerungen führen würden. Im Wesentlichen handle es sich um eine andere
Beurteilung desselben Sachverhaltes.

5.13 Das SIVM diagnostizierte in seinem interdisziplinären Gutachten vom 21.
Dezember 2006 chronische posttraumatische Kopfschmerzen, ein chronifiziertes
cervicocephales Schmerzsyndrom, ein sekundäres myofasciales Schmerzsyndrom des
rechten Schultergürtels, ein thoracovertebrales Schmerzsyndrom, diskrete bis
leichte neuropsychologische Störungen und keine psychiatrischen Störungen von
Krankheitswert. Es bestehe eine deutliche Schmerzmodulation mit schwankender
Schmerzintensität und kein starker, bei somatoformen Schmerzstörungen typischer
Dauerschmerz. Für die Chronifizierung sei ungünstig gewesen, dass in den ersten
Monaten eine Therapie praktisch gefehlt habe. In der Folge seien die Therapien
in ungenügender Intensität und mit zu wenig aktiven Anteilen durchgeführt
worden. Es habe ein ungenügendes ärztliches Coaching vorgelegen und die
Nachbehandlung nach der stationären Therapie sei nicht optimal verlaufen. Die
depressiven Symptome seien behandlungsbedürftig, rechtfertigten aber nicht die
Diagnose einer Depression. Hinweise auf eine somatoforme Schmerzstörung hätten
sich nicht gefunden. Die geklagten Schmerzen seien überwiegend wahrscheinlich
unfallkausal. Im Rahmen der festgestellten Differenzen zum Gutachten des
Zentrums Y.________ schloss sich das SIVM in weiten Teilen den Befunden des
Prof. Dr. med. K.________ an. Auf Grund des guten Ansprechens im Jahr 2004
empfahl das SIVM erneut eine stationäre Rehabilitation mit nachfolgender
ambulanter Therapie. Es bestehe eine Arbeitsfähigkeit von 50 % bei einem vollen
Pensum im angestammten Beruf und in einer adaptierten wechselbelastenden
Tätigkeit eine solche von 75 %.

5.14 Zum Gutachten des SIVM bemerkte der RAD am 6. Februar 2007, in der Regel
seien Kopfschmerzen ohne dauerhaften Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit,
insbesondere wenn keine strukturellen oder anhaltende neuropsychologische
Defizite bestünden. Die unterschiedlichen rheumatologischen Befunde zwischen
Zentrum Y.________ und SIVM erklärten sich dadurch, dass diese
Funktionsstörungen in der Lokalisation wechseln könnten und nicht dauerhaften
strukturellen Veränderungen, sondern einem gestörten Zusammenspiel von
Muskulatur, Bändern und Wirbelgelenken entsprächen. Die unterschiedliche
Lokalisation liege im Wesen der Funktionsstörung. Bei der zumutbaren
Arbeitsfähigkeit bestehe ein Ermessensspielraum. Nach heutiger Meinung solle
sich die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit bei leichten HWS-Traumen nicht einzig
auf die Beschwerden und lokale Funktionsstörungen abstützen, sondern auch die
psychiatrische Komponente durch das Prüfen einer eigentlichen psychiatrischen
Erkrankung sowie der Überwindbarkeit der Beschwerden mittels Willensanstrengung
mitberücksichtigen. Abschliessend hält der RAD fest, aus neurologischer,
neuropsychologischer und psychiatrischer Sicht bestünden keine Befunde mit
Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit. Die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit durch
das SIVM stütze sich auf die Befunde an der HWS und sei medizinisch nicht
nachvollziehbar. Der Schluss des Zentrums Y.________, die objektiven Befunde an
der HWS würden keine Arbeitsunfähigkeit bedingen und die Beschwerden auf einer
somatoformen, keine Arbeitsunfähigkeit verursachenden Komponente beruhen, sei
nachvollziehbar.

6.
6.1 Für die Feststellung des massgebenden Gesundheitszustandes liegen in erster
Linie die polydisziplinären Gutachten des Zentrums Y.________ vom 15. September
2005 und des SIVM vom 21. Dezember 2006 vor. Beide Expertisen erfüllen die
formellen Anforderungen an ein Gutachten (BGE 125 V 351 E. 3a S. 352), gelangen
aber insofern zu gegensätzlichen Ergebnissen, als das Zentrum Y.________ die
Beschwerden der Versicherten einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung
zuordnet, das SIVM hingegen ein psychisches Krankheitsbild verneint und die
Ursache im Unfall vom 8. Februar 2003 und den dabei erlittenen Verletzungen an
Kopf und HWS sieht. Daher wird die der Versicherten verbleibende
Arbeitsfähigkeit unterschiedlich beurteilt.

6.2 Das zeitlich später erstellte Gutachten des SIVM stützt sich auf
spezialärztliche Untersuchungen in neurologischer, rheumatologischer und
psychiatrischer Hinsicht sowie auf die Vorakten. Die Gutachter setzen sich mit
den früheren medizinischen Stellungnahmen, einschliesslich derjenigen des
Zentrums Y.________, auseinander und begründen abweichende Einschätzungen. Laut
dem SIVM-Gutachten liegen bei der Versicherten typische Beschwerden nach einem
HWS-Distorsionstrauma oder einer äquivalenten Verletzung vor. Die Versicherte
weise Kopf- und Nackenschmerzen, Schmerzen im Schultergürtel, Schwindel,
Konzentrations- und Visusstörungen sowie eine verminderte Belastbarkeit auf.
Die Nacken-, Kopf-, Schultergürtel-, rechtsseitigen Arm- und BWS-Schmerzen
sowie die bei der Untersuchung provozierbaren Schmerzen, welche mit den
spontanen Schmerzen übereinstimmten, bildeten Folgen des Unfalls.
Konzentrationsstörungen, Schwindel und vermehrte Ermüdbarkeit seien
wahrscheinlich sekundäre Folgen der Muskelverspannungen und der Schmerzen. Auf
Grund der unfallbedingten Beschwerden bestehe im angestammten Beruf eine
Arbeitsunfähigkeit von 50 %. In einer adaptierten, wechselbelastenden
Tätigkeit, welche gewissen Anforderungen gerecht werde, belaufe sich die
Arbeitsfähigkeit auf 75 %. Unfallfremde Faktoren mit Auswirkungen auf die
Arbeitsfähigkeit bestünden nicht.

6.3 Im Gutachten des Zentrums Y._______ wird demgegenüber keine Diagnose mit
Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit gestellt. Was die dem Beschwerdebild einer
spezifischen HWS-Verletzung zuzurechnenden Beeinträchtigungen anbelangt, halten
die Gutachter fest, nach dem beschriebenen Unfallmechanismus mit Anschlagen des
Kopfes und allenfalls der HWS sei nach wenigen Wochen eine Abheilung zu
erwarten. Wenn zweieinhalb Jahre nach dem Unfall immer noch über erhebliche
Beschwerden geklagt werde, müssten dafür andere Gründe verantwortlich sein.
Diese Beurteilung, auf welcher die anschliessenden Aussagen zur
Arbeitsfähigkeit basieren, lässt sich jedoch - ebenso wie die ähnlich lautenden
Ausführungen des RAD vom 6. Februar 2007 - mit der Rechtsprechung nicht ohne
weiteres vereinbaren. Danach kann eine bei einem Unfall erlittene Verletzung im
Bereich von HWS und Kopf auch ohne organisch nachweisbare (d.h.
objektivierbare) Funktionsausfälle zu länger dauernden, die Arbeits-und
Erwerbsfähigkeit beeinträchtigenden Beschwerden führen. Derartige Verletzungen
sind durch ein komplexes und vielschichtiges Beschwerdebild mit eng in einander
verwobenen, einer Differenzierung kaum zugänglichen Beschwerden physischer und
psychischer Natur gekennzeichnet (BGE 134 V 109 E. 7.1 S. 118). Diese mit Bezug
auf die obligatorische Unfallversicherung entwickelten Grundsätze sind auch für
die Invalidenversicherung massgebend. Auch hier kann eine spezifische
HWS-Verletzung ohne organisch nachweisbare Funktionsausfälle mit dem für
derartige Verletzungen typischen, komplexen und vielschichtigen Beschwerdebild
die Arbeits- und Erwerbsfähigkeit beeinträchtigen. Soweit das Gutachten aus dem
Fehlen organisch nachweisbarer Befunde direkt auf - überwindbare - psychische
Beschwerden schliesst, kann ihm nicht gefolgt werden.

6.4 Nach dem Gesagten liegen zwei formell gleichwertige Gutachten vor, die sich
jedoch inhaltlich, d.h. bei der Einschätzung der zumutbaren Arbeitsfähigkeit,
widersprechen. Die Sache ist deshalb an die IV-Stelle zurückzuweisen, damit sie
zur massgeblichen Frage der zumutbaren Arbeitsfähigkeit ein Obergutachten, z.B.
bei einer MEDAS, einhole und danach über den Anspruch auf eine Invalidenrente
neu verfüge. Damit bleiben den Parteien alle Rechte, insbesondere der doppelte
Instanzenzug, gewahrt (vgl. Urteil 8C_456/2007 vom 9. September 2008 E. 5.3 mit
Hinweisen).

7.
Das Verfahren ist kostenpflichtig. Die Gerichtskosten sind dem Ausgang des
Verfahrens entsprechend der IV-Stelle aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die
Versicherte hat Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2
BGG).

Demnach erkennt das Bundesgericht:

1.
Die Beschwerde wird in dem Sinne gutgeheissen, dass der Entscheid des
Verwaltungsgerichts des Kantons Nidwalden, Abteilung Versicherungsgericht, vom
30. April 2007 und der Einspracheentscheid der IV-Stelle Nidwalden vom 27. März
2006 aufgehoben werden und die Sache an die IV-Stelle Nidwalden zurückgewiesen
wird, damit sie, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über den
Anspruch auf eine Invalidenrente neu verfüge.

2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt.

3.
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche
Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen.

4.
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des
vorangegangenen Verfahrens an das Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden,
Abteilung Versicherungsgericht, zurückgewiesen.

5.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Nidwalden,
Abteilung Versicherungsgericht, der Ausgleichskasse des Kantons Nidwalden und
dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.

Luzern, 30. Juli 2009

Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Die Gerichtsschreiberin:

Ursprung Riedi Hunold